Zl. 12-REP-43.00/07 Ht/Er

 

HAUPTVERBAND DER ÖSTERREICHISCHEN SOZIALVERSICHERUNGSTRÄGER

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                                                                                                  Wien, 18. Oktober 2007

An das                                                                                                                      per E-Mail
Bundesministerium für
Wirtschaft und Arbeit

An das                                                                                                                      per E-Mail
Präsidium des Nationalrates

An das                                                                                                                      per E-Mail
Bundesministerium für
Soziales und Konsumentenschutz

Betr.:     Bundesgesetz, mit dem das Betriebliche Mitarbeitervorsorgegesetz, das Einkommensteuergesetz 1988, das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz und das ORF-Gesetz geändert werden

Bezug:  E-Mail des BMWA vom 1. Oktober 2007,
GZ: BMWA-462.201/0004-III/9a/2007

Sehr geehrte Damen und Herren!

Der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger nimmt wie folgt Stellung:

Allgemeines

Wir begrüßen die Neuregelungen des BMSVG, die geeignet sind, den Einkommensunterschied zwischen dem (Erwerbs-)Einkommen aktiv Erwerbstätiger bzw. von PensionsbezieherInnen abzuschwächen und beim Ausscheiden aus dem Erwerbsleben gleiche Verhältnisse für Selbstständige wie Unselbstständige zu schaffen. In einzelnen Details sollte dieser Vorschlag allerdings noch adaptiert werden.

Die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft (SVA) weist zudem darauf hin, dass die Sozialpartnereinigung „Gesundheit sichern“ als Basis der in Rede stehenden Gesetzesänderungen als Maßnahme der Beitragsharmonisierung in der gesetzlichen Krankenversicherung die Senkung des Beitragssatzes in der Krankenversicherung im GSVG von 9,1 % auf 7,65 %, also um 1,45 % vorsieht.

Die so entstehende „Beitragsersparnis“ wird von den Unternehmern für eine Unternehmervorsorge (gesetzlicher Terminus: „Selbstständigenvorsorge“) nach dem Modell der „Abfertigung neu“ eingezahlt.

Zur Umsetzung der Beitragsherabsetzung und Selbstständigenvorsorge sind zwei legistische Maßnahmen notwendig: neben dem vorliegenden Entwurf noch die im Zuständigkeitsbereich des BMGFJ vorzubereitende Novelle des GSVG, die die Harmonisierung des Beitragssatzes der GSVG-Krankenversicherung mit 7,65 % zum Gegenstand hat.

Dies muss jedoch zwingend zeitgleich geschehen. Mit Nachdruck wird festgehalten, dass im Sinne einer wechselseitigen „Bedingtheit“ (als conditio sine qua non) ein gleichzeitiges Inkrafttreten beider Gesetzesänderungen mit 1. Jänner 2008 erforderlich ist.

Zu Art. 1 BMSVG

Zunächst ist aufgefallen, dass am Anfang des Novellenentwurfes formuliert ist „Das Betriebliche Mitarbeitervorsorgegesetz, BGBl. I Nr. 100/2002, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 37/2005...“.

Die letzte Änderung des BMVG erfolgte jedoch mit BGBl. I Nr. 141/2006, weshalb eine entsprechende Korrektur angeregt wird.

Zu Art. 1 Z 8 - §§ 50 Abs. 2 und 64 Abs. 1 BMSVG

Die Selbstständigenvorsorge als Pflichtmodell knüpft an die Pflichtversicherung in der Krankenversicherung nach § 2 GSVG an.

In der Krankenversicherung nach § 2 GSVG pflichtversichert sind Mitglieder einer Wirtschaftskammer, die Gesellschafter einer offenen Gesellschaft und die unbeschränkt haftenden Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft, sofern diese Gesellschaften Mitglieder einer Wirtschaftskammer sind, weiters die zu Geschäftsführern bestellten Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, sofern diese Gesellschaft Mitglied einer Wirtschaftskammer ist (...) sowie die so genannten „neuen Selbstständigen“, wenn nicht eine gesetzliche berufliche Vertretung (Kammer) eine Ausnahme nach § 5 GSVG beantragt hat.

