REPUBLIK ÖSTERREICH

Oberstaatsanwaltschaft  Graz  

Graz, am 16.10.2007

Marburger Kai 49

8011 Graz                                        

 

Telefon: 0316/8064-0*

FAX: 0316/8064-2600

E Mail: ostagraz.leitung@justiz.gv.at                                                        Sachbearbeiter:

EOStA Dr. Gasser                                             Nebenstelle:  Nbst  (DW)

 

 

Jv 2444-1a/07

 

An das

Bundesministerium für Justiz

 

W i e n

 

 

zu BMJ-L703.040/0007-II 2/2007

 

Betrifft:   Entwurf eines Bundesgesetzes,

               mit dem das Suchtmittelgesetz (SMG),

               das Strafgesetzbuch, die Strafprozessordnung 1975,

               das Jugendgerichtsgesetz (JGG) und das Gesundheits-

               und Ernährungssicherheitsgesetz geändert werden

               (SMG Novelle 2007) - Begutachtungsverfahren

 

 

Die Oberstaatsanwaltschaft Graz bringt die Stellungnahmen der Staatsanwaltschaften Graz vom 2.10.2007, Klagenfurt vom 1.10.2007 und Leoben vom 27.9.2007 in Vorlage und erstattet ihrerseits folgende Stellungnahme:

 

Die Reduktion des Strafrahmens für den gewerbsmäßigen Handel mit geringen Suchtgiftmengen von drei auf zwei Jahre (§ 27 Abs 3 ME) führt zu einer kriminalpolitisch nicht zu befürwortenden Besserstellung von Streetrunnern gegenüber der geltenden Rechtslage und kann daher nicht befürwortet werden.

 

Der Entfall der Qualifikation des gewerbsmäßigen Handels mit großen Suchtgiftmengen nach § 28 Abs 3 erster Fall SMG und die dadurch bewirkte Reduktion des Strafrahmens von 10 auf 5 Jahre Freiheitsstrafe bei Entfall einer Untergrenze erscheint kriminalpolitisch gerade noch vertretbar; hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang jedoch auf den zu erwartenden Anstieg aufwändiger Rechtsmittelverfahren bei den Oberlandesgerichten, weil dort auch die Schuldfrage bekämpft werden kann und Neuerungen zulässig sind. Bei gesamtheitlicher Betrachtung ist daher gerade in diesem Kriminalitätssegment durch die Verschiebung der Zuständigkeit vom Schöffengericht zum Einzelrichter keine nennenswerte Entlastung der Justiz zu erwarten.

 

Die Ausweitung des obligatorischen vorläufigen Rücktritts von der Verfolgung nach § 35 Abs 1 ME auf Fälle der Weitergabe von Suchtgiften für den persönlichen Gebrauch eines anderen unter bloßer Bestimmung einer Probezeit von 1 bis zu 2 Jahren hätte zur Folge, dass die nicht von Gewinnsucht getragene Überlassung von Suchtgiften an eine/n Minderjährige/n von den Staatsanwaltschaften nicht mehr verfolgt werden könnte; es wird daher vorgeschlagen, die Wortfolge „oder für den persönlichen Gebrauch eines anderen“ zu eliminieren.

 

Zu § 39 SMG:

Hier gilt es lediglich aufzuzeigen, dass durch die Änderung des § 39 SMG und den Entfall der Qualifikation des gewerbsmäßigen Suchtgifthandels nach § 28 Abs 3  erster Fall SMG ein beträchtlicher Anstieg jener Fälle zu erwarten ist, in welchen der Aufschub der verhängten Strafen zum Zwecke der Behandlung der Verurteilten obligatorisch ist; dass damit beträchtliche budgetäre Mehrbelastungen einhergehen die im Falle des Erfolges solcher Maßnahmen gesellschaftspolitisch gerechtfertigt erscheinen, bedarf keiner weiteren Erwähnung. Dem zu erwartenden Einwand der ungerechtfertigten Bevorzugung Beschaffungskrimineller gegenüber sonstigen Rechtsbrechern wird durch eine entsprechende Aufklärungskampagne zu begegnen sein.

