Amt der Steiermärkischen Landesregierung

 

 

 

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GZ:

FA1F–41.00-6/2000-53

 

Bezug:

BKA-600.127/0011/A/1/2007

Graz, am 21. September 2007

 

Ggst.:

Verwaltungsverfahrens- und
Zustellrechtsänderungsgesetz 2007;

Stellungnahme des Landes Steiermark.

 


 

Zu dem mit do. Schreiben vom 30. Juli 2007 Zahl, übermittelten Entwurf eines Verwaltungsverfahrens- und Zustellrechtsänderungsgesetz 2007 wird seitens des Landes Steiermark folgende Stellungnahme abgegeben:


 

Allgemeines:

Die Bereinigung und Vereinfachung vieler Bestimmungen, die mit Erlassung des E-Government-Gesetzes eingeführt wurden, sind aus Sicht der Vollziehung ausdrücklich zu begrüßen.

 

Zu den einzelnen Bestimmungen:

A.    Zu Art. 2 des Verwaltungsverfahrens- und Zustellrechtsänderungsgesetzes 2007 (Änderung des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991):

1.     Zu Z. 4 (§ 13):

Nach § 13 Abs. 1 soll keine Möglichkeit für die Behörde mehr bestehen, die schriftliche Einbringung mündlicher Anbringen aufzutragen. Die Erläuterungen zum Entwurf können nicht überzeugend begründen, weshalb hier der Handlungsspielraum der Behörden eingeschränkt wird. Auch wenn mündliche Anbringen häufig „tunlich“ sein werden, wird manchmal auch das Gegenteil vorkommen. Für solche Fälle sollte weiterhin ein schriftliches Anbringen aufgetragen werden können.

 

In § 13 Abs. 1 des Entwurfes fehlt überdies eine Anordnung für den Fall, dass dem Auftrag der Behörde nicht Folge geleistet wird. Es wird daher vorgeschlagen, den Abs. 1 dahingehend zu ergänzen, dass in diesem Fall das Anbringen als zurückgezogen gilt (siehe den geltenden § 13 Abs. 4).

 

In § 13 Abs. 2 ist vorgesehen, dass der Bundeskanzler durch Verordnung nähere Bestimmungen zur Erleichterung des elektronischen Verkehrs und seiner Sicherheit regeln kann. Diese Bestimmung war bereits im Entwurf eines Verfahrens- und Zustellrechtsänderungsgesetzes 2006 als § 13 Abs. 9 enthalten und wurde schon damals von den Ländern, so auch der Steiermark, entschieden abgelehnt.

 

In rechtlicher Hinsicht ist zu betonen, dass die kompetenzrechtlichen Ausführungen in den Erläuterungen betreffend die Verordnung zur Festlegung von Dateiformaten nicht überzeugen. Aber selbst unter der Annahme, dass diese Kompetenz dem Bund zusteht, ist die Verordnungsermächtigung in § 13 Abs. 2 nicht positiv zu beurteilen:

 

Das Ziel dieser Verordnungsermächtigung ist anscheinend eine Vereinfachung durch Vereinheitlichung. Allerdings ergibt sich damit, wie in den Erläuterungen ausgeführt, nicht die Verpflichtung der einzelnen Behörden zur Anschaffung entsprechender Hard- und Software. Damit wäre das angestrebte Ziel durch das Instrumentarium der Verordnung nicht gesichert.

 

Zur Erreichung dieses Ziels ist das zwischen Bund, Ländern, Gemeinde- und Städtebund vereinbarte Abstimmungs- und Empfehlungsverfahren auf fachlicher Ebene wesentlich besser geeignet, weil damit der gemeinsame Nenner rascher identifiziert und besser transparent gemacht werden kann. Darüber hinaus kann damit rascher auf technologische Veränderungen reagiert und der notwendige Know-How-Transfer besser organisiert werden.

