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911-ÖPA/2007, 22.06.2007   Rp  45/07/MSt/Va/            4296                  31.07.2007

                                      Mag. Huberta Maitz-Straßnig

 

 

 

Patentanwaltsgesetz-Novelle 2007, Stellungnahme

 

 

Sehr geehrte Damen und Herren!

 

 

Die Wirtschaftskammer Österreich dankt für die Übermittlung des gegenständlichen Gesetzesentwurfes und gibt dazu folgende Stellungnahme ab:

 

 

Zu § 2

Nach § 2 Abs 1 lit d besteht für die Eintragung in die Liste der Patentanwälte ua das Erfordernis des  Abschlusses eines mindestens 5-jährigen technisch-naturwissenschaftlichen Universitätsstudiums. Ein Studium der Technik oder Naturwissenschaften ist nicht nur an Universitäten, sondern auch an fachhochschulischen Einrichtungen möglich. Der in § 2 Abs 1 lit d verwendete Begriff „Universität“ deckt das heute bestehende Spektrum facheinschlägiger Studienangebote nicht ab. Es wird daher vorgeschlagen, den Begriff „Universität“ durch den Überbegriff „Hochschule“ zu ersetzen.

 

Die vorgesehene reguläre Mindeststudiendauer von 5 Jahren hat sich am traditionellen Konzept des Diplomstudiums orientiert bzw setzt im Sinne der gestuften Studienarchitektur („Bologna- Prozess“) ein Master-Niveau voraus. Aus unserer Sicht gilt bereits ein Bachelor als berufsqualifizierender Erstabschluss. Ein weiterführender Mastergrad führt nicht zwingend zu einer höherwertigen Berufsqualifikation hinsichtlich der Tätigkeit als Patentanwalt. Es wird daher vorgeschlagen, die in lit d vorgesehene Mindeststudiendauer auf 3 Jahre festzulegen.

 

 

Zu § 16a

Die nach § 16a Abs 2 vorgesehene Meldung der Dienstleistungserbringung durch einen Patentanwalt aus dem EWR in Österreich ist Voraussetzung einer wirksamen Vertretung der Kunden. Die vom dienstleistenden Patentanwalt vorgenommenen Verfahrenshandlungen sind gemäß Abs 5  nur unter der Bedingung wirksam, dass eine solche vorliegt bzw zumindest nachträglich erstattet wird. Im Interesse der von dienstleistenden Patentanwälten vertretenen Kunden ist eine Überprüfungsmöglichkeit wichtig, ob eine Meldung bzw die Aufnahme in das Melderegister erfolgt ist. Nach unserem Verständnis ergibt sich aus dem vorgeschlagenen Gesetzestext nicht, wer in das von der Patentanwaltskammer geführte elektronische Meldeverzeichnis Einsicht nehmen kann. Dies wäre – auch um datenschutzrechtliche Zweifel im Falle einer entsprechenden Anfrage vorwegzunehmen – im Gesetz klarzustellen, wobei nach unserer Auffassung dieses Verzeichnis öffentlich und kostenlos zugänglich sein sollte.

 

 

Zu § 29a

Kunden wünschen in zunehmendem Maße – insbesondere angesichts der wachsenden Komplexitäten der zu bewältigenden Aufgaben – Dienstleitungen aus einer Hand. Fachübergreifende Aufgabenstellungen sind gerade in Bereichen des geistigen Eigentums typisch und betreffen z.B. juristische, technische, innovationsberatende oder recherchierende Tätigkeiten. § 29a PatAnwG enthält – dem § 21c RAO vergleichbar – Regelungen über die möglichen Gesellschafter einer Patentanwaltsgesellschaft. So können nach § 29a PatAnwG im Wesentlichen nur ein Patentanwalt, ehemaliger Patentanwalt, Ehegatten, Kinder und Witwen oder bestimmte Stiftungen Gesellschafter einer Patentanwaltsgesellschaft sein. Die Gründung einer fachübergreifenden Gesellschaft, die die oben beschriebenen Tätigkeiten bündeln könnte, wäre somit nicht möglich.

 

Die bestehende Trennung der Betreuungsleistungen bringt gerade im Bereich des geistigen Eigentums für innovative Unternehmenskunden Schnittstellenverluste mit sich, die nicht sinnvoll sind. Gemeinsame Gesellschaften könnten die Beratungsleistungen für die Kunden durch ganzheitliche Analysen und Betreuung aus einer Hand verbessern. Aus diesem Grund ist es erforderlich die gesetzliche Grundlage zu schaffen, um eine effektive Zusammenarbeit zwischen freien Berufen untereinander und freien Berufen und Gewerbetreibenden im Interesse der Kunden in Zukunft zu ermöglichen.

 

Wir weisen in diesem Zusammenhang auch auf die Aktivitäten der europäischen Kommission zum Thema der freien Berufe hin. In der Mitteilung „Bericht über den Wettbewerb bei freiberuflichen Dienstleistungen“ (KOM (2004) 83 endg vom 9.02.2004) wird – im Sinne der obigen Ausführungen - dargelegt, dass ua Vorschriften über die Unternehmensstruktur die Entstehung innovativer Dienstleistungsangebote und kosteneffizienter Unternehmensmodelle verhindern können (S 10). Im darauf aufbauenden Follow-up-Bericht (Freiberufliche Dienstleistungen – Raum für weitere Reformen, (KOM (2005) 405 endg vom 5.09.2005) wird deutlich, dass Österreich generell mit seiner Regelungsdichte im Bereich der freien Berufe weit vorne und zwar an 3. Stelle liegt (S 8).

 

Die Europäische Kommission führt aus, dass eine systematische, wettbewerbsfreundliche Reform in diesem Bereich beträchtliche Vorteile für die Wirtschaft bringen würde und appelliert an die Mitgliedstaaten, die Modernisierung der einschlägigen Berufsregeln in ihre nationalen Reformprogramme zur Umsetzung der Lissabon-Agenda einzubeziehen (S 11).

 

Aus unserer Sicht wäre daher eine Öffnung der möglichen Gesellschafter im Bereich der Patentanwaltsgesellschaften eine Möglichkeit, auch diesem Appell der Europäischen Kommission im Interesse der innovativen, österreichischen Wirtschaft Rechnung zu tragen.

 

 

25 Ausfertigungen der gegenständlichen Stellungnahme werden wunschgemäß dem Präsidium des Nationalrates übermittelt. Zusätzlich erfolgt wunschgemäß auch die Übermittlung der Stellungnahme per Email an Begutachtungsverfahren@parlament.gv.at.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

 

 

Dr. Christoph Leitl                                                             Mag. Anna Maria Hochhauser

Präsident                                                                                         Generalsekretärin