Dr. Wolfgang Denk

  Facharzt für gerichtliche Medizin

Allgemein beeideter und gerichtlich

   zertifizierter Sachverständiger

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             1160 – Wien

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Stellungnahme zu einigen Punkten im Entwurf des Berufsrechts-Änderungsgesetzes 2008 – BRÄG 2008

(BMJ-B16.800/0003-I 6/2007)

 

 

§ 25 GebAG:

Hier wird eine Warnpflicht für Sachverständige auch im Straf­verfahren normiert, die bei voraussichtlichen Kosten­über­schreitungen von € 1.250,-- im BG Verfahren bzw. € 2.500,-- im Verfahren vor dem Landesgericht zum Tragen kommen soll.

Laut erläuternden Bemerkungen ist für Ermittlungsverfahren durch die Staatsanwaltschaft von der Kostengrenze von € 1.250,-- auszugehen.

 

Gerichtsmedizinische Obduktionen sind umsatzsteuerpflichtig, daher entspricht dies einem Nettobetrag von € 1.041,--.

 

Mit diesem Betrag kann in der Regel nicht das Auslangen gefunden werden. Bereits bei „durchschnittlichen Leichen­öffnungen“, ohne Zusatzuntersuchungen (Toxikologie, Blut­alkohol) wird dieser Betrag häufig überschritten.

 

Die Kosten für Zusatzuntersuchungen (z.B. Blut­alkoholanalysen, chemisch-toxikologische Untersuchungen, histologische Unter­suchungen, virologische bzw. bakter­iologische Untersuchungen) werden über ausdrücklichen Wunsch des BMJ seit einigen Jahren mit der Kostennote des, mit der Obduktion beauftragten


gerichtsmedizinischen SV abgerechnet, um der Justiz zu­sätzliche Beschlüsse für diese zusätzlichen Leistungen zu ersparen.

 

Zumeist stellen diese Beträge für den Sachverständigen „Durch­laufposten“ dar. Die Notwendigkeit dieser Untersuchungen ergibt sich oft erst während der Durchführung der Leichen­öffnung.

 

Da gerade der Umfang toxikologischer Untersuchungen nicht von vornherein abgeschätzt werden kann würde eine Kostengrenze häufig dazu führen, „vorläufige Gutachten“ ohne die Zusatz­untersuchungen erstatten zu müssen, die dann, nach erst später vorgenommenen, aufwendigen Analyseverfahren zu modifizieren wären. Dies würde eine erhebliche Rechtsunsicherheit mit sich bringen.

 

Insbesondere bei dringlichen Leichenöffnungen mit Lokal­augenschein und Durchführung am Wochenende und in der Nacht, aber auch bei „Suchtgiftleichen“ ist von vornherein von wesent­­lich höheren Obduktionskosten auszugehen. Es wäre daher praktisch in jedem Fall eine Warnung wegen zu erwartender Kosten­überschreitung auszusprechen, wobei aber keine Zeit zur Verfügung steht, um Entscheidungen abzuwarten. Die Unter­suchungen müssen ehe­baldigst begonnen, die Leichen obduziert und freigegeben werden.

 

Obduktionen sollten daher von dieser Warnpflicht ausgenommen werden oder es wäre ein wesentlich höherer Kostenrahmen anzu­setzen.

 

 

 

 

 

§ 31 GebAG:

Hier wird in den erläuternden Bemerkungen darauf hingewiesen, dass die Justiz aufgrund der OGH Entscheidung aus 2005 (13Os70/05a-11) verpflichtet war, Kostenersatzforderungen der Universitäten an die Sachverständigen zu übernehmen, dies in Zukunft nicht mehr tun will.

 

Es wird auf die „sachverständigentypische Berufsausrüstung“ abgestellt, für die – als Fixkosten - kein Kostenersatz angesprochen werden dürfte.

 

Entsprechend § 9 der Verordnung zur Vornahme der gerichtlichen Leichenbeschau aus 1855, die die gültige Rechtsgrundlage für die gerichtliche Leichenbeschau darstellt, sind die Gemeinden verpflichtet, Obduktionsräume zur Verfügung zu stellen, auch für Transport und Verwahrung der Leiche zu sorgen.

 

Im § 27 wird die Berufsausrüstung beschrieben, die im Wesent­lichen das Obduktionsbesteck umfasst.

 

Kein gerichtsmedizinischer Sachverständiger kann über eigene Obduktionsräume, einer Ordination vergleichbar, verfügen.

 

In einer Entscheidung des OGH 1992 (14OS82/91) wurde fest­ge­halten, dass die Justiz zum Kostenersatz für Fremd­leistungen im Zusammenhang mit gerichtlichen Leichenöffnungen ver­pflichtet ist (Kosten eines Bestattungsunternehmens für die Leichenüberführung).

 

Im ländlichen Bereich werden Obduktionsräume von den Gemeinden auf Friedhöfen oder in öffentlichen Kranken­häusern zur Ver­fügung gestellt. Auch in Wien stellt die Gemeinde den nicht an einer Universität beschäftigten, gerichtsmedizinischen Sach­verständigen Seziersäle in öffentlichen Krankenhäusern zur Verfügung. Dafür ver­rechnete Kosten wurden bisher vom Gericht bezahlt, im ländlichen Bereich meist direkt an die Gemeinde. Die Ver­ordnung aus 1855 ent­spricht daher auch dem gelebten Recht.

 

Lediglich im universitären Umfeld hat die Kostenersatz­pro­blematik während der letzten Jahre Schwierig­keiten bereitet und es ist bisher nicht gelungen, einen Weg zu finden, wie dervolle Kosten­ersatz“ abgerechnet werden soll.

