Präs. 1624-3/07

 

 

Stellungnahme des Obersten Gerichtshofs

zum Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das

Suchtmittelgesetz (SMG) das Strafgesetzbuch, die

Strafprozessordnung 1975, das Jugendgerichtsgesetz (JGG)

und das Gesundheits- und Ernährungsgesetz geändert werden

 

 

1.            Allgemeines:

Die vorgeschlagene SMG-Novelle enthält im Bereich der strafrechtlichen und strafverfahrensrechtlichen Bestimmungen nicht nur durch den Rahmenbeschluss des Rates vom 25. Oktober 2004, ABl L 335, gebotene Ergänzungen, sondern auch eine in weiten Teilen an den Erfordernissen der Praxis orientierte innovative Neugestaltung des Suchtmittel betreffenden Kriminalrechts. Soweit im Folgenden nicht ausdrücklich Korrekturen oder Ergänzungen des Entwurfs vorgeschlagen werden, bestehen daher keine Einwände gegen die vorgeschlagenen Änderungen in den Bereichen SMG, StGB, StPO und JGG.

 

2.            Zu den Begriffen strafbare Handlung – Straftat – strafbare Tat:

Zur klaren Unterscheidung zwischen der „Straftat“ als inkriminierter Lebenssachverhalt einerseits und „strafbarer Handlung“ als rechtlicher Kategorie andererseits – vgl dazu die nunmehrige Klarstellung im § 1 StPO idFd StPORefG; siehe auch Ratz, WK-StPO § 281 Rz 516 ff; 15 Os 5/05g – aber auch aus Gründen einer Missverständnisse vermeidenden, die unterschiedlichen Bedeutungsinhalte klarstellenden Bezeichnung wären folgende Veränderungen geboten:

Der Begriff „strafbare Handlung“ (als rechtliche Kategorie) müsste in nachstehenden Bestimmungen durch denjenigen der „Straftat“ ersetzt werden:

§ 18 Abs 2 - § 21 Abs 1 und Abs 2 - § 24a Abs 1 Z 1 lit a, Z 2, Z 3 und Z 4, Abs 2 Z 5 - § 25 Abs 7 Z 3 - § 28a Abs 4 Z 1 - § 35 Abs 2 Z 1 und Z 3 - § 38 Abs 1 Z 1 und Z 2 sowie Abs 2 - § 39 Abs 1 und Abs 4 Z 2.

Der in der vorgeschlagenen Novelle mehrfach verwendete Begriff der „strafbaren Tat“ sollte aus den oben aufgezeigten Gründen in folgenden Bestimmungen durch jenen der „Straftat“ substituiert werden:

§ 27 Abs 2 Z 2, Abs 3, Abs 4 Z 1 und 2 sowie Abs 5 - § 28 Abs 1 und Abs 2 - § 28a Abs 4 („Tat“) und Abs 5 - § 30 Abs 2 Z 2 - § 31 Abs 1, Abs 2 - § 31a Abs 3 - § 35 Abs 1, Abs 2 und Abs 4.

Demgemäß wäre es auch geboten, in den nach dem Entwurf insoweit unverändert bleibenden Bestimmungen des § 14 Abs 1 und Abs 2 SMG den Begriff „mit Strafe bedrohte Handlung“, im § 33 SMG den Ausdruck „gerichtlich strafbare Handlung“ und im § 43 Abs 5 SMG die Wortfolge „strafbaren Handlung“ jeweils durch die Bezeichnung „Straftat“ zu ersetzen.

 

3.            Zu § 27 Abs 2 Z 1 SMG-E Art I Z 40:

Im Hinblick auf den mit geringerer Strafe bedrohten (bloßen) Erwerb und Besitz von Suchtgiften nach § 27 Abs 1 SMG-E ergibt sich mit der neu geschaffenen Tatvariante des Beförderns von Drogen im § 27 Abs 2 Z 1 SMG-E ein (auch schon im Bereich des § 233 Abs 1 Z 1 StGB iVm § 236 StGB auftretendes; vgl Schroll in WK2 [2007] § 233 Rz 23) Abgrenzungsproblem:

