An das
Präsidium des Nationalrates
Frau Mag. Barbara Prammer
Parlament
1017 Wien
begutachtungsverfahren@parlinkom.gv.at
An das Bundesministerium für Finanzen
Herrn Mag. Johann Kinast
Hintere Zollamtsstrasse 2b
1030 Wien
Wien, am 5. September 2007
Betrifft: Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Ausfuhrförderungsgesetz für eine österreichische Entwicklungsbank geändert wird (GZ.BMF-150200/002-III/2007)
Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin!
Sehr geehrter Herr Magister Kinast!
Wir bedanken uns für die Möglichkeit zum o.g. Bundesgesetz Stellung beziehen zu können und erlauben uns, Ihnen anbei die AGEZ-Stellungnahme zu übermitteln. Die AGEZ, Arbeitsgemeinschaft Entwicklungszusammenarbeit, ist der Dachverband von 33 entwicklungspolitischen NGOs (Nichtregierungsorganisationen) in Österreich.
Mit dem Ersuchen um Berücksichtigung unserer Stellungnahme und
mit freundlichen Grüßen
Mag. Elfriede Schachner
AGEZ-Geschäftsführerin
AGEZ-Stellungnahme zum Entwurf eines Bundesgesetzes,
mit dem das Ausfuhrförderungsgesetz für eine
österreichische Entwicklungsbank geändert wird
(GZ.BMF-150200/002-III/2007)
Zielbestimmung: Nachhaltige Entwicklung
Die AGEZ begrüßt, dass laut Gesetzesentwurf zur Schaffung einer österreichischen Entwicklungsbank diese „den Zielen und Prinzipien der österreichischen Entwicklungspolitik gemäß Entwicklungszusammenarbeitsgesetz verpflichtet“ sein soll (§9, Absatz 2). Im aktuellen Ausfuhrförderungsgesetz (AusfFG) §1 ist jedoch festgehalten, dass Haftungsübernahmen der Verbesserung der österreichischen Leistungsbilanz dienen sollen bzw. – worauf im Entwurf in §9, Absatz 3 auch hingewiesen wird – die Projekte von österreichischem Interesse sein sollen. Darin zeigt sich unseres Erachtens ein klarer Zielkonflikt zwischen Wirtschaftsinteressen und entwicklungspolitischen Interessen.
Im Entwicklungszusammenarbeitsgesetz (EZA-G 2003) §1, Absatz 5 ist grundsätzlich festgelegt: „Der Bund berücksichtigt die Ziele und Prinzipien der Entwicklungspolitik bei den von ihm verfolgten Politikbereichen, welche die Entwicklungsländer berühren können.“ Diese Bestimmung kann nicht anders interpretiert werden, als dass sich auch legitime wirtschaftspolitische Interessen Österreichs im Bereich des Außenhandels den Zielsetzungen der Entwicklungspolitik unterordnen müssen. Gerade bei der Schaffung einer Entwicklungsbank, die ihrem Namen gerecht werden soll, ist diese Bestimmung strikt umzusetzen. Wir verweisen in diesem Zusammenhang auch darauf, dass im EZA-G §2, Absatz 3 (h) zwar von einer „Nutzung von Synergien“ mit der österreichischen Wirtschaft die Rede ist, keinesfalls aber von einer Unterordnung der EZA unter ihre Prioritäten.
Die Ziele der Entwicklungspolitik sind laut EZA-G §1, Absatz 3 folgendermaßen definiert: „Die österreichische Bundesregierung hat vor allem folgende Ziele zu verfolgen:
Mit Bezugnahme auf das EZA-G fordern wir daher eine klare Priorisierung der entwicklungspolitischen Zielsetzungen und die Ergänzung um „Nachhaltige Entwicklung“ als Zielbestimmung!
Auch die Formulierung in §9 Absatz 4 „abweichende Festlegungen“ ist eine schwammige Formulierung und trägt damit den Grundkonflikt in das Gesetz hinein. Was passiert im Zweifelsfall? Es ist daher unabdingbar, dass alle Projekte entwicklungsfördernd sein müssen und sie auf ihre entwicklungspolitische Relevanz geprüft werden. Maßnahmen zur Armutsbekämpfung, ausgerichtet an den Bedürfnissen der Betroffenen, müssen im Zentrum stehen, von dieser Zielsetzung der Entwicklungsbank kann es kein Abweichen geben. Vergleiche dazu auch das EZA-G §1, Absatz 4: „Die österreichische Entwicklungspolitik wird (…) vor allem von den nachstehenden Prinzipien geleitet. Bei allen Maßnahmen sind
Die Ausrichtung an Nachhaltiger Entwicklung und Armutsreduzierung sollte neben der gesetzlichen Verankerung auch in Mission, Vision und Strategie der Entwicklungsbank festgehalten werden.
