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An das
BM für Wissenschaft und Forschung
Minoritenplatz 5
1014 Wien

                        Die Vorsitzende

VA 6100/4-V/1/07 - km                                                   Wien, am 20. April 2007

 

Sachbearb.:                                                                  Tel.: (01)51 505-129 od. 0800 223 223-129

Dr. Manfred Posch                                                                          Fax: (01)51 505-150

 

Betr.:   Entwurf einer Novellierung des Studienförderungsgesetzes

Stellungnahme der Volksanwaltschaft
zu GZ BMWF-/5-I/8a/2007

Sehr geehrte Damen und Herren!

Die Volksanwaltschaft erstattet zum vorliegenden Entwurf einer Novelle zum Studienförderungsgesetz nachstehende Stellungnahme:

I.      Der gegenständliche Gesetzesentwurf beinhaltet Änderungen des Studienförderungsgesetzes im Hinblick auf die Pädagogischen Hochschulen sowie die Erhöhung der ausbezahlten Studienbeihilfen. Für Letzteres wurde der Weg der Anhebung der Beihilfen um 12 % gewählt. Damit soll dem inflationsbedingten Kaufkraftverlust der Studienbeihilfe seit der letzten wertbezogenen Anpassung genereller Art im Jahre 2000 begegnet werden.

Eine Ausweitung des Bezieherkreises von Studienbeihilfen und damit auch jener Studierenden, welchen in Form eines Studienzuschusses der Studienbeitrag rückerstattet wird, ist damit nicht verbunden und soll offenbar einer späteren Novelle vorbehalten werden.

II.     Aufgrund entsprechender Beschwerdeprüfverfahren hat die Volksanwaltschaft in ihren jährlichen Tätigkeitsberichten an den österreichischen Nationalrat und an den Bundesrat Anregungen zu Änderungen des Studienförderungsgesetzes erstattet, welche großteils (unten Pkt. 1. - 6.) zur Umsetzung der beabsichtigten Erhöhung der Studienbeihilfen beitragen würden.

Folgende Anregungen fanden im gegenständlichen Gesetzesentwurf keine Berücksichtigung:

  1. Die Volksanwaltschaft hat in ihrem 30. Bericht (2006) an den Nationalrat und an den Bundesrat (Pkt. 14.1.3.1) angeregt, die Einführung einer Wertsicherungsklausel im Sinne einer Anpassung an die jährlich steigenden Lebenshaltungskosten der Studierenden zu überdenken und hält diese Anregung aufrecht.
  2. Als weiterer Beitrag zur Erhöhung der Studienbeihilfen würde die Umsetzung einer bereits erstmals im 19. Bericht (1995) der Volksanwaltschaft an den Nationalrat (Pkt. 4.4.1.1) aufgenommene Anregung dienen, bestimmte Zuwendungen, wie z.B. Abfertigungen und Jubiläumszuwendungen, die nach ihrem Charakter nicht dafür vorgesehen erscheinen, den zumutbaren Unterhalt für studierende Kinder zu erhöhen, nicht in das Einkommen der unterhaltspflichtigen Eltern einzurechnen.

3.    Im 25. Bericht (2001) an den Nationalrat und an den Bundesrat (Pkt. 5.2.2.1.) wurde angeregt § 39 Abs. 7 StudFG dahingehend zu ändern, dass Erhöhungsanträge generell mit Ablauf des Monats wirksam werden, in dem das zur Erhöhung führende Ereignis eingetreten ist.

Dieser Anregung liegt die Überlegung zu Grunde, dass Studienbeihilfenbeziehern nicht deshalb eine an sich zustehende höhere Studienbeihilfe verwehrt werden soll, weil sie den erforderlichen Antrag in Unkenntnis der Möglichkeit eines Erhöhungsantrages bzw. dessen zeitlicher Wirksamkeit erst verspätet einbringen.