Um die Fälle des Transports der zu eigenem Gebrauch beschafften, solcherart nur erworbenen und besessenen  Suchtmitteln vom Ort des Ankaufs nach Hause nicht bereits unter die wesentlich strengere Strafdrohung des § 27 Abs 2 Z 1 SMG-E fallen zu lassen (vgl in diesem Zusammenhang auch die den Bereich des persönlichen Konsums betreffende Einschränkung der Regelungsvorgaben im Art 2 Abs 2 EU-RB), sollte klargestellt werden, dass sich das Befördern auf die verschiedenen dafür in Frage kommenden Tathandlungen des Drogenhandels iwS beziehen muss, um tatbildlich iSd § 27 Abs 2 Z 1 SMG-E zu sein. Dies könnte dadurch geschehen, dass diese Tatmodalität aus § 27 Abs 2 Z 1 SMG-E herausgenommen und im Abs 2 des § 27 SMG eine eigene Ziffer eingefügt wird, zB:

„1a. Suchtgift mit dem Vorsatz befördert, eine Straftat nach Z 1 zu begehen,“

Dass ein vom Täter in Aussicht genommenes Erzeugen nicht unter Z 1a fällt, weil Tatobjekt der Beförderung nur bereits hergestelltes Suchtgift sein kann, sollte dann zumindest in den Erläuterungen erwähnt werden. Der Transport von Drogenausgangsstoffen unterliegt hingegen dem § 32 Abs 1 SMG-E.

 

4.            Zu § 27 Abs 2 Z 2 und Abs 3 SMG-E Art I Z 40:

Durch den neu vorgeschlagenen § 27 Abs 2 Z 2 SMG-E wird einerseits die Strafbarkeit auf einen noch im Planungsstadium befindlichen – daher noch nicht einmal einen Versuch nach § 27 Abs 2 Z 1 SMG-E begründenden – Drogenhandel iS des Überlassens oder Verschaffens nicht großer Mengen von Suchtgift erweitert. Darüber hinaus wird auch schon das Vorfeld der teilweise neu geschaffen Vorbereitungsdelikte zum Dealen – wie etwa ein bedingt vorsätzliches in Aussicht nehmen des Beförderns, der Ein- und Ausfuhr und des Anbietens von (auch nur geringe Mengen umfassenden) Drogen – kriminalisiert. Dazu kommt, dass der bloße Erwerb und Besitz von Suchtmitteln mit der doppelten Strafdrohung versehen werden soll, wenn diese Handlungsvarianten im Hinblick auf vom Täter lediglich geplante weitere drogenorientierte Straftaten begangen werden.

Angesichts dieser eine frühe Vorphase der gefährlichen Dealertätigkeit betreffenden Kriminalisierung, welche bereits eine Planung von Vorbereitungshandlungen zum eigentlichen Drogenhandel und damit ein sehr weit reichendes Vorfeld der Suchtgiftkriminalität erfasst, bedarf es keiner zusätzlichen Gewerbsmäßigkeitsqualifikation iSd vorgesehenen § 27 Abs 3 SMG-E. Dies auch nicht im Hinblick auf die im § 27 Abs 2 SMG-E vorgeschlagene Strafobergrenze von einem Jahr oder Geldstrafe bis 360 Tagessätzen, mit der sich die zurzeit für das Ein- und Ausführen, Überlassen und Verschaffen von (keine großen Mengen betreffenden) Drogen vorgesehene Höchststrafe verdoppelt. Die Regelung des § 27 Abs 2 Z 2 SMG-E bietet daher ausreichende Möglichkeiten, um auch dem Straßen(klein)handel wirksam entgegentreten zu können, zumal einer gewerbsmäßigen Begehungsweise jedenfalls straferschwerende Bedeutung zuzumessen sein wird.

Der Haftgrund der Tatbegehungsgefahr nach § 173 Abs 2 Z 3 lit b und c StPO idFd StPORefG kann im Übrigen nur bei einem wiederholten Drogenhandel oder mehrfach ausgeführten vorgelagerten Tätigkeiten iSd § 27 Abs 2 Z 1 SMG-E Platz greifen. Beim Ersttäter, dem keine wiederholte oder fortgesetzte Straftat angelastet werden könnte, käme dieser Haftgrund hingegen auch bei einem Verdacht gewerbsmäßiger Begehung der angelasteten Handlung mangels Mehrfachdelinquenz nicht zum Tragen.

