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Bundesministerium für

Unterricht, Kunst und Kultur

Minoritenplatz 5

1014 Wien

 

Bearbeiter:

Hr. TOBISCH-REDL

 

Tel: 0732 / 7071-4111

Fax: 0732 / 7071-4140

E-mail: lsr@lsr-ooe.gv.at

 

 

 

 

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vom

12.690/0007-III/2/2007

04.09.2007

A9-370/1-2007

08.10.2007

 

 

 

Stellungnahme zum Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Schulorganisationsgesetz geändert wird

 

 

 

Sehr geehrte Damen und Herren!

 

 

Das Kollegium des Landesschulrates für Oberösterreich hat in seiner Sitzung am       08. 10. 2007 beschlossen, zum gegenständlichen Gesetzesentwurf die beiliegenden Stellungnahmen der im Kollegium vertretenen Fraktionen zur Kenntnisnahme im Zusammenhang mit dem Begutachtungsverfahren zu übermitteln.

 

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Der Amtsführende Präsident

des Landesschulrates für Oberösterreich:

Fritz Enzenhofer   eh.

 

Anlagen

 

 

 

 


 

 

Stellungnahme

 

der SPÖ-Fraktion im Gesamtkollegium des Landesschulrates für Oberösterreich zum Entwurf eines Bundesgesetzes,  mit dem das SCHOG BGBl. Nr. 242/162 geändert werden soll ("Neue Mittelschule").

 

Präambel

 

Die sozialdemokratische Fraktion im Kollegium des Landesschulrates für Oberösterreich begrüßt in wesentlichen Grundsätzen den vorliegenden Entwurf zur Änderung (Novellierung) des SchOG, der die Einführung von Neuen Mittelschulen in Modellregionen ermöglicht.

Positives Kernstück der Neuerung ist, dass die Entscheidung über den weiteren Bildungsweg der SchülerInnen deutlich später erfolgt.

Das Gesetz erkennt, dass die derzeit im österreichischen Schulwesen (Schulsystem) vorhandene Frühselektion mit dem 10. Lebensjahr als überholt gilt und die Schulversuche nicht die erforderliche Rechtssicherheit bieten.

Bei der beabsichtigten Individualisierung der Bildungslaufbahnen ist darauf zu achten, dass trotz weitgehender Autonomie die Überschaubarkeit und Durchlässigkeit gewährleistet sein muss. Diese Forderungen werden durch die Bestimmungen  im Paragraph 129 b nicht ausreichend erfüllt. Aus diesen Gründen sowie unter Beachtung der bisherigen Forschungsergebnisse und internationalen Erfahrungen  befürwortet die sozialdemokratische Fraktion das Modell gemäß § 129 a.

 

Zu § 129 a

 

1.   Bei diesem Modell handelt es sich um ein kompaktes System, das den bisherigen Rhythmus einer vierjährigen Schullaufbahn beibehält und die Kompatibilität zum weiterführenden Schulsystem ohne weitere Zäsur gewährleistet.

2.   Die soziale Integration von SchülerInnen mit besonderen Bedürfnissen (Hochbegabte, Kinder mit migrantischem Hintergrund, sonderpädagogischem Förderbedarf...) erfordert eine Kontinuität über einen längeren Zeitraum.

 

 

 

 

Zu § 129 b

 

Die sozialdemokratische Fraktion im Kollegium des Landesschulrates für Oberösterreich  findet bei dieser Variante  gravierendste Mängel:

1.   Die wissenschaftlich erwiesenen Nachteile einer zu frühen Selektion werden mit diesem Modell durch eine zusätzliche Selektionshürde verstärkt.

2.   Bei der Umsetzung sind große schulorganisatorische Schwierigkeiten zu erwarten, von der besonders die parallel in der Region geführte Hauptschule betroffen sein wird, da dieser weitgehend nur mehr SchülerInnen in zwei Schulstufen (7. und 8.) zur Verfügung stehen.

3.   Die Bestimmungen bezüglich der Berechtigungen zum Übertritt in weiterführende Schulen nach dem Besuch der Neuen Mittelschule lehnen wir in dieser Form ab. Bekanntlich besteht bei der Ziffernbeurteilung innerhalb an sich gleicher Schultypen oft eine große Diskrepanz. Sie verfügt nur über eine bedingte Aussagekraft.

4.   Die im Gesetz vorgesehenen Leistungsgruppen gelten nach vielen wissenschaftlichen Erkenntnissen als überholt. In diesem Zusammenhang werden effizientere und gerechtere Möglichkeiten der Leistungsdifferenzierung gefordert.

