Amt der Wiener Landesregierung

 

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MD-VD - 1322/07                                                             Wien, 27. September 2007

Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem

die Exekutionsordnung, das Vollzugsge-

bührengesetz und das Gerichtsgebühren-

gesetz geändert werden (Exekutionsord-

nungs-Novelle 2008 - EO Nov. 2008);

Begutachtung;

Stellungnahme

 

zu BMJ-B12.118/0009-I 5/2007

 

 

 

An das

Bundesministerium für Justiz

 

 

Zu dem mit Schreiben vom 14. August 2007 übermittelten Entwurf eines Bundesgesetzes wird nach Anhörung des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien wie folgt Stellung genommen:

 

Zu Art. I (Änderungen der Exekutionsordnung - EO):

 

Zu Z 27 (§ 110 Abs. 2 EO):

 

Die Ediktsdatei hinsichtlich Zwangsverwaltungen zu beobachten, stellt insbesondere für die in den Erläuternden Bemerkungen angesprochenen „großen Unternehmen“ eine zusätzliche administrative Belastung dar, die sachlich nicht gerechtfertigt erscheint. Da davon auszugehen ist, dass im Regelfall nur wenige größere Unternehmen Schuldner des Verpflichteten sind, sollte den Unternehmen die Aufforderung zur Leistung an den Verwalter direkt zugestellt werden. Der Aufwand einer direkten Verständigung erscheint im Verhältnis zu den Kosten, die Doppelzahlungen verursachen, als gering. Diese Bestimmung wird daher abgelehnt.

 

Zu Z 50 und Z 57 (§ 144 Abs. 2 und § 152a EO):

 

Da 14 Tage nach Zustellung des Schätzgutachtens oftmals noch gar nicht absehbar ist, ob die Dienstbarkeit in der Verteilungsmasse Deckung findet, wird der Dienstbarkeitsberechtigte aus Gründen der Vorsicht eine entsprechende Erklärung abgeben. Nach dem Gesetzentwurf müsste er den Wert der Dienstbarkeit auch dann zahlen, wenn sich später herausstellen sollte, dass die Dienstbarkeit ohnehin in der Verteilungsmasse Deckung gefunden hätte. Der Wert der Dienstbarkeit würde dem Meistbot zugeschlagen und mit diesem verteilt. Unbefriedigend an der Regelung ist, dass der Dienstbarkeitsberechtigte den Wert derselben vergüten muss, selbst wenn die Dienstbarkeit in der Verteilungsmasse Deckung findet. § 152a Abs. 1 sollte daher dahin gehend ergänzt werden, dass der Betrag dem Dienstbarkeitsberechtigten wieder auszufolgen ist, insoweit die Dienstbarkeit ohnehin in der diesen Betrag einschließenden Verteilungsmasse Deckung findet.

 

Zu Z 56 (§ 150b EO):

 

Die für Wien wesentlichen Vorzugspfandrechte beschränken sich auf § 129b Abs. 3 der Bauordnung für Wien, § 8 Abs. 3 des Wiener Gasgesetzes 2006, § 16a Abs. 3 des Wiener Feuerpolizei-, Luftreinhalte- und Klimaanlagengesetzes sowie § 11 Abs. 2 des Kanalanlagen und Einmündungsgebührengesetzes. Betrachtet man den jeweiligen Kontext, zeigt sich, dass der Wiener Landesgesetzgeber nur ausnahmsweise und in sachlich gerechtfertigten Fällen gesetzliche Pfandrechte normiert hat.

 

Den besicherten Forderungen ist gemeinsam, dass ihnen eine Leistung der öffentlichen Hand vorausgeht, durch die der Wert der betroffenen Liegenschaft nicht nur erhalten, sondern regelmäßig erhöht wird. Nicht selten wird sogar ein Wertverfall der Liegenschaft hintangehalten. Zum einen sollen Kosten einer Ersatzvornahme, die entstanden sind, weil der Liegenschaftseigentümer bescheidmäßig aufgetragenen Verpflichtungen nicht nachgekommen ist, andererseits Gebühren für den Anschluss einer Liegenschaft an das öffentliche Kanalnetz gesichert werden.

 

Die vorgesehene Beschränkung könnte zu der nicht beabsichtigten Situation führen, dass die öffentliche Hand und somit letztlich der Steuerzahler wertsteigernde Maßnahmen bei einer Privatliegenschaft vorfinanziert – im Falle von Gefahr im Verzug sogar vorfinanzieren muss - der Private diese Kosten der öffentlichen Hand aber nicht refundiert. Bei der nachfolgenden Zwangsversteigerung der Liegenschaft, in deren Rahmen der Schätzwert durch die Maßnahmen der öffentlichen Hand vom Sachverständigen entsprechend höher angesetzt wird, und demgemäß eine höheres Meistbot erzielt werden kann, ist es nicht ausgeschlossen, dass die („wertsteigernde“) Forderung der öffentlichen Hand nicht mehr voll beglichen wird.

