Stellungnahme des Bundesministerium für Soziales und Konsumentenschutz zur Novelle des Telekommunikationsgesetzes 2003

 

Aus konsumentenpolitischer Sicht wird im Telekommunikationsrecht hinsichtlich folgender Punkte ein Änderungsbedarf gesehen:

 

§         § 25 TKG: Änderungen von Geschäftsbedingungen und Entgelten

Diese Bestimmung gibt den Telekommunikationsunternehmungen ein gesetzliches Vertragsänderungsrecht an die Hand, mit welchem diese die Inhalts- und Gestaltungskontrolle, wie es sie für vertraglich vereinbarte Vertragsänderungsmöglichkeiten nach KSchG-Maßstäben oder § 879 ABGB gibt, aushebeln.

Aus konsumentenpolitischer Sicht ist nicht verständlich, warum die Telekommunikationsbranche bei Änderungen von Verträgen weniger strenge Bestimmungen einzuhalten hat (unbeschränktes gesetzliches Vertragsänderungsrecht) als die gesamte andere Wirtschaft (auch Elektrizitätsunternehmen). Diese Regelung begünstigt unlauteren Wettbewerb und ist Anlass zahlreicher Beschwerden.

Die Beseitigung dieser Sondernorm für Vertragsänderungen wird daher gefordert.

 

§         Transparenz

1. Pakettarife:

Durch neue sogenannte Pakettarife, die eine gewisse Menge an Freiminuten/SMS/Datenmenge enthalten, ergeben sich folgende Problemstellungen:

  a) Zu Beginn der Vertragslaufzeit stellt sich das Problem, dass KonsumentInnen keine Kenntnis über Beginn und Ende der Rechnungsperiode haben. Da die erste Abrechnung nur in den wenigsten Fällen über einen gesamten Abrechnungszeitraum geht, steht den KonsumentInnen die inkludierte Menge an Freiminuten/SMS/Datenmenge in einem aliquoten Verhältnis zu, darüber hinaus konsumierte Leistung ist häufig empfindlich teuer.

Um die Kosten steuern zu können benötigen die KonsumentInnen eine Information über Beginn und Ende ihrer Rechnungsperiode.

 

  b) Die KonsumentInnen haben keine Möglichkeit sich während einer laufenden Rechnungsperiode über den aktuellen Freiminuten- und SMS-Guthabensstand beziehungsweise über noch vorhandenes Datenvolumen zu informieren.

§ 24 TKG enthält Bestimmungen zur Tariftransparenz. Es besteht die Möglichkeit hier eine entsprechende gesetzliche Regelung zu verankern, oder die Regulierungsbehörde zu ermächtigen, per Verordnung Regelungen festzulegen.

 

2. Tarifangabe auch für Nummern mit der Bereichskennzahl 0810 und 0820

Es häufen sich Beschwerden darüber, dass es praktisch unmöglich ist die anfallenden Kosten bei der Nutzung derartiger Nummern in Erfahrung zu bringen (meist weiß es das jeweilige Unternehmen, welches diese Nummer verwendet, selbst nicht). Die Aussage, die auf Grund der KEM-V oft getätigt wird, dass ein Anruf bei einer 0820-Nummer max. 20 Eurocent pro Minute verrechnet wird, ist tatsächlich unbefriedigend und widerspricht aus unserer Sicht dem Transparenzgebot. Es macht doch einen ziemlichen Unterschied, ob ein Gespräch z.B. 11 Eurocent oder 20 Eurocent pro Minute kostet.

Daher sollte auch für diese Nummern eine entsprechende Verpflichtung zur Preisangabe statuiert werden.

 

3. Kostenintransparenz bei Anrufen in den Bereich 05 (private Netze):

Es häufen sich Beschwerden, dass Anrufe in den Nummernbereich 05 extrem teuer sind (mitunter bis 0,42 € pro Minute). Es verwenden tatsächlich immer mehr Unternehmen, aber auch Behörden (z.B. Polizei) Rufnummern, die die Vorwahl 05 haben und daher österreichweit durch dieselbe Vorwahl leicht erreichbar sind. Problematisch ist aber, dass die Kosten der KonsumentInnen für einen Anruf in den 05-Bereich davon abhängen, bei welchem Telekommunikationsanbieter diese unter Vertrag sind und weiters noch vom jeweils gewählten Tarifmodell.

