Stellungnahme der Bundesvertretung der Österreichischen HochschülerInnenschaft zur Verlängerung der § 124b UnivGes 02

 

Durch das undurchdachte EUGH-Urteil im Juli 2005 wurde in Österreich eine Situation geschaffen, welche den freien und offenen Hochschulzugang weiter gefährdet hat und definitiv nicht durch einfache Gesetze und minimale Finanzspritzen – erst Recht nicht wenn diese im Gießkannenprinzip verteilt werden - zu lösen ist. Allein in den medizinischen Fächern ist es derzeit leider undenkbar, dass ohne dem Zusammenspiel einer grundlegenden Strukturänderung, stärkeren finanziellen Mitteln und der  Einigung auf ein europaweit geltendes Modell die Platzbeschränkung aufgehoben wird.  In Fächern wie der Biologie, der Publizistik und der Betriebswirtschaftslehre  haben wir jedoch gehofft, dass die Zugangsbeschränkungen aufgehoben werden.

 

Es ist nicht einfach, wenn gar unmöglich einen Passus für eine Gesetzesnovelle zur Verlängerung der Zugangsbeschränkungen vorzuschlagen, der  als „besser“ oder „fairer“ gilt, da es unseres Erachtens nach in diesem Zusammenhang keine guten Möglichkeiten gibt. Abseits dieser Gesetzesnovelle, halten wir es jedoch für essentiell folgende Aspekte in der Universitätspolitik zu berücksichtigen, um eine Verbesserung  der Situation herbeizuführen und den freien Hochschulzugang wieder herzustellen:

 

 

Strukturproblematik

 

Die Idee mancher politischer MitbewerberInnen eine Aufstockung der Studienplätze zu fordern ist zwar grundsätzlich begrüßenswert, es muss jedoch festgehalten werden, dass es unter den derzeitigen Umständen und der Rechtslage de facto unmöglich ist, dass seitens des Bundes solch eine Aufstockung erzwungen werden kann.

 

Leider scheint den BefürworterInnen entgangen zu sein, dass es ist im Rahmen des Universitätsgesetz und der damit verbundenen Vollrechtsfähigkeit der Universitäten nicht wirklich möglich ist eine reale Erhöhung der Studienplätze zu erzwingen, weder in absoluten noch in relativen Zahlen. Viel notwendiger wäre eine grundsätzliche Strukturänderung, beispielsweise was die Curricula und die damit verbundenen Kapazitäten an den Universitäten betrifft. Natürlich ist auch dies – unter den derzeitigen Umständen – eine rein universitätsinterne Angelegenheit. Hier stellt sich die allerdings Frage, ob es nicht  zweckmäßiger wäre wenn das Wissenschaftsministerium im Sinne der politischen Verantwortung bei neuen Curricula wieder zustimmen müsste. Wir sind überzeugt davon, dass es im Interesse der Studierenden wäre, wenn es eine Kontrollfunktion über die Qualität, Quantität und Sinnhaftigkeit von Studienplanänderungen gäbe.

 

Die österreichischen Universitäten sind – speziell im OECD Vergleich – unterfinanziert und mehr Geldmittel sind dringend nötig. Allerdings muss unter den derzeitigen rechtlichen Umständen beachtet werden, dass eine einfache Erhöhung der Finanzmittel nicht automatisch eine Erhöhung der Studierendenzahlen und eine Verbesserung der Studienbedingungen bedeutet. Denn der Paradigmenwechsel rund um die Universitätsfinanzierung welcher mit dem Universitätsgesetz 02 geschah (siehe § 13 UnivGes 02) macht eine kurzfristige Finanzierung unseres Erachtens schwierig, weshalb auch hier ein gesetzlicher Handlungsbedarf besteht.

 

 

Beratung

 

Die Beratung vor dem Studienbeginn muss massiv verbessert und ausgebaut werden. Die von Wissenschaftsminister Hahn vorgeschlagene Beratungsausweitung sieht die ÖH grundsätzlich positiv und ist bereit hier an einem sinnvollen Konzept im Interesse der zukünftigen Studierenden und der Universitäten mitzuarbeiten. Denn im Bereich der besseren Information der StudienanfängerInnen besteht großer Handlungsbedarf. Es sollte allerdings Ziel sein, den Beratungsausbau in Kooperation mit der ÖH durchzuführen und anstatt einer Parallelstruktur die bestehende Studienberatung der ÖH auszubauen.

 

Wir sind der Überzeugung dass dadurch die Problematik rund um „Modestudien“ lösbar wird bzw. eine massive Entschärfung erreicht werden kann. Dies wäre auch im Interesse der Studierenden, da eine aktive Beratung ihnen helfen kann sich über Studien zu informieren, die oft unbekannt sind, in denen sie jedoch ihre Fähigkeiten entwickeln und ihre Persönlichkeit entfalten können. Viele Studierende werden sich mit größerer Wahrscheinlichkeit für Studienrichtungen entscheiden, welche auf den ersten Blick weniger attraktiv erscheinen, aber großes Potential bergen.

 

Aufmerksam machen müssen wir hier jedenfalls auch auf die teilweise von den Universitäten unverantwortlich betriebene Politik rund um das „Anlocken“ von Studierenden: Es ist alles andere als ideal, wenn Universitäten in überlaufenen Studienrichtungen massiv die Werbetrommel rühren um so viel StudienanfängerInnen wie möglich anzulocken, gleichzeitig aber die bestehenden  Probleme negieren. Hier wäre eine objektive Beratung sicherlich sehr hilfreich, welche nicht von Marketingbroschüren in Farbe und Hochglanz geprägt ist.

 

 

Gesellschaftlicher Druck

 

Neben der unseres Erachtens nicht genug ausgebauten Beratung, muss ein weiterer Mangel angesprochen werden: Viele Studierende entscheiden sich oft gegen gewisse Studien weil diese „exotisch“ klingen bzw. weil  Verwandte und Bekannte ihnen von diesen „Orchideenfächern“ abraten. Studierende müssen jedenfalls alleine, unabhängig von ihren Eltern in der Lage sein, das von ihnen gewünschte Studium zu beginnen, weshalb die finanzielle Unabhängigkeit der Studierenden absolut notwendig ist. Eine grundlegende Reform des Beihilfenwesens ist daher unumgänglich.

 

Demzufolge spricht sich die Österreichische HochschülerInnenschaft für die Beibehaltung des freien und offenen Hochschulzugangs und gegen die einfache Verlängerung des § 124b aus, da die universitären Probleme auf diese Weise nicht gelöst werden. Die Österreichische HochschülerInnenschaft verlangt weiters, dass die oben angesprochenen, strukturellen und sozialen Probleme behandelt werden. Sollte dies nicht geschehen, stehen wir in zwei Jahren wieder vor derselben Situation, ohne dass in dieser Richtung wenigstens eine Entlastung erreicht worden ist.

 

 

Für das Vorsitz-Team:

 

 

 

 

Hartwig Brandl                       Lisa Schindler                        Verena Czaby

(e.h.)                                       (e.h.)                                       (e.h.)