Versicherungsanstalt des österreichischen Notariates

                                                                                 

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An das

Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit

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                                                                                                        07.12.2018

 

 

Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Betriebliche Mitarbeitervorsorgegesetz, das Einkommensteuergesetz 1988, das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz und das ORF-Gesetz geändert werden

BMWA-462.201/0004-III/9a/2007

 

 

Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Zum Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das das Betriebliche Mitarbeitervorsorgegesetz, das Einkommensteuergesetz 1988, das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz und das ORF-Gesetz geändert werden, nimmt die Versicherungsanstalt des österreichischen Notariates wie folgt Stellung:

 

Die Versicherungsanstalt des österreichischen Notariates begrüßt den vorliegenden Gesetzesentwurf und insbesondere dessen Zielsetzung, für freie Dienstnehmer/innen nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG), für Personen, die in der Krankenversicherung oder Pensionsversicherung nach dem Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz (GSVG), dem Bauern-Sozialversicherungsgesetz (BSVG), in der Pensionsversicherung nach dem

Freiberuflich-Selbständigengesetz (FSVG) sowie in der Pensionsversicherung nach dem Notarversicherungsgesetz (NVG) pflichtversichert sind, sowie für Rechtsanwälte/innen und Ziviltechniker/innen ein mit der Abfertigung neu für Arbeitnehmer/innen vergleichbares zusätzliches Vorsorgemodell zu schaffen.

 

In der Folge wird sich die Versicherungsanstalt des österreichischen Notariates in deren Stellungnahme im Wesentlichen auf jene Bestimmungen beschränken, die die nach dem NVG pflichtversicherten Notare bzw. die Versicherungsanstalt selbst betreffen.

§ 66 Beitragsleistung

Laut § 66 Abs. 1 des gegenständlichen Novellenentwurfes kann sich der Notar bis zum 30. Juni 2008 durch Abschluss eines Beitrittsvertrages zu einer monatlichen Beitragsleistung für die Dauer der Berufsausübung an eine von ihm ausgewählte MV-Kasse verpflichten.

 

Da ein Notar, der zum 1. Jänner 2008 bereits der Pflichtversicherung nach dem NVG unterliegt, für den Rest seines Berufslebens an die Entscheidung über den Abschluss eines Beitrittsvertrages – abgesehen vom einem möglichen Wechsel von einer MV-Kasse zu einer anderen  (§ 12) – gebunden bleibt, die er innerhalb der gesetzlich vorgegebenen Frist von derzeit sechs Monaten zu treffen hat, spricht sich die Versicherungsanstalt des österreichischen Notariates für die Verlängerung dieser Frist bis 31. Dezember 2008 aus. Insbesondere für jene, die sich nicht sofort für den Abschluss eines Beitrittsvertrages entscheiden können, wäre eine längere Überlegungsfrist angebracht, um alle wesentlichen Auswirkungen einer solchen Entscheidung abwägen zu können.

 

Abs. 3 des Entwurfes sieht vor, dass als Beitragsgrundlage im Sinne des Abs. 1 die sich aus der im § 64 Abs. 1 Z 1 bis 4 angeführten Pflichtversicherung jeweils ergebende Beitragsgrundlage nach den §§ 25, 25a 26 und 35b GSVG, nach § 23 BSVG sowie nach § 10 NVG heranzuziehen ist, wobei für die nach dem GSVG, dem FSVG, dem BSVG oder NVG Pflichtversicherten die sich aus den genannten Regelungen jeweils ergebende vorläufige Beitragsgrundlage ohne Nachbemessung maßgeblich sei.

Der darin befindliche Verweis auf § 10 NVG ist jedoch nicht zielführend, da dieser lediglich die „Selbstberechnung“ der Beiträge durch den Versicherten selbst normiert, aber keine vorläufige Beitragsgrundlage etwa im Sinne des § 25a GSVG darstellt.

