AMT DER NIEDERÖSTERREICHISCHEN LANDESREGIERUNG
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Bezug

BearbeiterIn

Durchwahl

Datum

 

BMJ-L703.040/0007-II 2/2007

Dr. Markus Grubner

12377

09. Oktober 2007

 

 

 

Betrifft

Bundesgesetz, mit dem das Suchtmittelgesetz (SMG), das Strafgesetzbuch, die Strafpro­zessordnung 1975, das Jugendgerichtsgesetz (JGG) und das Gesundheits- und Ernäh­rungssicherheitsgesetz geändert werden (SMG-Novelle 2007); Begutachtungsverfahren; Stellungnahme

 

 

Die NÖ Landesregierung hat in ihrer Sitzung vom 09. Oktober 2007 beschlossen, zum Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Suchtmittelgesetz (SMG), das Strafgesetz­buch, die Strafprozessordnung 1975, das Jugendgerichtsgesetz (JGG) und das Gesund­heits- und Ernährungssicherheitsgesetz geändert werden (SMG-Novelle 2007), wie folgt Stellung zu nehmen:

 

 

I.          Zu Art. I (Änderung des Suchtmittelgesetzes):

 

Zu Z. 20 (§ 8a):

Nach § 23j der Suchtgiftverordnung haben Ärzte u.a. den Beginn der Behandlung an das von der Bundesministerin geführte Substitutionsregister zu melden. Nach § 8a Abs. 1 des Entwurfes soll nun der Beginn einer Behandlung von den Ärzten an die Bezirksverwaltungsbehörde gemeldet werden.

 

Dazu ist festzuhalten, dass in Niederösterreich etwa 1 400 Personen in Substitutionsbehandlung stehen. Durch die Verlagerung der Meldepflicht auf die Bezirksverwaltungsbehörde als Gesundheitsbehörde entsteht bei diesen ein nicht unerheblicher zeitlicher Mehraufwand. Substitutionsbehandlungen dauern häufig viele Jahre, manchmal müssen Patienten sogar ihr Leben lang Substitutionsmittel einnehmen. Um den Erfordernissen Rechnung zu tragen, müsste daher jedes Mal anlässlich einer Vidierung einer Dauerverschreibung überprüft werden, ob all die angeführten Daten noch aktuell sind. Amtsärzte werden damit nicht nur gezwungen, die Substitutionsbehandlung gemäß der Vorgaben der Suchtgiftverordnung zu kontrollieren, sondern auch eine keineswegs zu vernachlässigende Datenmenge zu erheben und aktuell zu halten. Es wird daher die Überprüfung angeregt, ob die zu erhebenden Daten tatsächlich erforderlich sind. Eine Reduzierung wäre anzustreben.

 

Zu Abs. 2 wird die Prüfung angeregt, ob die Möglichkeit der Einschränkung der Verschwiegenheitspflicht in der im Entwurf enthaltenen Form tatsächlich erforderlich ist.

 

Zu Z. 21 (§ 10 Abs. 1 Z. 5):

Nach § 10 Abs. 1 Z. 5 soll durch eine Verordnung der Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend die Qualitätssicherung und Kontrolle von medizinischen Angelegen­heiten vorgegeben werden. Hinsichtlich der in der Verordnungsermächtigung angeführten „Rahmenbedingungen“ sollte eine Einschränkung auf rechtliche und organisatorische Aspekte erfolgen.

 

Zu Z. 39 (§§ 24 bis 26):

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass nicht nur die die Länder treffenden, im Entwurf enthaltenen Ermittlungs- und Übermittlungspflichten zu umfassend und umfangreich, sondern das Register in seiner Gesamtheit äußerst umfangreich erscheint. Es kann nicht nachvollzogen werden, wozu diese zahlreichen Datenarten im Register verarbeitet werden sollen. Bestimmte Daten sind für die vorgesehenen Zwecke nicht erforderlich; darüber hinaus stößt die Ermittlung einzelner Datenarten auf Probleme in der Praxis.

