Zl. 12-REP-43.00/07 Ht

 

HAUPTVERBAND DER ÖSTERREICHISCHEN SOZIALVERSICHERUNGSTRÄGER

     A-1031 WIEN                       KUNDMANNGASSE 21                     POSTFACH 600      DVR 0024279

                    VORWAHL Inland: 01,  Ausland:  +43-1            TEL. 711 32 / Kl. 1211            TELEFAX 711 32 3775

                                                                                               Wien, 3. September 2007

An das                                                                                                          Per E-Mail
Bundesministerium für
Gesundheit, Familie und Jugend
Radetzkystraße 2
1031 Wien

 

An das                                                                                                          Per E-Mail
Präsidium des Nationalrates

Betr.:     Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über Krankenanstalten und Kuranstalten geändert wird (KAKuG-Novelle)

Bezug:  Ihr E-Mail vom 7. August 2007,
GZ: BMGFJ-92601/0011-I/B/8/2007

Sehr geehrte Damen und Herren!

Der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger nimmt wie folgt Stellung:

Zu den §§ 2 Abs. 1, 7 Abs. 1 und 65 Abs. 4d

Gegen den Entfall der in § 2 Abs. 1 Z 3 und 5 bezeichneten Krankenanstalten aus den angeführten Bestimmungen und deren Subsummierung unter die in § 2 Abs. 1 Z 2 angeführten Krankenanstalten sprechen wir uns ausdrücklich aus.

Begründung: Gemäß § 144 Abs. 4 ASVG gilt die Unterbringung von Patienten, die ärztlicher Behandlung und besonderer Pflege bedürfen, in einem Heim für Genesende, nicht als Anstaltspflege. Nach dem vorgeschlagenen § 65 Abs. 4d letzter Satz, sollen im Zeitpunkt des Inkrafttretens bestehende Heime für Genesende, Gebäranstalten und Entbindungsheime als Sonderkrankenanstalten im Sinne § 2 Abs. 1 Z 2 gelten. Damit werden in der Folge zusätzliche Kosten für die Krankenversicherungsträger (Entrichtung eines Pflegegebührenersatzes oder sogar der Einbeziehung in die LDF-Finanzierung) verursacht.

Zu § 7

§ 7 Abs. 1 normiert, dass „selbständige Ambulatorien für Zahnheilkunde durch einen geeigneten Zahnarzt zu leiten sind“, in § 7 Abs. 3 soll der Satz „Der zahnärztliche Dienst in Krankenanstalten darf nur von Zahnärzten versehen werden, die nach den Vorschriften des Zahnärztegesetzes zur Ausübung des zahnärztlichen Berufes berechtigt sind“ eingefügt werden.

Dazu ist Folgendes auszuführen:

In einigen Zahnambulatorien der Krankenversicherungsträger ist der jahrelang bestellte Leiter kein Zahnarzt und Mitglied der Zahnärztekammer, sondern Facharzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie (neben der Berufsberechtigung als Arzt für Allgemeinmedizin) und Mitglied der Ärztekammer.

Wenn nun diese neue gesetzliche Bestimmung so kommen sollte – offensichtlich aufgrund der Abspaltung der Zahnärzte von der Ärztekammer – so würde dies bedeuten, dass jahrelang bewährte Leiter von Zahnambulatorien mangels Mitgliedschaft in der vor kurzem geschaffenen Zahnärztekammern nun nicht mehr diese Leitungsfunktion ausüben dürfen.

Diese einschneidende rechtliche Änderung ist fachlich keineswegs begründet und nicht nachvollziehbar und es handelt sich aus unserer Sicht auch um keine gewollte massive Veränderung.

Hinsichtlich der fachlichen Qualifikation von Fachärzten für Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie ist Folgendes festzuhalten:

Kieferchirurgen haben als Pflichtgegenfach die gesamte 2- jährige Ausbildung zum Zahnarzt absolviert, genauso wie alle Zahnärzte bis 2004. Es besteht daher überhaupt kein Unterschied in der Qualifikation betreffend zahnärztlicher Tätigkeit zwischen Zahnärzten und Kieferchirurgen.

Erst 2005 haben die ersten „neuen“ Zahnärzte mit eigenem Studium ihre Ausbildung beendet. Seither müssen auch die Kieferchirurgen den gesamten klinischen Teil des Zahnarztstudiums (3 Jahre) absolvieren.

Damit besteht aber auch in Zukunft kein Unterschied hinsichtlich Qualifikation für zahnärztliche Tätigkeiten. Die Kieferchirurgen haben darüber hinaus den großen Vorteil, dass sie „echte“ Ärzte sind (mit entsprechenden allgemeinmedizinischen Kenntnissen).

Es ist daher nicht nachvollziehbar, warum nicht auch Fachärzte für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie als mögliche ärztliche Leiter für Zahnambulatorien in der Novelle zum KAKuG angeführt werden.

