An die

GZ ● BKA-600.525/0012-V/A/8/2007

Abteilungsmail v@bka.gv.at

bearbeiter MMag Josef BAUER

Pers. E-mail josef.bauer@bka.gv.at

Telefon 01/53115/2219

BMF-010000/0059-VI/1/2007

 

Parlamentsdirektion

Parlament

1017 Wien

 

Antwort bitte unter Anführung der GZ an die Abteilungsmail

 

Betrifft:  Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 und andere Bundesgesetze geändert werden (Abgabensicherungs­gesetz 2007);

Begutachtung; Stellungnahme

 

 

In der Anlage übermittelt das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst im Sinne der Entschließung des Nationalrates vom 6. Juli 1961 seine Stellungnahme zum oben angeführten Gesetzesentwurf.

 

4. Oktober 2007

Für den Bundeskanzler:

Georg LIENBACHER

 

 

Elektronisch gefertigt

 

 


An das

GZ ● BKA-600.525/0012-V/A/8/2007

Abteilungsmail v@bka.gv.at

bearbeiter MMag Josef BAUER

Dr. Brigitte Windisch

Pers. E-mail josef.bauer@bka.gv.at

Telefon 01/53115/2219 bzw. 2809

Ihr Zeichen BMF-010000/0059-VI/1/2007

 

Bundesministerium für Finanzen

 

Mit E-Mail: e-recht@bmf.gv.at

 

Antwort bitte unter Anführung der GZ an die Abteilungsmail

 

 

 

 

Betrifft:  Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 und andere Bundesgesetze geändert werden (Abgabensicherungs­gesetz 2007);

Begutachtung; Stellungnahme

 

 

Zum mit der do. oz. Note übermittelten Gesetzesentwurf samt Beilagen nimmt das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst wie folgt Stellung:

I. Allgemeines:

Zu legistischen Fragen darf allgemein auf die Internet-Adresse http://www.bundeskanzleramt.at/legistik hingewiesen werden, unter der insbesondere

·      die Legistischen Richtlinien 1990 (im Folgenden zitiert mit „LRL ...“),

·      der ‑ für die Gestaltung von Erläuterungen weiterhin maßgebliche ‑ Teil IV der Legistischen Richtlinien 1979, und

·      verschiedene, legistische Fragen betreffende Rundschreiben des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst

zugänglich sind.

Die Gemeinschaftsrechtskonformität des im Entwurf vorliegenden Bundesgesetzes ist vornehmlich vom do. Bundesministerium zu beurteilen.

II. Zum Gesetzesentwurf:

Zu Artikel 1 (Änderung des Einkommensteuergesetzes 1988):

Zu Art. 1 Z 3 (§ 6 Z 6 EStG) „Überführung unkörperlicher Wirtschaftsgüter“:

Nach Ansicht des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst könnte die geplante Steuerfestsetzung, insoweit als im Ausland ein Aktivposten für nicht entgeltlich erworbene unkörperliche Wirtschaftsgüter angesetzt werden kann, gemeinschaftsrechtliche Bedenken aufwerfen, wenn und insoweit damit die Überführung (Verlegung) dieser Wirtschaftsgüter in den „EU/EWR-Raum“ steuerlich schlechter gestellt wird als eine vergleichbare Überführung im Inland. Es scheint bei der vorgeschlagenen Formulierung nicht ausgeschlossen zu sein, dass wohl mitunter auch beträchtliche Liquiditätsnachteile eintreten können, wenn bei der Überführung der Wirtschaftsgüter in voller Höhe (sofort) „nachversteuert“ wird, die nach den Erläuterungen zu erwartenden Steuervorteile durch eine allfällige aufwandswirksame Abschreibung im „EU-/EWR-Raum“ aber erst zeitlich deutlich später realisiert werden können. Obwohl die Vermeidung einer doppelten Abzugsfähigkeit von Aufwendungen ein im Allgemeininteresse liegendes Ziel ist, dürfen auch nach dem in den Erläuterungen zitierten Urteil des EuGH in der Rechtssache C‑470/04 die Maßnahmen nicht darüber hinaus gehen, was zur Erreichung eines legitimen Zieles erforderlich ist. Eine nähere Prüfung und gegebenenfalls die Aufnahme weiterer Erläuterungen der Erforderlichkeit einer solchen Maßnahme werden angeregt.