 

Ansonsten bestehen gegen die weiteren geplanten Änderungen des SMG - soweit derzeit überblickbar - keine Bedenken.

 

Der Leiter der Oberstaatsanwaltschaft:

S i g l

 

 

elektronisch gefertigt                                                                                        


 


           

 

Staatsanwaltschaft Klagenfurt

Jv 1035-1b/07                                             Klagenfurt, am 1.10.2007

 

An das                                                         SB: StA Mag. Kaplaner

Bundesministerium für Justiz

Museumstraße 7

1070 Wien 

                

- im Wege der Oberstaatsanwaltschaft Graz - 

 

Betrifft:   Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das

                 Suchtmittelgesetz (SMG), das Strafgesetzbuch, die

                 Strafprozessordnung 1975, das Jugendgerichtsgesetz

                 (JGG) und das Gesundheits- und

                 Ernährungssicherheitsgesetz geändert werden

                 (SMG-Novelle 2007);

                 Begutachtung

 

Bezug:   Erlass des Bundesministeriums für Justiz vom 11.9.2007

                 (BMJ-L703.040/0007-II 2/2007)

 

                 Zu dem mit dem oben bezeichneten Erlass übersendeten Entwurf einer Novelle des Suchtmittelgesetzes wird folgende

 

S t e l l u n g n a h m e

 

erstattet:

 

Die Stellungnahme bezieht sich ausschließlich auf jene beabsichtigten Neuerungen, zu denen ein kritische Haltung eingenommen wird. Zahlreiche neue Bestimmungen führen zu einer erheblichen Aufweichung der Effektivität, insbesondere aber der spezial- und generalpräventiven Wirkungen des Suchtmittelgesetzes. Diese Neuerungen erscheinen daher nicht geeignet, der nach wie vor steigenden Suchmitteldelinquenz, vor allem auch im Bereich des Missbrauchs von Drogenersatzstoffen entsprechend entgegenzuwirken.

Zum Einen erscheint die Herabsetzung der Strafdrohung bei gewerbsmäßigen Handel mit Suchtgiften in einer die Grenzmenge nicht übersteigenden Menge von drei auf zwei Jahren ebenso wie der Wegfall der gewerbsmäßigen Tatbegehung beim Handel mit Suchtgiften in großen Mengen nicht nachvollziehbar. Dieser Verzicht auf die Qualifikation der Gewerbsmäßigkeit führt nicht nur zu einer erheblichen Reduzierung der schöffengerichtlichen Verfahren und einer damit verbundenen geringeren (medialen) abschreckenden Außenwirkung, sondern auch dazu, dass selbst bei gewerbsmäßigen Handel mit Suchtgift in großen Mengen eine Prüfung gemäß § 35 SMG stattzufinden haben wird.

Die Beschränkung der Strafbarkeit bei Vorbereitungshandlungen zum Suchtgifthandel auf Suchtgiftmengen, die das 15-fache der Grenzmenge überschreiten, führt ebenfalls zu einer im Vergleich zum allgemeinen Strafrecht nicht nachvollziehbaren Entpönalisierung. Ein Aufgriff von z.B. 6.000 Gramm Cannabis (Annahme einer durchschnittlichen Reinsubstanz von 5 %), bei dem die Beweislage eine sichere Feststellung eines Handels im Sinne des § 28a SMG künftige Fassung nicht zulässt, würde daher nunmehr lediglich mit einer Strafdrohung von bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe oder einer Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu unterstellen sein.

Auch die Ausweitung der obligatorischen Prüfung des vorläufigen Verfolgungsrücktrittes (selbst) auf Verbrechenstatbestände im Sinne der §§ 28 Abs 1 oder 28a Abs 1 SMG des Entwurfes erscheint im Vergleich zum allgemeinen Strafrecht nicht gerechtfertigt. Bisher durch Schöffengerichte abgeurteilte Suchtmittelverbrechen müssten daher künftig einer obligatorischen Prüfung im Sinne des § 35 SMG unterzogen werden.  Diese Neuregelung dürfte insbesondere im Bereich der Suchtgifterzeugung zu einem weiteren Ansteigen von Cannabisindoorplantagen führen. 