Abgesehen davon würde mit § 27 Abs 3 SMG-E die angestrebte Vereinfachung der Handhabung des SMG konterkariert, die durch die Aufgabe der Qualifikationen nach § 70 StGB im Bereich der großen Mengen erzielt werden soll.

 

5.            Zu § 27 Abs 4 Z 2 SMG-E Art I Z 40:

In Anlehnung an die bisherige Fassung des § 27 Abs 2 SMG sollte auch in der Z 2 des Entwurfs klargestellt werden, dass eine Straftat nach Abs 1 des § 27 SMG-E durch die Begehung als Mitglied einer kriminellen Vereinigung qualifiziert wird.

 

 

6.            Zu § 27 Abs 5; § 28 Abs 3; § 28a Abs 3; § 31 Abs 3; 31a Abs 4 SMG-E Art I Z 40, 41, 42, 46 und 47:

 Die (schon in der geltenden Fassung der §§ 27 Abs 2 Z 2 und 28 Abs 3 zweiter Satz SMG weitgehend gleichlautende) Formulierung „... wenn nach den Umständen von einer Gewöhnung an Suchtmittel ausgegangen werden kann ...“ ist gesetzestechnisch problematisch, weil damit nicht die Feststellungsebene, sondern die Begründungsebene angesprochen wird. Diese Wortfolge sollte durch eine Passage wie etwa „... wenn eine Gewöhnung vorliegt ...“ ersetzt werden. Der Zweifelsgrundsatz streitet ohnehin für deren Vorliegen.

 

7.            Zu §§ 28 Abs 1, 28a Abs 1 SMG-E Art I Z 41 und 42:

 Die zum § 27 Abs 2 Z 1 SMG-E bereits dargelegten Bedenken (siehe Punkt 3. der Stellungnahme) in Bezug auf die Tatmodalität des Beförderns gelten auch für die in Aussicht genommenen §§ 28 Abs 1, 28a Abs 1 SMG. Insbesondere bei einem auch das Überschreiten der großen Menge betreffenden „Additionsvorsatz“ des bloßen Konsumenten würde ein wiederholtes Transportieren von kleinsten Mengen von Drogen zum Eigengebrauch einmal die Grenze des § 28b SMG-E erreichen und Strafbarkeit nach § 28a Abs 1 SMG-E begründen. Dies widerstreitet nicht nur den dargelegten Intentionen der Gesetzgebung, beim bloßen Drogengebrauch dem Grundsatz „Therapie statt Strafe“ noch stärkere Geltung zu verschaffen; auch der EU-Rahmenbeschluss fordert eine solche weite Ausdehnung der Strafbarkeit nicht (vgl neuerlich die Einschränkung der Regelungsvorgaben im Art 2 Abs 2 EU-RB).  

Im Fall der hier angedachten (vgl Punkt 3. der Stellungnahme) Herausnahme der Tatvariante des Beförderns aus § 27 Abs 2 Z 1 SMG-E und deren Kriminalisierung in einer eigenen Ziffer könnte dieses Problem beim vorgeschlagenen § 28 Abs 1 SMG dann gelöst werden, wenn in der genannten Bestimmung auf eine Straftat nach § 27 Abs 2 Z 1 und 1a verwiesen wird.

§ 28a Abs 1 SMG sollte demgegenüber dann zwecks Klarstellung folgendermaßen lauten:

„(1) Wer vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b) übersteigenden Menge

1. erzeugt, einführt, ausführt oder einem anderen anbietet, überlässt oder verschafft oder

2. mit dem Vorsatz befördert, eine Straftat nach Z 1 zu begehen, ist mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren zu bestrafen.“

Dass ein vom Täter in Aussicht genommenes Erzeugen nicht unter Z 2 fällt, weil Tatobjekt der Beförderung nur bereits hergestelltes Suchtgift sein kann, wurde bereits zu Punkt 3. der Stellungnahme dargetan.