 

Es wird darauf hingewiesen, dass – soweit die Verwendung von personenbezogenen Daten nicht im lebenswichtigen Interesse des Betroffenen oder mit seiner Zustimmung erfolgt – nach den verfassungsrechtlichen Vorgaben des § 1 Abs. 2 DSG 2000 Beschränkungen des Anspruchs auf Geheimhaltung nur zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines anderen zulässig sind, und zwar bei Eingriffen einer staatlichen Behörde nur auf Grund von Gesetzen, die aus den in Art. 8 Abs. 2 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, genannten Gründen notwendig sind. Derartige Gesetze dürfen die Verwendung von Daten, die ihrer Art nach besonders schutzwürdig sind, nur zur Wahrung wichtiger öffentlicher Interessen vorsehen und müssen gleichzeitig angemessene Garantien für den Schutz der Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen festlegen. Auch im Falle zulässiger Beschränkungen darf der Eingriff in das Grundrecht jeweils nur in der gelindesten, zum Ziel führenden Art vorgenommen werden. Auf die speziellen Vorgaben des § 9 DSG 2000 betreffend sensible Daten, etwa Gesundheitsdaten, wird besonders hingewiesen.

 

Es wäre daher darzutun, inwiefern die vorgesehene Beschränkung des Anspruchs auf Geheimhaltung vor dem Hintergrund des Art. 8 Abs. 2 EMRK notwendig ist. Gegebenenfalls wären die im Entwurf enthaltenen Datenarten auf ein mit Art. 8 EMRK zu vereinbarendes Maß zu reduzieren. Bedenken bestehen jedenfalls bei folgenden Datenarten:

 

·        Zum Zweck der Identifikation des Behandelten sind sicher nicht alle in § 24b Abs. 1 Z. 1 angeführten Datenarten erforderlich. Es wären wohl auch weniger Datenarten ausreichend. Insbesondere ist es in der Praxis mit großem und nicht zumutbarem Aufwand verbunden, dem Register den Aufenthaltsort zu melden, da die meisten Personen, die in Substitutionsbehandlung stehen, häufig ihren Aufenthaltsort wechseln. Im Übrigen hat diese Datenart keine Aussagekraft.

 

·        Hinsichtlich der in § 24b Abs.1 Z. 6 vorgesehenen Meldepflicht wäre zu präzisieren, wann die Meldung der Dosis zu erfolgen hat (erstes Dauerrezept). Das erste Dauerrezept ist nicht der Behandlungsbeginn. Bei der Meldung des Behandlungsbeginns ist hingegen die Dosis noch nicht bekannt, der Behandelte muss erst eingestellt werden. Die Dosis der verschriebenen Mittel ändert sich im Laufe der Behandlung. Ein Aussagewert dieser Daten ist zweifelhaft.

 

·        Der Behandlungszweck ändert sich in vielen Fällen während der Behandlung. Somit kann die in § 24b Abs. 1 Z. 7 vorgesehene Meldung des Behandlungszwecks nur eine Aussage über den Behandlungszweck zu Beginn der Substitutionsbehandlung sein. Oft kann erst nach Jahren einer Substitutionsbehandlung daran gedacht werden, eine anfänglich als Erhaltungstherapie durchgeführte Behandlung als Reduktionsbehandlung durchzuführen.

 

·        In § 24b Abs.1 Z. 9 ist unklar, was unter „Art des Behandlungsendes“ zu verstehen ist. Es wird vielfach so sein, dass ein Substitutionspatient einfach nicht mehr erscheint (etwa wegen Übersiedlung, Krankenhausaufenthalt, Therapie, Haft), sodass etwa erst nach einigen Monaten durch die meldende Stelle ein „Behandlungsende“ gemeldet werden könnte.

 

Insgesamt sollte nochmals überprüft werden, welche Daten wirklich erforderlich sind. Weiters wird die nochmalige Prüfung angeregt, welche Institutionen welche Daten melden sollen, um Doppelgleisigkeiten zu vermeiden. Im Übrigen wären gemäß § 1 Abs. 2 DSG 2000 angemessene Garantien für den Schutz der Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen festzulegen.