Zu Art. 1 Z 15 (§ 124b Z 141; § 16 Abs. 1 Z 8 lit. b):

Aufgefallen ist, dass in der Inkrafttretensbestimmung auch § 16 Abs. 1 Z 8 lit. b genannt wird, dessen Änderung (anders als nach der Textgegenüberstellung) aber im vorgeschlagenen Rechtstext der Novelle nicht berücksichtigt ist.

Zu Artikel 2 (Änderung des Körperschaftsteuergesetzes 1988):

Zu Art. 2 Z 1 (§ 9 Abs. 7) „Nacherfassung der Firmenwertabschreibung“:

Es soll vorgesehen werden, dass bei umgründungsbedingtem Untergang von Beteiligungen abgesetzte Firmenwertabschreibungen steuerwirksam nachzuerfassen sind, „soweit der Nacherfassungsbetrag im Verkehrswert der abgeschriebenen Beteiligung Deckung findet“. Bei dieser Formulierung bleibt unklar, ob damit gemeint ist, dass die Firmenwertabschreibungen inklusive des (Rest)Buchwerts der Beteiligung im Verkehrswert Deckung finden müssen. Am Beispiel der Erläuterungen verdeutlicht, stellt sich die Frage, ob bei Absinken des Verkehrwertes der Beteiligung auf 50 % der Anschaffungskosten eine volle Nachversteuerung der erfolgten Firmenwertabschreibungen zu erfolgen hätte. Die Erläuterungen scheinen dagegen zu sprechen („und hat [die Beteiligung] zwischenzeitlich nicht an Wert verloren“). Der vorgeschlagene Wortlaut des Rechtstexts scheint dagegen in Richtung einer Nacherfassung zu deuten, was allerdings ein möglicherweise gleichheitsrechtlich bedenkliches Ergebnis zur Folge haben kann, wenn ein solcher Fall steuerlich gleich behandelt würde wie jene Fälle, in denen sich der Verkehrswert seit der Anschaffung nicht geändert hat, bzw. auf einen Betrag von mehr als 50 % der Anschaffungskosten gesunken wäre. Eine allenfalls erforderliche Präzisierung im Wortlaut oder gegebenenfalls in den Erläuterungen sollte geprüft werden.

Zu Art. 2 Z 3 (§ 23 Abs. 2) „Freibetrag“:

Es ist geplant, dass ein Freibetrag eines Kalenderjahres nur vorgetragen werden kann, wenn in diesem Kalenderjahr kein steuerpflichtiges Einkommen erzielt wird. Die Erläuterungen begründen dies mit der „Logik des Freibetrages“. Bei nur „teilweisem“ Verbrauch eines Jahresfreibetrags soll demnach kein Vortragen des unverbrauchten Rests möglich sein. Hierzu stellt sich die Frage, ob diese Regelung nicht auch zu möglicherweise (nicht bloß vereinzelten) Härten führen kann, wenn etwa jährlich gleichmäßig nur ein sehr geringes Einkommen erzielt wird und damit im Ergebnis möglicherweise die nichtvortragsfähigen „Freibetragsreste“ bis zu an die 70 000 Euro ergeben können. Diese könnten dann in einem Kalenderjahr mit einem höheren Einkommen nicht mehr angerechnet werden. Im Vergleich dazu würde ein Steuerpflichtiger, der nur ein einziges Mal im Zehnjahreszeitraum ein positives Einkommen in insgesamt gleicher Höhe erzielt, steuerlich wesentlich besser gestellt werden. Weiters könnte auch darin eine mögliche Ungleichbehandlung gesehen werden, wenn ein Restbetrag eines Jahres, dessen Freibetrag bereits teilweise angerechnet wurde, weiter innerhalb der Zehnjahresfrist vorgetragen werden kann, in einem Kalenderjahr nur teilweise „verbrauchte“ Freibeträge aber jedenfalls „verfallen“. Im Sinne von Pkt. 95 der Legistischen Richtlinien 1979 sollte die Vereinbarkeit mit dem Gleichheitssatz weiter erläutert werden.

Zu Artikel 4 (Änderung des Umsatzsteuergesetzes 1994):

Zu Art. 4 Z 1 (§ 11 UStG) „Gefährdungszuschlag“:

Es soll vorgesehen werden, dass ein Gefährdungszuschlag bis zu 5 000 Euro verhängt werden kann, wenn ein Unternehmer seiner Verpflichtung zur Rechnungsausstellung nicht innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung des Umsatzes nachkommt.