 

8.            Zu § 28a Abs 2 und Abs 4 SMG-E Art I Z 42:

 Die als Ausgangspunkt der Qualifikation nach § 28a Abs 2 SMG-E bezeichnete „Tat“ ist nach den erläuternden Bemerkungen eine solche nach § 28a Abs 1 SMG-E. Dies sollte – wie in der bisherigen Fassung des § 28 Abs 3 SMG – schon im Gesetzestext entsprechend klargestellt werden.

Demgegenüber bezieht sich die im § 28a Abs 4 Z 1 SMG-E genannte Vorverurteilung explizit auf eine solche nach § 28a Abs 2 SMG-E. Darüber hinaus bleibt aber offen, ob sich die mehrfachen Qualifikationen des Abs 4 auf Straftaten nach § 28a Abs 1 SMG-E oder nach § 28a Abs 2 SMG-E beziehen (vgl auch die insoweit missverständlichen erläuternden Bemerkungen zu § 31a Abs 3 SMG-E – unten Punkt 11. der Stellungnahme).

Beim § 28a Abs 4 Z 3 SMG-E könnte dies dahin gestellt bleiben, weil hier eine neue Mengengrenze eingeführt wird (besser wäre es, diese Grenze in einem eigenen Absatz zu regeln, weil Bezugspunkt nur die im Abs 1 genannten Tathandlungen und Tatobjekte sind).

Hinsichtlich der strafschärfenden Bedingungen der Z 1 und 2 sollte aber eine gesetzliche Klarstellung erfolgen.

Bei der im § 28a Abs 5 SMG-E genannten „Tat“ fehlt wiederum im Gesetzestext ein entsprechender Anknüpfungspunkt. Um Missverständnisse zu vermeiden, wäre in den geplanten Abs 5 – insbesondere im Hinblick auf die vergleichbare, auf § 28 Abs 2 SMG abstellende Bestimmung des § 28 Abs 5 SMG nach geltender Fassung, die nach den erläuternden Bemerkungen inhaltlich unverändert bleiben sollte – der Hinweis auf eine Straftat nach § 28a Abs 1 SMG-E aufzunehmen.

 

9.            Zu § 30 Abs 2 Z 1 SMG-E Art I Z 45:

Die zum § 27 Abs 2 Z 1 SMG-E bereits dargelegten Bedenken (siehe Punkt 3. der Stellungnahme) in Bezug auf die Tatvariante des Beförderns gelten auch für den in Aussicht genommenen § 30 Abs 2 Z 1 SMG. Diese könnten dadurch ausgeräumt werden, dass die Handlungsmodalität des Beförderns aus § 30 Abs 2 Z 1 SMG-E herausgenommen und im Abs 2 des § 30 SMG eine eigene Ziffer eingefügt wird, zB:

„1a. mit dem Vorsatz befördert, eine Straftat nach Z 1 zu begehen,“

Dass ein vom Täter in Aussicht genommenes Erzeugen nicht unter Z 1a fällt, weil Tatobjekt der Beförderung nur bereits hergestellte psychotrope Stoffe sein können, wurde bereits zu Punkt 3. der Stellungnahme ausgeführt.

 

10.        Zu § 30 Abs 3 SMG-E Art I Z 45:

Im Gegensatz zu den vorgesehenen Privilegierung des § 27 Abs 5 SMG und des § 30 Abs 3 Z 1 SMG oder zur in Aussicht genommenen, neugestalteten Diversionsregelung des § 35 Abs 1 SMG ist die Straflosigkeit beim Anbieten, Überlassen oder Verschaffen von Arzneimittel, welche keine große Menge psychotroper Stoffe enthalten, ohne daraus Vorteile zu ziehen, nicht davon abhängig, dass der Täter dem Dritten die Arzneimittel ausschließlich für dessen persönlichen Gebrauch offeriert. Dies birgt einen Wertungswiderspruch zu den genannten Privilegierungen, die voraussetzen, dass „für den persönlichen Gebrauch“ gehandelt wird.

Nach dem Wort „anderen“ sollten daher im künftigen § 30 Abs 3 Z 2 SMG – vergleichbar mit der vorgeschlagenen Neufassung des § 35 Abs 1 SMG – noch die Worte „zu dessen persönlichen Gebrauch“ eingefügt werden.