Verbindliche internationale Standards
Im AusfFG muss die verbindliche Einhaltung von internationalen anerkannten Standards in den Bereichen Menschenrechte, Soziales und Umwelt festgeschrieben werden. Konkrete Standards, wie z.B. die Equator Principles, entsprechende Konventionen der UN und ILO-Normen, OECD-Guidelines für Multinationale Unternehmen etc. sollten in den Erläuterungen aufgezählt werden. Die Einhaltung von Standards ist Voraussetzung, um die Einhaltung von Menschenrechten für die Betroffenen und den Schutz der Umwelt zu gewährleisten.
Weiters fehlen klare Ausschlusskriterien, die sicherstellen, dass Projekte mit negativem, irreversiblen Einfluss auf geschützte Habitate, Rohstoffprojekte in Primärwäldern, Großstaudämme unter Missachtung der Richtlinien der World Commission on Dams, Projekte in Konfliktregionen etc. nicht gefördert werden können. Die Einbindung der Betroffenen ist eine unabdingbare Voraussetzung.
Berichtspflicht, Transparenz und Evaluierung
Transparenz und öffentliche Kontrolle der Entwicklungsbank sind Voraussetzungen für die Rechenschaftspflicht der Bank gegenüber der Öffentlichkeit: der Zivilgesellschaft und demokratischen Strukturen in Österreich wie in den Partnerländern.
Im Gesetzesentwurf fehlt eine solche Berichtspflicht an die Öffentlichkeit/das Parlament und Transparenz. Es braucht detaillierte Berichte und Veröffentlichungen (z.B. Homepage) über die Einzelprojekte, Gesamtausrichtung, Struktur, strategische Entscheidungen und Finanzgebarung.
Die jetzige Berichtspflicht, die im AusfFG festgehalten ist, ist nicht ausreichend. Nötig ist eine gesonderte Berichtspflicht über Tätigkeiten der Entwicklungsbank an den außenpolitischen Ausschuss und den entwicklungspolitischen Unterausschuss im Parlament. Insbesondere braucht es eine Berichtspflicht nach entwicklungspolitischen Kriterien.
Die Bank muss dem Nationalrat gegenüber berichts- und auskunftspflichtig sein, um die parlamentarische Kontrolle zu ermöglichen. Gerade eine Entwicklungsbank darf sich nicht hinter dem Bankgeheimnis verstecken.
Es fehlt weiters die Verankerung einer unabhängigen Evaluierung der Projekte. Die Veröffentlichung der Evaluierungsergebnisse leistet einen wichtigen Beitrag zur Transparenz und öffentlicher Rechenschaftslegung.
Kompetenzklärung / Gremium Wirtschaft & Entwicklung
Aus dem Gesetz gehen die Kompetenz- und Aufgabenverteilung nicht deutlich hervor. Die Rolle von Finanz- und Außenministerium müssen klar formuliert werden.
Im Gremium Wirtschaft & Entwicklung ist ein Vetorecht für das Außenministerium zu verankern. Im BMeiA ist die entwicklungspolitische Expertise verankert. Daher ist eine stärkere Rolle des BMeiA in den Entscheidungsstrukturen notwendig.
Es ist die Frage zu stellen, warum die Wirtschaftskammer in diesem Gremium vertreten sein soll, da sie ohnehin schon im Ausfuhrförderungs-Beirat vertreten ist. Wenn, dann müssten die anderen Sozialpartner auch vertreten sein, damit die Besetzung nicht einseitig ist.
Weiters ist eine Vertretung nicht nur mit Sitz, sondern auch mit Stimme von ein bis zwei unabhängigen entwicklungspolitischen ExpertInnen notwendig. Wir schlagen vor, dass die AGEZ einen Dreiervorschlag erstellt, aus dem das BMeiA eine Person nominiert.
Keine Schmälerung der ODA
Angesichts der knappen Mittel Österreichs für Entwicklungszusammenarbeit braucht es für die Entwicklungsbank die Bereitstellung zusätzlicher Mittel, denn die Finanzierung darf nicht zu Lasten anderer Maßnahmen der Entwicklungszusammenarbeit gehen. Weiters dürfen die Aktivitäten der Entwicklungsbank nicht durch großzügige Ausnutzung von Möglichkeiten der Anrechnung als ODA zu einer künstlichen Aufblähung der ODA benutzt werden.
