REPUBLIK ÖSTERREICH

BUNDESKANZLERAMT

 

Geschäftszahl:

BKA-600.619/0024-V/A/5/2007

 

An das

Bundesministerium für

Wirtschaft und Arbeit

Stubenring 1
1012   Wien

 

Sachbearbeiter:

Dr Angela JULCHER

Dr Brigitte OHMS

Pers. e-mail:

angela.julcher@bka.gv.at

brigitte.ohms@bka.gv.at

Telefon:

01/53115/2288

01/53115/2462

Ihr Zeichen
vom:

462.212/0016-III/7/2007
12. März 2007

Antwortschreiben bitte unter Anführung der Geschäftszahl an:

v@bka.gv.at

 

 

 

Betrifft:  Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem Bestimmungen über die Betreuung von Personen in privaten Haushalten erlassen werden (Hausbetreuungs­gesetz – HBeg) und die Gewerbeordnung 1994 geändert wird;

Begutachtung; Stellungnahme

 

 

Zum mit der do. oz. Note übermittelten Gesetzesentwurf samt Beilagen nimmt das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst wie folgt Stellung:

I. Allgemeines:

Die Gemeinschaftsrechtskonformität des im Entwurf vorliegenden Bundesgesetzes ist vornehmlich vom do. Bundesministerium zu beurteilen.

II. Zum Gesetzesentwurf:

1. Zur den kompetenzrechtlichen Grundlagen:

Nach dem Allgemeinen Teil der Erläuterungen stützt sich der Entwurf auf Art. 10 Abs. 1 Z 8 (Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie) und Art. 10 Abs. 1 Z 11 (Arbeitsrecht) B-VG.

Die Betreuung von Personen soll entweder auf selbständiger Basis oder im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses zur betreuenden Person oder einem/einer Angehörigen erbracht werden können, wobei beide Artikel des Gesetzesentwurfes (auch) die gewerbsmäßige Ausübung regeln.

 

a) Zum Gewerbe der „Personenbetreuung“:

 

Nach der als "Versteinerungstheorie" bezeichneten ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist der Kompetenztatbestand "Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie" (Art. 10 Abs. 1 Z 8 erster Fall B-VG) in dem Sinn zu verstehen, der ihm nach dem Stand und der Systematik der Rechtsordnung zum Zeitpunkt seines Inkrafttretens, das war der 1. Oktober 1925, zukam.

Der Verfassungsgerichtshof hat schon in einer sehr frühen Entscheidung festgehalten, dass „Betätigungen, die zur Zeit des Wirksamkeitsbeginns der Kompetenzbestimmungen des Bundes-Verfassungsgesetzes in der österreichischen Gesetzgebung nicht als Gewerbe behandelt wurden, auch nicht als Gewerbe im Sinne des Artikels 10 Abs. 1, Z 8 ansehen wollte und angesehen hat.“ (VfSlg. 1477/1932).

Hinzutritt, dass eine Kompetenz nach Art. 10 Abs. 1 Z 8 B-VG nur dann angenommen werden kann, wenn die Tätigkeit selbständig erfolgt. Allerdings ist hervorzuheben, dass der Verfassungsgerichtshof auch eine intrasystematische Fortentwicklung der „versteinerten“ Vorschriften anerkennt. Der Kompetenztatbestand ermächtigt auch zur Regelung „sich „neu entwickelnder Betriebsformen“, sofern nur ein inhaltlich-systematischer Zusammenhang zu den von den versteinerten Rechtsvorschriften erfassten Erwerbsbetätigungen besteht (VfSlg. 7074/1973, 10.831/1986, 12.996/1992 und 13.237/1992, jeweils mit Hinweisen auf die Vorjudikatur; siehe auch Potacs, Gewerberecht, in: Holoubek/Potacs, Öffentliches Wirtschaftsrecht, Bd 1, 10ff)).