5.   Ein entscheidender Nachteil gegenüber dem § 129 a ist die Tatsache, dass zwei unterschiedliche Lehrpläne zur Anwendung kommen.

 

Zusammenfassung

 

Schule und Bildung bestehen aus einem Netzwerk. Für die Verwirklichung der Neuen Mittelschule ist die umfassende Einbindung aller am Umsetzungsprozess Beteiligten sowie die Einbeziehung der Sozialpartner Grundvoraussetzung. Deshalb ist Überlegungen, die einen Abbau von Demokratie und deren Einrichtungen, wie das Kollegium des Landesschulrates, verlangen, eine entschiedene Absage zu erteilen.

 

 

Linz, 8. Oktober 2007

 

 

Stellungnahme der Fraktion der ÖVP im Kollegium des LSR f. OÖ

zum Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Schulorganisationsgesetz geändert wird

 

 

"Der Versuch „Neue Mittelschule“ soll in einer „Schulentwicklungspassage“ innerhalb des Schulversuchsparagraphen (SchOG §7) aufgenommen werden.

 

Im Gegensatz zum Begutachtungsentwurf wäre dadurch die unverzichtbare Mitwirkung der Schulpartner gesichert.

 

 

Weiters müssten folgende Maßnahmen berücksichtigt werden:

 

- Die 5%-Grenze bei den Schulversuchen könnte, wenn notwendig, erweitert          werden.

 

-  Die Regelungen im § 129b (für das NÖ-Modell) müssten bei einer Implementierung       innerhalb des Schulversuchsparagraphen insoweit geändert werden, dass dieser   Versuch auch in der 5. Schulstufe alleine durchgeführt werden kann.

 

- Damit der jeweilige Durchlauf einer Versuchsgeneration gewährleistet ist und nicht        zwischendurch abgebrochen werden kann, müssten die Schulversuche mit einer       zeitlichen Bindung versehen werden.

 

-  Ebenso sind dienst- und besoldungsrechtliche Richtlinien zu beachten, da eine   allfällige Überführung ins Regelschulwesen finanzierbar sein soll.

 

- Wie im Regierungsübereinkommen vereinbart, wäre eine entsprechende             Evaluierung sicherzustellen (z.B.: durch die Pädagogische Hochschule)

 

Der vorliegende Entwurf wird daher abgelehnt.

 

 

 


LSR- Kollegiumssitzung 08.10. 2007

 

Stellungnahme der freiheitlichen Fraktion im Kollegium des LSR OÖ:

Änderung des SchOG: GESAMTSCHULE

 

Wir sind nicht grundsätzlich gegen eine neue Mittelschule (im Sinne einer auch immer wieder bezeichneten Gesamtschule), aber der vorliegende Entwurf ist völlig unausgereift und ein nicht zu vertretender experimenteller Umgang mit der Organisation der österreichischen Schule.

 

Grundsätzlich ist festzustellen, dass mit dem Gesetz eine neue Schulform geschaffen werden soll, die aber nicht im Hauptstück des SchOG, § 3 „Gliederung der österreichischen Schulen“ angeführt sind. Es ist daher die Forderung zu stellen, dass neben der Einführung des § 129 als II.b Hauptstück auch der § 3 des Gesetzes geändert werden muss.

 

Ist dies nicht der Fall (wie hier im Entwurf), so ist die Neue Mittelschule definitiv als Abweichung der dem Bund zukommende Vollziehung des Schulwesens zu bezeichnen und damit - trotz der expliziten Erwähnung, dass es kein Schulversuch sei - ein Schulversuch zur Erprobung besonderer pädagogischer oder schulorganisatorischer Maßnahmen wie im § 7 des SchOG beschrieben.

 

Derartige Schulversuche gibt es bereits:

Wien:  Kooperative Mittelschule (seit 1990)

Gescheitert - Zulauf zu AHS anhaltend -  trotz Unterricht von AHS Lehrern!!

Graz:  detto seit 1992

 

Dieser Entwurf als Grundlage einer Änderung der wesentlichsten Organisationsformen der österr. Schule ist so nebulos, dass mit Recht daraus geschlossen werden kann:

Es wird damit eindeutig ein „Schulversuche“ ohne Rücksicht auf die gesetzlichen Voraussetzungen durchgeführt:

         OHNE Beschreibung

         OHNE gesetzeskonforme Evaluation

         OHNE zeitliche Begrenzung

         OHNE Berücksichtigung der 5 % Klausel für Schulversuche.

Es wird somit eine neue Schulrealität neben dem Gesetz geschaffen, bei der auch die berechtigten Elterninteressen im Abseits bleiben, weil sie nicht klar definiert sind (nur Einsichtnahme).

Die Mitsprache betroffener Eltern wird nicht angestrebt, denn die in den Kollegien – die mit den Modellplänen in den Regionen zu befassen sind - agierenden Elternvertreter (wann überhaupt diskutiert wird – und nicht mittels §7 entschieden wird) sind nicht die unmittelbar Betroffenen!

 

Weiters werden Modelle als beschlussreif dargestellt, deren Absichten und Organisationen mit den notwendigerweise dazugehörigen Ressourcen aber nicht geklärt ist:

Es wird von zu definierenden „Regionen“ in § 129 Abs 2 gesprochen, es wird aber nicht angesprochen:

·        wie hoch ist der Prozentsatz dieser Regionen, wie viele solcher „Modellregionen“ wird/darf es geben?

·        wo bleiben in diesen Regionen die Regel- HS, wo die Regel- AHS?

·        wie schaut es mit für Schüler zumutbaren Entfernungen aus?

·        welche Kinder mit welchem SPF werden angesprochen?

 

Es wird im Entwurf eine differenzierende Leistungsbeschreibung festgehalten:

·        Gibt es auch Beurteilungen mit Folgen?

·        Es wird zwar auf verbindlich bestehende Lehrpläne verwiesen, allerdings  - vom § 129b 7. und 8. Schulstufe abgesehen - nur auf den Lehrplan der AHS     
somit fehlen die besondere didaktische Hinweise für die Leistungsdifferenzierung bzw. die entsprechenden Bestimmungen für den
Förderunterricht! 
Ist das die Abschaffung der Leistungsgruppen in der HS oder gibt es dann nur mehr eine AHS – Unterstufe?

·        Es gibt keine Hinweise auf verpflichtend zu erbringende (Minimal)-Leistungen (Standards).

 

Es werden ganz allgemein und ohne genauere Festlegung Förderungen und Individualisierungsmaßnahmen angesprochen, die nach allen wissenschaftlichen Erkenntnissen viel zu spät kommen. Diese müssten in den Grundstufen gesetzt werden können, um wirkungsvoll zu sein.

 

MEHR FRÜH-FÖRDERUNG hätte in unserem Schulsystem vorrangig zu sein!

Dazu würden aber Ressourcen schon an den VS benötigt.

Die Schulautonomie ist heute schon die permanente Verwaltung des Mangels derselben.

Diese Festlegung zum Durchführen von Förderungen und Individualisierungen steht doch eindeutig in einem Widerspruch, wenn im neuen Gesetzesteil derart einschneidende Veränderungen mit gleichem Ressourcen-Einsatz erledigt werden sollen ?

siehe Vorblatt/ Finanzielle Auswirkungen: „……. Durch die gegenständliche Novelle zum SchORG entstehen unmittelbar KEINE finanziellen Auswirkungen ……“.

Und weiter unten heißt es:

Erläuterungen/ Finanzielle Auswirkungen:

„……… das Ausmaß des Lehrer- und Lehrerinneneinsatzes wird sich jedenfalls aus den zu Verfügung stehenden Mittel ableiten …………..

 

Dies ist eine völlig unrealistische Einschätzung und steht damit auf derselben Stufe der derzeit geübten Praxis der Verknappung der Ressourcen in unserem Bildungssystem.

 

Vorstellbar ist eine neue Schulform in der Art der neuen Mittelschule als Gesamtschule neben den bisher erwähnten erforderlichen Abänderungen nur dann,

·        wenn eine gesetzliche Garantie von benötigten Minimalressourcen in personeller und materieller Form gewährleistet ist       
daher ein Ende der Realität der Stundenkürzungen tatsächlich stattfindet und Schulautonomie mit standortbezogenen Schwerpunktsetzungen wieder ermöglicht wird.

·        wenn nachvollziehbaren Standards integriert sind;        
aus Erfahrung der letzten Jahrzehnte bezweifeln wir, dass in der Zukunft dazu aussagekräftige Evaluationen geliefert werden, wenn schon bisher oftmals nicht einmal qualitätsvolle „Versuchs“- Beschreibungen geliefert werden.

·        wenn eine innere qualitative Differenzierung deutlich festgelegt und mit Ressourcen ermöglicht ist. - Bei der gegenwärtigen Situation vor allem in den Zentralräumen glauben nur Schreibtischpädagogen an die Möglichkeit dieser didaktischen Forderung.
Es muss bei Vergleichen auch von klaren Ausgangsbedingungen und formulierten, überprüfbaren Zielen ausgegangen werden

·        wenn die wohlhabenden Eltern weiterhin ihre Kinder in öffentlichen Schulen ausbilden lassen und keine Abwanderungsgefahr in private Bildungsinstitutionen besteht.