Auch die Ausweitung des obligatorischen Strafaufschubes gemäß § 39 Abs 1 SMG auf Freiheitsstrafen bis zu 3 Jahren und der gleichzeitige Wegfall der Strafhöchstgrenze bei der so genannten Beschaffungskriminalität führen dazu, dass die Strafbestimmungen des Suchtmittelgesetzes insbesondere bei Ersttätern keine abschreckende Wirkung mehr entfalten werden. Der beabsichtigte Wegfall der Strafhöchstgrenze im Bereich der Beschaffungskriminalität wird - insbesondere im Jugendstrafrecht - zur Folge haben, dass selbst bei Kapitalverbrechen, wie zum Beispiel Raubüberfällen, ein Strafaufschub zu gewähren sein wird. Auch die Gefahr der vermehrten missbräuchlichen Berufung des Angeklagten auf das Vorliegen von Beschaffungskriminalität ist evident.

Wünschenswert wäre hingegen eine Vereinfachung der komplizierten und in der Praxis unbefriedigenden Kostentragungsregelung im Sinne des § 41 SMG.

 

Der Leiter der Staatsanwaltschaft:

Dr. Kranz eh.

 

 

elektronisch abgefertigt


 

 


Leoben, am 27.9.2007 

 

Dr. Hanns Groß Straße 7

A-8700 Leoben

 

Briefanschrift:

8700 Leoben

Dr. Hanns Groß Straße 7

 

Telefon:

0 38 42/404-2010 (Fr. Janisch)

     -2011 (Fr. Fussi)

     -2015 (Fr. Cemernek)

 

Telefax: 0 38 42/404-2099

 

Sachbearbeiter: LStA HR Dr. Hödl

 

Nebenstelle: 2001

 

 

   REPUBLIK ÖSTERREICH

 Staatsanwaltschaft Leoben

 

Jv 872-1/07

 

An die

 

OBERSTAATSANWALTSCHAFT

 

 

G r a z

 

 

 

 

Betrifft:

Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das

Suchtmittelgesetz (SMG), das Strafgesetzbuch,

die Strafprozessordnung 1975, das Jugend-

gerichtsgesetz (JGG) und das Gesundheits-

und Ernährungssicherheitsgesetz geändert werden

(SMG-Novelle 2007)

 

 

Das BUNDESMINISTERIUM für Justiz übermittelte den Entwurf der SMG-Novelle 2007 mit dem Ersuchen, hierzu Stellung zu nehmen und die Stellungnahme dem Leiter der OBERSTAATSANWALTSCHAFT bis zum 5.10.2007 zu übersenden.

 

1. Die Stellungnahme erfolgt punktuell zu § 27 Abs. 1 SMG:

Der Erwerb oder Besitz von Suchtgift wird überwiegend mit dem Befördern des Suchtgiftes einhergehen. Unter Befördern ist nämlich insbesondere der Transport des Suchtgiftes vom Beschaffungsort nach Hause gemeint (Erläuterungen zu § 27 Abs. 2 Z 1). Jeder Suchtgift-Käufer, der sich das Suchtgift nicht nach Hause zustellen lässt, befördert das Suchtgift vom Beschaffungsort. Der Konsum des Suchtgiftes erfolgt häufig mit anderen Personen in Lokalen, Parks, bei Veranstaltungen usw., sodass jeder, der Suchtgift zum alleinigen oder gemeinsamen Konsum außer Haus bringt, das Suchtgift auch befördert. Die Strafbestimmung des § 27 Abs. 1 SMG wird die Ausnahme sein. In der überwiegenden Zahl wird durch das Befördern von Suchtgift der Tatbestand nach § 27 Abs. 2 Z 1 SMG verwirklicht sein.

Es erschiene sinnvoller, die geltende Bestimmung des § 27 Abs. 1 SMG durch die Begehungsformen des Beförderns und Anbietens zu erweitern. Der bloße Erwerb oder Besitz von Suchtgift könnte bei der Strafbemessung berücksichtigt werden. Eine diversionelle Maßnahme nach § 35 SMG ist weiterhin möglich.