Die durch Art. V des Kundmachungspatentes zur GewO 1859 vom Anwendungs­bereich der Gewerbeordnung ausgenommenen Tätigkeiten und Anlagen einschließ­lich der landwirtschaftlichen Verarbeitungsnebengewerbe fallen mangels eines ge­werberechtlichen Ansatzpunktes, der einer intrasystematischen Weiterentwicklung zugänglich wäre, keinesfalls unter den verfassungsrechtlichen Kompetenztatbestand der "Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie" (VfSlg 14.187/1995; siehe auch VfGH 12.12.2006, B 855/06). Die Gewerbeordnung 1859 erfasste von vorn­herein nur die „gewerbemäßig betriebenen Beschäftigungen“. „Gewerbemäßig betrieben“ war eine Beschäftigung nur, wenn sie mit Gewinnabsicht betrieben wurde (vgl. VfGH 12.12.2006, B 855/06).

Daraus folgt, dass erwerbsmäßige Tätigkeiten, die in Art. V des Kundmachungs­patentes, RGBl. Nr. 227/1859, angeführt wurden, nur dann vom Bundesgesetzgeber geregelt werden dürfen, wenn sie etwa von einem anderen Kompetenztatbestand des Art. 10 Abs. 1 oder von Art. 11 bzw. der Grundsatzgesetzgebungskompetenz des Art. 12 B‑VG umfasst sind. Selbst bei Bejahung einer Bundeskompetenz käme die Unterstellung unter die Gewerbeordnung freilich noch nicht gleichsam automatisch in Betracht, da die GewO 1994 einer speziellen Gefahrenabwehr dient und die Sachlichkeit einer derartigen Unterstellung zu begründen wäre.

Hinsichtlich des Kompetenztatbestandes „Gesundheitswesen“ gemäß Art. 10 Abs. 1 Z 12 B‑VG (vgl. VfSlg. 16.929/2003) nimmt Art. 1 § 1 Abs. 3 des vorliegenden Entwurfes darauf Bedacht, eine entsprechende Abgrenzung zum Gesundheits- und Krankenpflegegesetz vorzunehmen, indem die zu regelnde Betreuung den Aspekt der Abwehr von Gefahren für den Gesundheitszustand ausklammert. In diesen Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die „permanente (und allenfalls sachkundige) Pflege“, bei – wenn überhaupt - bloß fallweiser ärztlicher Betreuung vom Verfassungsgerichtshof, zumindest in der Form eines Pflegeheimes, dem Kompetenztatbestand des Art. 15 Abs. 1 B‑VG zugeordnet und eine Unterstellung unter die Gewerberechtskompetenz ausdrücklich ausgeschlossen wurde (siehe VfSlg. 13.237/1992).

Hinzuzufügen ist freilich, dass die Krankenpflege, „ähnlich wie die Massage dann, wenn sie nicht durch Sanitätspersonen als eine Art der Krankenbehandlung zur Anwendung [kam], sondern selbständig ausgeübt [wurde], als eine von der Ausübung der Heilkunde durch Ärzte, Wundärzte usw. durchaus verschiedene Beschäftigung ein Gewerbe, u.zw. … ein freies Gewerbe“ darstellen konnte. Die Voraussetzung hiefür war „eine berufsmäßige Tätigkeit, die Erwerbsabsicht, sowie daß diese Beschäftigung über die Lohnarbeit der gemeinsten Art und über die gewöhnlichsten Dienstleistungen des Hausgesindes [hinausging] und auch nicht bloß als häusliche Nebenbeschäftigung betrieben“ wurde (siehe den Hinweis in Praunegger, Das österreichische Gewerberecht, 1924, 188).

Zusammengefasst kann somit festgehalten werden, dass Regelungen für ein neues Gewerbe nur dann auf Art. 10 Abs. 1 Z 8 B-VG gestützt werden können, wenn sich im Versteinerungszeitpunkt zumindest ein Ansatzpunkt für eine bereits damals in der GewO oder einer anderen gewerberechtlichen Vorschrift des Bundes geregelte selbständige Erwerbsbetätigung finden lässt.