Gendergerechte Sprache
Wir nehmen an, dass etwa im Gremium nicht nur Vertreter, sondern auch Vertreterinnen einen Sitz haben und schlagen durchgehend gendergerechte Formulierungen vor.
Offene Fragen
Insgesamt ist der zusätzliche Paragraph 9 im AusfFG zur Österreichischen Entwicklungsbank sehr kurz ausgefallen, womit einige Fragen offen bleiben:
- Wer entscheidet über die Bestellung einer Geschäftsführung und die Ausarbeitung einer Geschäftsordnung? Der zentrale Stellenwert der entwicklungspolitischen Expertise muss in der Auswahl der Geschäftsführung und der Angestellten berücksichtigt werden.
- In welchen Zielländern werden vorrangig Projekte durchgeführt werden? Wie kann gesichert werden, dass auch die armen Länder, insbesondere in Sub-Sahara-Afrika, davon profitieren können?
- Wie wird gesichert, dass es nicht um reine Außenwirtschaftsförderung Österreichs geht, sondern dass die UnternehmerInnen in den Partnerländern gefördert werden? Zur Erklärung: Österreich bekennt sich zu den Zielen von „untied aid“, das heißt, dass die Leistungen der EZA nicht an Lieferungen und Leistungen des Geberlandes, also Österreich, gekoppelt sind. Im vorliegenden Gesetzesentwurf spiegelt sich das in den Erläuterungen zu §9, Absatz 3 zwar wider: „Eine Bindung an österreichische Ausfuhren oder Dienstleistungen oder an eine sonstige Verbesserung der Leistungsbilanz besteht nicht“. In Anbetracht der starken Einbindung der Wirtschaftsseite in das Gremium „Wirtschaft und Entwicklung“ und dessen unklaren Entscheidungsstrukturen sowie aufgrund der mangelnden Transparenz und Berichtspflicht gegenüber der Öffentlichkeit ist allerdings fraglich, wieweit diese Grundsätze umgesetzt werden und inwiefern nicht ein grundsätzlicher Widerspruch zu §1 AusfFG besteht.
- Wie kommt die Auswahl von geförderten Projekten zustande? Wünschenswert sind Projektvorschläge direkt von vor Ort.
Verpasste Chance zur grundsätzlichen Novellierung des Ausfuhrförderungs-gesetzes
Als letzten Punkt möchten wir anführen, dass wir es als eine verpasste Chance sehen, wenn die Novellierung des AusfFG nicht auch zur Verbesserung der Haftungsrichtlinien der Ausfuhrförderungsverordnung 1981 genutzt wird. Dazu liegt eine aktuelle Studie mit Reformvorschlägen von NGO-Seite vor: „ECA-Watch: Ilisu hat System. Reformbedarf der österreichischen Exportförderung und konkrete Lösungsvorschläge. Wien, August 2007“ (abrufbar unter http://www.eca-watch.at/downloads/ilisu-hat-system.pdf). Die auf einer detaillierten Analyse basierenden Reformvorschläge umfassen Forderungen wie die Einführung einer Umweltprüfung, klare Ausschlusslisten, Klimaschutzkriterien, Zustimmung der Betroffenen, keine weitere Verschuldung als „Entwicklungshilfe“, Transparenz, Einführung einer Menschenrechtsprüfung, Beachtung der OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen, Verbesserung der Korruptionsbekämpfung und Umsetzung der Kohärenzgebote bei der Ausfuhrförderung (Details siehe genanntes Dokument sowie auf:
http://eca-watch.at/downloads/NGO+FORDERUNGEN+ZUM+AFG+2007+final.pdf ).
Wien, am 5. September 2007
Mag. Elfriede Schachner
AGEZ-Geschäftsführerin
Die AGEZ, Arbeitsgemeinschaft Entwicklungszusammenarbeit, ist der Dachverband von 33 entwicklungspolitischen NGOs (Nichtregierungsorganisationen) in Österreich.
AGEZ und KOO haben ein gemeinsames Forderungspapier zur geplanten Entwicklungsbank verfasst und auf einige heikle Punkte aufmerksam gemacht:
http://www.oneworld.at/agez/Position-Entwicklungsbank-2007.pdf