An das

GZ ● BKA-600.101/0002-V/A/8/2007

Abteilungsmail v@bka.gv.at

bearbeiter Dr. Michael FruhmanN

MMag Josef BAUER

Pers. E-mail josef.bauer@bka.gv.at

Telefon 01/53115/2219 bzw 4275

Ihr Zeichen

 

Bundesministerium für

Finanzen

Abteilung III/8

 

Mit E-Mail: e-recht@bmf.gv.at

 

 

Antwort bitte unter Anführung der GZ an die Abteilungsmail

 

 

 

BetrifftEntwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Ausfuhrförderungsgesetz für eine österreichische Entwicklungsbank geändert wird;

Begutachtung; Stellungnahme

 

 

Das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst nimmt zum Entwurf wie folgt Stellung:

Zum Verfassungsrang:

Aufgefallen ist, dass die Abs. 3 und 4 Verfassungsbestimmungen enthalten sollen. Dazu wird auf den von der Expertengruppe Staats- und Verwaltungsreform im Bundeskanzleramt vorgelegten Entwurf eines Bundesverfassungsgesetzes, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert und ein Erstes Bundesverfassungsrechtsbereinigungsgesetz erlassen wird, 94/ME XXIII. GP, verwiesen. In § 5 Abs. 1 Z 7 dieses Entwurfs ist vorgesehen, dass (auch) diejenigen Verfassungsbestimmungen des AusfFG, auf die im Entwurf des BMF verwiesen wird, zu einfachen bundesgesetzlichen Bestimmungen werden sollen. Bei Wegfall des Verfassungsranges der verwiesenen Bestimmungen wäre auch nach der in den Erläuterungen zum Entwurf vertreten Auffassung der Verfassungsrang nicht mehr erforderlich.

Zur „Betrauung“ einer Tochtergesellschaft des Bevollmächtigten des Bundes:

Die Gemeinschaftsrechtskonformität des im Entwurf vorliegenden Bundesgesetzes wäre vornehmlich vom do. Bundesministerium zu beurteilen. Auf folgende Aspekte wird aufmerksam gemacht:

Eine reine Ermächtigung des BMF zum Abschluss von Verträgen zur längerfristigen Finanzierung von Investitionen in Entwicklungsländern wäre vergaberechtlich unbedenklich. Allerdings betrifft ein derartiger Vertrag Finanzdienstleistungen (prioritäre Dienstleistung im Sinne von Anhang III zum BVergG 2006) und dürfte daher nur nach Durchführung eines Vergabeverfahrens gemäß BVergG 2006 abgeschlossen werden. Eine Freistellung von einem Vergabeverfahren ist aufgrund des unstrittigen Anwendungsvorrangs der Vergaberichtlinie 2004/18/EG der Gemeinschaft nicht möglich.

Im vorliegenden Fall dürfte allerdings die gesetzliche Ermächtigung zum Vertragsabschluss so zu deuten sein, dass es sich um eine Verpflichtung zum Abschluss mit einem bestimmten Unternehmen handelt. Dies würde im Ergebnis zur Verankerung eines (Finanz)Dienstleistungsmonopols führen. Die Zulässigkeit eines derartigen ausschließlichen Rechts wäre am Maßstab des Artikels 86 EG zu messen.

Nach Art. 86 Abs. 1 EG dürfen mit der Gewährung von ausschließlichen Rechten an Unternehmen keine dem EG-Vertrag, insb. den Artikeln 12 und 81 bis 89 EG widersprechenden Maßnahmen getroffen oder beibehalten werden. Eine derartige Übertragung bedarf demnach einer Rechtfertigung durch ein öffentliches Interesse und muss verhältnismäßig ausgestaltet sein. Die Einräumung des ausschließlichen Rechts muss das gelindeste zum Ziel führende Mittel darstellen. Zudem muss das ausschließliche Recht auch im Detail gesetzlich festgelegt werden. Auch für Dienstleistungen von allgemeinen wirtschaftlichem Interesse im Sinne des Artikels 86 Absatz 2 EG gelten die Vorschriften des EG-Vertrags, soweit deren Anwendung nicht die Erfüllung dieser Aufgaben verhindert. Das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst vermag jedoch keine Rechtfertigung im Sinne der Judikatur des EuGH im vorliegenden Fall erkennen.

Sonstige Anmerkungen:

In § 9 Abs. 2 sollte bei der Zitierung des Entwicklungszusammenarbeitsgesetzes noch die Fundstelle ergänzt werden (vgl. Richtlinie 131 der Legistischen Richtlinien).

In § 9 Abs. 3 erscheint die Wendung, dass die von der Entwicklungsbank finanzierten Projekte, „jedenfalls … von österreichischem Interesse“ sind, (zumindest isoliert betrachtet) als eine zu weitgehende Fiktion. Die Beurteilung des „österreichischen Interesses“ sollte wohl nicht am Faktum eines Projekts der Entwicklungsbank anknüpfen, sondern müsste wohl letztlich dem Bundesminister (als oberstem Organ der Vollziehung) obliegen. Wie die Erläuterungen erhellen, dürfte damit ohnehin nur gemeint sein, dass der Entwicklungsbank auch Haftungen des Bundes nach dem AusfFG zugänglich sein sollen. Eine weitere Präzisierung des Wortlautes sollte geprüft werden.

In § 9 Abs. 4 sollte eine nähere Determinierung der Ermächtigung, Abweichungen von den Richtlinien gemäß § 4 Abs. 1 zu treffen, geprüft werden. Insbesondere findet sich im geplanten Rechtstext die Aussage der Erläuterungen nicht wieder, dass auch mittelfristig nicht mehr als zwei Prozent des gesamten Haftungsrahmens für Zwecke der Entwicklungsbank Verwendung finden sollen.

Zu § 9 Abs. 6 ist aufgefallen, dass eine sinngemäße Geltung anderer Rechtsvorschriften nicht angeordnet werden sollte (vgl. Richtlinie 59 der Legistischen Richtlinien). Im Interesse einer einheitlichen legistischen Praxis sollten bei der Aufzählung noch abschließende Satzzeichen (Strichpunkt bzw. Punkt am Ende) gesetzt werden.

 

Diese Stellungnahme wird im Sinne der Entschließung des Nationalrates vom 6. Juli 1961 u.e. auch dem Präsidium des Nationalrats zur Kenntnis gebracht.

 

5. September 2007

Für den Bundeskanzler:

Georg LIENBACHER

 

 

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