Überträgt man dies auf das im vorliegenden Entwurf vorgesehene Gewerbe der „Personenbetreuung“, so kann Folgendes festgehalten werden: Unzweifelhaft enthält dieses Gewerbe Elemente, die isoliert für sich betrachtet geeignet wären, vom Bundesgesetzgeber geregelt zu werden; dies gilt etwa für § 159 Z 1 GewO 1994, für die in Z 2 lit. a vorgesehene Unterstützung bei der Lebensführung, für Z 4. Allerdings liegt beim gesamten Gewerbe der „Personenbetreuung“ der Schwerpunkt auf der Betreuung betreuungsbedürftiger Personen, somit ist wohl der soziale Aspekt ein wesentliches Element, wie die  Bewältigung menschlicher Ausnahmesituationen oder altersbedingter Schwierigkeiten. Es wird nicht etwa bloß ein Tätigkeitsfeld einer „gehobenen Reinigungskraft“ (oder einer - kurzfristigen - gewerblichen Krankenpflege) geschaffen.

Damit entsteht aber ein Spannungsverhältnis zu den den Ländern gemäß Art. 15 Abs. 1 B-VG eingeräumten Kompetenz zur Regelung der Sozialberufe in der Ausprägung von Alten-, Familien- und Heimhilfe.

Auch in der Literatur wird davon ausgegangen, dass die Regelung der Sozialbetreuungsberufe gemäß Art. 15 Abs. 1 B-VG in die Kompetenz der Länder fällt (siehe dazu Grabler/Stolzlechner/Wendl, Kommentar zur GewO, RZ 40 zu § 2 GewO; Attlmayer, Zur kompetenzrechtlichen Einordnung der „Pflegeberufe“, RdM 1998, 99ff; Stolzlechner, Zur Durchführung krankenpflegerischer Hilfstätigkeiten durch Angehörige von Sozialberufen, RdM 2002, 35ff).

Stolzlechner leitet etwa insbesondere aus dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes zu den Pflegeheimen (VfSlg. 13.237/1992) eine klare Aussage zu Kompetenz der Länder für die Regelung des Berufsrechts der „reinen Pflegeberufe“, konkret der Regelungen betreffend das Berufsbild, Tätigkeitsbereiche und Ausbildung von Angehörigen von Sozialberufen, ab. Wenngleich der VfGH in dem zitierten Erkenntnis in der maßgeblichen Passage seine Aussagen hauptsächlich auf die mangelnde gewerbsmäßige Betreibung von Pflegeheimen im Versteinerungszeitpunkt stützte, kann dieses Erkenntnis zumindest als Indiz gewertet werden, dass der VfGH bei einer isolierten Betrachtung von Berufsregelungen, die Betreuungsregelungen enthalten, keinen Ansatzpunkt in Art. 10 Abs. 1 Z 8 B-VG finden würde.

Von diesem Verständnis sind auch diverse Regelungsinstrumente des Bundes und der Länder getragen (siehe dazu etwa die Alten-, Heim- und Familienhilfegesetze der Länder; vgl. auch § 11 des Gesundheits‑ und Krankenpflegegesetzes, BGBl. I Nr. 108/1997, und die Erläuterungen RV 709 BlgNR XX. GP; die Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern über Sozialbetreuungsberufe, BGBl. I Nr. 55/2005).