 

Die Versicherungsanstalt des österreichischen Notariates schlägt daher folgenden Text vor:

 „Für die nach dem NVG Pflichtversicherten ist die monatliche Beitragsgrundlage ein Zwölftel der nach den Vorschriften über die Einkommensteuer versteuerbaren Einkünfte des dem Monat der Beitragsleistung drittvorangegangenen Jahres.  Liegen im drittvorangegangenen Jahr keine versteuerbaren Einkünfte vor oder sind diese geringer als das Dreißigfache der täglichen Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 108 Abs. 3 ASVG, ist Beitragsgrundlage für die nach dem NVG Pflichtversicherten das Dreißigfache der täglichen Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 108 Abs. 3 ASVG. Im Falle einer nachträglichen Änderung der Höhe der versteuerbaren Einkünfte ist eine Neuberechnung ausgeschlossen.“

 

In diesem Zusammenhang regt die Versicherungsanstalt des österreichischen Notariates an, in den Erläuterungen zu dieser Bestimmung ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass demnach für die Beitragsgrundlage die Einkünfte aus selbstständiger Arbeit nach dem Einkommensteuerbescheid des drittvorangegangenen Jahres maßgeblich sind.

 

Einhebung und Eintreibung der Beiträge

Gemäß § 66 Abs. 4 des gegenständlichen Entwurfes sollen für die Einziehung dieser Beiträge und Weiterleitung an die MV-Kassen sowie die Meldepflichten des Anwartschaftsberechtigten die jeweiligen sozialversicherungsrechtlichen Regelungen des GSVG, FSVG, BSVG oder NVG gelten.

Aus Gründen der Rechtssicherheit regt die Versicherungsanstalt des österreichischen Notariates an, diese Regelung genauer zu konkretisieren.

 

Folgender Text wird für § 66 Abs. 4 vorgeschlagen: „… Für diese Beiträge gelten die vom jeweils zuständigen Sozialversicherungsträger anzuwendenden Vorschriften über die Fälligkeit, Einzahlung und Eintreibung der Pflichtbeiträge sowie über die Melde- und Auskunftspflichten mit der Maßgabe, dass an die Stelle der Beiträge zur Krankenversicherung bzw. Pensionsversicherung die Beiträge an die MV-Kassen treten.“

 

Beitrittsvertrag

Gemäß § 67 Abs. 1 des vorliegenden Entwurfes hat der Anwartschaftsberechtigte für seine Selbständigenvorsorge entweder mit der für seine Arbeitnehmer bereits ausgewählten MV-Kasse oder, falls er mangels Beschäftigung von Arbeitnehmern zur Auswahl einer MV-Kasse nicht verpflichtet ist, mit einer von ihm ausgewählten MV-Kasse einen Beitrittsvertrag abzuschließen.

 

Die Versicherungsanstalt des österreichischen Notariates spricht sich ausdrücklich gegen die in dieser Bestimmung vorgesehene Bindung an eine bereits für Dienstnehmer ausgewählte MV-Kasse  aus, zumal ein derartige Einschränkung des Wahlrechts im Widerspruch zum vorgesehenen Optionen-Modell steht.

 

Kosten

Laut § 72 iVm § 62 Abs. 4 des Entwurfes kann die Versicherungsanstalt des österreichischen Notariates für die Einhebung und Weiterleitung der Beiträge eine Vergütung von höchstens 0,3 vH der eingehobenen Beiträge von der jeweiligen MV-Kasse einheben.

 

Die Versicherungsanstalt, die derzeit über lediglich fünf angestellte Mitarbeiter – zwei davon sind Teilzeitkräfte – verfügt, muss für die im Entwurf vorgesehene  Vollziehung des BMSVG eine weitere Arbeitskraft einstellen, da die vorhandenen Angestellten mit der Erledigung ihrer bisherigen Aufgaben bereits voll ausgelastet sind. Der im Entwurf normierte Kostenersatz von 0,3% der eingehobenen Beiträge deckt jedoch mit Sicherheit bei weitem nicht die durch die Vollziehung des BMSVG entstehenden Verwaltungskosten ab, weshalb die Anhebung des Hundertsatzes für den Kostenersatz auf zumindest 1% – analog dem Kostenersatz gem. § 87 Abs. 3 NVG 1972 – angeregt wird.

Darüber hinaus lässt die Formulierung im Entwurf mit dem Wort „höchstens“ einen Verhandlungsspielraum – mit den MV-Kassen – zu, der ebenfalls nicht zweckmäßig erscheint, zumal die Kosten der die Beiträge einhebenden Sozialversicherungsträger gleich sind, unabhängig davon, an welche MV-Kasse die Beiträge abzuführen sein werden.