 

11.        Zu §§ 31 Abs 1, 31a Abs 1 SMG-E Art I Z 46 und 47:

 Die zu den geplanten §§ 27 Abs 2 Z 1, 30 Abs 2 Z 1 SMG-E bereits dargelegten Bedenken (siehe Punkt 3. und 8. der Stellungnahme) in Bezug auf die Tatmodalität des Beförderns gelten auch für die in Aussicht genommenen §§ 31 Abs 1, 31a Abs 1 SMG. Insbesondere bei einem auch das Überschreiten der großen Menge betreffenden „Additionsvorsatz“ des bloßen Konsumenten würde ein wiederholtes Transportieren von kleinsten Mengen von psychotropen Stoffen zum Eigengebrauch einmal die Grenze des § 31b SMG-E erreichen und Strafbarkeit nach § 31a Abs 1 SMG-E begründen. 

Im Fall der hier (vgl Punkt 8. der Stellungnahme) vorgeschlagenen Herausnahme der Tatvariante des Beförderns aus § 30 Abs 1 Z 1 SMG-E und deren Kriminalisierung in einer eigenen Ziffer könnte dieses Problem beim in Aussicht genommenen § 31 Abs 1 SMG dann gelöst werden, wenn in der genannten Bestimmung auf eine Straftat nach § 30 Abs 2 Z 1 und 1a verwiesen wird.

§ 31a Abs 1 SMG sollte zwecks Klarstellung demgegenüber folgendermaßen lauten:

„(1) Wer vorschriftswidrig einen psychotropen Stoff in einer die Grenzmenge (§ 31b) übersteigenden Menge

1. erzeugt, einführt, ausführt oder einem anderen anbietet, überlässt oder verschafft oder

2. mit dem Vorsatz befördert, eine Straftat nach Z 1 zu begehen, ist mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen.“

Dass ein vom Täter in Aussicht genommenes Erzeugen nicht unter Z 2 fällt, weil Tatobjekt der Beförderung nur bereits hergestellte psychotrope Stoffe sein können, wurde bereits zu Punkt 3. der Stellungnahme ausgeführt.

 

12.        Zu § 31a Abs 3 SMG-E Art I Z 47:

Entgegen den erläuternden Bemerkungen zu dieser Bestimmung greift die Qualifikation schon dann, wenn der Täter mit einer das Fünfzehnfache der Grenzmenge übersteigende Menge von psychotropen Stoffen als Mitglied einer kriminellen Vereinigung handelt; eine im § 28a Abs 4 Z 1 SMG-E vorausgesetzte Vorverurteilung (hier) wegen § 31a Abs 2 SMG-E stellt nach dem in Aussicht genommenen Gesetzeswortlaut keine Bedingung für die vorgeschlagene Strafsatzänderung dar.

 

13.        Zu § 35 Abs 1 und Abs 2 SMG-E Art I Z 51:

Die diversionelle Erledigung von ausschließlich für den persönlichen Gebrauch oder für den persönlichen Gebrauch eines anderen begangenen Straftaten gemäß §§ 27 oder 30 SMG-E ist nach § 35 Abs 1 SMG-E nur an die im dortigen Abs 3 bis 7 genannten Voraussetzungen sowie an die Bestimmung einer Probezeit  gebunden; insbesondere spezialpräventive Erfordernisse werden – was grundsätzlich zu begrüßen ist – keine aufgestellt.

Wenn der Beschuldigte nach einem vorläufigen Verfolgungsverzicht gemäß § 35 Abs 1 SMG-E in der Probezeit neuerlich einschlägig (iS einer ausschließlich für den persönlichen Gebrauch oder für den persönlichen Gebrauch eines anderen begangenen Straftat gemäß §§ 27 oder 30 SMG-E) delinquiert, kommt es nach dem nunmehrigen Gesetzesvorschlag wieder zur (offenbar abermals vom OGH zu lösenden; vgl schon zur alten Rechtslage 14 Os 165/99, JBl 2000, 606 m zust Anm Burgstaller) Problematik einer Art Endlosschleife diversioneller Erledigungen ohne Wirkung. Weshalb der letzte Satz des § 35 Abs 2 SMG geltender Fassung künftig entfallen soll, ist daher nicht nachvollziehbar.