Im Hinblick auf die spezifischen Erfordernisse des vorgesehenen bundesgesetzlichen Regimes erhebt sich auch die Frage nach einer Regelung sowohl der unselbständigen als auch der selbständigen Tätigkeit in einem einzigen Bundesgesetz, das zur Vermeidung von Wiederholungen horizontale Bestimmungen für beide Bereiche enthält (siehe etwa die Bestimmungen zur so genannten Qualitätssicherung, die etwa in Bezug auf die Verschwiegenheitsverpflichtung zwar wohl auf denselben Regelungsinhalt hinzielen dürften, jedoch ziemlich unterschiedlich formuliert sind, was wiederum Auslegungsfragen aufwirft; vgl. ferner die Umschreibung der Betreuung in § 1 Abs. 3 HBeg einerseits und in § 159 GewO 1994 andererseits) und im Übrigen eine klare Unterscheidung zwischen den arbeitsrechtlichen und den übrigen berufsrechtlichen Bestimmungen trifft (gegebenenfalls unter einem Verweis auf Bestimmungen der GewO 1994 sowie kammerrechtliche Bestimmungen).

b) Zur Regelung der Qualitätssicherung in Art. 1 3. Abschnitt

Hinsichtlich der vorgeschlagenen Bestimmungen über die Qualitätssicherung stellt sich ebenfalls die Frage, auf welche Kompetenzgrundlage sie sich stützen können.

Soweit sie sich auf unselbständige Betreuungskräfte beziehen, käme in erster Linie der Kompetenztatbestand „Arbeitsrecht“ (Art. 10 Abs. 1 Z 11 B‑VG) in Betracht. Um tatsächlich diesem Kompetenztatbestand zugeordnet werden zu können, müssten die betreffenden Verpflichtungen allerdings als Pflichten aus dem Arbeitsvertrag gedeutet werden, was auch im Gesetzestext zum Ausdruck kommen sollte. Die Formulierung des Entwurfs – die nur in § 5 zwischen selbständigen und unselbständigen Betreuungskräften differenziert – deutet im Gegensatz dazu eher auf öffentlich-rechtliche Pflichten hin; hinsichtlich der Festlegung solcher Pflichten ist aber – jedenfalls soweit unselbständige Betreuungskräfte betroffen sind – keine Grundlage für eine Gesetzgebungskompetenz des Bundes ersichtlich (hinsichtlich der selbständigen Betreuungskräfte siehe oben a); bei der Deutung als vertragliche Pflichten gegenüber dem Dienstleistungsempfänger wäre auch an den Kompetenztatbestand „Zivilrechtswesen“ zu denken).

Auch bei einer Deutung als vertragliche Verpflichtungen wäre die Zuordnung der Qualitätssicherungsmaßnahmen zum Kompetenztatbestand „Arbeitsrecht“ aber dann fraglich, wenn der damit verfolgte Zweck weniger in einem Ausgleich der Interessen der Vertragspartner als im – nicht dem Kompetenztatbestand „Arbeitsrecht“ zuzuordnenden – öffentlichen Interesse an einer funktionierenden, qualitativ hochstehenden Personenbetreuung liegt (vgl. zur Bedeutung des Regelungszwecks für die Abgrenzung von Kompetenztatbeständen insbesondere VfSlg. 10.831/1986 sowie Funk, Leistungsmängel der bestehenden Kompetenzverteilung, in: Neuordnung der Kompetenzverteilung in Österreich [Hrsg. Bundeskanzleramt] 47 [112 ff]). Hinsichtlich der Verpflichtung zur Zusammenarbeit mit anderen in die Pflege und Betreuung involvierten Personen und Einrichtungen wird es daher darauf ankommen, dass sie nicht dem Funktionieren des – abstrakt verstandenen – Betreuungsmodells als solchen, sondern dem Schutz der im konkreten Fall betreuten Person dient; die Wendung „zum Wohl der zu betreuenden Person“ in § 6 legt ein solches Verständnis nahe, eine zusätzliche Klarstellung (zumindest in den Erläuterungen) wäre aber wünschenswert. Die Verschwiegenheitspflicht lässt sich hingegen unschwer als (auch) typisch arbeitsrechtliche Verpflichtung dem Kompetenztatbestand „Arbeitsrecht“ zuordnen, und die Verpflichtung zur Einhaltung von Handlungsleitlinien kann überhaupt als bloße Klarstellung bzw. Präzisierung der Weisungsgebundenheit des Arbeitnehmers gesehen werden; der arbeitsvertragliche Charakter dieser Verpflichtungen sollte aber, wie schon gesagt, auch im Gesetzestext zum Ausdruck kommen.