 

Die Berechnung, Einhebung und Abfuhr der Beiträge für die MV-Kassen stellt für die Versicherungsanstalt des österreichischen Notariates eine völlig neue Aufgabe dar und es ist hiefür von der Versicherungsanstalt eine eigene Software – auch für den zur Vollziehung des BMSVG notwendigen Datenaustausch mit dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger – zu entwickeln und zu implementieren. Eine Bestimmung, die den Ersatz dieser damit verbundenen Kosten vorsieht, fehlt im vorliegenden Gesetzesentwurf und wird diese hiermit verlangt.

 

Allgemeines – Opting out

Die Versicherungsanstalt des österreichischen Notariates geht davon aus, dass durch das gegenständliche Gesetzesvorhaben und dem dadurch erwarteten vermehrten „Veranlagungsbedarf“ der MV-Kassen nicht nur zusätzliche Impulse für den Kapitalmarkt geschaffen werden sollen, sondern dass damit generell von den Selbstständigen und den Freiberuflern auch ein Beitrag zur Stabilisierung und Stärkung des Systems der MV-Kassen geleistet werden soll.

 

Im Hinblick darauf, dass der vorliegende Gesetzesentwurf (§ 66 Abs. 2) ein Einstellen, Aussetzen oder Einschränken der Beitragsleistung für die Dauer der

Pflichtversicherung oder der Berufsausübung bis zur Inanspruchnahme einer Eigenpension aus der gesetzlichen Pensionsversicherung oder einer Wohlfahrtseinrichtung einer Kammer der freien Berufe nicht zulässt, ist naturgemäß eine Stabilisierung und noch mehr eine Stärkung des Systems der MV-Kassen auch für das Notariat von großem Interesse. Dennoch regt die Versicherungsanstalt des österreichischen Notariates in diesem Zusammenhang an, eine gesetzliche Grundlage im BMSVG zu schaffen, damit nicht nur ein Wechsel zwischen verschiedenen MV-Kassen möglich ist (vgl. § 12 BMVG), sondern auch ein gänzlicher Ausstieg („Opting out“) unter bestimmten Voraussetzungen zugelassen wird. Dies sollte insbesondere dann gelten, wenn die Absetzbarkeit der Beiträge als Betriebsausgaben nicht mehr gewährleistet  sein sollte. Im Übrigen stellt eine solche Ausstiegsmöglichkeit einen weiteren Anreiz zB für Notare dar, in das System der MV-Kassen zu optieren.

 

Weiters wird angeregt, wenn nicht schon im Gesetzestext, so doch zumindest in den Erläuterungen das „Rucksackprinzip“ – insbesondere für Notariatskandidaten, die zum Notar ernannt wurden – zu verdeutlichen und die Möglichkeiten, die nach Beendigung des Dienstverhältnisses als Notariatskandidat in Folge seiner Ernennung zum Notar bestehen, näher zu konkretisieren.

 

Aufgefallen ist schließlich, dass am Anfang des Novellenentwurfes formuliert ist „Das Betriebliche Mitarbeitervorsorgegesetz, BGBl. I Nr. 100/2002, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 37/2005, wird wie folgt geändert:“ Die letzte Änderung des BMVG erfolgte jedoch mit BGBl . I Nr. 141/2006, weshalb eine entsprechende Korrektur angeregt wird.

 

Abschließend betont die Versicherungsanstalt des österreichischen Notariates nochmals, dass sie das gegenständliche Gesetzesvorhaben ausdrücklich begrüßt, jedoch eine längere Vorbereitungszeit und eine längere Begutachtungsfrist wünschenswert gewesen wäre. Auch ist der im Entwurf vorgesehene Zeitraum von sechs Monaten zur Schaffung der administrativ-technischen Voraussetzungen im 1. Halbjahr 2008 (§ 74 Abs. 5) sehr kurz; eine weitere Verkürzung dieses Zeitraumes ist undenkbar, eine Verlängerung dieses Zeitraumes etwa auf zwölf Monate wäre wünschenswert.

 

 

Versicherungsanstalt des
österreichischen Notariates

 

 

 

Der Präsident                                                                           Der leitende Angestellte

         Dr. Engelbert PETRASCH e.h.                                              Dr. Felix PROKSCH e.h.