Eine freiwillige Vorsorge wird allen so genannten neuen Selbstständigen, deren Vertretungen von der Möglichkeit des „Opting-out“ gemäß § 5 GSVG Gebrauch gemacht haben, sowie den Pflichtversicherten gemäß § 2 BSVG eingeräumt.

Es ist nicht nachvollziehbar, warum die Einbeziehung der Selbstständigen nicht alle, sondern nur einen Teil der Selbstständigen umfassen soll. Im vorliegenden Fall werden somit gleiche Sachverhalte ungleich behandelt. Eine Anknüpfung an die Pflichtversicherung in der Krankenversicherung erscheint uns als Grund für die Ungleichbehandlung als nicht sachlich gerechtfertigt.

Die vorliegende Novelle verpflichtet einen Teil der Selbstständigen zur Selbstständigenvorsorge; Pflichtversicherte nach dem BSVG sowie Personen, die aufgrund des „Opting-out“ (§ 5 GSVG) nicht der Pflichtversicherung des GSVG unterliegen, haben eine Wahlmöglichkeit.

Diese Regelung bildet unseres Erachens eine sachlich nicht begründbare Ungleichbehandlung und lässt verfassungsrechtliche Zweifel entstehen.

Zu Art. 1 Z 8 - § 51 Abs. 3 BMSVG

Diese Bestimmung erscheint insofern als nicht zweckmäßig, als sie nicht etwa die sinngemäße Anwendung des § 27 Abs. 4 BMVG (allenfalls mit bestimmten Maßgaben) normiert, sondern die SVA verpflichtet, der MV-Kasse „zusätzlich zu den den Anwartschaftsberechtigten betreffenden Daten nach § 27 Abs. 4“ weitere Daten zur Verfügung zu stellen.

Laut § 27 Abs. 4 BMVG sind die Sozialversicherungsträger unter anderem verpflichtet, der MV-Kasse Stammdaten des Arbeitgebers (DGNR, Firma, Anschrift) und Beginn, Ende und Beendigungsgrund jedes Arbeitsverhältnisses eines Anwartschaftsberechtigten zur Verfügung zu stellen. § 27 Abs. 4 BMVG stellt also klar auf die Verhältnisse der Dienstnehmer ab und passt daher nur teilweise auf die Situation der Selbstständigen.

Die Formulierung des § 51 Abs. 3 BMSVG „zusätzlich zu den den Anwartschaftsberechtigten betreffenden Daten nach § 27 Abs. 4“ erscheint nicht ausreichend, um diese Diskrepanz zwischen dem Wortlaut des § 27 Abs. 4 BMVG und den Verhältnissen der Unternehmer auszugleichen.

Eine Formulierung, die die sinngemäße Anwendung des § 27 Abs. 4 BMVG ermöglicht, ist vorzuziehen.

Zu Art. 1 Z 8 - § 53 Abs. 1 BMSVG

Es erscheint wünschenswert, die Bestimmungen über die Dauer der Beitragspflicht durch Verweis auf die §§ 6 und 7 GSVG zu präzisieren.

Zu Art. 1 Z 8 - § 53 Abs. 2 BMSVG

Im zweiten Satz sollte nicht nur hinsichtlich der Einziehung, sondern auch betreffend die Verzugszinsen, Mahnung, Eintreibung der Beiträge etc. ausdrücklich auf die diesbezüglichen Bestimmungen des GSVG verwiesen werden.

Es ergibt sich zwar aus dem Zusammenhang, dass mit der „Feststellung der Leistungsverpflichtung dem Grunde und der Höhe nach“ im letzten Satz die Pflicht des Selbstständigen zur Beitragsleistung gemeint ist, doch ist die Formulierung „Feststellung der Beitragspflicht dem Grunde und der Höhe nach“ klarer und daher vorzuziehen.