Eine Alternative könnte darin bestehen, bestimmte Qualitätserfordernisse lediglich als Bedingung für den Bezug von Förderungen zu normieren (vgl. die in den Erläuterungen zitierte Passage aus dem Regierungsprogramm „Qualitätssicherungsmaßnahmen als Voraussetzung für die Inanspruchnahme öffentlichern Forderungen“); diesfalls könnte sich die Regelung auf Art. 17 B‑VG stützen.

Zu Artikel 1:

Zum Titel:

Es wird daran erinnert, dass unter „Hausbetreuung“ üblicherweise das freie Gewerbe der „persönlichen Dienste an nicht öffentlichen Orten“ (bestehend ua. aus der Beaufsichtigung des ordnungsgemäßen Zustandes von Liegenschaften, der Pflege von Außenanlagen, dem Kehren und Waschen von Stiegenhäusern und Gängen, dem Weiterleiten von Mitteilungen bzw. Beschwerden der Eigentümer und Mieter an die Hausverwaltung etc.) verstanden wird; insofern erscheint der gewählte Gesetzestitel missverständlich. Es wird daher angeregt, stattdessen zB – in Anlehnung an den in den vorgeschlagenen §§ 159 f GewO 1994 verwendeten Begriff – den Titel „Personenbetreuungsgesetz“ zu wählen.

Zu § 1:

In den Erläuterungen sollte dargelegt werden, worin die sachliche Rechtfertigung dafür liegt, dass nur Arbeitsverhältnisse zu gemeinnützigen Anbietern sozialer und gesundheitlicher Dienste den arbeitsrechtlichen Sonderregelungen des HBeG unterfallen sollen, nicht aber Arbeitsverhältnisse zu Arbeitgebern, die das Gewerbe der Personenbetreuung betreiben.

Zu Artikel 2:

Zum Einleitungssatz:

Zusätzlich zur letzten formellen Novellierung wäre auch die Bundesministeriengesetz-Novelle 2007, BGBl. I Nr. 6, zu zitieren, da dieser zufolge auch im durch das im Entwurf vorliegende Bundesgesetz geänderte Bundesgesetz enthaltene Ministerialbezeichnungen als geändert gelten (vgl. Pkt. 1.3.6. des Rundschreibens des Bundeskanzleramtes‑Verfassungsdienst vom 1. März 2007, GZ 601.876/0006-V/2/2007, betreffend Bundesministeriengesetz-Novelle 2007; legistische Implikationen).

Zu Z 1 (§ 159):

Aus den Erläuterungen und Artikel 1 des vorliegenden Entwurfes geht hervor, dass ein Charakteristikum des in Aussicht genommenen Gewerbes der Personenbetreuung ist, Personen in deren Privathaushalten zu betreuen. Es wird daher angeregt, dieses Element – in Anlehnung an § 1 Abs. 1 des im Entwurf vorliegenden HBeG - in § 159 klar zum Ausdruck zu bringen. In seiner derzeitigen Fassung erlaubt dieser Paragraf die Erbringung der angeführten Dienstleistungen schlechthin, egal in welchem Umfeld. Außerdem wäre eine klare Abgrenzung gegenüber dem freien „Reinigungsgewerbe“ sowie dem ebenfalls freien Gewerbe der „Speisenzubereitung im Auftrag Dritter unter Verwendung der vom Auftraggeber bereitgestellten Einrichtungen und Zutaten…“, aber auch dem reglementierten Gewerbe der Lebens- und Sozialberatung gemäß § 119 GewO 1994, weil § 159 lediglich „insbesondere“ Tätigkeiten anführt.

