Amt der Wiener Landesregierung

 

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MD-VD - 1446-1/07                                                          Wien, 11. Oktober 2007

Entwurf eines Bundesgesetzes, mit

dem das Beamten-Dienstrechts-

gesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956,

das Vertragsbedienstetengesetz 1948,

das Richterdienstgesetz, das Landes-

lehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land-

und forstwirtschaftliche Landeslehrer-

Dienstrechtsgesetz, das Bundeslehrer-

Lehrverpflichtungsgesetz, das Land-

und Forstarbeiter-Dienstrechtsgesetz,

das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz,

das Ausschreibungsgesetz 1989, das

Pensionsgesetz 1965 und die Reise-

gebührenvorschrift geändert werden

(2. Dienstrechts-Novelle 2007);

Begutachtung;

Stellungnahme

 

 

An das

Bundeskanzleramt - Sektion III

 

 

Zu dem mit Schreiben vom 1. Oktober 2007 übermittelten Entwurf eines Bundesgesetzes wird nach Anhörung des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien wie folgt Stellung genommen:

Zu Art. 2 Z 14 (§ 20b Gehaltsgesetz 1956 - GehG):

 

In § 20b GehG soll der Fahrtkostenzuschuss mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 2008 insofern neu geregelt werden, als er vom Anspruch auf Pendlerpauschale abhängig gemacht wird, ohne dass der neue § 20b GehG eine Einschränkung auf den Dienstort bzw. eine Definition des Dienstortes vornimmt. Somit wäre nach dem Gesetzeswortlaut auch bei in Anspruch genommenen Pendlerpauschalen mit Wohnort und Dienstort in Wien ein Fahrtkostenzuschuss zu gewähren.

 

Gegen diese Auslegung sprechen jedoch die Erläuterungen zu dieser Bestimmung, wonach unter Bezugnahme auf § 2 Abs. 5 der Reisegebührenvorschrift 1955 (Definition des Dienstortes) kein Fahrtkostenzuschuss gebühren soll, wenn sich der nächstgelegene Wohnort innerhalb des Dienstortes befindet.

 

Eine Klarstellung durch den Gesetzgeber scheint daher jedenfalls erforderlich.

 

Zu Art. 9 Z 2 und 3 (§§ 40 und 47 Abs. 16 des Bundes-Gleichbehandlungsgesetzes - B-GlBG):

 

Die vorgesehene Änderung dieser Bestimmung würde insbesondere dazu führen, dass die im Bundes-Gleichbehandlungsgesetz enthaltenen Bestimmungen über Aufgaben, Gutachten und Verfahren vor der Gleichbehandlungskommission, Bestellung und Aufgaben der Gleichbehandlungsbeauftragten, Einrichtung, Mitgliedschaft, Aufgaben und Tätigkeit der Arbeitsgruppen für Gleichbehandlungsfragen sowie Bestellung und Aufgaben der Kontaktfrauen mit den in dieser Bestimmung vorgesehenen Maßgaben auch für die Landeslehrer und Landeslehrerinnen anzuwenden sind.

 

Den Ausführungen in den Erläuterungen folgend soll mit dieser Bestimmung die notwendige Ausdehnung der Anwendung der übrigen Bestimmungen des Bundes-Gleichbehandlungsgesetzes auf LandeslehrerInnen vorgenommen werden, wobei entsprechend den verfassungsrechtlichen Vorgaben des Art. 14 Abs. 4a (richtig: Art. 14 Abs. 4 lit. a) und des Art. 14a Abs. 3 lit. b des Bundes-Verfassungsgesetzes 1920 -
B-VG die Behördenzuständigkeit weiterhin vom Land zu regeln sei.

 

Weitere Ausführungen insbesondere zur angesprochenen Notwendigkeit der Ausdehnung der Anwendung von Bestimmungen des Bundes-Gleichbehandlungsgesetzes und zu der vom Bund in Anspruch genommenen Gesetzgebungskompetenz sind in den Erläuterungen nicht enthalten. Der im Allgemeinen Teil der Erläuterungen unter Punkt C enthaltene Verweis auf Art. 10 Abs. 1 Z 16 B-VG legt den Schluss nahe, dass sich die Zuständigkeit des Bundes im vorliegenden Fall aus der Kompetenz zur Regelung des Dienstrechtes ergeben soll, auch wenn der Verweis im Hinblick auf das Dienstrecht der Lehrer und Lehrerinnen für öffentliche Pflichtschulen (Art. 14 Abs. 2 B-VG) nach Ansicht des Amtes der Wiener Landesregierung verfehlt ist.