Dem System der SVA entsprechend sollten Beiträge erst und nur dann an die MVK überwiesen werden, wenn die einheitliche Schuld für einen Monat inklusive Vorsorgebeitrag zur Gänze gedeckt ist.

Zu Art. 1 Z 8 - § 56 Abs. 1 BMSVG

§ 56 BMSVG stellt auf einen „Kapitalbetrag“ ab, und dieser setzt seinerseits gemäß § 56 Abs. 1 BMSVG drei Einzahlungsjahre voraus.

Dieses Erfordernis der drei Einzahlungsjahre könnte z. B. in folgenden Fällen als Härte empfunden werden, die geeignet ist, die Akzeptanz der Selbstständigen-Vorsorge zu gefährden:

-       Wenn ein Versicherter (bzw. hier: Anwartschaftsberechtigter), der weniger als drei Einzahlungsjahre erworben hat, stirbt (etwa durch Unfall oder innerhalb von drei Jahren ab Inkrafttreten der Selbstständigen-Vorsorge), gibt es keine klare Regelung, der zufolge jedenfalls ein den Einzahlungen entsprechender Kapitalbetrag in die Verlassenschaft fiele.

-       Versicherte, die das Regelpensionsalter vor dem 1. Jänner 2011 vollenden, müssten entweder Beiträge im Wissen leisten, dass sie keine Leistungen der Selbstständigen-Vorsorge erhalten werden, oder könnten, um Beitragsleistungen ohne Gegenleistung zu vermeiden, erst entsprechend später in Pension gehen.

Aus der Sicht der SVA, die von ihren Versicherten die Beiträge zur Selbstständigen-Vorsorge hereinbringen und ihre Versicherten entsprechend beraten muss, ist es nicht vertretbar, Regelungen zu schaffen, die dazu führen können, dass Beitragszahlungen zur Selbstständigen-Vorsorge keinerlei Leistungen aus dieser Selbstständigen-Vorsorge gegenüber stehen.

Sollte hingegen mit dem Wort „jedenfalls“ in Abs. 2 gemeint sein, dass bei Zutreffen der dort genannten Tatbestände ein Kapitalbetrag auch dann gebührt, wenn weniger als drei Einzahlungsjahre vorliegen, dann müsste dies klarer zum Ausdruck gebracht werden als durch das Wort „jedenfalls“.

§ 56 Abs. 1 und 2 BMSVG sind auch aus einem anderen Grund unklar:

Wenn das Wort „jedenfalls“ in Abs. 2 bedeutet, dass in den Fällen des Abs. 2 Z 1 die Anspruchsberechtigten über die Selbstständigen-Vorsorge verfügen dürfen, auch wenn seit der Erfüllung der in Abs. 1 Z 1 oder 2 genannten individuellen Voraussetzungen noch keine zwei Jahre vergangen sind, erscheint diesbezüglich die Zwei-Jahres-Frist des Abs. 1 entbehrlich.

Eine schon vorher bestehende Verfügungsmöglichkeit (Abs. 2 Z 1) über einen erst in zwei Jahren (Abs.  1) entstehenden Anspruch ist nicht recht vorstellbar; wenn aber jede(r) Selbstständige, der/die seit mindestens zwei Jahren die in Abs. 1 Z 1 oder 2 genannten individuellen Voraussetzungen erfüllt, gemäß Abs. 1 schon Anspruch auf Leistungen der Selbstständigen-Vorsorge hat, ist nicht recht einzusehen, warum er/sie gemäß Abs. 2 (erst) nach fünf (weiteren?) Jahren darüber verfügen darf.