Im vorgeschlagenen § 35 Abs 2 SMG wird – entgegen den Ausführungen in den erläuternden Bemerkungen – weder bei den in den diversionellen Anwendungsbereich fallenden Straftaten nach §§ 27 bis 31a SMG-E noch bei der gleichfalls diversionsfähigen Beschaffungskriminalität auf eine eigene Gewöhnung des Beschuldigten an Suchtmittel abgestellt. Auch im geltenden § 35 Abs 2 SMG wird weder in Bezug auf die dort genannten Straftaten nach dem SMG noch in Anbetracht der Begleitkriminalität ein eigene Suchtergebenheit des Beschuldigten vorausgesetzt; bei letzterer wird bloß ein Konnex zur Suchtgiftbeschaffung verlangt. Auch aus den Absätzen 3 bis 6 sowohl des in Aussicht genommenen § 35 SMG als auch nach der bestehenden Rechtslage ergibt sich kein Erfordernis einer eigenen Gewöhnung an Suchtmittel. Dies schon deshalb, weil auch dem Beschuldigten, der erstmals nach dem SMG delinquiert oder bloß gelegentlich Suchtmittel konsumiert (und der damit noch nicht süchtig sein muss), eine diversionelle Erledigung offen stehen sollte. Diese irreführende Passage der erläuternden Bemerkungen sollte daher in der Regierungsvorlage entfallen.

Die in Aussicht genommene Ausgestaltung des § 35 Abs 2 SMG als von der Anklagebehörde obligatorisch anzuwendende Diversionsbestimmung führt überdies zu einer positiv zu bewertenden leichteren Anfechtbarkeit einer fehlenden Umsetzung des § 37 SMG durch die Gerichte (vgl demgegenüber das eingeschränkte Prüfungsspektrum nach § 281 Abs 1 Z 10a StPO bzw § 345 Abs 1 Z 12a StPO in Bezug auf die derzeitige Ausgestaltung des § 35 Abs 2 SMG als „pflichtgemäßes Ermessen“ der Staatsanwaltschaft; siehe dazu 14 Os 109/06w).

 

14.        Zu §§ 37 und 38 Abs 1 Z 2 SMG-E Art I Z 54 und 55:

Im Zuge der Angleichung der Diversionsbestimmungen nach dem SMG an jene des 11. Hauptstücks der StPO idFd StPORefG sollte auch der (auch im geltenden § 37 SMG zu findende) zweite Satz des § 37 SMG-E ersatzlos gestrichen werden. Zum einen kennt eine diversionelle Entscheidung schon auf Grund des in diesem Bereich essentiellen Freiwilligkeitsprinzips keine „Weisungen“; vielmehr spricht schon § 35 Abs 6 zweiter Satz SMG-E wie auch § 203 Abs 2 StPO idFd StPORefG von den vom Beschuldigten freiwillig übernommenen Pflichten, die als Weisung (§ 51 StGB) erteilt werden könnten. Zum anderen verweist schon der erste Satz des § 37 SMG auf die sinngemäße Anwendung des gesamten § 35 SMG, sodass die Wiederholung der (Staatsanwaltschaft wie Gericht gleichermaßen offen stehenden) Diversionsvariante einer vorausgesetzten freiwilligen Pflichtenübernahme durch den Beschuldigten überflüssig ist und nur die Frage aufwirft, was bei gerichtlicher Verfahrenseinstellung in Bezug auf die sonst vorgesehenen, vom Beschuldigten zu akzeptierenden Begleitmaßnahmen (gesundheitsbezogene Maßnahmen, Bewährungshilfe) zu gelten habe.

Damit im Zusammenhang stehend könnten im § 38 Abs 1 Z 2 SMG-E der Ausdruck „oder eine Weisung (§ 37)“ entfallen, zumal im § 35 Abs 6 zweiter Satz SMG-E nunmehr die Erfüllung freiwillig übernommener Pflichten ausdrücklich vorgesehen ist.