Im Hinblick auf die angeführten Dienstleistungen und die Erläuterungen dürfte der Gesetzgeber als Berufsbild eine gewisse kontinuierliche Betreuung vor Augen haben. Im Besonderen Teil der Erläuterungen wird zu § 159 GewO 1994 ausgeführt, dass die Erbringung sämtlicher zu verrichtender Tätigkeiten und Dienstleistungen grundsätzlich der vorherigen Absprache mit der zu betreuenden Person bedürfe. Wenngleich das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst nicht übersieht, dass der Entwurf auch festhält, dass im Rahmen der Ausübung als selbständige Erwerbstätigkeit die Tätigkeiten in persönlicher und wirtschaftlicher Selbständigkeit unter Übernahme des Unternehmerrisikos erbracht werden (Besonderer Teil der Erläuterungen zu § 1 HBeG), so wäre zu klären, ob die geplante Tätigkeit überhaupt geeignet ist, in der geforderten Form der Selbständigkeit erbracht zu werden.

Dabei ist darauf hinzuweisen, dass die in § 160 zwingend vorgesehene Vereinbarung von „Handlungsleitlinien für den Alltag und den Notfall“ als Indiz gedeutet werden könnte, dass der Betreuer an Ordnungsvorschriften über den Arbeitsort, die Arbeitszeit, das arbeitsbezogene Verhalten sowie die sich darauf beziehenden Weisungs- und Kontrollbefugnisse und die damit eng verbundene (grundsätzlich) persönliche Arbeitspflicht gebunden ist, die der Annahme einer selbständigen Tätigkeit entgegenstehen (vgl dazu das Erkenntnis des VwGH vom 16. 5. 2001, Zl. 96/08/0200 Pkt. 6.1., wenngleich zum Merkmal der persönlichen Abhängigkeit iSd § 4 Abs. 2 ASVG; vgl. VfSlg. 14.802/1997 zum „freien Dienstvertrag“; die Erläuterungen zu § 160 weisen auf eine dichte vertragsrechtliche Vorherbestimmung der Betreuungstätigkeit hin). Die Vollziehung wird daher darauf zu achten haben, inwieweit im Einzelfall das Gesamtbild der Betreuungstätigkeit, insbesondere die „wahren Verhältnisse“, tatsächlich auf eine selbständige Ausübung schließen lassen. Der Vollständigkeit wegen ist hinzuzufügen, dass die im HBeg angesprochenen gemeinnützigen Dienste, die als Arbeitgeber von Betreuungskräften fungieren, mangels Gewinnabsicht vom Anwendungsbereich der GewO 1994 ausgeschlossen sein dürften.

Zumindest in den Erläuterungen sollten die einzelnen Merkmale des Umfangs der Personenbetreuung genauer erläutert werden (umfasst etwa die Hilfestellung der persönlichen Körperhygiene auch das Wickeln?)

Zu § 160:

Zu dieser Bestimmung ist die Frage aufzuwerfen, ob vor dem Hintergrund des möglichen Umfangs der Personenbetreuung die vorgesehene Qualitätssicherung dem Sachlichkeitsgebot entspricht.

III. Zu Vorblatt, Erläuterungen und Textgegenüberstellung:

Das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst weist auf seine Rundschreiben vom 13. November 1998, GZ 600.824/8-V/2/98 ‑ betreffend Vorblatt und Erläuterungen zu Regierungsvorlagen; Aufnahme eines Hinweises auf Besonderheiten des Norm­erzeugungsverfahrens ‑ und vom 19. Februar 1999, GZ 600.824/0-V/2/99 – betreffend Legistik und Begutachtungsverfahren; Auswirkungen von Rechtssetzungsvorhaben auf die Beschäftigungslage in Österreich und auf den Wirtschaftsstandort Österreich; Gestaltung von Vorblatt und Erläuterungen ‑ hin, in denen insbesondere um die Aufnahme bestimmter zusätzlicher Hinweise in das Vorblatt und den Allgemeinen Teil der Erläuterungen ersucht wurde.