Dies wäre sogar ein Vorteil für die oft multimorbiden Patienten aus Alten- und Pflegeheimen, da allgemeinmedizinische Zusammenhänge kompetenter beurteilt und Notsituationen sicher besser gemanagt werden können als von Zahnärzten

Wenn nun diese gesetzlichen Änderungen tatsächlich durchgeführt werden sollten, so wäre zumindest eine Ergänzung der berechtigten Personen um die Fachärzte für Mund-, Gesichts- und Kieferchirurgie vorzusehen. Es wäre daher notwendig, die Bestimmungen des § 7 derart zu ergänzen, indem jeweils nach „geeigneter Zahnarzt“ die Wortfolge „oder Facharzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie“ eingefügt wird.

Aus unserer Sicht kann jedoch sowohl in § 7 Abs. 1 der Satz „Selbständige Ambulatorien für Zahnheilkunde sind durch einen geeigneten Zahnarzt zu leiten.“ als auch die geplante Anfügung in § 7 Abs. 3 gänzlich entfallen.

Somit würde die grundsätzliche Bestimmung, wonach für jede Krankenanstalt ein geeigneter Arzt als verantwortlicher Leiter zu bestellen ist auch für die selbständigen Zahnambulatorien gelten und so die jahrelange Praxis fortgeführt werden können.

Zu § 10 Abs. 1 Z 4 i. V. m. § 24 Abs. 2

Es bestehen Bedenken hinsichtlich der beabsichtigten Neuregelung des § 10 Abs. 1 Z 4, wonach für die Übermittlung einer Kopie der Krankengeschichte an den einweisenden Arzt das nachträgliche Einverständnis des Pfleglings nachzuweisen ist, sofern dieser bei der Entlassung die Übermittlung des Entlassungsbriefs (bis jetzt Arztbrief) an den einweisenden Arzt ausgeschlossen hat.

Die Erläuterungen zu § 10 Abs. 1 Z 4 in der Fassung des vorliegenden Entwurfes begründen die Änderung mit der Notwendigkeit der Stärkung der Patientenrechte und der Absicherung der Patientenautonomie.

Dies ist im Zusammenhang mit der schon jetzt geltenden Bestimmung des § 24 Abs. 2 („Entlassung von Pfleglingen – Arztbrief“), wonach der Arztbrief (soll in Hinkunft „Entlassungsbrief“ heißen) nach Entscheidung des Pfleglings entweder an ihn selbst oder an den einweisenden oder weiterbehandelnden Arzt zu übermitteln ist, problematisch, denn der Arztbrief darf dem einweisenden oder weiterbehandelnden Arzt nur dann zur Verfügung gestellt werden, wenn dies vom Patienten so gewollt ist.

Diese Bestimmung sorgte schon bisher immer wieder für Probleme der behandelnden Hausärzte, die sich darüber beklagten, dass sie Entlassungs- bzw. Arztbriefe weder vom behandelnden Krankenhaus direkt noch vom Patienten erhalten. Durch dieses – aus welchen Gründen auch immer - Vorenthalten von Information, wurde ihnen schon in der Vergangenheit die weitere Behandlung ihrer Patienten erschwert.

In derartigen Fällen mussten die Hausärzte dann beim Krankenhaus die entsprechende Krankengeschichte anfordern – was derzeit ja (noch) erlaubt ist, in Hinkunft aber offensichtlich nur mehr unter erschwerten Bedingungen möglich sein soll, nämlich nur mehr mit Einverständnis des Patienten.

Dies bedeutet aber schon jetzt einen zusätzlichen (im Grunde überflüssigen) administrativen Mehraufwand und würde durch die beabsichtigte Neuregelung des § 10 Abs. 1 Z 4 noch weiter erschwert werden.

Diese geplante Neuregelung erscheint daher äußerst praxisfremd. Die – an sich ja gut zu heißende Stärkung von Patientenrechten – darf nicht dazu führen, dass der Patient durch Einführung zusätzlicher nicht notwendiger Bürokratismen und Formalismen erst recht dadurch zu Schaden kommt und keine ordentliche Weiterbehandlung durch seinen Hausarzt nach einem Krankenhausaufenthalt möglich ist, weil diesem wichtige Informationen über die Diagnose und die vorangegangene Behandlung des Patienten im Spital quasi vorenthalten werden oder der Arzt diese Informationen – wenn überhaupt – erst verspätet erhält. Eine nach der Entlassung erfolgte Krankenbehandlung wird damit unter Umständen auch zu Lasten der Kassen verteuert.