 

Wir sollten uns nicht auf ein Lottospiel einlassen, wo man bei unwahrscheinlichem Glück auch gewinnen könnte.

 

Wer diese Schulform will, muss ein umsetzbares, klar definiertes Gesamtkonzept vorlegen- bis hin zur Qualität der Lehreraus- und -fortbildung. Dem kann man dann zustimmen oder nicht.

 

Die Qualität der Lehrer ist letztendlich entscheidend - nicht jene der Organisation. Und da gerade jetzt mit der Umwandlung der PA zur PH gezeigt wird, wie wenig Bedeutung diese Forderung in der politischen Realität hat, bezweifeln wir die Aufrichtigkeit dieses gesetzlichen Vorschlags.

 

Ein Gesetz soll Berechenbarkeit / Verlässlichkeit / Sicherheit für Eltern bringen

…… es soll nicht nur „Experten“ froh stimmen!!

 

Diese viertelherzige Gesetzesvariante soll daher mit der vorliegenden Formulierung keine Chance auf Gesetzeswerdung haben.

 


Stellungnahme der Fraktion der Grünen im LSR f. OÖ zum Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Schulorganisationsgesetz geändert wird:

 

 

Die Grünen treten für eine echte, gesetzlich verankerte gemeinsame Schule der 10 -14jährigen ein.

Insofern ist der vorliegende Gesetzesentwurf nur als ein Versuch zu betrachten, Bewegung in ein reformbedürftiges Schulsystem zu bringen.

Faktum ist, dass die Entscheidung bezüglich der Schulwahl nach 4jähriger Volksschule in Hinblick auf Begabungen und Entwicklungspotential 10jähriger Kinder derzeit zu früh erfolgt.

An der Beschreibung der geplanten Modellregionen fällt auf (§129, Abs. 2), dass mit dem Hinweis auf „öffentliche Hauptschulen in erforderlicher Anzahl und zumutbarer Entfernung zur Modellregion“ offensichtlich der Neuen Mittelschule ausgewichen werden kann. Sie wäre dann neben HS und AHS eine dritte Wahlmöglichkeit. Die Grundidee einer gemeinsamen Schule wäre damit ad absurdum geführt.

Immerhin ist eine Modellregion aber besser als es vereinzelte Schulversuche wären:

Wegen der besseren Evaluierbarkeit einer Region gegenüber einem Einzelstandort.

Wegen der Herausnahme von aus unserer Sicht nötigen Reformschritten aus einem ideologisch gefärbten Dauerkampf. Die 5%-Klausel der Schulversuche, ein jährliches Ein- und Aussteigen einzelner Schulen per SGA-Beschluss und die Erfahrung, dass auch  Eltern- und SchülerInnenorganisationen sowie VertreterInnen von Lehrergewerkschaftssektionen häufig nach parteipolitisch vorgegebenen und populistisch verstärkten Einstellungen agieren, würden der österreichischen Schulentwicklung wenig Positives bringen.

Darüber hinaus lässt der vorliegende Gesetzesentwurf viele Fragen offen bzw. wirft weitere Probleme auf.

Dass keine finanziellen Auswirkungen entstehen (Vorblatt), steht im Widerspruch zu den Erläuterungen/allgemeiner Teil, wo es heißt: „Insbesondere können sich finanzielle Auswirkungen von dienst- und besoldungsrechtlichen Regelungen im Hinblick auf den beabsichtigten verschränkten Einsatz von HS- und AHS- LehrerInnen ableiten lassen.“

Damit ist wieder einmal die budgetäre Bedeckung Schlüssel zu Erfolg oder Misserfolg:

Die Neue Mittelschule kann nur gelingen, wenn Motivation und Kompetenz von APS- und AHS- LehrerInnen durch übergreifende begleitende Fortbildungsmöglichkeiten gestärkt werden, wenn SozialarbeiterInnen, SozialpädagogInnen und PsychologInnen Hilfestellung bei Integration, Individualisierung und Beratung geben, wenn derartige Schulen möglichst als Ganztagsschulen geführt werden.

Grundsätzlich problematisch, weil im Entwurf nicht thematisiert, bleibt die Tatsache, dass im Dienst- und Besoldungsrecht sowie im Bereich der Personalvertretung völlige Ungleichheit besteht.

Schließlich werden die genannten Ziele der Neuen Mittelschule nur zu erreichen sein, wenn die Ausbildung aller Lehrerinnen und Lehrer auf universitärem Niveau vereinheitlicht wird, wenn auf Basis von pädagogischen und fachwissenschaftlichen Modulen Lehrerinnen und Lehrer ihr Berufsprofil bestimmen können, ohne in Sackgassen zu landen