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HAUPTVERBAND DER ÖSTERREICHISCHEN SOZIALVERSICHERUNGSTRÄGER

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                                                                                                  Wien, 18. Oktober 2007

An das                                                                                                                  Per E-Mail
Bundesministerium für Justiz
Museumstraße 7
1070 Wien

An das
Präsidium des Nationalrats                                                                           Per E-Mail

Betr.:     Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Strafgesetzbuch, die Strafprozessnovelle 1975, das Strafvollzugsgesetz, das Bewährungshilfegesetz und das Jugendgerichtsgesetz 1988 geändert werden

Bezug:  Ihr E-Mail vom 26. September 2007,
GZ: BMJ-L318.026/0001-II 1/2007

Sehr geehrte Damen und Herren!

Der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger nimmt wie folgt Stellung:

Zu § 16a Abs. 6 StVG – Unfallversicherung fachkundiger Laienrichter in Senaten der Strafvollzugsgerichte

Mit der gegenständlichen Bestimmung beabsichtigt der Entwurf, für fachkundige Laienrichter Unfallversicherungsschutz dadurch zu gewährleisten, dass die Tätigkeit jener fachkundigen Laienrichter, die in einem aufrechten öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund, Land oder Gemeinde stehen, als Dienst (dienstliche Tätigkeit) gilt, für fachkundige Laienrichter, die nicht in einem solchen Dienstverhältnis stehen, § 8 Abs. 1 Z 3 lit. k ASVG (wie für die ASGG-Laienrichter) sinngemäß gilt.

Was die fachkundigen Laienrichter, die in keinem aufrechten öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis stehen, anbelangt, ist vorweg anzuführen, dass es sich bei der gegenständlichen Bestimmung nach unserer Auffassung um eine unnötige lex fugitiva handelt. Da nach § 8 Abs 1 Z 3 lit k ASVG bereits Gruppen von fachkundigen Laienrichtern (beispielsweise jene nach ASGG) in die Teilversicherung der Unfallversicherung einbezogen sind, wird zunächst vorgeschlagen, für die nicht in einem aufrechten öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis stehenden Laienrichter dem § 8 Abs. 1 Z 3 lit. k ASVG nach dem Strichpunkt folgenden Halbsatz anzufügen: "des Weiteren fachkundige Laienrichter gemäß § 16a des Strafvollzugsgesetzes, sofern sie in keinem aufrechten öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund, Land oder Gemeinde stehen (...)".

Bei Erweiterung des § 8 Abs 1 Z 3 lit k ASVG um den obgenannten Wortlaut dürfte die Anführung in § 16a Abs 6 StVG - was die nicht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis stehenden Laienrichter anbelangt - entbehrlich sein.

Es ist jedoch weiters darauf hinzuweisen, dass mit dem vorliegenden Entwurf eine außerhalb des Systems der Sozialversicherungsgesetze liegende Regelung getroffen wird, die sich auf die Zuständigkeit der SV-Träger auswirkt und so zu einer weiteren Zersplitterung der Materie beiträgt. Beachtenswert ist im Zusammenhang, dass von der Regelung wohl nur eine Handvoll Personen betroffen wäre.

Die gegenständliche Regelung birgt nämlich mehrere Probleme:

Nach dem B-KUVG sind grundsätzlich öffentlich-rechtliche Bedienstete (soweit sie nicht vom B-KUVG ausgenommen und einer Unfallfürsorgeeinrichtung unterliegen – siehe unten) und die Vertragsbediensteten mit Begründung des Dienstverhältnisses nach dem 31. 12. 1998 (Bedienstete des Bundes) bzw. nach dem 31. 12. 2000 (Bedienstete der Länder, Gemeindeverband und Gemeinden) unfallversichert.

Personen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund, Land oder Gemeinde stehen und Anspruch auf gleichwertige Leistungen der Unfallversicherung nach landesgesetzlichen Regelungen (oder sonstiger dienstherrlicher Einrichtungen) haben, sind von der Unfallversicherung nach dem B-KUVG ausgenommen (§ 3 Z 2 B-KUVG).