 

§ 24b Abs. 2 führt in der Praxis dazu, dass der behandelnde Arzt ein Konvolut an Formularen auszufüllen hat, auch wenn sich der zu Behandelnde bloß für wenige Tage in der Krankenanstalt aufhält. Die derzeit bestehende, verhältnismäßig einfache Handhabung und Akzeptanz der Substitutionsbehandlung in Krankenanstalten ist das Ergebnis langjähriger Arbeit und könnte durch nicht nachvollziehbare und überzogene Anforderungen ernstlich gefährdet werden. Im Übrigen ist für den behandelnden Arzt gar nicht erkennbar, wann für ihn eine Meldeverpflichtung besteht, da er nicht nachvollziehen kann, ob die Bezirksverwaltungsbehörde Kenntnis von der Behandlung erlangt hat.

 

In § 24c Abs. 1 Z. 2 sollte das Wort „allfälligen” entfallen, da eine Leichenbeschau in diesen Fällen ohne chemisch-toxikologische Untersuchung weit weniger Aussagekraft hat, was Rückschlüsse auf die Kausalität des Suchtmittelkonsums im Hinblick auf den Tod des Verstorbenen wesentlich erschwert.

 

In den Erläuterungen wird zu § 25 Abs. 3 Z 2 und § 26 Abs. 6 Z 2 ausgeführt, dass für die Übermittlung der Daten ein Beitritt zum Behördenportalverbund nicht ausreicht, vielmehr muss die Erfüllung der dort im Einzelnen festgelegten Anforderungen nachgewiesen werden. Im Portalverbund ist der Nachweis von Datenschutzmaßnahmen durch die Einstufung einer Anwendung in die so genannten Securityklassen 1 bis 3 möglich. Bei Verwendung sensibler Daten erfolgt dabei eine Einstufung in die Securityklasse 3. Dies erfordert sodann die Identifikation bzw. Authentifizierung und Autorisierung mit Hilfe einer Chipkarte. Darüber hinaus wird im Entwurf eine automationsunterstützte Übermittlung von Protokolldaten an das Bundesministerium für Gesundheit, Familie und Jugend gefordert. Im Portalverbundprotokoll ist zwar die Protokollierung der Daten vorgesehen, eine automationsunterstützte Übermittlung dieser Protokolldaten allerdings nicht. Im Ergebnis bedeutet dies, dass keine am Portalverbund teilnehmende Institution in der Lage ist, diese Anforderungen, die im Entwurf enthalten sind, zu erfüllen.

 

Es wird darauf hingewiesen, dass eine Realisierung dieser Vorgaben bis Jänner 2008 nicht möglich ist. Die Vorgaben betreffend Protokolldaten wären dahingehend abzuändern, dass sie im Einklang mit § 14 Abs. 4 DSG 2000 stehen.

 

Es wäre, um die Interoperabilität im Portalverbund weithin sicher zu stellen, eine Abklärung dieser neuen Anforderungen unter Einbeziehung der Länder notwendig. Die geforderte automationsunterstützte Übermittlung der Protokolldaten an das Bundesministerium sollte ersatzlos entfallen, dies um so mehr, als das Ministerium seinerseits alle Zugriffe protokollieren kann und über das Portalverbundprotokoll ohnehin alle relevanten Daten übermittelt werden.

 

Zu Z. 40 (§ 27 Abs. 2):

In Art. 2 Abs. 1 des Rahmenbeschlusses 2004/757/JI wird normiert, dass das vorsätzliche Befördern unter Strafe zu stellen ist. In § 27 Abs. 2 wäre daher klarzustellen, dass die Beförderung von Suchtgift zu bestrafen ist, sofern sie vorsätzlich erfolgt.

 

Zu Z. 56 (§ 39):

§ 39 sieht einen durchgehenden obligatorischen Aufschub des Strafvollzuges zum Zweck der Durchführung gesundheitsbezogener Maßnahmen (etwa Entzugs- und Substitutionsbehandlung) vor. Künftig wird die Möglichkeit des Strafaufschubes von Amts wegen wahrzunehmen und nicht mehr von einem Antrag des Verurteilten abhängig sein. Der Strafaufschub ist auch noch nach Übernahme in den Strafvollzug vorgesehen. Durch die Absolvierung einer gesundheitsbezogenen Maßnah­me und eine erfolgreiche Therapie kann die ursprünglich unbedingt verhängte Freiheits­strafe nachträglich in eine bedingte Freiheitsstrafe umgewandelt werden.

 

Während ein Verurteilter im Falle des gewöhnlichen Strafvollzuges auf Kosten des Bundes voll versorgt wird (etwa Verpflegung, Unterkunft, Krankenversorgung, Bekleidung), weigert sich der Bund im Falle des Aufschubes des Strafvollzuges die Kosten der gesundheitsbezogenen Maßnahme, die durch gerichtliche Weisung angeordnet wurde, zu tragen. Darüber hinaus wird vom Bund regelmäßig die Übernahme von „Nebenkosten“ der Maßnahmen, nämlich Kosten der Verpflegung und Unterbringung in der Einrichtung, Krankenbehandlung, Bekleidung und Taschengeld (für einkommenslose Verurteilte) abgelehnt. Das Land Niederösterreich hatte daher in der Vergangenheit diese „Nebenkosten“ der Maßnahme im Rahmen der Sozialhilfe übernommen, um soziale Härtelagen zu verhindern.

 

In Niederösterreich ist in den letzten Jahren ein starker Zuwachs an Betreuungen in Drogentherapieeinrichtungen auf staatsanwaltschaftlicher bzw. gerichtlicher Anordnung zu verzeichnen. Durch gegenständliche Regelung ist künftig eine erweiterte Inanspruchnahme des Instruments des Aufschubes des Strafvollzuges absehbar. Es sind dadurch finanzielle Mehraufwendungen für die NÖ Sozialhilfe zu erwarten.

 

Zu Z. 59 (§ 41):

In Abs. 2 wird eine zeitliche Obergrenze für stationäre Therapieformen mit einem Jahr, sonst von zwei Jahren eingeführt. Im Verlauf von Suchttherapien kommt es immer wieder zu Änderungen im Verlauf, die mitun­ter die Verlängerung einer ursprünglich auf etwa neun Monate geschätzte stationä­re Therapie erzwingen und stationäre Behandlungen erfordern, die länger als ein Jahr dauern oder Unterbrechungen erfahren.

 

Im Schnitt kann eine Gesamtaufenthaltsdauer von 18 Monaten angenommen werden, so­dass für sechs Monate (180 Tage) die Kosten für die Therapie in Zukunft von den Ländern übernommen werden müssten. Die Übernahme der Kosten für die von der Justiz nicht getragenen Therapiezeiten durch die Länder würde zu erhebliche Mehrkosten führen.

 

Die in den Erläuterungen vertretene Ansicht, es sei in Hinkunft auch Aufgabe der Einrichtungen, „eine notwendige stationäre Therapie möglichst inner­halb eines Jahres abzuschließen“, lässt völlig außer Acht, dass es vor allem an den Behandelten und an deren Zustand liegt, wann der Wechsel in eine andere Therapieform bzw. Nachbetreuung möglich ist. Suchterkrankungen gehören zu den schwersten chronischen psychiatrischen Krankheitsbildern. Normierte zeitliche Therapieobergrenzen sind jedoch für den Erfolg einer solchen Behandlung kontraproduktiv und können den Therapieerfolg ernstlich beeinträchtigen oder gefährden.

 

Es werden daher ein Entfall der zeitlichen Obergrenze und eine Übernahme der gesamten Kosten durch den Bund verlangt. Der Bund hat auch für die Zeit der Zurücklegung der Strafanzeige die Kosten für die Therapie zu übernehmen.