 

Bezüglich der in Art. 14 Abs. 2 B-VG genannten Lehrer und Lehrerinnen (in der Folge: Landeslehrer und Landeslehrerinnen) hat der Wiener Landesgesetzgeber mit der 6. Novelle zum Wiener Gleichbehandlungsgesetz, LGBl. für Wien Nr. 38/2003, bereits Organe (Gleichbehandlungskommission, Gleichbehandlungsbeauftragte und Kontaktfrauen) eingerichtet, die sich mit Fragen der Gleichbehandlung für diese Personengruppe zu befassen haben. Der Wiener Landesgesetzgeber hat diese Regelungen den Erläuterungen zu dieser Novelle folgend ausdrücklich zum einen bezüglich der Gleich­behandlungskommission für Landeslehrer und Landeslehrerinnen auf Art. 14 Abs. 4 lit. a B-VG und zum anderen bezüglich der sonstigen mit der Gleichbehandlung der Landeslehrer und Landeslehrerinnen befassten Organe auf die den Ländern nach Art. 15 Abs. 1 B-VG zukommende Organisationskompetenz gestützt. Im Rahmen des Begutachtungsverfahrens zu dieser Novelle wurde seitens des Bundeskanzleramtes in seiner Stellungnahme vom 2. Juni 2003, GZ 920.776/13-III/1/03, die Schaffung von eigenen Gleichbehandlungsinstitutionen für die große Bedienstetengruppe der Landeslehrer und Landeslehrerinnen positiv bewertet. Verfassungsrechtliche, insbesondere kompetenzrechtliche Bedenken gegen die diesbezüglichen landesgesetzlichen Regelungen wurden hingegen nicht erhoben. Schon aus diesem Grund wären kompetenz-

rechtliche Ausführungen zu den vom Bund nunmehr getroffenen Regelungen betreffend die Gleichbehandlungsorgane für Landeslehrer und Landeslehrerinnen in den Erläuterungen wünschenswert gewesen.

 

Nach Ansicht des Amtes der Wiener Landesregierung stellt sich die Kompetenzrechtslage bezüglich der Gleichbehandlungsorgane für Landeslehrer und Landeslehrerinnen wie folgt dar:

 

Gemäß Art. 14 Abs. 2 B-VG ist Bundessache die Gesetzgebung und Landessache die Vollziehung in den Angelegenheiten des Dienstrechtes und des Personalvertretungsrechtes der Lehrer für öffentliche Pflichtschulen, soweit im Abs. 4 lit. a nicht anderes bestimmt ist.

 

Die Vollzugskompetenzen der Länder umfassen insbesondere die Ausübung der Diensthoheit (vgl. Hengstschläger in Schambeck, Das Österreichische Bundes- Verfassungsgesetz und seine Entwicklung, S. 613). Unter dem Begriff „Diensthoheit“ ist die Ausübung aller Dienstgeberbefugnisse sowohl gegenüber den öffentlich-recht­lichen Bediensteten als auch gegenüber den Vertragsbediensteten zu verstehen.

 

Gemäß Art. 14 Abs. 4 lit. a B-VG ist Landessache die Gesetzgebung und die Vollziehung in Angelegenheiten der Behördenzuständigkeit zur Ausübung der Diensthoheit über die Lehrer für öffentliche Pflichtschulen auf Grund der gemäß Abs. 2 ergehenden Gesetze. Die damit begründete Landeskompetenz umfasst ausschließlich die Festlegung der Behördenkompetenz zur Vollziehung, nicht hingegen die Befugnis zur Regelung des materiellen Dienstrechts der Landeslehrer (vgl. Thienel, Öffentlicher Dienst und Kompetenzverteilung, S. 274 f.).

 

Gemäß Art. 15 Abs. 1 B-VG verbleibt eine Angelegenheit, soweit sie nicht ausdrücklich durch die Bundesverfassung der Gesetzgebung oder auch der Vollziehung des Bundes übertragen ist, im selbständigen Wirkungsbereich der Länder. Zu diesen Angelegenheiten zählt auch die Organisation der Verwaltung in den Ländern.