Ganz im Gegenteil sollte daher – statt die Übermittlung der Krankengeschichte an den Hausarzt zu erschweren – es gesetzgeberisch durch eine entsprechende Änderung des § 24 Abs. 2 ermöglicht werden, dass der Arzt-(bzw. Entlassungs-)brief dem einweisenden oder weiterbehandelnden Arzt in jedem Fall vom Krankenhaus übermittelt wird. Das heißt, der Passus „nach Entscheidung des Pfleglings“ sowie das Wort „oder“ (Z 1) sollten gestrichen werden.

Jedenfalls sollten keinesfalls gesetzgeberische Hürden aufgebaut werden, die ein funktionierendes Nahtstellenmanagement behindern, welches in unserem Gesundheitssystem immer größere Bedeutung bekommt. Die wichtigste Nahtstelle ist aber nun einmal jene zwischen Krankenanstalten und Hausarzt und gerade hier muss unbedingt ein „störungsfreier“ und rascher Informationsfluss im Sinne einer optimalen weiteren Patientenbetreuung im Anschluss an einen stationären Aufenthalt gewährleistet werden. Im Falle einer tatsächlichen Umsetzung dieser legistischen Maßnahme (Änderung des § 10 Abs. 1 Z 4) würde dieses Ziel aber ernsthaft gefährdet werden.

Außerdem sollten in diesem Sinne bereits bestehende Hindernisse, die diesem Ziel entgegenstehen (wie eben die derzeitige unglückliche Regelung des § 24 Abs. 2 bezüglich der Übermittlung der Arztbriefe) abgebaut werden.

Sollte die Regelung des § 10 Abs. 1 Z 4 dennoch in der vorgesehenen Form umgesetzt werden, regen wir an, sofern der Patient Teile der Krankengeschichte von der Übermittlung an den einweisenden Arzt ausgeschlossen hat, es für den Einweiser kenntlich zu machen, dass er keine vollständige Kopie der Krankengeschichte erhalten hat.

Zu § 22 Abs. 6

Eine entsprechende Regelung ist grundsätzlich zu begrüßen.

Es wird jedoch vorgeschlagen, Bestim­mungen über die Weitergabe von Kran­kengeschichten an private Ver­sicherungsträger zum Zwecke einer besseren Übersichtlichkeit sowie der Rechts­sicherheit unter daten­schutzrechtlichen Gesichtspunkten in § 10, speziell Abs. 1 Z 4, aufzunehmen. In den Landesausführungsgesetzen ist die Übermittlung von Kopien von Krankengeschichten an private Versicherungsunternehmen jedenfalls dort geregelt (vgl. z. B. § 17 Wr KAG, § 21 Abs. 3 NÖ KAG, § 15 Tir KAG). In diesem Fall kann eine für die Ausführungs­gesetzgebung der Länder einheitliche Basis betreffend Übermittlung von Daten geschaffen werden.

Zu § 24 Abs. 2 und 3

Wenngleich der Wortlaut des § 24 Abs. 2 bereits bisher in wesentlichen Teilen gegolten hat, wird angeregt, dass bei Empfehlungen hinsichtlich der weiteren Medikation der Erstattungskodex und die Richtlinien über die ökonomische Verschreibweise immer zu berücksichtigen sind. Der Zusatz „wenn medizinisch vertretbar“ impliziert das Vorenthalten einer medizinischen Leistung aus ökonomischen Erwägungen. Dieser Fall wird aber durch §  2 Abs. 1 der RÖV eindeutig ausgeschlossen, daher sollte dieser Zusatz gestrichen werden.

Darüber hinaus ist an dieser Stelle nochmals auf die zu § 10 Abs. 1 Z 4 gemachten Ausführungen zu verweisen.

Im Zusammenhang mit der vorgeschlagenen Erweiterung des bisherigen „Arztbriefes“ wäre eine Aussage bzw. Verpflichtung sachdienlich, dass die künftigen „Entlassungsbriefe“ bereits so rechtzeitig vor der Entlassung zusammenzustellen sind, dass erforderliche Vorkehrungen für die Nachsorge rechtzeitig getroffen werden können. § 24 Abs. 3 spricht diesbezüglich nur einen Teilaspekt an.

Weiters erscheint der in § 24 Abs. 3 neu eingeführte Satz 2 sprachlich missglückt. Möglicherweise handelt es sich hiebei um ein Redaktionsversehen.

Zu § 27a Abs. 1, 3 und 5

Gegen die beabsichtigte Vorgangsweise erhebt sich kein Einwand. Dass bei Transferierungen für den Transferierungstag lediglich durch die übernehmende Krankenanstalt der Kostenbeitrag vorgeschrieben wird, entspricht zum einen der gängigen Praxis und zum anderen wird bei der Vorschreibung der Kostenbeteiligung für Anstaltspflegen von Angehörigen (10 % nach § 447f ASVG) bei Transferierungen ebenfalls nur durch die übernehmende Krankenanstalt der Kostenanteil vorgeschrieben.

Mit freundlichen Grüßen
Für den Hauptverband: