REPUBLIK ÖSTERREICH

BUNDESMINISTERIUM FÜR JUSTIZ

BMJ-B51.012/0004-I 2/2007

 

Museumstraße 7

1070 Wien

 

 

An das

Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur

Minoritenplatz 5
1014 Wien

 

Briefanschrift

1016 Wien, Postfach 63

e-mail
kzl.b@bmj.gv.at

Telefon

(01) 52152-0*

Telefax

(01) 52152 2829

Sachbearbeiter(in):

Dr. Martin Stefula

*Durchwahl:

 2294

 

 

Betrifft:

Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem ein Bundesgesetz
über die Einrichtung eines Bundesinstitutes für Bildungsforschung,
Innovation und Entwicklung des österreichischen Schulwesens
erlassen wird und das Bundes-Schulaufsichtsgesetz sowie das
Schulorganisationsgesetz geändert werden (BIFIE-Gesetz 2008).

Stellungnahme des Bundesministeriums für Justiz.

 

Bezug: BMUKK-12.803/0001-III/2/2007

 

Mit Beziehung auf das Schreiben vom 22.8.2007 beehrt sich das Bundesministerium für Justiz, zu dem im Gegenstand genannten Entwurf wie folgt Stellung zu nehmen.

Zu § 1 Abs. 2:

Das BIFIE soll gemäß § 1 Abs. 2 eine „juristische Person des öffentlichen Rechts“ sein. Der vorgeschlagene § 5 Abs. 1 verwendet hingegen das Wort „Anstaltszweck“, was darauf hindeuten könnte, dass es sich beim BIFIE um eine Anstalt des öffentlichen Rechts handeln soll (und somit um eine spezielle juristische Person des öffentlichen Rechts). Sollte es sich bei der betreffenden Wortwahl in § 5 Abs. 1 um kein Redaktionsversehen handeln, sondern tatsächlich die Errichtung einer Anstalt des öffentlichen Rechts beabsichtigt sein, so würde sich eine entsprechende Adaptierung des § 1 Abs. 2 empfehlen. Als Vorbild dafür könnten die Formulierungen in § 1 Abs. 1 FMABG (betreffend die Finanzmarktaufsichtsbehörde), § 22 Abs. 3 Bundesstatistikgesetz (betreffend die Statistik Österreich) oder §§ 2, 13 Bundesmuseen-Gesetz (betreffend die Bundesmuseen bzw. die Österreichische Nationalbibliothek) herangezogen werden.

Zu § 3:

Im Hinblick auf die Strafbestimmung des § 3 stellt sich zunächst die Frage, ob die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des BIFIE im Sinne des § 3 Abs. 2 nicht ohnehin als „Beamte“ im Sinne des § 74 Abs. 1 Z 4 StGB anzusehen sind, da der Beamtenbegriff des StGB nicht mit demjenigen des Dienstrechts übereinstimmt. Diesfalls können für sie ohnehin die Delikte des § 310 StGB (Verletzung des Amtsgeheimnisses) bzw. des § 302 StGB (Amtsmissbrauch) maßgeblich sein. Ein Indiz dafür könnte § 2 Abs. 1 sein, wonach sich das Aufgaben- und Tätigkeitsfeld des BIFIE „auf den gesamten Bereich des Schulwesens im Sinne des Art. 14 des Bundes-Verfassungsgesetzes, BGBl. Nr. 1/1930, mit Ausnahme der Kindergärten und Horte sowie der Universitäten und Fachhochschulen“ beziehen soll.

Soweit den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern des BIFIE kein Beamtenstatus beigemessen werden kann, stellt sich die Frage, ob bei Verletzung der Verschwiegenheitspflicht die arbeits- und schadenersatzrechtlichen Möglichkeiten nicht ausreichen. So kommen etwa das FMABG, das AMA-Gesetz 1992 und das Bundesgesetz über die Austro Control gänzlich ohne diesbezügliche Strafbestimmungen aus.

Soweit jedoch Strafbestimmungen als notwendig erachtet werden (was in den Erläuterungen zu begründen wäre), geht eine Strafbarkeit für die Offenbarung oder Verwertung sämtlicher anvertrauter oder zugänglich gewordener Information aus Gründen der sachlichen Rechtfertigung jedenfalls zu weit (vgl. dazu den Wortlaut des
§ 310 StGB: „Ein Beamter oder ehemaliger Beamter, der ein ihm ausschließlich kraft seines Amtes anvertrautes oder zugänglich gewordenes Geheimnis offenbart oder verwertet, dessen Offenbarung oder Verwertung geeignet ist, ein öffentliches oder ein berechtigtes privates Interesse zu verletzen, ist, […]“).

Es könnte daher entsprechend dem § 14 Abs. 2 FMABG oder dem § 27 Abs. 1 Buchhaltungsagenturgesetz die Verschwiegenheitspflicht des § 3 Abs. 2 erster Satz des vorliegenden Entwurfes wie folgt eingeschränkt werden:

Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des BIFIE sind über alle ihnen ausschließlich aus ihrer dienstlichen Tätigkeit bekannt gewordenen Tatsachen, deren Geheimhaltung im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit, der umfassenden Landesverteidigung, der auswärtigen Beziehungen, im wirtschaftlichen Interesse einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, zur Vorbereitung einer Entscheidung oder im überwiegenden Interesse der Parteien geboten ist, gegenüber jedermann, dem sie über solche Tatsachen nicht eine behördliche Mitteilung zu machen haben, zur Verschwiegenheit verpflichtet.

Die Strafbarkeit nach § 3 Abs. 3 erster Satz des Entwurfes müsste dann analog zu § 27 Abs. 2 Buchhaltungsagenturgesetz wie folgt eingeschränkt werden:

Wer entgegen dieser Verpflichtung zur Verschwiegenheit eine ihm anvertraute oder zugänglich gewordene Information offenbart oder verwertet, deren Offenbarung oder Verwertung geeignet ist, die öffentliche Sicherheit, die umfassende Landesverteidigung oder die auswärtigen Beziehungen zu beeinträchtigen, ist, sofern die Tat nicht nach anderen Bundesgesetzen mit strengerer Strafe bedroht ist, vom Gericht mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen.

Problematisch könnte im Sinne des strafrechtlichen Bestimmtheitsgebotes auch
§ 3 Abs. 3 letzter Satz sein, da schwer festzumachen ist, was ein „immaterieller Schaden“ für die Republik Österreich ist und wann ein solcher vorliegt. Die in § 3 Abs. 3 zweiter Satz enthaltene Qualifikation bei Vorsatz auf Zuwendung eines Vermögensvorteils sollte daher ausreichen (vgl. § 9 Informationssicherheitsgesetz).

Jedenfalls würde sich auch analog zu den genannten gesetzlichen Bestimmungen empfehlen, die Straflosigkeit bei Offenbarung verfassungsgefährdender Tatsachen zu normieren (vgl. § 9 Abs. 3 Informationssicherheitsgesetz).

Zu § 5 Abs. 1:

Nach dem vorgeschlagenen § 5 Abs. 1 erster Satz kann das BIFIE „Tätigkeiten und Arbeiten in seinem fachlichen Wirkungsbereich auf Grund vertraglicher Vereinbarungen mit Dritten übernehmen, wenn die Erfüllung der im öffentlichen Interesse gelegenen Aufgaben gemäß § 2 dadurch nicht beeinträchtigt wird“. Nach dem zweiten Satz ist das BIFIE „weiters zu allen Geschäften und Maßnahmen berechtigt, die zur Erreichung des Anstaltszweckes gemäß § 1 notwendig und nützlich sind“.

Die Fähigkeit des BIFIE zum Abschluss von Rechtsgeschäften soll damit offenbar beschränkt werden; außerhalb des fachlichen Wirkungsbereichs dennoch geschlossene Verträge wären damit wohl unwirksam. Eine derartige Einschränkung steht immer in einem Spannungsverhältnis zur Verkehrssicherheit und vor allem zum Vertrauensschutz potenzieller Vertragspartner (vgl. Koziol/Welser, Bürgerliches Recht13 I 71; Koch in Koziol/Bydlinski/Bollenberger, Kurzkommentar zum ABGB2 § 26 Rz 12). Tatsächlich findet sich eine derartige Limitierung bei Körperschaften des öffentlichen Rechts nur selten. Eine solche wurde insbesondere auch nicht in das – mit dem gegenständlichen Gesetzesvorhaben wohl vergleichbare – Bundesgesetz über das Institut of Science and Technology Austria, mit dem ein Institut des betreffenden Namens als eine juristische Person des öffentlichen Rechts mit eigener Rechtspersönlichkeit errichtet wurde, aufgenommen.

Auch im gegenständlichen Bereich werden Vertragspartner des BIFIE unter Umständen nicht wissen (können), ob ein bestimmtes Rechtsgeschäft im Aufgabenbereich des BIFIE Deckung findet, ob mit der Vertragserfüllung durch das BIFIE die Bewältigung seiner im öffentlichen Interesse liegenden Aufgaben beeinträchtigt ist oder ob ein Geschäft zur Erreichung des Anstaltszwecks notwendig und nützlich ist. Aus Gründen des Verkehrsschutzes sollte die gegenständliche Bestimmung daher noch einmal überdacht werden. Sollte sie beibehalten werden, könnte das Problem durch eine Regelung, wonach eine Verletzung der Sätze 1 oder 2 die Gültigkeit von Verträgen unberührt lässt, sofern der Vertragspartner von der Verletzung weder Kenntnis hatte noch Kenntnis haben musste, entschärft werden; eine derartige Bestimmung wäre allenfalls noch mit der Formulierung in der – bloß die Vertretung des BIFIE betreffenden – Bestimmung des § 10 Abs. 3 letzter Satz abzugleichen. Durch die Aufnahme einer entsprechenden ergänzenden Regelung wäre das Verbot des Abschlusses bestimmter Verträge auf den Innenbereich des BIFIE beschränkt.

Zu § 10 Abs. 2:

Nach dem zweiten Satz dieser Bestimmung soll es gleichgültig sein, „ob das Geschäft ausdrücklich im Namen des BIFIE geschlossen worden ist, oder ob die Umstände ergeben, dass es nach dem Willen der Beteiligten für das BIFIE geschlossen werden sollte“. Nichts anderes ergibt sich im Ergebnis aber bereits aus § 914 ABGB, wonach bei Auslegung von Verträgen nicht an dem buchstäblichen Sinn des Ausdruckes zu haften, sondern die Absicht der Parteien zu erforschen und der Vertrag so zu verstehen ist, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht. Insoweit könnte § 10 Abs. 2 zweiter Satz wohl ersatzlos entfallen.

Zu § 11 Abs. 6:

Aus Gründen der Transparenz könnte – nach dem Vorbild des § 12 Abs. 4 zweiter Satz – auch am Ende des § 11 Abs. 6 der Klammerausdruck „(Dirimierungsrecht)“ eingefügt werden.

Diese Stellungnahme wird im Weg der elektronischen Post auch dem Präsidium des Nationalrates zugeleitet.

25. Oktober 2007
Für die Bundesministerin:
Dr. Georg Kathrein

 

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