 

2. Bei der Textgegenüberstellung weicht die vorgeschlagene Fassung des § 27 Abs. 3 SMG vom Wortlaut des Gesetzestextes („... wer eine nach Abs. 2 Z 1 strafbare Tat gewerbsmäßig begeht.“) ab.

 

3. Es fehlen der Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens der SMG-Novelle und Übergangsbestimmungen:

3.1.:

Da der Entwurf auf § 31 Abs. 3 Strafprozessreformgesetz Bezug nimmt und dieses Gesetz am 1.1.2008 in Kraft tritt, ist davon auszugehen dass auch die SMG-Novelle 2007 am 1.1.2008 in Kraft treten soll. Diesbezüglich findet sich keine Bestimmung im Gesetzesentwurf.

3.2.:

Es fehlt eine Übergangsregelung in Bezug auf anhängige Strafverfahren, in denen bis zum In-Kraft-Treten der SMG-Novelle noch kein Urteil in erster Instanz gefällt wurde. Ist auf diese Strafverfahren - in denen bereits Anklage erhoben wurde - das geltende Suchtmittelgesetz anzuwenden oder nach dem In-Kraft-Treten der SMG-Novelle 2007 ein Günstigkeitsvergleich gemäß §§ 1, 61 StGB vorzunehmen?

 

Der Leiter der Staatsanwaltschaft:

Dr. HÖDL

                                                    elektronisch gefertigt


 


REPUBLIK ÖSTERREICH

Staatsanwaltschaft

Graz

Graz, am 2.10.2007

C.v.Hötzendorf Straße 41

8010 Graz

Telefon: 0316/8047-0

Telefax: 0316/8047-5555

e-mail:

stagraz.leitung@justiz.gv.at

SB: StA Mag. Schwarz

       StA Mag. Pachernigg

       StA Mag. Lenz

 

 

 

 

 

 

 

 

 

          Jv 1502-1/07

 

 

 

 

 

 

 

 

Betrifft:     Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das

                    Suchtmittelgesetz (SMG), das Strafgesetzbuch,

                   die Strafprozessordnung 1975, das Jugendgerichtsgesetz

                   (JGG) und das Gesundheits- und Ernährungs-

                   sicherheitsgesetz geändert werden (SMG-Novelle 2007);             Versendung zur Begutachtung

 

An die

Oberstaatsanwaltschaft

G r a z

 

          Mit Beziehung auf den Erlass des Bundesministeriums für Justiz vom 11.9.2007 beehrt sich die Staatsanwaltschaft Graz mit der Vorlage der Stellungnahme der Staatsanwaltschaft Graz zum Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem (unter anderem) das Suchtmittelgesetz geändert wird.

Stellungnahme der Staatsanwaltschaft Graz zum Begutachtungsentwurf zur SMG-Novelle 2007

 

Zu Art I (Änderung des Suchtmittelgesetzes):

Zu §§ 8a (Meldungen und Mitteilungen zur Substitutionsbehandlung), 24 (Suchtmittel-Datenevidenz), 24a, 24b, 24c, 24d, 25 und 26:

          Die Einführung eines vom Bundesministerium für Gesundheit, Familie und Jugend bundesweit zu führenden Suchtmittel- und Substitutionsregister sowie die Erfassung von suchtmittelkausalen Todesfällen ist zu begrüßen.

          Aufgrund der nunmehr im Entwurf geforderten detaillierten Auskunftspflicht (vgl § 24a Abs 1 Z 3 und Abs 2) erscheint die Erstellung eines Formblattes für die Auskunftserteilung in der im Entwurf geforderten Form zum Zwecke der Vereinfachung der Meldung zweckmäßig (dies ist durch die Formulierung „in der vom Bundesministerium für Gesundheit, Familie und Jugend vorgegebenen Form“ offenbar schon vorgesehen, ein diesbezüglicher Entwurf eines Formblattes liegt jedoch (noch) nicht vor).