 

Es wird daher dringend ersucht, die Verordnungsermächtigung aus der Novelle zu streichen. Dies wäre auch wesentlich bürgerfreundlicher: Nach dem im Entwurf vorgesehenen Konzept müssen immer die Verordnung und zusätzlich eine allfällige Kundmachung der jeweiligen Behörde herangezogen werden, um die konkreten Möglichkeiten des elektronischen Verkehrs mit dieser Behörde festzustellen, was kompliziert ist und auf berechtigte Kritik stoßen wird. Ohne Verordnung reicht ein Blick auf die Kundmachung der gewünschten Behörde.

 

Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass das Weglassen der Verordnungsermächtigung ein Beitrag zur wünschenswerten Kürze und Übersichtlichkeit des AVG wäre.

 

Im § 13 Abs. 2 ist darüber hinaus vorgesehen, dass Beschränkungen des elektronischen Verkehrs durch die Behörde im Internet und durch Anschlag an der Amtstafel kundzumachen sind. Dies führt zu einer Fülle von permanenten Kundmachungen an der Amtstafel. Die angesprochene Zielgruppe muss aber zur Abwicklung des elektronischen Verkehrs ohnehin über einen Internet-Anschluss verfügen. Die Kundmachung betreffend den elektronischen Verkehr soll daher verpflichtend nur im Internet erfolgen.

 

In § 13 Abs. 5 ist bisher die Bestimmung enthalten, dass behördliche Entscheidungsfristen erst mit Wiederbeginn der Amtsstunden zu laufen beginnen. Da technische Einrichtungen zur Entgegennahme von Anbringen, wie E-Mail und Fax nicht problemlos täglich außer Betrieb genommen werden können und auch gar nicht außer Betrieb genommen werden sollen, ist es wichtig, die bisherige Bestimmung beizubehalten. Es gibt beispielsweise im Veranstaltungs- und auch im Fremdenrecht Verfahren mit äußerst kurzen Fristen, die sonst nicht eingehalten werden könnten.

 

Im Entwurf eines Verfahrens- und Zustellrechtsänderungsgesetzes 2006 war in §13 AVG folgender Absatz 5 vorgesehen:

„Die Behörde kann schriftliche Anbringen und andere eingereichte Unterlagen in Kopie zum Akt nehmen; als Kopie gilt jede inhaltlich unverfälschte Wiedergabe des Originals. Wenn sichergestellt ist, dass die in Kopie erfassten Unterlagen nachträglich nicht verändert werden können, wird die Beweiskraft dieser Unterlagen dadurch nicht beeinträchtigt.“

Diese Bestimmung stellt eine wesentliche Grundlage für die Führung von elektronischen Akten dar und soll daher ins AVG aufgenommen werden. Dadurch wird verhindert, dass die Papierunterlagen zusätzlich zum ELAK aufbewahrt werden müssen. Die Behörde hat sicherzustellen, dass die Kopie vollständig und leserlich ist.

 

2.     Zu Z. 8 (§14 Abs. 5):

        Die Bestimmung des letzten Satzes ist nur dann praktikabel, wenn darunter auch solche Verfahren zum Nachweis der Identität und der Authentizität fallen, die keine online-Verbindung voraussetzen.

 

3.     Zu Z. 12 (§ 18):

In § 18 Abs. 4 wird ausgeführt, dass Ausfertigungen in Form von Ausdrucken entweder unterschrieben bzw. beglaubigt sein oder die Amtssignatur enthalten müssen. Dies wirft, wie schon mehrfach deponiert, massive Probleme auf. Zwar können laut § 82 Abs. 14 schriftliche Ausfertigungen von elektronisch erstellten Erledigungen bis 2010 auch ohne Unterschrift oder Beglaubigung erstellt werden. Dieser Frist liegt die Annahme zugrunde, dass bei einer in diesem Zeitraum durchgeführten Umstellung der bestehenden Drucklösungen auf Einzeldokumente und auf gängige Dokumentenformate die Implementierung der Amtssignatur nur einen zu vernachlässigenden Mehraufwand bedeutet.