4.    Gem. § 27 Abs. 1 StudFG beträgt die Höchststudienbeihilfe für Studierende, die sich vor der ersten Zuerkennung von Studienbeihilfe durch Einkünfte im Sinne des Studienförderungsgesetzes mindestens vier Jahre selbst erhalten haben (Selbsterhalterstipendium) monatlich € 606.-. In diesem Fall ist das elterliche Einkommen für die Berechnung der Studienbeihilfe nicht heranzuziehen.

Im 26. Bericht (2002) an den Nationalrat und an den Bundesrat (Pkt. 5.2.5) verwies die Volksanwaltschaft auf den Umstand, dass die Wortfolge „vor der ersten Zuerkennung“ von der Studienbeihilfebehörde sowie vom (damaligen) Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur - in durchaus zulässiger Weise - wörtlich ausgelegt wird.

Hat daher ein Studierender bereits einmal inskribiert und (wenn auch nur kurzfristig) Studienbeihilfe bezogen und sich erst danach vier Jahre zur Gänze selbst erhalten, so steht ihm nach Fortsetzung des Studiums bzw. Aufnahme eines neuen Studiums kein Selbsterhalterstipendium zu, sondern kommt günstigstenfalls - bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen - eine (regelmäßig geringere) Studienbeihilfe unter Berücksichtigung des elterlichen Einkommens in Frage.

Dafür, dass aber unter diesen Voraussetzungen der Bezug einer erhöhten Studienbeihilfe für Selbsterhalter nicht mehr möglich sein soll, liegen keine nachvollziehbaren sachlichen Gründe vor.

5.    Im 29. Bericht (2005) der Volksanwaltschaft an den Nationalrat und an den Bundesrat (Pkt. 4.1.10, 14.6.1.4) wurde die Problematik dargestellt, dass eine gesetzliche Unterhaltsverpflichtung des Vaters eines Studierenden gegenüber seiner geschiedenen Gattin nach der geltenden Rechtslage zu keinem Absetzbetrag bei der Berechung des zumutbaren Unterhalts führt.

Eine sachliche Begründung für die unterschiedliche Behandlung von gesetzlichen Unterhaltspflichten gegenüber z.B. minderjährigen Kindern gem. § 32 Abs. 1 StudFG im Verhältnis zu Unterhaltspflichten gegenüber geschiedenen Ehegatten war für die Volksanwaltschaft im Hinblick auf die Frage der Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Eltern, und damit des zumutbaren Unterhalts für den Studienbeihilfenwerber, nicht ersichtlich.

Die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur teilte der Volksanwaltschaft im Zuge des damaligen Prüfverfahrens mit Schreiben vom 30. Jänner 2006, GZ BMBWK-10.355/0002-III/4a/2006 mit, dass die Anregung, auch Unterhaltspflichten gegenüber früheren Ehegatten bei der Berechnung der Bemessungsgrundlage für den zumutbaren Unterhalt zu berücksichtigen, gerechtfertigt erscheine. Es sei daher beabsichtigt, eine entsprechende Änderung bei nächster Gelegenheit in eine Novelle des Studienförderungsgesetzes aufzunehmen und eine Beschlussfassung im Parlament entsprechend zu unterstützen.

Im vorliegenden Gesetzesänderungsentwurf findet sich eine derartige Berücksichtigung der dargestellten Anregung der Volksanwaltschaft allerdings nicht.

6.    Die Volksanwaltschaft wurde weiters in jüngster Zeit mit dem Umstand konfrontiert, dass das Studienförderungsgesetz in verschiedenen Bestimmungen Leistungen vom Status eines „Studienbeihilfenbeziehers“ abhängig macht. Dies gilt etwa für Fahrtkostenzuschüsse, Reisekostenzuschüsse und Versicherungskostenbeiträge.

Gleichzeitig besteht gemäß § 30 Abs. 6 StudFG „kein Anspruch auf Studienbeihilfe“, wenn der im Zuge der Prüfung des Studienbeihilfenantrages errechnete monatliche Studienbeihilfenbetrag € 15,-- unterschreitet.