 

Eine solche Regelung ist in keiner Weise sachlich gerechtfertigt und führt bei der Stadt Wien zu Einnahmeausfällen in erheblichem Ausmaß, da es sich bei den mittels Vorzugspfandrecht besicherten Arbeiten oft um solche großen Umfangs handelt.

 

Ebenso wenig ist es sachlich gerechtfertigt, nur Vorzugspfandrechte der öffentlichen Hand zu beschränken. Diese werden gegenüber anderen Vorzugspfandrechten ohne Grund ungleich behandelt und damit vergleichsweise schlechter gestellt.

 

Die kritisierte Regelung erscheint darüber hinaus auch kompetenzrechtlich bedenklich. Das Recht der Länder zur Normierung von Vorzugspfandrechten wird damit nämlich geschmälert bzw. faktisch unterlaufen.

 

Das Wesen des gesetzlichen Vorzugspfandrechtes liegt im Gegensatz zu eintragungspflichtigen Hypotheken darin, dass die besicherte Forderung bei fristgerechter Anmeldung auch ohne grundbücherliche Eintragung und ohne dass seitens des Vorzugspfandgläubigers die Zwangsversteigerung betrieben werden muss, zu befriedigen ist.

 

Nimmt man der öffentlichen Hand, die ohnehin schon bezüglich der Durchführung und Finanzierung der Arbeiten in Vorlage getreten ist, faktisch die Möglichkeit des „Regresses“ beim Verantwortlichen und Nutznießer der Maßnahmen, führt dies im Ergebnis dazu, dass Liegenschaftseigentümer grundsätzlich nicht mehr sanieren und dringend notwendige Arbeiten unterlassen. Die Sanierungen würden ohnehin von der öffentlichen Hand durchgeführt. Die Kosten hätte der Steuerzahler zu tragen. Ebenso würden Immobilienspekulanten unterstützt, deren Gewinnspannen auf Kosten der öffentlichen Hand und letztlich der Steuerzahler vergrößert würden.

 

Werterhaltende oder -verbessernde Vorzugspfandrechte, die den Schätzwert, Ausrufpreis und das Meistbot erhöhen, müssten daher aus der Begrenzung herausgenommen werden, da keine sachliche Rechtfertigung für die Begrenzung besteht.

 

Bezüglich der mangelnden Abschätzbarkeit von Vorzugspfandrechten ist auszuführen, dass sich diese gemäß § 216 Abs. 1 Z 2 EO ja ohnehin nur auf solche Ansprüche beziehen, die aus den letzten drei Jahren vor Zuschlagserteilung stammen. Rechnet man noch die Dauer des Zwangsversteigerungsverfahrens vom Exekutionsantrag bis zur Zuschlagserteilung ab, bleibt faktisch nur ein kurzer Zeitraum, der mit einem „Unsicherheitsfaktor“ belastet ist.

 

Schließlich ist festzuhalten, dass die Abschätzbarkeit für den Ersteher mit der vorgeschlagenen Fassung nicht größer wird, weil die den Vorzugspfandrechten der öffentlichen Hand zugrundeliegenden Bescheide oft dingliche Wirkung haben, und daher dem Ersteher gegenüber jedenfalls wirksam sind (vgl. z. B. § 129b Abs. 1 der Bauordnung für Wien).

 


Zu Z 79 (§ 294a Abs. 3 EO):

 

Angeregt wird, die nunmehr den Notaren und Rechtsanwälten eingeräumte Abfragemöglichkeit auf jene betreibenden Gläubiger zu erweitern, die den Exekutionstitel selbst ausgestellt bzw. erlassen haben.

 

In diesem Zusammenhang wird auf die aktuelle Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (Entscheidung vom 21. Dezember 2006, Zl. 3 Ob 161/06g) zu § 54 EO hingewiesen:

 

Gemäß § 54 Abs. 2 EO in der Fassung der EO-Novelle 2005 muss ein betreibender Gläubiger, der den Exekutionstitel selbst ausgestellt hat, dem Exekutionsantrag keine Ausfertigung des Exekutionstitels samt Bestätigung der Vollstreckbarkeit anschließen, sondern lediglich den Inhalt des Exekutionstitels in den Exekutionsantrag aufnehmen. Der Oberste Gerichtshof interpretiert dieses Privileg jedoch derart eng, dass es sich nur auf die in § 1 Z 13 EO angeführten Rückstandsausweise und nicht auf sonstige Bescheide einer Verwaltungsbehörde bezieht. Den Materialien zur EO-Novelle 2005 lässt sich eine solch einschränkende Interpretation nicht entnehmen. Es wird daher ersucht, die Bestimmung im soeben angeführten Sinn zu erweitern.

 

 

                                                                      Für den Landesamtsdirektor:

 

 

Mag. Thomas Sedlak                                         Mag. Michael Raffler

                                                                                       Senatsrat

 

 

Ergeht an:

1.  Präsidium des Nationalrates

2.  alle Ämter der Landes-

regierungen

3.  Verbindungsstelle der

Bundesländer

4.  MDZ

     (zu MDZ - 2074/07 Tie)

5. MA 4

(zu MA 4/1 - 2228/07)

6. MA 6

7. Wiener Stadtwerke Holding AG