 

15.        Zu § 39 Abs 1 SMG-E Art I Z 56:

Mit der Erweiterung des zeitlichen Anwendungsbereichs im vorgeschlagenen § 39 SMG wird ein gravierendes Problem der Praxis beseitigt, das sich im Fall der Untersuchungshaft bei einer erst in der Hauptverhandlung auftuenden Möglichkeit eines solchen speziellen Strafaufschubs ergab. Die nunmehrige Gestaltung dieser Bestimmung ist daher insoweit besonders zu begrüßen.

Auch ein Abstellen auf die tatsächlich verhängte Strafe wegen einer der Beschaffungskriminalität zuzuordnenden Straftat ohne Rücksicht auf die für dieses Delikt angedrohte abstrakte Strafdrohung erscheint durchaus sachgerecht, weil zB die Gefährlichkeit des Täters (§ 6 Abs 1 StVG iVm § 39 Abs 1 Z 1 SMG-E) zwar durch das konkrete Strafmaß, nicht aber durch den auf die Tat anzuwendenden Strafrahmen definierbar ist.

Der vorgeschlagene zwingende Strafaufschub bei einer Straftat nach dem SMG und einer deswegen verhängten Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren bis zu einer solchen von drei Jahren und bei Straftaten aus dem Bereich der Begleitkriminalität mit einer verhängten Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren geht allerdings zu weit. In diesem Umfang sollte die bisherige, durchaus bewährte Möglichkeit beibehalten werden, dass bei diesen Fallkonstellationen ein Strafaufschub nach § 39 SMG gewährt werden kann. Bei derart hohen, unbedingt ausgesprochenen Freiheitsstrafen wäre ein quasi automatischer Aufschub für süchtige Personen schon im Hinblick auf eine bei anderen Straftätern nicht mehr mögliche entsprechende Reaktion problematisch. Um einer Einzelfallbetrachtung  dennoch gerecht zu werden, reicht ein „Kann“ iS eines „pflichtgemäßen Ermessens“ bzw eines „bedingten Müssens“.

Allerdings bleibt das Problem, inwieweit dieser Aufschub des Strafvollzugs offen steht, wenn zu einer der im § 39 Abs 1 SMG-E genannten Straftat nach dem SMG oder aus dem Bereich der Beschaffungskriminalität eine weitere, diesen Kriterien nicht entsprechende Straftat hinzutritt, die bei der Bestimmung des Strafrahmens nach § 28 Abs 1 StGB eine Rolle spielt.

Nach geltender Rechtslage kann von einer im Sinn des § 39 Abs 1 SMG verhängten Geldstrafe oder zwei Jahre nicht übersteigenden Freiheitsstrafe nach Wortbedeutung und Systematik des (bestehenden) Gesetzes nur dann gesprochen werden, wenn die maßgebliche Strafdrohung aus dem SMG stammt oder - bei gleichen aufeinander treffenden Strafdrohungen, wobei unerheblich ist, auf welche der gleichen Strafdrohungen das Gericht im Urteil abstellte stammen könnte. Hat ein Strafrahmen die höhere Obergrenze, ein anderer die höhere Untergrenze, ist für die Anwendbarkeit des § 39 Abs 1 erster Satz SMG erforderlich, dass die Obergrenze aus dem Suchtmittelgesetz stammt oder stammen könnte (vgl dazu 14 Os 102/06s).

Diese Einschränkung der Anwendbarkeit des § 39 SMG wird auch nach der Formulierung des Entwurfs bestehen bleiben, wobei es wünschenswert wäre, wenn entweder diese Judikatur im Gesetz auch ihren Niederschlag fände oder aber eine andere legistische Lösung des Problems präsentiert würde.

 

16.        Zu § 41 SMG-E Art I Z 59:

In der Praxis ergeben sich erhebliche Schwierigkeiten bei der Entscheidung über die Kostentragung in jenen Fällen, in denen Behandlungen bei Einrichtungen stattfinden, die noch keinen Vertrag mit dem Bundesministerium für Justiz über eine pauschale Entlohnung für erbrachte Leistungen iSd § 41 Abs 2 SMG verfügen. Dies insbesondere deswegen, weil im B-KUVG in der Regel für Entwöhnungsbehandlungen keine adäquaten Entlohnungsansätze vorgesehen sind (vgl 13 Os 87/05a). Allein der Aufwand, der notwendig ist, um die Kosten iSd § 41 SMG zu bestimmen, steht mit der sonstigen strafrichterlichen Tätigkeit in keiner vernünftigen Relation und gehört daher dringend überdacht. Die in den erläuternden Bemerkungen dazu vorgenommene Problemdarstellung kann nur unterstrichen werden.