          Zur Auskunftserteilung an Behörden (§ 26) ist noch anzumerken, dass nach dem Entwurf eine Auskunft aus dem Substitutionsregister nur an die Bezirksverwaltungsbehörden, Ärzte und Apotheker zu erteilen ist. Eine entsprechende Abfrage, auch im vorgesehenen Online-Weg, für Staatsanwaltschaften (und/oder Gerichte) ist nicht vorgesehen. Dies ist insofern nicht verständlich, als gerade bei der Beurteilung der Persönlichkeit des Täters im Hinblick auf die ausgeweitete Anwendung der §§ 35 und 39 durch die Staatsanwaltschaften und Gerichte im Sinne der Absolvierung einer Drogentherapie diese Auskunft sinnvoll erscheint. Die Einholung eines Auszugs aus dem Substitutionsregister ist demnach nur über den Umweg einer Anfrage bei den Bezirksverwaltungsbehörden möglich, was - insbesondere im Vergleich zu direkten Online-Abfragen (die sich auch bei Strafregisterauskünften und ZMR-Abfragen im täglichen Gebrauch bewährt haben) - zu vermeidbaren Verfahrensverzögerungen führt.

 

zu § 27:

          Die gesetzesmäßige Verankerung der ständigen Rechtsprechung des OGH, wonach der bloße Anbau von Cannabiskraut bereits vor Erreichen der Erntereife der Pflanzen bei entsprechendem Vorsatz eine gerichtlich strafbare Handlung begründet, stellt eine Erleichterung für die Praxis dar. Ebenso verhält es sich mit der Aufnahme von halluzinogenen Pilzen in den Katalog der strafbaren Handlungen des § 27 Abs 2 Z 4. Zu begrüßen ist weiters die vorgeschlagene Anhebung der Altersdifferenz bei der Weitergabe von Suchtmitteln an Minderjährige von zwei auf drei Jahren, zumal die Einschränkung der Kriminalisierung (nahezu) Gleichaltriger, die sich gegenseitig Suchtmittel zur Verfügung stellen, als sachgerecht zu betrachten ist.

 

zu § 28a:

          Im Gegensatz zur Regelung des § 28 Abs 2 bis 5 aF ist beim neu geschaffenen § 28a eine gewerbsmäßige Begehung der Tathandlungen, die dem § 27 Abs 2 Z 1 entsprechen, nicht vorgesehen. Dies wird mit der Einführung einer sog. Zwischenstufe im Hinblick auf die Grenzmenge nach (nunmehr) § 28b im Sinne des 15-fachen der Grenzmenge, die im Entwurf als „große Menge“ bezeichnet wird, begründet.

          Die damit einhergehende Einengung des "Spielraumes" bei der Strafbemessung, der es beim geltenden Strafrahmen der Praxis ermöglichte, auf die bestehenden großen Unterschiede zwischen den Einzelfällen in der großen Bandbreite der "Drogendealer" adäquat zu reagieren, ist weder notwendig noch zweckmäßig sondern erschwert die unerlässlichen Abstufungen.

          Vor allem aber ist zu beachten, dass das geltende Recht bei gewerbsmäßiger Begehung nach § 28 Abs 2 und 3 aF eine Strafdrohung von einem bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe vorsieht. Nunmehr ist bei Überschreiten lediglich der Grenzmenge, also bei Unterschreiten der neuen „großen Menge“, nur mehr ein Strafrahmen von bis zu fünf Jahren vorgesehen, was einer nicht nachvollziehbaren Besserstellung jener Täter entspricht, die eben diese neue „große Menge“ nicht erreichen, wobei es für die Subsumtion ohne Belang ist, ob er aus der Begehung der im § 28a Abs 1 normierten strafbaren Handlungen einen Gewinn erzielt oder nicht.

          Diese im Vergleich zum geltenden Recht halbierten Strafdrohungen sind mit der ständig steigenden Zahl an Delikten nach dem Suchtmittelgesetz nicht in Einklang zu bringen und aus Sicht der Praxis nicht nachvollziehbar. Sowohl im Sinne der Spezial- als auch der Generalprävention wäre die Herabsetzung des Strafrahmens aus der Sicht der Praxis kontraproduktiv, zumal die Signalwirkung verheerend wäre und bei der Öffentlichkeit auf Unverständnis stoßen würde (Schlagworte: "Herabsetzung des Strafrahmens bei Drogendealern auf die Hälfte").

          Als plastisches Beispiel sei der selbst nicht süchtige Kokain-Dealer genannt, dem der gewinnbringende Verkauf einer dem 14-fachen der Grenzmenge ensprechende Suchtgiftmenge nachgewiesen werden kann, und der an Stelle des bisher anzuwendenden Strafrahmens von einem bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe lediglich noch maximal fünf Jahre Haft zu befürchten hat, was sich selbstverständlich auch auf die konkrete Ausmessung der Strafe im Einzelfall auszuwirken hätte. Damit würde sich im übrigen die Strafdrohung mit jener decken, die beispielsweise bei der sukzessiven unentgeltlichen Überlassung von 67 Stück Substiol-Kapseln à 200 mg an den unter Entzugserscheinungen leidenden Freund zur Anwendung käme.

          Zusammenfassend besteht aus der Sicht der Staatsanwaltschaft Graz keinerlei Veranlassung, durch den vorgeschlagenen Entfall der Gewerbsmäßigkeit iSd § 28 Abs 3 aF und die damit einhergehende Halbierung des Strafrahmens bei einem großen Teil der Straßendealer bei ständig steigender Drogenkriminalität general- und spezialpräventiv falsche Signale zu setzen.

          Zur vorgeschlagenen Neufassung des § 28 Abs 1 SMG, der sämtliche Fälle des Besitzes mit qualifiziertem Vorsatz bzw des Anbaues unterhalb des Fünfzehnfachen der Grenzmenge in bezirksgerichtliche Zuständigkeit verweist, darf bezweifelt werden, dass dies den Intentionen des Suchtmittelrechtes entspricht. Auch sei angemerkt, dass aus der Sicht der Praxis davon auszugehen ist, dass diese Bestimmung kaum je zur Anwendung kommen wird, weil bei diesen Tatbegehungsvarianten eine Überschreitung der Grenzmenge um das Fünfzehnfache äußerst selten ist.

         

zu § 30:

          Die Anpassung der gerichtlichen Strafbestimmungen für psychotrope Stoffe an die §§ 27, 28a und 28 entspricht dem ständig steigenden Handel mit den entsprechenden Medikamenten und ist daher zu begrüßen. Hinsichtlich der fehlenden Qualifikation bei gewerbsmäßiger Begehung wird auf obige Ausführungen verwiesen.

 

zu § 35:

          Eine bedeutende Änderung ist in der Umwandlung der Kann-Bestimmung des geltenden § 35 Abs 2 in eine Muss-Bestimmung und in der Ausweitung des Anwendungsbereiches des diversionellen Vorgehens im Sinne von Anzeigenzurücklegung unter Setzung einer Probezeit und Erteilung von Auflagen (Weisungen) auf sämtliche in den §§ 27 bis 31a bezeichneten Tathandlungen, soferne nicht die Zuständigkeit des Schöffen- oder des Geschworenengerichtes vorliegt, zu sehen.

          Während die Muss-Bestimmung in den Fällen des Abs 1 grundsätzlich adäquat erscheint, wenngleich bei der vorgeschlagenen Version auf das Vorliegen einer geringen Menge zugunsten der Voraussetzung des persönlichen Gebrauchs des Suchtgiftes - auch durch einen anderen! - verzichtet wird, erscheint eine zwingende Anwendung der Diversion bei allen in die Einzelrichter-Zuständigkeit fallenden Tatbeständen der §§ 27 bis 31a nicht angebracht. Dabei ist auch hervorzuheben, dass die Zuständigkeit der Schöffengerichte im Entwurf durch die vorgeschlagene Novellierung des § 13 StPO (betrifft § 28 Abs 2 bis 4 SMG aF) aus Zweckmäßigkeitsgründen, wie den Erläuterungen zu entnehmen ist (vgl dazu Erläuterungen, Allgemeiner Teil, Punkt A. 2.3 lit e) stark zurückgedrängt wird, was nach dem Entwurf zum Ergebnis hat, dass der Großteil der nach geltendem Recht unter § 28 Abs 2 und 3 zweiter Satz zu subsumierenden Tathandlungen nunmehr in die Zuständigkeit des Einzelrichters fallen und damit großteils der zwingenden Anwendung der Diversion nach dem SMG unterliegen.

          Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft Graz ist jedoch beim Vorliegen von Tatbeständen nach §§ 27 Abs 3 und 4, 28 Abs 1, 28a Abs 1 sowie 31 Abs 1, 31a Abs 1 und 2 in aller Regel von einer schweren Schuld auszugehen, weshalb eine entsprechende Verurteilung des Täters in den meisten Fällen notwendig und dem Handlungsunwert der Tat entsprechend erscheint.

          Zuletzt sei aufgezeigt, dass nach den Erläuternden Bemerkungen (Punkt B.2.1) bei der Ausdehnung der Diversionsmöglichkeiten auf den Verdächtigen Bezug genommen wird, der selbst an Suchtmittel gewöhnt ist. Diese Einschränkung ist dem Gesetzestext in der vorliegenden Fassung nicht zu entnehmen, sollte jedoch unbedingt vorgenommen werden.

          Insgesamt besteht aus der Sicht der Staatsanwaltschaft Graz keine Veranlassung, den Handlungsspielraum der Staatsanwaltschaften und Gerichte durch die Ausweitung des "Muss-Bereiches" einzuengen, zumal wohl ein verantwortungsvoller Umgang mit einer "Kann-Bestimmung" erwartet werden kann.

 

Zu § 39:

          Die vorgeschlagene Neufassung des § 39 ist nicht zu beanstanden und in Ansehung der bisher bestehenden, nicht sachgerechten Benachteiligung jener Suchtgiftdelinquenten, die neben Tatbeständen nach dem SMG auch Beschaffungsdelikte mit Strafdrohungen über fünf Jahren Freiheitsstrafe zu verantworten haben, absolut notwendig.

 

          Im übrigen erschiene es aus der Sicht der Praxis wünschenswert, im Zuge der in Aussicht genommenen Reform des Suchtmittelrechtes auch die Überarbeitung der Suchtgiftverordnung im Sinne einer Anpassung an die Gegebenheiten der Drogenszene bzw Aktualisierung ins Auge zu fassen. Zu denken wäre in diesem Zusammenhang an Stoffe, die bislang noch keine Aufnahme in den Katalog der Suchtgifte fanden, jedoch - bei vergleichbarer Wirkungsweise - zunehmend insbesondere in Form von Ecstasy-Tabletten in Umlauf sind (zB MCPP; vgl dazu das Gutachten DI Dr Günter Gmeiner im Verfahren 17 Ur 218/07d des Landesgerichtes für Strafsachen Graz). Aber auch die Aufnahme von Monoacetylmorphin erscheint diskussionswürdig.

          Unverständlich erscheint auch die geltende Regelung der Suchtgiftverordnung (Anhang I, Punkt I.1.a.), die nicht mit Blüten- oder Fruchtständen vermengte Samen und Blätter der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen ausdrücklich ausnimmt, was den Handel mit Cannabispflanzenstecklingen über weite Strecken de facto legalisiert, zumal den Betreibern der sattsam bekannten Hanfshops die subjektive Tatseite eines - theoretisch strafbaren - Beitrages zur Erzeugung von Suchtgift durch die Kunden in der Praxis meist nicht nachgewiesen werden kann, weshalb eine strafrechtliche Verfolgung derzeit kaum Aussicht auf Erfolg hat. Ein generelles Verbot insbesondere des Handels mit jeglichen Pflanzen(teilen), deren Gehalt an Tetrahydrocannabinol 0,3 % übersteigt, würde eine einfache und gangbare Lösung darstellen, um diesen verbreiteten, im wahrsten Sinne des Wortes gewerbsmäßigen Drogenhandel zu unterbinden, ohne Industriehanf oder echte Zierpflanzen zu tangieren.

Der Leiter der Staatsanwaltschaft:

Dr. Gruber