Aus den Erläuterungen zum Bundes-Gleichbehandlungsgesetz geht hervor, dass auf Grund der Gesetzgebungskompetenz des Bundes in Angelegenheiten des Dienstrechtes der Landeslehrer nach Art. 14 Abs. 2 B-VG die Landeslehrer in die dienstrechtlichen Bestimmungen des Bundes-Gleichbehandlungsgesetzes einbezogen wurden. Weiters wird in den Erläuterungen zu § 20 B-GlBG ausgeführt, dass für die mit Personalangelegenheiten des Bundes befassten Kollegialorgane bei den Schulbehörden des Bundes in den Ländern sowie für die richterlichen Personalsenate noch Sonderregelungen im einschlägigen Organisations- und Dienstrecht zu treffen sind.

 

Nach dem oben Gesagten kann daher davon ausgegangen werden, dass die Regelungen betreffend das Gleichbehandlungsgebot und die Rechtsfolgen der Verletzung dieses Gebotes unter dem Begriff „Dienstrecht“ zu subsumieren sind, wobei im Hinblick auf die Landeslehrer und Landeslehrerinnen dem Bund die Kompetenz zur Gesetzgebung gemäß Art. 14 Abs. 2 B-VG zusteht. Nicht erfasst von diesem Kompetenztatbestand ist hingegen die Schaffung von mit der Gleichbehandlung befassten Personen und Institutionen sowie die damit verbundenen Regelungen betreffend Zusammensetzung, Aufgaben und Verfahren dieser Organe.

 

Die Schaffung von mit der Gleichbehandlung befassten Organen durch den Wiener Landesgesetzgeber kann sich daher auf Art. 14 Abs. 4 lit. a B-VG stützen, soweit es sich um Behörden zur Ausübung der Diensthoheit über die Landeslehrer und Landeslehrerinnen handelt, wie dies von der Gleichbehandlungskommission für Landeslehrer und Landeslehrerinnen angenommen wird. Die Einrichtung der sonstigen mit der Gleichbehandlung für Landeslehrer und Landeslehrerinnen befassten Organe stützt sich hingegen auf die den Ländern nach Art. 15 Abs. 1 B-VG zukommende Organisationsgewalt.

 

Sofern die in § 40 B-GlBG vorgesehene Regelung lediglich die Schaffung von der Dienstrechtskompetenz zuzurechnenden Kompetenzzuweisungsnormen bezwecken sollte, geht diese nach Ansicht des Amtes der Wiener Landesregierung weit darüber hinaus. So wird z. B. auch die Anwendung des § 26 B-GlBG über die Bestellung der Gleichbehandlungsbeauftragten, des § 28 B-GlBG über die Einrichtung der Arbeitsgruppe für Gleichbehandlungsfragen oder des § 35 B-GlBG über die Bestellung der Kontaktfrauen normiert, wobei diese Bestimmungen insbesondere regeln, von welchem Organ die genannten Gleichbehandlungsorgane jeweils zu bestellen sind, wie lange deren Funktionsperiode dauert, welche Bestellungsvoraussetzungen diese zu erfüllen haben und welchen Organen Vorschlagsrechte bei der Bestellung dieser Organe zukommen. Derartige Regelung sind jedoch jedenfalls dem Organisationsrecht zuzuordnen und daher dem Landesgesetzgeber vorbehalten.

 

In diesem Zusammenhang wird daher angeregt, eine dem derzeit geltenden § 40 Z 1 B-GlBG vergleichbare Regelung in Bezug auf die den Gleichbehandlungsorganen nach dem Bundes-Gleichbehandlungsgesetz zukommenden Zuständigkeiten zu treffen.

 

Unabhängig von der dargestellten verfassungsrechtlichen Problematik ist anzumerken, dass die in § 40 B-GlBG enthaltenen Maßgaben nicht ausreichen; so enthält z. B. § 23a Abs. 8 B-GlBG eine Bezugnahme auf Bundesbedienstete und § 23a Abs. 9
B-GlBG eine solche auf den Nationalrat. Im Übrigen wäre der in Aussicht genommene Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens dieser Bestimmung mit 1. Jänner 2008 im Hinblick auf die vom Landesgesetzgeber zu schaffenden organisationsrechtlichen Bestimmungen nicht realisierbar.

 

                                                                      Für den Landesamtsdirektor:

 

 

                                                                              Mag. Andrea Mader

                                                                              Obermagistratsrätin

 

Ergeht an:

1.  Präsidium des Nationalrates

 

2.  alle Ämter der Landes-

regierungen

3.  Verbindungsstelle der

Bundesländer

 

4.  MA 1

(zu MA 1 - 560/2007)

mit dem Ersuchen um Weiter-

leitung an die einbezogenen

Dienststellen