Dazu ist zunächst aufgefallen, dass der Begriff des Gefährdungszuschlags bislang noch nicht in die Gesetzessprache Einzug gehalten hat. In der Lehre und Rechtsprechung (vgl. die Nachweise bei Ritz, BAO3 § 184 Rz. 18) wird er (meist synonym „Sicherheitszuschlag“ genannt) zu den Elementen einer Schätzung gezählt. Dabei wird davon ausgegangen, dass es bei mangelhaften Aufzeichnungen wahrscheinlich ist, dass nicht nur die nachgewiesenermaßen nicht verbuchten Vorgänge, sondern auch weitere Vorgänge nicht aufgezeichnet wurden. Weiters wird vertreten (Ritz, aaO, mwN), dass Sicherheitszuschläge keine „Strafzuschläge“ sein dürfen.

Demgegenüber wird in den Erläuterungen die vorgeschlagene Einführung eines Gefährdungszuschlags damit begründet, dass eine „Präventivwirkung regelmäßig nur bei entsprechender Sanktionierung erreicht werden kann“. Damit stellt sich aber bereits auch die Frage nach dem Verhältnis zum geltenden § 51 Abs. 1 lit. d FinStrG, der die vorsätzliche Verletzung einer abgabenrechtlichen Pflicht zur Ausstellung oder Aufbewahrung von Belegen als Finanzordnungswidrigkeit definiert, und damit auch die Nichtausstellung von Rechnungen erfassen dürfte, vgl. Seiler/Seiler, FinStrG § 51 Rz. 17). Das Verhältnis zu dieser Norm sollte näher geprüft werden und allenfalls in den Erläuterungen näher dargestellt werden. Eine „Doppelbestrafung“ (im technischen Sinne) wäre jedenfalls zu vermeiden (Art. 4 des 7. ZPEMRK).

Zu Artikel 5 (Änderung der Bundesabgabenordnung):

Zu Art. 5 Z. 4 (§ 158 Abs. 4 letzter Satz BAO):

Zum vorgesehenen „Gesamtdatenexport“ aus den KFZ-Genehmigungs- und Informationsregistern wird eine – vorzugsweise im Gesetzestext vorzunehmende – Präzisierung angeregt. Die Übermittlung von Daten zu einer bestimmten Person, auf die sich ein Verdachtsfall (z.B. nicht korrekte Versteuerung) bezieht, wird – im denkmöglich erforderlichen Ausmaß ‑ als unproblematische Datenübermittlung gem. §§ 1 und 6 iVm § 7 Abs. 2 DSG 2000 anzusehen sein. Ein genereller „Gesamtdatenabgleich“ mit den personenbezogenen Daten aller Betroffenen würde hingegen einen überschießenden Eingriff in das Grundrecht auf Datenschutz dieser Betroffenen darstellen, bei dem der Grundsatz des gelindesten Mittels gem. § 1 Abs. 2 bzw. § 7 Abs. 3 leg. cit. nicht eingehalten würde.

Sonstige legistische Anmerkungen:

Der Kurztitel der Sammelnovelle „Abgabensicherungsgesetz“ sollte im Interesse einer einheitlichen Gestaltung im Klammerzusatz angefügt werden (Pkt. 101 der LRL).

Zu den Novellierungsanordnungen Art. 1 Z 9, Art. 2 Z 3, Art. 3 Z 4 wird angeregt, eine Formulierung wie „… erhält der bisherige Abs. 2 die Bezeichnung „(3)“ und lautet der Abs. …:“ zu verwenden.

Im Sinne von Pkt. 140 der LRL sollten Zahlen mit mehr als drei Stellen nicht durch einen Tausenderpunkt, sondern durch ein geschütztes Leerzeichen getrennt werden (zu Art. 4 Z 1 [§ 11 Abs. 1 UStG]; Art. 5 Z 1 [§ 111 Abs. 3 BAO] und Art. 6 [FinStrG]).

In Art. 2 Z 4 (§ 26c Z 13 KStG) sollte es lauten: „… ein Stichtag nach dem 30. Dezember 2007 …“.

In Art. 3 Z 4 (§ 36 UmgrStG) sollte im Interesse der Klarheit keine „sinngemäße“ Anwendung angeordnet werden, sondern entweder uneingeschränkt auf die anderen Rechtsvorschriften verwiesen werden oder angegeben werden, mit welcher Maßgabe sie angewendet werden soll (vgl. Pkt. 59 der LRL).

In Art. 6 Z 6 lit. a (Überschrift zu § 48b FinStrG) fehlt ein abschließendes Anführungszeichen.