Durch die nunmehr vorgesehene Beschränkung der Kostentragung wird eine entsprechende Behandlung des süchtigen Delinquenten nicht gerade erleichtert werden; ob damit dem Grundsatz „Therapie statt Strafe“ Genüge getan wird, darf angezweifelt werden. Der im Entwurf erwogene gemeinsame Fonds der einzelnen Finanzierungsträger (Bund, Länder und Sozialversicherungsträger) zur Kostentragung bei Behandlungsweisungen würde eine tragfähige Lösung ermöglichen, die einerseits den Finanzinteressen der Beteiligten ausreichend Rechnung trägt und anderseits eine für die künftige soziale Integration eines suchtergebenen Rechtsbrechers unabdingbare spezifische Behandlung sicherstellt.

 

17.        Zu § 278 StGB Art II:

So wie nach geltendem Recht bisher fehlt auch im Entwurf eine Verknüpfung von § 27 Abs 4 Z 2 SMG-E mit § 278 Abs 2 StGB. D.h.: Es gibt zwar eine Qualifikation der Tat nach der oben genannten Bestimmung durch die Begehung als Mitglied einer kriminellen Vereinigung. Eine kriminelle Vereinigung mit dem Ziel, mehrere derartige Vergehen zu verüben, gibt es aber nicht, zumal der Grundtatbestand § 27 Abs 4 Z 2 SMG-E kein Verbrechen darstellt und dieser Tatbestand in der enumerative Liste der sonst unter § 278 StGB fallenden Delikte nicht aufscheint.

 

18.        Zu §§ 285e, 288 Abs 2 Z 2a, 470 Z 3 und 475 Abs 3 StPO Art III:

 Die gebotene Vorgangsweise beim Erfolg einer auf § 37 SMG gestützten Diversionsrüge nach § 281 Abs 1 Z 10a StPO müsste in § 285e, § 288 Abs 2 Z 2a, § 470 Z 3 und § 475 Abs 3 StPO entsprechend ergänzt werden, indem jeweils nach dem (im Sinne von Art I Z 91, Z 95 lit c, Z 200 lit c und Z 205 lit c des Strafprozessreformbegleitgesetzes I künftig lautenden) Ausdruck „11. Hauptstück“ die Wortfolge „oder § 37 SMG“ einzufügen wäre.

 

19.        Zu § 33 Abs 2 JGG Art IV:

In der Textgegenüberstellung findet sich ein Hinweis auf eine offenbar erwogene Änderung des § 33 Abs 2 JGG, welche aber im vorgeschlagenen Entwurf einer Anpassung des JGG keinen Niederschlag gefunden hat. Die in der Gegenüberstellung angesprochene und die Staatsanwaltschaft treffende Benachrichtigungspflicht des Pflegschaftsgerichtes im Fall eines vorläufigen Verfolgungsverzichts nach § 35 SMG-E sollte in den Katalog des § 33 Abs 2 JGG aufgenommen werden.

 

20.        Zu § 46 Abs 1 JGG Art IV Z 2:

Im Sinne der erläuternden Bemerkungen zur Anpassung des § 35 SMG auf die allgemeinen Diversionsbestimmungen im 11. Hauptstück der StPO idFd StPORefG sollte in der in Aussicht genommenen Neufassung des § 46 Abs 1 JGG anstelle vom Verdächtigen nunmehr vom Beschuldigten gesprochen werden.

 

21.        Zu §§ 55 f FremdenpolizeiG, § 16 Abs 2 Z 4 SPG und § 7 FührerscheinG:

Die in den Bestimmungen der §§ 55 f FremdenpolizeiG, § 16 Abs 2 Z 4 SPG und § 7 FührerscheinG enthaltenen Verweise auf Bestimmungen des SMG wären entsprechend zu adaptieren.

Wien, am 15. Oktober 2007

Hon.-Prof. Dr. Griss