Amt der Wiener Landesregierung

 

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MD-VD - 1374/07                                                             Wien, 9. Oktober 2007

Entwurf eines Bundesgesetzes,

mit dem das Bundesgesetz über

das Herstellen und das In-Verkehr-

bringen von Tabakerzeugnissen

sowie die Werbung für Tabaker-

zeugnisse und der Nichtraucher-

schutz (Tabakgesetz) geändert wird;

Begutachtung;

Stellungnahme

 

zu BMGFJ-22181/0009-III/B/6/2007

 

 

An das

Bundesministerium für

Gesundheit und Frauen

 

 

Zu dem mit Schreiben vom 10. September 2007 übermittelten Entwurf eines Bundesgesetzes wird nach Anhörung des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien wie folgt Stellung genommen:

 

 


I. Zum Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Tabakgesetz geändert wird:

 

1. Zu den finanziellen Auswirkungen:

 

Die Darstellung der finanziellen Auswirkungen in den Erläuterungen ist unzureichend. Angesichts der Ausweitung der Verwaltungsstrafbestimmungen und des großen potenziellen Personenkreises der von den neuen Tatbeständen erfasst werden soll, ist zu kritisieren, dass keine konkrete Einschätzung der finanziellen Auswirkungen enthalten ist. Erwähnt wird lediglich ein „marginaler Mehraufwand“ für die Verwaltungsstrafbehörden, dem die zu erlösenden Verwaltungsstrafen gegenüber stehen würden.

 

Völlig unberücksichtigt bleibt in der Darstellung der finanziellen Auswirkungen der aus dem Gesetzentwurf resultierende Mehraufwand für die Gewerbebehörden. Auf Grund der im § 13a Abs. 2 des Gesetzentwurfes vorgesehenen Ausnahme vom Rauchverbot für Betriebe, die über eine geeignete raumlufttechnische Anlage verfügen, ist mit einer großen Anzahl von Bewilligungsverfahren zur Änderung der Betriebsanlage durch Einbau bzw. Adaptierung von raumlufttechnischen Anlagen zu rechnen.

 

Die finanziellen Erläuterungen gehen zudem in keiner Weise darauf ein, mit welchem Mehraufwand das „Rauchertelefon“ zu rechnen hat und wie die diesbezügliche Kostentragung erfolgen soll (siehe auch die Ausführungen zu § 5 Abs. 2 Z 10).

 

2. Allgemeines:

 

a) Dem Nichtraucher/innenschutz wird im Entwurf aus medizinischer und im Speziellen aus lungenfachärztlicher Sicht zu wenig Rechnung getragen.

 

Die schweren Schädigungen, die durch aktives und passives Rauchen primär in der Lunge aber auch in den Blutgefäßen und vielen anderen Organen entstehen, sind gravierend. Der Schutz der Bevölkerung sollte daher weitreichender sein.

 

Das Lungenkarzinom ist bei Männern, in stark steigender Zahl auch bei Frauen, eine der häufigsten Krebserkrankungen und hat leider bis heute eine im Vergleich zu vielen anderen Krebserkrankungen schlechtere Prognose.

 

So ist gerade in kleinen Räumen (weniger als 75 m² - § 13a Abs. 3), die über keine permanente Raumlüftung verfügen, die Gesundheitsgefahr für Personen hoch, die sich dort lange Zeit aufhalten.

 

Der vorliegende Entwurf sollte auch Regelungen für den Schutz von Arbeitnehmer/innen und der besonders schutzwürdigen Gruppe der Lehrlinge enthalten. Insbesondere sollte es Raucher/innen-Betrieben untersagt sein, Lehrlinge auszubilden und es wären auch geeignete Maßnahmen für den Schutz aller Arbeitnehmer/innen in Betrieben mit Rauer/innen-Bereichen, etwa den Schankbereich, zu treffen.

 

b) In legistischer Hinsicht ist zu bemerken, dass der Entwurf auf Grund der vielen Querverweise schwer lesbar ist. Durch unklare Regelungen sind in der Praxis Probleme bei der Umsetzung und uneinheitliche Vorgangsweisen durch unterschiedliche Auslegung des Gesetzes zu erwarten.

 

3. Zu den einzelnen Bestimmungen des Entwurfes:

 

Zu § 5 Abs. 2 Z 10:

 

Die Darstellung des Rauchertelefons in den Erläuterungen entspricht nicht den Tatsachen. Das Rauchertelefon ist ein österreichweiter Dienst zur telefonischen Unterstützung und Beratung in der Tabakentwöhnung. Kooperationspartner sind die Mehrzahl der Sozialversicherungsträger und die Mehrzahl der Länder, die auch die Kosten mittragen. So sind für 2006 Kosten von € 130.639,65 erwachsen, die entsprechend dem Bevölkerungsschlüssel zu 50 % von den beteiligten Ländern getragen werden sollen. Die weitere Vorgehensweise bezüglich der Kooperation und Kostentragung ist abzuklären.

 

Zu § 13a Abs. 1:

 

Es ist unklar, wie die als Abgrenzungskriterium gegenüber Betrieben nach Abs. 3 vorgesehene Innenraumfläche ab 75 m2 für den Gästebereich bemessen werden soll.

 

Zum Begriff „Gästebereich“ sollte zumindest in den Erläuterungen klargestellt werden, dass dieser Bereich nur auf die Fläche von Räumen, die für die Einnahme von Speisen und Getränken vorgesehen ist, umfasst, nicht aber z. B. die WC- und Waschanlagen und die davor liegenden Gänge.

 

Zu § 13a Abs. 3:

 

Auch bei Kleinbetrieben (unter 75 m2 Innenraumfläche für den Gästebereich) sollte die Möglichkeit bestehen, abgetrennte Räumlichkeiten für Nichtraucher/innen und Raucher/innen zu schaffen, wenn die baulichen Gegebenheiten dies bereits ermöglichen.

 

Auf die grundsätzliche Problematik von reinen Raucher/innen-Betrieben wird verwiesen (siehe Punkt 2. a).

 

Zu § 13c Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 Z 1:

 

Für den Bereich der Schulen sollte klargestellt werden, dass als Verfügungsbefugte die Schulleitungen zu verstehen sind, da diese nach § 56 Abs. 4 Schulunterrichtsgesetz die Verpflichtung für die Einhaltung aller Rechtsvorschriften trifft. Den Schulleitungen obliegt somit auch die Überwachung der Einhaltung des Rauchverbotes und der Kennzeichnungspflichten.

 

Es wird daher die Aufnahme entsprechender Hinweise in den Erläuterungen angeregt.

 


Zu § 13c Abs. 1 Z 2 und Abs. 2 Z 3:

 

Eine Verpflichtung der Verfügungsberechtigten für Räume öffentlicher Orte sicher zu stellen, dass das Rauchverbot eingehalten wird und somit zu verhindern, dass andere Personen eine mit Verwaltungsstrafe bedrohte Handlung begehen, ist unpraktikabel. Eine derartige Verpflichtung ist bislang dem österreichischen Recht nicht ohne Grund fremd. Sie ist daher in dieser Form abzulehnen.

 

In der Praxis kann das nur bedeuten, dass Verfügungsberechtigte bei Verstößen gegen das Rauchverbot die Sicherheitsbehörde verständigen, damit diese entsprechend einschreitet. Dies würde etwa in größeren U-Bahn-Stationen oder U-Bahn-Passagen den Dauereinsatz der Polizei erfordern.

 

Neben der bereits bestehenden Kennzeichnungspflicht nach § 13a Tabakgesetz sollte die nun neu im Entwurf vorgesehene Sanktionsmöglichkeit nach § 14 Abs. 3 ausreichen, um das Rauchverbot durchzusetzen.

 

Zu § 13c Abs. 2 Z 5:

 

Um Missverständnissen vorzubeugen, sollte vor dem Satzteil „... eines Gastes in Betrieb ist,“ das Wort „zumindest“ eingefügt werden.

 

Zu § 17 Abs. 6:

 

Der verwendete Begriff „gültige“ Betriebsanlagengenehmigung ist unpräzise. So geht etwa nicht eindeutig hervor, ob eine allenfalls zum 1. Jänner 2008 bereits vorhandene raumlufttechnische Anlage gemäß § 13a Abs. 2 des Entwurfes von der Genehmigung erfasst sein muss. Der Entwurf sollte insgesamt auf das gewerbliche Betriebsanlagenrecht abgestimmt werden. 

 


Zu § 17 Abs. 6 bis 8:

 

Die Übergangsbestimmungen erscheinen im Hinblick auf die potenzielle Gefährdung der Gesundheit der Betroffenen zu lang.

 

Zu § 17 Abs. 8 und 9:

 

Nach der Formulierung des Einleitungssatzes von § 17 Abs. 8 ist auch in Verbindung mit § 17 Abs. 9 nicht klar, für welchen Zeitraum die Verpflichtungen nach § 17 Abs. 8 gelten sollen (laut Erläuterungen für den Übergangszeitraum).

 

II. Zum angeschlossenen Entwurf einer „Gastronomie-Nichtraucherschutz-verordnung“:

 

1. Zu den finanziellen Auswirkungen:

 

Die Adaptierung bestehender Gewerbebetriebe auf die raumlufttechnischen Anforderungen des Verordnungsentwurfes stellt in der Regel eine genehmigungspflichtige Änderung der Betriebsanlage dar. Es ist daher mit einer Vielzahl von gewerberechtlichen Betriebsanlagenverfahren zu rechnen. Auf Punkt I. 1. der Stellungnahme wird verwiesen.

 

2. Zum Entwurf:

 

Aus betriebsanlagenrechtlicher Sicht ist anzuführen, dass die geforderte Frischluftmenge zu verschiedenen Problemen führen könnte. Zum Einen wird im vorliegenden Entwurf ein technischer Mindeststandard ohne Alternativen gefordert. Eine derartige Anforderung wäre aber systematisch besser und flexibler in einer ÖNORM als Stand der Technik festzulegen. Tatsächlich findet sich die geforderte Frischluftmenge auch in der (noch nicht in Geltung befindlichen) EN 13.779 wieder. Technische Lösungen, die dem Nichtraucher/innenschutz gleichermaßen Rechnung tragen, sollten nicht ausgeschlossen werden. Zum Anderen wird darauf hingewiesen, dass im Hinblick auf die erforderlichen Lüftungsdimensionen (etwa wegen Strömungsgeräuschen) auch mit einer Vielzahl von Nachbarbeschwerden zu rechnen ist.

 

 

                                                                      Für den Landesamtsdirektor:

 

 

                                                                              Mag. Andrea Mader

SR Dr. Hans Serban, LL.M.                                Obermagistratsrätin

 

 

 

Ergeht an:

1.  Präsidium des Nationalrates

 

2.  alle Ämter der Landes-

regierungen

 

3.  Verbindungsstelle der

Bundesländer

 

4.  MA 40

     (zu MA 15-II-2-6559+9155/2007)

mit dem Ersuchen um Weiter-

leitung an die einbezogenen

Dienststellen