Hier wären Verbesserungsmöglichkeiten auf rechtlicher Basis anzudenken (z.B. Tarifansage zu Beginn).

 


4. Anspruch auf schriftliche und kostenlose Rechnung:

In jüngster Zeit ist zu beobachten, dass Telekommunikationsanbieter Rechnungen nur noch in elektronischer Form zur Verfügung stellen. Auf Wunsch und gegen Zahlung einer Gebühr wird die Rechnung schriftlich übermittelt (es gibt zumindest auch ein Unternehmen, welches auch auf Wunsch und extra Bezahlung keine schriftliche Rechnung ausstellt). Dies ist eine aus Gründen der Transparenz äußerst bedenkliche Entwicklung, da elektronische Rechnungen mitunter häufig nicht leicht zugänglich sind und daher eine Kostenkontrolle schwer wird. Es steht – aus unserer Sicht – auch im Widerspruch zum Telekommunikationsrecht, welches den KonsumentInnen das Recht einräumt, einen schriftlichen und kostenlosen Nachweis aller in einer Rechnungsperiode getätigten Telefonate und Internetzugriffe zu erhalten (Einzelentgeltnachweis).

Die Verankerung eines Rechtsanspruchs auf eine kostenlose schriftliche Rechnung erscheint erforderlich.

 

§         Datenvolumen

KonsumentInnen sind häufig mit sehr hohen Rechnungen betreffend ihrer Internetnutzung konfrontiert. Die Verträge beinhalten meist ein bestimmtes Datenvolumen, liegt der Verbrauch über dem vertraglich vereinbarten Volumen, dann fallen weitere und meist hohe Gebühren an. Nicht selten entstehen Forderungen von mehr als 1.000 Euro in einer Rechnungsperiode. Besonders bei mobilem Breitband trifft dies zu.

Das Problem besteht darin, dass ein Laie schwer den Verbrauch während der Internetnutzung abschätzen kann. Die Unternehmen stellen meist Möglichkeiten zur Abfrage des verbrauchten Volumens zur Verfügung, allerdings oft sehr zeitverzögert (z.B. 1x täglich um 0 Uhr); oder es wird über die Abfragemöglichkeit nicht sehr prominent informiert oder die direkt mit der Hardware mitgelieferte Software zur Volumensabfrage liefert völlig falsche Werte.

Es sollte eine Verpflichtung normiert werden, dass das verbrauchte Volumen möglichst zeitnah (jedenfalls nicht nur 1x täglich) abgefragt werden kann. Dieser Wert muss auch verbindlich sein. Kurz vor dem Überschreiten sollte den NutzerInnen eine Warnung zu übermitteln sein (Email, SMS, oä.). Weiters sollte auch über mögliche hohe Rechnungen bei Überschreiten des Volumens bereits bei Vertragsabschluss informiert werden müssen.

 

§         Unerbetene Werbung

Gemäß § 107 TKG ist unerbetene Werbung mittels Telefonanruf, Telefax, SMS (mittels SMS wird oft Werbung mit pornografischem Inhalt versandt) oder Email ohne vorherige Einwilligung unzulässig. Die Vollziehung von Verstößen ist oft nur sehr schwierig oder gar nicht möglich, weil der Werber im Ausland sitzt und daher nicht greifbar ist.

Aus unserer Sicht bietet § 91 der Regulierungsbehörde bereits die Möglichkeit, dagegen – notfalls durch Widerruf der Nutzung einer zugeteilten Rufnummer – vorzugehen. Nach unserem Kenntnisstand wird in der Praxis davon leider nicht Gebrauch gemacht.

Im TKG sollte in § 91 explizite erwähnt werden, dass diese Bestimmung auch auf Verstöße gegen § 107 TKG Anwendung zu finden hat.

Es sollte ein neues Verfahren für diese Verstöße geschaffen werden, welches rasch und verfahrensökonomisch unerbetene Werbung abstellt, vor allem wenn sie geeignet ist, eine unmittelbare und ernste Gefährdung der öffentlichen Ordnung, Sicherheit, Sittlichkeit oder Gesundheit darzustellen.

Die zur Ahndung der Verstöße erforderlichen Ressourcen müssen geschaffen werden.