Im Interesse der Einheitlichkeit sollte es in Art. 7 Z 2 (§ 90a AbgEO) lauten: „… nach dem 31. Dezember 2007 …“. Sprachlich etwas präziser sollte die Novellierungsanordnung lauten: „… wird folgender Abs. 8 angefügt“ (da die Anfügung am Ende des Paragrafen erfolgt).

III. Zu Vorblatt, Erläuterungen und Textgegenüberstellung:

Das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst weist auf seine Rundschreiben vom 13. November 1998, GZ 600.824/8-V/2/98 ‑ betreffend Vorblatt und Erläuterungen zu Regierungsvorlagen; Aufnahme eines Hinweises auf Besonderheiten des Norm­erzeugungsverfahrens ‑ und vom 19. Februar 1999, GZ 600.824/0-V/2/99 – betreffend Legistik und Begutachtungsverfahren; Auswirkungen von Rechtssetzungsvorhaben auf die Beschäftigungslage in Österreich und auf den Wirtschaftsstandort Österreich; Gestaltung von Vorblatt und Erläuterungen ‑ hin, in denen insbesondere um die Aufnahme bestimmter zusätzlicher Hinweise in das Vorblatt und den Allgemeinen Teil der Erläuterungen ersucht wurde.

1. Zum Vorblatt:

Nach dem Rundschreiben des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst vom 19. Februar 1999, GZ 600.824/0-V/2/99 ‑ betreffend: Legistik und Begutachtungsverfahren; Auswirkungen von Rechtssetzungsvorhaben auf die Beschäftigungslage in Österreich und auf den Wirtschaftsstandort Österreich; Gestaltung von Vorblatt und Erläuterungen ‑ hätte das Vorblatt

·        dem Zweck der Ermöglichung einer raschen Orientierung zu entsprechen; es sollte daher nicht länger als zwei Seiten sein und nicht mehr als 3000 Zeichen umfassen; die Darstellung von Einzelheiten sollte dem Allgemeinen Teil der Erläuterungen vorbehalten bleiben;

·        einen Abschnitt Finanzielle Auswirkungen“ zu enthalten, gegliedert in

§ Auswirkungen auf den Bundeshaushalt,

§ Auswirkungen auf die Planstellen des Bundes und

§ Auswirkungen auf andere Gebietskörperschaften,

sowie

·      einen mit „Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich“ überschriebenen Abschnitt aufzuweisen.

2. Zum Allgemeinen Teil der Erläuterungen:

Im Allgemeinen Teil der Erläuterungen wäre auch anzugeben, worauf sich die Zuständigkeit des Bundes zur Erlassung der vorgeschlagenen Neuregelungen gründet (Legistische Richtlinien 1979, Pkt. 94).

3. Zur Textgegenüberstellung:

Auf das Rundschreiben des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst vom 27. März 2002, GZ 600.824/003‑V/2/2001 – betreffend Legistische Richtlinien; Gestaltung von Textgegenüberstellungen – ist hinzuweisen, insbesondere auf folgende Regeln:

·      Es sollten jeweils jene Bestimmungen einander (auf gleicher Höhe) gegenübergestellt werden, die einander inhaltlich entsprechen.

·      Werden geltende Bestimmungen aufgehoben, hat die Spalte „Vorgeschlagene Fassung:“ frei zu bleiben, insbesondere sind keine Hinweise wie „aufgehoben“ oder „entfällt“ zu geben.

Abschließend darf noch auf folgende Tippversehen in einigen Stellen des Vorblatts, der Erläuterungen und der Textgegenüberstellung hingewiesen werden: „ABl.“; „RL“ (oder überhaupt ausschreiben); BGBl. I Nr. …“; „Tausenderpunkte“; vereinzelte überflüssige Silbentrennungen im Text der Textgegenüberstellung; Spaltenausrichtung in der Textgegenüberstellung zu den §§ 5 und 36 UmgrStG; Punkte nach den Datumsangaben in der Textgegenüberstellung zu § 43 FLAG.

Aufgefallen ist auch noch, dass in der Textgegenüberstellung die vorgeschlagenen Fassungen des § 16 Abs. 1 Z 8 EStG und des § 1 Abs. 2 UmgrStG noch mit geplanten Rechtstext der Novelle abzugleichen wären.


Diese Stellungnahme wird im Sinne der Entschließung des Nationalrates vom 6. Juli 1961 u.e. auch dem Präsidium des Nationalrats zur Kenntnis gebracht.

 

4. Oktober 2007

Für den Bundeskanzler:

Georg LIENBACHER

 

 

Elektronisch gefertigt