 

Dieser Kostenersatz wurde nach Privatisierung der Universi­täten vielmehr den Sachverständigen vorgeschrieben und – ebenso wie die Kosten für Obduktionsräume in Gemeinde­spitälern -  über § 31 dem Gericht weiter verrechnet.

 

Solange keine Vereinbarungen zwischen Justiz, Gemeinden und Universitäten  zustande gekommen sind, die den Sach­ver­ständigen aus dieser Kostenersatzproblematik entlassen, muss es weiterhin möglich sein, Kosten für Obduktionsräume in der Sachverständigen­gebührennote abzurechnen.

 

Der Kostenersatz für Obduktionsräume über § 31 stellt keine Verteuerung der unmittelbaren Sachverständigenleistung dar, ist in der Gebührennote des SV nur ein weiterer „Durch­laufposten“.

 

Ob die Kosten von Uni­versitäten/Spitälern direkt der Justiz verrechnet werden, oder am Weg über die Sachverständigen­gebühr, hat auf die Höhe dieser Kosten keinen Einfluss.

 

Auch die Kostenersatzpflicht für Parteien bleibt davon un­berührt, da sowohl allgemein Verfahrenskosten als auch Sach­verständigenkosten den Parteien in Rechnung gestellt werden können.

 

Eine Abgeltung der Kosten für Obduktionsräume kann keinesfalls über die Tarife für Mühewaltung er­folgen, da die ent­sprechen­den Ansätze im § 43 dafür keinen Platz lassen. Die Positionen sind etwa geringer als für psychiatrische Unter­suchungen (§43/1/e mit € 195,40; für eine Obduktion werden lt. § 43/2 zwischen € 93,50 und € 187,20 zugesprochen), obwohl für psychiatrische Untersuchungen – in der Regel - kein Leichen­haus und kein Seziersaal benötigt werden.

 

Die für Obduktionsräume in Rechnung gestellten Beträge schwanken zwischen derzeit € 0,-- bis zu einigen Hundert Euro, würden daher in Gebührenansätzen der Mühewaltung zu einer unterschiedlichen Entlohnung des Sachverständigen führen, abhängig davon, wo die Leiche geöffnet wird.

 

So wird etwa von der Gemeinde Wien für Obduktionsräume und Leichenaufbewahrung ein Betrag von € 350,-- in Rechnung gestellt.

 

Seitens der Medizinischen Universität Wien wird den dort tätigen Sachverständigen ein noch höherer Betrag vorge­schrieben.

 

Auf die Diskrepanz dieser „Nebenkosten“ zu den Gebühren­ansätzen für die eigentliche gutachterliche Leistung sei ausdrücklich hingewiesen.

 

Eine Erhöhung der Tarife für Mühewaltung bzw. Umstellung auf zeitabhängige Stundensätze im Zusammenhang mit gerichts­medizinischen Leistungen, insbesondere Leichen­öffnungen wäre daher jedenfalls dringend geboten.

 

Die Abgeltung der Kosten für „ausgestattete Obduktionsräume“ sollte ausdrücklich in § 31 vorgesehen werden.

 

§ 34 GebAG:

Der Wegfall der Bestimmungen im § 34(2)1., 2 u. 3 führt zu einer Schlechterstellung der vorwiegend in Strafsachen tätigen Sachverständigen für Gerichtsmedizin. Gerade in Haftsachen werden immer wieder Gutachtensfristen von ein bis zwei Wochen aufgetragen. Diese Gutachten konnten bisher entsprechend den Tarifansätzen der Ärztekammer (wegen „besonderer Raschheit“) abgerechnet werden.

In Zukunft wären wiederum die deutlich niedrigeren Ansätze nach § 43/1 heranzuziehen.

 

Die Annäherung der Sachverständigengebühren an die, im sonstigen Erwerbsleben zu erzielenden Einkünfte, die mit der letzten Reform des GebAG wenigstens in einigen, wenigen Fall­konstellationen auch im Strafverfahren angestrebt werden sollte, wird damit wiederum verlassen.

 

§ 36 GebAG:

Die Umstellung des Aktenstudiums auf eine seitenbezogene Abrechnung berücksichtigt in keiner Weise den hohen In­formations­gehalt, den etwa Krankengeschichten, aber auch Verkehrsunfallanzeigen und Niederschriften mit Betroffenen haben, die besonders eingehend für die typischen gutachter­lichen Fragestellungen (Verletzungsentstehung, Rekonstruktion) studiert werden müssen.

 

Auch sind Krankengeschichten vielfach handschriftlich ausge­fertigt, was ebenfalls einen hohen Zeitaufwand beim Studium nach sich zieht.

 

Weiters werden Krankengeschichten häufig vom Sachverständigen beigeschafft, haben mitunter sehr erheblichen Umfang (mehrere Aktenordner sind keine Ausnahme) und verfügen über keine Seitennummerierung.

 

Das Seitenzählen derartiger Aktenbestandteile sollte aber nicht als Leistung des Sachverständigen angesehen werden.

 

In einer Entscheidung des OLG Wien vom 10.03.1981 (25Bs81/81) wurde bereits vor 26 Jahren ein Betrag von € 14,50 für das Studium einer Verkehrsunfallanzeige als wesentlicher Aktenin­halt zugesprochen. Die geplanten, auf den Inhalt des Aktes nicht bezugnehmenden Tarifansätze pro Aktenseite sind daher ein wesentlicher Rückschritt.

 

Anzustreben wäre eine Abgeltung über die Mühewaltung bzw. eine Beibehaltung der derzeit geltenden Bestimmungen, die es er­lauben, auf fallspezifische Besonderheiten Bedacht zu nehmen.

 

 

Wien, 02.10.2007                 Dr. Wolfgang Denk, eh