 

Hinsichtlich der Kosten von gesundheitsbezogenen Maßnahmen, die durch gerichtliche Weisung angeordnet wurden, lehnte der Bund bereits bisher eine Kostentragung mit der Begründung ab, ihn treffe nach § 41 SMG nur eine subsidiäre Kostentragungspflicht. Dem wird entgegengetreten. Gemäß Artikel 10 Abs. 1 Z. 6 B-VG fällt das Strafrechtswesen in Gesetzgebung und Vollziehung in den Zuständigkeitsbereich des Bundes. Der Kompetenztatbestand Strafrechtswesen umfasst das gerichtliche Strafrecht einschließlich des Strafvollzugs. Gemäß § 2 Finanz-Verfassungsgesetz 1948 tragen der Bund und die übrigen Gebietskörperschaften, so ferne die zuständige Gesetzgebung nichts anderes bestimmt, den Auf­wand, der sich aus der Besorgung ihrer Aufgaben ergibt. Somit fallen Angelegenheiten des Strafvollzuges und damit deren Kostentragung in den Kompetenzbereich des Bundes. Solange daher im Rahmen des Strafvollzuges Anordnun­gen getroffen werden, sind die damit verbundenen Kosten vom Bund zu tragen.

 

Zudem normiert § 2 Z. 1 des NÖ Sozialhilfegesetzes 2000 im Sinne des Subsidiaritäts­prinzips, dass Sozialhilfe nur soweit zu leisten ist, als der jeweilige Bedarf nicht durch Leis­tungen Dritter tatsächlich gedeckt wird. § 25 Abs. 1 Z. 2 des NÖ Sozialhilfegesetzes 2000 bestimmt im Speziellen, dass Voraussetzung für einen Leistungsanspruch ist, dass der Mensch mit besonderen Bedürfnissen aufgrund anderer gesetzlicher, statutarischer oder vertraglicher Regelungen keinen Anspruch und keine Möglichkeit besitzt, gleiche oder ähnliche Leistungen zu erlangen. Da bei Kosten, die durch eine Anordnung des Strafvollzuges entstehen, aufgrund gesetzlicher Regelung ein Anspruch und eine Möglichkeit besteht, diese Leistungen vom Bund zu erlangen, ist kein Leistungsanspruch gegenüber dem Land Niederösterreich gegeben. Diese Rechtsansicht wird durch den Beschluss des Obersten Gerichtshofes vom 23. November 2005, 13 Os 87/05a-13, betreffend § 179a Abs. 2 StVG bekräftigt. Der Obersten Gerichtshof geht von der Überlegung aus, dass aufgrund einer Weisung durch das Gericht jedenfalls eine Kostenersatzpflicht des Bundes abzuleiten sei. Auf den Beschluss der Landssozialreferentenkonferenz vom 12. Mai 2006, worin diese Rechtsansicht bekräftigt wird, wird hingewiesen.

 

Das Bundesministerium für Justiz hat in den Erläuterungen des Entwurfes verschiedene Varianten einer „Lösung“ der Kostentragungsproblematik angesprochen. Die im Entwurf enthaltene Regelung stellt aber – im Gegensatz zu den Ausführungen in den Erläuterungen - keine Beibehaltung der geltenden Rechtslage dar, sondern enthält aufgrund der Neufassung des § 41 Abs. 2 eine Kostenverschiebung zu Lasten der Länder (Sozialhilfe). Abweichend von der geltenden Rechtslage soll nämlich die Kostentragungspflicht des Bundes nunmehr zeitlich begrenzt werden und nur mehr für eine Behandlungsdauer von maximal zwei Jahren, im Falle der stationären Therapie maximal ein Jahr bestehen.

 

Diese Regelung wird strikt abgelehnt.

 

Die in § 41 Abs. 1 Z. 2 normierte Subsidiarität des Bundes gegenüber Leistungen auf Grund von Gesetzen der Län­der hat zu entfallen; den Bund trifft vielmehr eine allgemeine Kostentragungspflicht. Die Kosten gesundheitsbezogener Maßnahmen der psychosozialen Beratung und Betreuung (§ 11 Abs. 2 Z. 5) sind vom Bund zu tragen.

 

 

II.         Zu den finanziellen Auswirkungen

 

Gemäß Art. 1 Abs. 1 der Vereinbarung zwischen dem Bund, den Ländern und den Ge­meinden über einen Konsultationsmechanismus und einen künftigen Stabilitätspakt der Gebietskörperschaften werden Gesetzesentwürfe der Bundesministerien, Gesetzesvor­schläge der Bundesregierung sowie beschlussreife Verordnungsentwürfe der Bundesre­gierung oder einzelner Bundesminister den Ämtern der Landesregierungen und der Ver­bindungsstelle der Bundesländer, dem Österreichischen Gemeindebund und dem Öster­reichischen Städtebund übermittelt. In diese Vorhaben ist eine Darstellung der finanziellen Auswirkungen aufzunehmen, die den von den Vertragspartnern einvernehmlich zu erarbei­tenden und vom Bundesminister für Finanzen zu erlassenden Richtlinien gemäß § 14 Abs. 5 Bundeshaushaltsgesetz entspricht (§ 1 Abs. 3 der Vereinbarung).

 

Gemäß § 14 Abs. 1 des Bundeshaushaltsgesetzes ist jedem Entwurf für ein Bundesge­setz, eine Verordnung, eine über- oder zwischenstaatliche Vereinbarung und eine Verein­barung gemäß Art. 15a B-VG von dem Bundesminister, in dessen Wirkungsbereich der Entwurf ausgearbeitet wurde, eine den Richtlinien gemäß Abs. 5 entsprechende Darstel­lung der finanziellen Auswirkungen anzuschließen.  Ergeben sich aus einer solchen Maß­nahme für eine am Finanzausgleich beteiligte andere Gebietskörperschaft Ausfälle an Steuern, an deren Ertrag sie beteiligt ist, Mehrausgaben oder Minderausgaben, höhere oder geringere Kosten, Mehreinnahmen oder Mehrerlöse, sind auch diese finanziellen Auswirkungen in der Stellungnahme darzustellen (§ 14 Abs. 3 leg. cit.).

 

Der vorliegende Entwurf enthält keine Darstellung der die Länder treffenden Mehrkosten. Es wurde daher weder der Konsultationsvereinbarung noch dem Bundeshaushaltsgesetz Rechnung getragen. Eine abschließende Beurteilung der finanziellen Auswirkungen des Entwurfes ist daher zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich. Es kann jedoch bereits mitgeteilt werden, dass die Erfüllung der Vorgaben betreffend die Register jedenfalls die Erstellung zusätzlicher Software erfordern würde, je nach konkreter Implementierung muss dabei von Kosten zwischen 50 000 und 100 000 Euro ausgegangen werden. Die für die Erfüllung der voraussichtlich notwendigen Securityclass 3 notwendigen Anforderungen erfordern Mittel von 76 Euro pro Person, die für die Abfrage berechtigt werden soll. Weiters führt die in der Neufassung des § 41 Abs. 2 vorgesehene zeitliche Begrenzung der Kostentragungspflicht des Bundes auf maximal zwei Jahre und im Falle einer stationären Therapie auf maximal ein Jahr zu einer massiven Belastung des Landes Nieder­österreich. § 41 Abs. 2 des Entwurfes wird daher abgelehnt. Die Forderung, dass der Bund die Kosten von allen gesundheitsbezogenen Maßnahmen zu tragen hat, bleibt aufrecht.

 

 

Eine Ausfertigung dieser Stellungnahme wird unter einem dem Präsidium des National­rates elektronisch übermittelt.

 

 

 

Ergeht an:

2.   An das  Präsidium des Bundesrates,

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1.   An das  Präsidium des Nationalrates

3.   An alle vom Lande Niederösterreich entsendeten Mitglieder des Bundesrates

4.   An alle Ämter der Landesregierungen (zu Handen des Herrn Landesamtsdirektors)

5.   An die Verbindungsstelle der Bundesländer, Schenkenstraße 4, 1014 Wien

6.   Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst, Ballhausplatz 2, 1014 Wien

7.   Landtagsdirektion

 

 

NÖ Landesregierung

Dr. PRÖLL

Landeshauptmann