VERWALTUNGSGERICHTSHOF

 

A-1014 Wien, Judenplatz 11
Telefon: (01) 531 11, DW.
Telefax: (01) 53 28 921
DVR: 0000141

PRÄSIDIUM

 

Zl. 1707/12-Präs/2007

 

 

 

 

 

An das

Bundesministerium für Justiz

Museumstraße 7

1070 Wien

 

 

 

 

Zu dem mit Schreiben vom 22. August 2007 der Begutachtung zugeleiteten Entwurf eines Berufsrechts-Änderungsgesetzes 2008 nimmt das Präsidium des Verwaltungsgerichtshofes wie folgt Stellung:

Nach dem "Allgemeinen Teil" der Erläuterungen bildet die verlässliche Sicherstellung einer möglichst universellen juristischen Ausbildung für Rechtsanwälte und Notare den ersten Hauptgesichtspunkt des Entwurfs.

Das Präsidium des Verwaltungsgerichtshofes darf diese rechtspolitische Intention ausdrücklich begrüßen:

Nach Art. 134 Abs. 3 B-VG müssen die Mitglieder des VwGH die rechts- und staatswissenschaftlichen Studien vollendet und bereits durch mindestens zehn Jahre eine Berufsstellung bekleidet haben, für die die Vollendung dieser Studien vorgeschrieben ist. Diese verfassungsrechtliche Vorkehrung sichert die Qualitätsanforderungen an potenzielle Mitglieder des Gerichtshofes auf zwei Stufen:

Zunächst gewährleistet die Absolvierung der "rechts- und staatswissenschaftlichen Studien", dass eine entsprechende juristische Vollausbildung in etwa der Weise erfolgt, wie sie in Österreich traditionell durch das juristische Studienrecht vorgegeben ist. Man kann zwar erwägen, ob diese verfassungsrechtliche Wendung nicht über eine bloß dynamische Verweisung auf die jeweiligen Studienordnungen hinausgeht. Jedenfalls muss es aber im Interesse des VwGH liegen, dass das - aus seiner Sicht - höchste Niveau der juristischen Ausbildung gewährleistet ist. Die zweite Stufe besteht darin, dass nur Personen, die eine zehnjährige Praxis in einem qualifizierten juristischen Beruf aufzuweisen haben, zu Mitgliedern ernannt werden können. Zu diesen Berufen zählen die Richter der ordentlichen Gerichtsbarkeit, die Verwaltungsbeamten des rechtskundigen und des höheren

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Finanzdienstes, die Rechtsanwälte und die Notare. Wenn auch - aus verschiedenen Gründen - geeignete Kandidaten aus der Advokatur oder dem Notariat selten sind - vgl. die hg. Stellungnahme zum Entwurf der Reform der Verwaltungsgerichtsbarkeit Zl. 1800/6-Präs/2007 vom 10. September 2007 (abrufbar auf der Website des Parlaments) - stand und steht der VwGH doch für Rechtsanwälte und Notare offen und gehören ihm auch derzeit vormalige Rechtsanwälte an. Es ist zu erwarten, dass angesichts verschiedener Entwicklungen im Dienstrecht die Rekrutierung aus dem Anwaltsstand in Zukunft erhöhte Bedeutung haben wird.

Aus diesem Zusammenhang heraus erklärt sich das Interesse des VwGH, die Ausbildung der Rechtsanwälte auf einem möglichst hohen Niveau zu wissen. Der Einsatz in der Verwaltungsgerichtsbarkeit bedarf der Vertrautheit mit dem gesamten formellen und materiellen Recht sowie der größtmöglichen methodischen Reife. In seiner schon oben zitierten Äußerung zur B-VG-Reform hat sich der VwGH gegen den Versuch gewandt, das Juristenmonopol in der Verwaltungsgerichtsbarkeit aufzubrechen. Diese grundsätzliche Haltung muss umso mehr gelten, wenn es darum geht, die Qualität des beruflichen Vorfeldes des VwGH zu sichern.

Zur Vermeidung von Missverständnissen sei noch festgehalten, dass mit dieser Stellungnahme kein Werturteil über besondere juristische Ausbildungen getroffen wird, die von den Universitäten im Hinblick auf Entwicklungen im Wirtschaftsleben angeboten werden. Die klare Trennungslinie zu den spezifischen juristischen Berufen sollte aber gezogen bleiben.

Diese Stellungnahme ergeht auch an das Präsidium des Nationalrates.

 

Wien,am 26. September 2007

Der Präsident:

JABLONER

 

 

Für die Richtigkeit
der Ausfertigung:

 


 

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PRÄSIDIUM

 

Zl. 1707/12-Präs/2007

 

 

 

 

 

 

An das

Präsidium des Nationalrates

Parlament

1017 Wien

 

 

 

E-Mail: begutachtungsverfahren@parlament.gv.at

 

 

 

Das Präsidium des VwGH übermittelt als Beilage seine Stellungnahme zum Entwurf eines Berufsrechts-Änderungsgesetzes 2008.

 

Wien,am 26. September 2007

Der Präsident:

JABLONER