 

Eine Überprüfung der bestehenden Lösungen hat aber ergeben, dass die Druckstraßenlösungen für die Verarbeitung von Einzeldokumenten bei Massenerledigungen nicht wirklich geeignet sind. Darüber hinaus müssen auf Grund der Verwendung von Vordrucken bei Ausdrucken und der unterschiedlichen Ausformung von Zahlungshilfen (Erlagschein beim Ausdruck, Link zum Zahlungssystem bei elektronischen Ausfertigungen) elektronische Erledigungen und Ausdrucke ohnehin unterschiedlich gestaltet werden. Eine händische Unterschrift von Massenerledigungen ist ebenfalls nicht praktikabel. Zum hohen Aufwand für eine händische Unterschrift kommt noch das Faktum, dass der Ausdruck vielfach zentral und damit räumlich entfernt von der zuständigen Behörde durchgeführt wird.

 

Auf Empfängerseite bringt das Anbringen einer Amtssignatur auf dem Ausdruck keinen Mehrwert. Die Signaturinformationen gehen bei Verwendung gängiger Signatursysteme beim Ausdruck verloren. Die Angabe einer Telefonnummer zur Verifizierung würde einer Aufforderung zu vermehrten Rückfragen gleichkommen. In der Praxis sind auch keine Probleme mit derartigen nicht unterschriebenen Ausfertigungen entsprechend der derzeitigen Gesetzeslage bekannt.

 

Daher steht einem immens hohen Aufwand und einer Fülle von derzeit noch nicht gelösten Problemen kein erkennbarer Nutzen gegenüber. Schriftliche Ausfertigungen in Form von Ausdrucken sollen daher ohne Befristung weiterhin ohne Unterschrift bzw. Amtssignatur zugestellt werden können.

 

Auf den Beschluss der Landesamtsdirektorenkonferenz von 16. März 2007 wird hingewiesen.

 

In § 18 Abs. 4 fehlt überdies eine Regelung, die es auf Dauer ermöglicht, dass bei vervielfältigten schriftlichen Ausfertigungen nur das Original mit Unterschrift, Beglaubigung oder Amtssignatur versehen sein muss. Eine solche Möglichkeit entspricht den Bedürfnissen der Praxis. Die neugefasste Übergangsbestimmung des § 82 Abs. 14 ist überdies im Gegensatz zur geltenden Rechtslage so formuliert, dass nicht einmal für den Übergangszeitraum bis Ende 2010 ganz sicher ist, dass bei Kopien nur das Original einer Unterschrift, Beglaubigung oder Amtssignatur bedarf, auch wenn dies eher anzunehmen ist.

 

 

4.     Zu Z. 21 (§ 49 Abs. 1):

Der derzeit in Z. 2 enthaltene Ausdruck „Gefahr einer strafgerichtlichen Verfolgung“ wird im do. Entwurf durch den Ausdruck „Gefahr einer strafrechtlichen Verfolgung“ ersetzt. Es ist anzunehmen, dass mit dieser Änderung des Wortlauts der Judikatur Rechnung getragen werden soll, wonach diese Bestimmung sich in verfassungskonformer Auslegung auch auf den Fall der Gefahr verwaltungsbehördlicher Verfolgung bezieht. Wenn dies zutrifft, wird der Normgehalt des § 49 Abs. 1 Z. 2 diesbezüglich nicht verändert, sondern nur deutlicher zum Ausdruck gebracht. Ein entsprechend klarer Hinweis in den Erläuterungen wäre hilfreich.

 

Was den Unterschied zwischen „Schande“ und „Unehre“ in Z. 2 betrifft, sind die Erläuterungen nicht überzeugend; diese Änderung wäre nach ha. Auffassung entbehrlich.

 

5.      Zu Z. 31 (§ 82 Abs. 14):

         Statt „schriftliche Ausfertigungen“ muss es wohl „Ausfertigung schriftlicher Erledigungen“ heißen.