Aufgrund der Bestimmung im Entwurf zu § 16a Abs. 6 des Strafvollzugsgesetzes ergibt sich zunächst die Konsequenz, dass fachkundige Laienrichter, die Vertragsbedienstete sind, für diese Tätigkeit nach ASVG und nicht nach B-KUVG unfallversichert sind.

Im Ergebnis würde dies bewirken, dass für die Unfallversicherung, was die in Frage stehenden Personen anbelangt, zumindest zwei Sozialversicherungsträger (die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt und die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter) und unter Umständen weitere Unfallfürsorgeeinrichtungen, wenn die Personen vom B-KUVG ausgenommen sind, zuständig sein können. Selbst für Personen, die beim selben Dienstgeber beschäftigt sind, würde sich eine unterschiedliche Zuständigkeit der Unfallversicherungsträger ergeben.

Weiters wären Beamte, die als Laienrichter beispielsweise beim Arbeits- und Sozialgericht tätig sind, ohne sachliche Rechtfertigung dem Leistungsrecht der ASVG-Unfallversicherung und damit einer anderen Regelung als Beamte unterworfen, die als Laienrichter im Rahmen des Strafvollzugsgesetzes wirken.

Auch wenn die Bestimmungen im ASVG und B-KUVG einander in vielen Bereichen entsprechen, ergeben sich insbesondere bei Geldleistungen Unterschiede: So ist im ASVG eine Höchstbemessungsgrundlage vorgesehen, die Ermittlung der Bemessungsgrundlage und die Anpassung ist monatsbezogen, wodurch eine Rente nach dem B-KUVG unter Umständen günstiger sein kann. Allfällige dadurch bewirkte Schlechterstellungen einer Gruppe wären wohl angreifbar.

Aus verfassungsrechtlicher Sicht ist fraglich, ob der Bundesgesetzgeber durch die gegenständliche Regelung des § 16a Abs. 6 in die Regelungskompetenz der Landesgesetzgeber eingreifen darf. Es ist unseres Erachtens offen, ob ein Bundesgesetz für Länder und Gemeinden verbindlich anordnen kann, dass die Tätigkeit als fachkundiger Laienrichter „Dienst“ ist. Sollte dies nicht der Fall sein, ist der Unfallversicherungsschutz nach B-KUVG und den Unfallfürsorgegesetzen als fraglich zu bezeichnen.

Darüber hinaus ist nicht erläutert, warum vom bisherigen System des § 8 Abs. 1 Z 3 lit. k ASVG abgewichen wird. Eine sachliche Rechtfertigung für eine abweichende Zuständigkeitsregelung für Laienrichter im Rahmen des Strafvollzuges ist nicht in Sicht. Die systematisch korrekte Lösung wäre es, den § 8 Abs. 1 Z 3 lit. k ASVG um die Wendung „fachkundige Laienrichter gemäß § 16a des Strafvollzugsgesetzes“ zu ergänzen.

Sollte diese bisherige Systematik verlassen werden und im Ergebnis eine Zuordnung der Unfallversicherung der Laienrichter (die aufgrund ihres Dienstverhältnisses - Beamte und VB - bei der BVA versichert sind) zum B-KUVG angestrebt werden, so sollte eine einheitliche Lösung für alle Laienrichter in den jeweiligen SV-Gesetzen unter Einbindung allfälliger Landesgesetzgeber bzw. sonstiger SV-Träger mit einer Unfallversicherung (BSVG) erfolgen.

Es sollte zumindest im Bereich der Sozialversicherung die Zuständigkeit in der Unfallversicherung an der sonstigen versicherten beruflichen Tätigkeit anknüpfen. Gegenständlich ist dies das B-KUVG für die Bediensteten des Bundes, Länder, Gemeindeverbände oder Gemeinden, unabhängig davon, ob diese in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis stehen oder nicht und andererseits das ASVG für alle anderen Personen. Allenfalls wäre zu prüfen, ob nicht auch im B-KUVG eine Bestimmung über die Unfallversicherung der fachkundigen Laienrichter aufgenommen wird, ohne dass es auf die Art des Dienstverhältnisses ankommt.

Es wird daher angeregt, eine in eine Richtung einheitliche Regelung vorzunehmen und die Systematik der Sozialversicherungsgesetze nicht zu verlassen.

Mit freundlichen Grüßen
Für den Hauptverband: