zuständiger Sachbearbeiter:

Jakob Lingg

DW: 19 540

jakob.lingg@oeh.univie.ac.at

 

 

Wien, am 7. Dezember 2018

 

 

 

Betrifft:  Stellungnahme zum  Entwurf einer Novelle des Universitätsgesetzes 2002

 

 

 

 

Sehr geehrter Herr Bundesminister Hahn!

 

 

Die der Novelle zum Universitätsgesetz 2002 zugrunde liegenden Überlegungen, wie sie sich aus der beigelegten Erläuterung ergeben, basieren größtenteils auf einer falschen Vorstellung von der Wirklichkeit des universitären Betriebs in Österreich und sind auch in vielen Punkten empirisch nicht haltbar.  Nicht nur ist eine auf solchen falschen Einschätzungen fußende Novellierung eines Gesetzes politisch äußerst bedenklich, auch ist die einschränkende Regelung des Hochschulzugangs, wie es §124b UG02 vorsieht, aus einer gesellschaftlichen Perspektive angesichts der Tatsache, dass Österreich eine der geringsten StudentInnenzahlen im OECD-Ländervergleich aufweist[1], fatal.

 

Die Universitäten, welche die im §124b UG02 aufgezählten Studien anbieten, sind mit der vom Gesetz geschaffenen Möglichkeit, in bestimmten Fächern Zugangsbeschränkungen zu implementieren, wider die Auffassung des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung alles andere als „verantwortungsbewusst und durchaus restriktiv“ umgegangen. Dies ergibt aus der Tatsache, dass der prognostizierte Ansturm deutscher Staatsangehöriger mit Ausnahme der Medizinuniversitäten ausgeblieben ist, viele Studierende anderer Studien aber dennoch die komplette Prozedur der Aufnahmeverfahren völlig unbegründet über sich ergehen lassen haben müssen. Viele dieser Studierende wurden entweder aus ihrem Wahlstudium gedrängt oder verloren wertvolle Studienzeit und damit verbunden notwendige Beihilfen. Dieses Faktum spiegelt sich in der Studie „Evaluierung der Auswirkungen des §124b des Universitätsgesetzes 2002“ der beiden Autoren Franz Kolland und Wolfgang Morgeditsch wieder[2].

 

Das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung argumentiert die Verlängerung der Befristung des §124 UG02 gem §143 Abs 11 UG02 damit „dass deutsche Studierende zunehmend von ausländischen Hochschulen und Universitäten ‚angezogen’ werden“ würden. Festgemacht wird diese Behauptung an der Tatsache, dass die Zahl deutscher Studierender an ausländischen Universitäten in einem völlig willkürlich gewählten und viel zu kurz angesetzten Zeitraum (2004-2005) minimal gestiegen ist. Eine solche Argumentation ist nicht haltbar und außerdem fahrlässig, angesichts der Tatsache dass sich die möglichen Folgen dermaßen negativ für Studentinnen und Studenten an österreichischen Universitäten auswirken können.

 

Zu guter Letzt ist festzuhalten, dass die Überlegung des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung zu den Auswirkungen der Verlängerung des §124b UG02, wie sie aus dem Vorblatt der Novelle zu entnehmen sind leichtsinnig und politisch nicht tragbar sind. Universitäten stehen mit der Gesellschaft in einer Wechselwirkung. Ein restriktiver Hochschulzugang steht im krassen Gegensatz zu einer wissensbasierten, aufgeklärten und pluralistischen Gesellschaft. Universitäre Bildung muss allen Menschen zugänglich und ausreichend staatlich finanziert sein. Denn nur durch offene Universitäten ist die Bildung mündiger und kritischer Menschen und der chancengleiche Zugang zu Bildung und Wissenschaft garantiert.

 

Die Österreichische HochschülerInnenschaft der Universität Wien lehnt deshalb jede Form von Zugangsbeschränkungen im Allgemeinen und die vorliegende Novelle des Universitätsgesetzes 2002 im Speziellen explizit ab. 

 

 

 

 

 

 

 

 

Mit der Bitte um Kenntnisnahme,

Bildungspolitisches Referat der Österreichischen HochschülerInnenschaft der Universität Wien

 



[1] http://www.oecd.org/dataoecd/4/55/39313286.pdf

[2] www.parlament.gv.at/portal/page?_pageid=908,3776808&_dad=portal&_schema=PORTAL