         Abgesehen davon sind von der vorgesehenen Formulierung, wenn man sie wörtlich nimmt, nicht alle in Betracht kommenden Ausfertigungen abgedeckt: Die Bestimmung sollte unbedingt auf schriftliche Ausfertigungen, denen kein elektronisches Dokument zugrunde liegt (Ausdrucke au Fachanwendungen, siehe oben bei § 18) sowie auf PC-Fax erweitert werden.

 

B.     Zu Art. 3 des Verwaltungsverfahrens- und Zustellrechtsänderungsgesetzes 2007 (Änderung des Zustellgesetzes):

1.     Zu Z. 49 (3. Abschnitt):

 

Für jede Form der elektronischen Zustellung ohne Zustellnachweis (einschließlich Telefax) sollte generell die vorgesehene gesetzliche Vermutung (§ 37 Abs. 1), wonach am dritten Tag nach der Übermittlung die Zustellung als bewirkt gilt, nur subsidiär gelten, d.h. wenn nicht der Behörde eine Bestätigung über die Zustellung zu einem früheren Zeitpunkt vorliegt.

 

Der Entwurf des Zustellgesetzes sieht vor, dass Zustellungen mit Zustellnachweis nur über registrierte Zustelldienste erfolgen dürfen. Die Abholung von Dokumenten dieser Zustelldienste durch Privatpersonen kann wiederum nur unter Verwendung der Bürgerkarte erfolgen. Trotz der hohen Attraktivität der Zustellung an und für sich führt die Notwendigkeit zur Verwendung der Bürgerkarte dazu, dass diese Zustelldienste in der Praxis nicht genutzt werden. Nach Ansicht der Länder ist die Notwendigkeit zur Verwendung der Bürgerkarte zumindest bei RSb-Zustellungen auf einem zu hohen Sicherheitsniveau angesiedelt.

 

Es wird daher gefordert, dass von den Zustelldienstanbietern andere gängige Mechanismen auf Username/Passwort-Basis verwendet werden können. Damit könnten auch Synergien mit den zur Zeit von der Wirtschaft aufgebauten Zustellsystemen genutzt und die für die Akzeptanz so wichtige Grundfrequenz erreicht werden.

 

§ 37 Abs. 1 sieht für die Zustellungen ohne Zustellnachweis künftig auch das elektronische Kommunikationssystem der Behörde vor. Auf der anderen Seite wurden die Regelungen der derzeitigen Fassung im § 4 Abs. 5 zur elektronischen Übergabe von Dokumenten im online Dialogverkehr ersatzlos gestrichen und durch § 37a ersetzt, wonach der Empfänger Identität und Authentizität nur mehr mit der Bürgerkarte nachweisen kann, nicht wie bisher „in geeigneter Form“. Die Umsetzung des Entwurfs würde bedeuten, dass funktionierende und auch breit genutzte Lösungen im Bereich der Länder sowie der Städte und Gemeinden (z.B. Bürgerportal.at, Kommunalweb oder Bürgerinfo, welche von den Bürgern angenommen und auch verwendet werden) mit hohem Aufwand umgestellt werden müssten, mit dem Effekt, dass durch die Notwendigkeit der Verwendung der Bürgerkarte die Nutzung drastisch eingeschränkt würde. Derzeit besitzt nur ein Bruchteil dieser Bürger die Bürgerkarte und der überwiegende Teil ist auch nicht bereit, sich eine solche anzuschaffen Damit müsste ein Großteil dieser Bürger und Bürgerinnen auf bestehende Serviceleistungen der Länder und Gemeinden verzichten. Diese Vorgangsweise ist konträr zu den Zielen, E-Government zu verbreiten und Zugangsbarrieren abzubauen. Es wird daher gefordert, dass die in § 4 Abs. 5 enthaltenen Voraussetzungen weiterhin in Kraft bleiben.

 

 


Dem Präsidium des Nationalrates werden unter einem 25 Abdrucke dieser Stellungnahme zugeleitet. Eine weitere Ausfertigung ergeht an die E-Mail Adresse begutachtungsverfahren@parlament.gv.at.

 

           

Für die Steiermärkische Landesregierung

 

 

(Landeshauptmann Mag. Franz Voves)