1. Zum Vorblatt:

Nach dem Rundschreiben des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst vom 19. Februar 1999, GZ 600.824/0-V/2/99 ‑ betreffend: Legistik und Begutachtungsverfahren; Auswirkungen von Rechtssetzungsvorhaben auf die Beschäftigungslage in Österreich und auf den Wirtschaftsstandort Österreich; Gestaltung von Vorblatt und Erläuterungen ‑ der Abschnitt Finanzielle Auswirkungen“ im Vorblatt zu gliedern in

§ Auswirkungen auf den Bundeshaushalt,

§ Auswirkungen auf die Planstellen des Bundes und

§ Auswirkungen auf andere Gebietskörperschaften.

Die nähere Darstellung der finanziellen Auswirkungen des Gesetzesvorhabens sollte dem Allgemeinen Teil der Erläuterungen vorbehalten bleiben (vgl. die Rundschreiben des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst vom 29. Oktober 1980, GZ 600.824/21-V/2/80, und vom 19. Februar 1999, GZ 600.824/0-V/2/99).

Unter „Alternativen“ wären andere Wege zur Erreichung der angestrebten Ziele als die im Gesetzesentwurf gewählten Lösungen anzugeben (vgl. das Rundschreiben des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst vom 29. Oktober 1980, GZ 600.824/21-V/2/80); in diesem Sinne kommt die Beibehaltung der geltenden Rechtslage nicht als zur Zielerreichung geeignete, und daher auch nicht als im Vorblatt anzugebende, Alternative in Frage.

Schließlich wäre ein Hinweis auf (allfällige) Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens im Sinne des Rundschreibens des Bundeskanzleramtes-Verfassungs­dienst vom 13. November 1998, GZ 600.824/8-V/2/98, anzubringen.

Es darf darauf hingewiesen werden, dass das unter dem Titel „Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich“ angeführte „bereits derzeit mögliche freie Gewerbes im Bereich der Personenbetreuung“ auf der Liste der freien Berufe, die das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit veröffentlicht, nicht aufscheint und mit Art. 2 des im Entwurf vorliegenden Bundesgesetzes eingeführt werden soll.

2. Zum Allgemeinen Teil der Erläuterungen:

Im Allgemeinen Teil der Erläuterungen wäre auch anzugeben, worauf sich die Zuständigkeit des Bundes zur Erlassung der vorgeschlagenen Neuregelungen gründet (Legistische Richtlinien 1979, Pkt. 94).

Gemäß § 14 Abs. 1 BHG ist jedem Entwurf für (ua.) ein Bundesgesetz von dem Bundesminister, in dessen Wirkungsbereich der Entwurf ausgearbeitet wurde, eine den Richtlinien gemäß § 14 Abs. 5 BHG entsprechende Darstellung der finanziellen Auswirkungen anzuschließen, aus der insbesondere hervorzugehen hat, wie hoch die durch die Durchführung der vorgeschlagenen Maßnahmen voraussichtlich verursachten Ausgaben oder Einnahmen sowie Kosten oder Erlöse für den Bund im laufenden Finanzjahr und mindestens in den nächsten drei Finanzjahren zu beziffern sein werden. Eine solche Darstellung kann dem vorliegenden Entwurf nicht entnommen werden.


Diese Stellungnahme wird im Sinne der Entschließung des Nationalrates vom 6. Juli 1961 u.e. auch dem Präsidium des Nationalrats zur Kenntnis gebracht.

 

11. April 2007

Für den Bundeskanzler:

Georg LIENBACHER

 

 

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