Mangels Vorliegens des Status eines „Studienbeihilfenbeziehers“ scheint es daher in Fällen, in denen Studierenden auf Grund des Einkommens der Eltern und der Eigenleistungen zwar grundsätzlich Studienbeihilfe in einem Betrag unter € 15,-- monatlich zukommen würde, in denen aus verwaltungsökonomischen Gründen aber keine Auszahlung dieses Betrages erfolgt, zumindest fraglich, ob die genannten Zuschüsse gewährt werden können.

In diesem Zusammenhang wird angeregt, den angeführten Mindestbetrag aus dem Gesetz zu eliminieren bzw. klarzustellen, dass auch bei einem unter € 15,-- monatlich liegenden Studienbeihilfenbetrag trotzdem von einem „Studienbeihilfenbezieher“ im Sinne des Studienförderungsgesetzes auszugehen ist.

  1. Im 23. Bericht der Volksanwaltschaft (1999) an den Nationalrat und an den Bundesrat (Pkt. 3.2.1.2) wurde darauf hingewiesen, dass es für Studierende, die zum Teil vor Jahren kurzfristig ein Studium betrieben, ohne dafür Studienbeihilfe zu beziehen, unverständlich ist, dass - soweit mehr als zwei Semester in diesem Studium inskribiert wurden und kein Ausnahmetatbestand gegeben ist - auf Grund der Regelung des § 17 Abs. 1 Z 2 StudFG der Studienbeihilfenanspruch wegfällt.

Zwar ist gemäß § 17 Abs. 4 StudFG idgF die Wiedererlangung eines Studienbeihilfenanspruches nach einer gewissen Zeit möglich, es ist aber zu hinterfragen, ob in solchen Fällen, in denen keine Studienbeihilfe bezogen wurde, ein Studienwechsel überhaupt schaden soll.

8.    Im 25. Bericht der Volksanwaltschaft (2001) an den Nationalrat und an den Bundesrat (Pkt. 5.2.2.2) verwies die Volksanwaltschaft auf einen Beschwerdefall, in dem von einem österreichischen Staatsbürger bemängelt wurde, dass gem. § 4 Abs. 2 StudFG Personen, die keine EWR-Bürger bzw. keine Flüchtlinge sind, nur dann österreichischen Staatsbürgern bei der Studienförderung gleichgestellt sind, wenn sie „gemeinsam mit wenigstens einem Elternteil zumindest durch fünf Jahre in Österreich unbeschränkt einkommensteuerpflichtig waren und in Österreich während dieses Zeitraums den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen hatten“.

Diese Gleichstellung sollte aus Sicht des Beschwerdeführers (seine Gattin ist weißrussische Staatsbürgerin) auch für Studierende gelten, bei denen diese Voraussetzungen nicht im Verhältnis zu einem Elternteil sondern zum Ehegatten gegeben sind.

Seit der Studienförderungsgesetznovelle BGBl. I Nr. 20/2006 gelten die dargestellten Einschränkungen nur mehr für Staatenlose, wohingegen bei Drittstaatsangehörigen nunmehr ein fünfjähriger Aufenthalt in Österreich für eine Gleichstellung ausreicht.

Nachvollziehbare Gründe, einem Staatenlosen eine Gleichstellung mit österreichischen Staatsbürgern zu verwehren, wenn die Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 StudFG nicht im Hinblick auf ein Elternteil, sondern auf den Ehegatten gegeben sind, liegen der Volksanwaltschaft nicht vor.

9.    Wie bereits im 27. Bericht der Volksanwaltschaft (2003) an den Nationalrat und an den Bundesrat (Pkt. 5.1.4) dargestellt, wird angeregt, eine bescheidmäßige Rückforderungsmöglichkeit für Studienunterstützungen (§ 68 StudFG) im Studienförderungsgesetz zu verankern, um es zu ermöglichen, Studienunterstützungen nicht erst im Nachhinein ausbezahlen zu können.

Die Vorsitzende

Volksanwältin Rosemarie BAUER  e.h.