Wenn aber in anderen Fällen als denen des Abs. 2 Z 1 eine Verfügung über den Anspruch allgemein erst mindestens fünf Jahre nach Verwirklichung des jeweiligen Tatbestandes des Abs. 1 Z 1 oder 2 möglich sein soll, ist nicht einsichtig, warum der Anspruch (nach Abs. 1) ohne Verfügungsmöglichkeit bereits zwei Jahre nach Verwirklichung des jeweiligen Tatbestandes des Abs. 1 Z 1 oder 2 entstehen soll. In diesem Fall wäre die Zwei-Jahres-Frist des Abs. 1 ebenfalls entbehrlich.

Auch den Erläuterungen kann nicht entnommen werden, wann die jeweilige selbstständige Erwerbstätigkeit – damit ein Anspruch auf den Kapitalbetrag entsteht –seit mindestens zwei Jahren oder aber seit fünf Jahren eingestellt worden sein muss.

Zu Art. 1 Z 8 - § 62 Abs. 4 BMSVG

Zur Einhebungsvergütung von maximal 0,3 % bemerkt die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, dass erst in der Zukunft zu prüfen sein wird, ob vor dem Hintergrund des verhältnismäßig aufwändigen Beitragsbemessungssystems in der gewerblichen Krankenversicherung mit dem vorgesehenen Vergütungsausmaß das Auslangen gefunden werden kann.

Zu Art. 1 Z 8 - § 64 BMSVG

Die Formulierung des Abs. 1 Z 1 „Personen, die der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach § 2 GSVG... (unterliegen)“, erscheint verfehlt, weil die Personenkreise der Krankenversicherung nach § 2 GSVG bzw. der Pensionsversicherung nach § 2 GSVG weitgehend die selben sind und sich nur hinsichtlich der Personen, die nach § 5 GSVG von der Pflichtversicherung ausgenommen sind, unterscheiden.

Dieser Wortlaut lässt es unklar erscheinen, ob die vielen sowohl der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung als auch der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung unterliegenden Selbstständigen jetzt der Selbstständigen-Vorsorge gemäß § 50 oder aber gemäß § 64 BMSVG unterliegen.

§ 64 Abs. 1 Z 1 BMSVG sollte daher lauten:

1. von Personen, die der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach § 2 GSVG unterliegen, aber gemäß § 5 GSVG von der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung ausgenommen sind (…)".

Darüber hinaus sprechen zahlreiche Aspekte dafür, hinsichtlich des versicherten Personenkreises generell auf dem Tatbestand der gegebenen Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung aufzusetzen. Neben vielen anderen Gründen spricht hierfür vordringlich der Umstand, dass nur in der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung eine klare und eindeutige Trennlinie zwischen Versicherungspflicht und Leistungsebene gezogen werden kann.

Zu Art. 1 Z 8 - § 66 Abs. 1 BMSVG

Nach § 66 Abs. 1 BMSVG kann sich der Notar bis zum 30. Juni 2008 durch Abschluss eines Beitrittsvertrages zu einer monatlichen Beitragsleistung für die Dauer der Berufsausübung an eine von ihm ausgewählte MV-Kasse verpflichten.

Da ein Notar, der zum 1. Jänner 2008 bereits der Pflichtversicherung nach dem NVG unterliegt, für den Rest seines Berufslebens an die Entscheidung über den Abschluss eines Beitrittsvertrages – abgesehen von einem möglichen Wechsel von einer MV-Kasse zu einer anderen (§ 12 BMVG) – gebunden bleibt, die er innerhalb der gesetzlich vorgegebenen Frist von derzeit sechs Monaten zu treffen hat, spricht sich die Versicherungsanstalt des österreichischen Notariates (VANot) für die Verlängerung dieser Frist bis 31. Dezember 2008 aus.

Insbesondere für jene, die sich nicht sofort für den Abschluss eines Beitrittsvertrages entscheiden können, wäre eine längere Überlegungsfrist angebracht, um alle wesentlichen Auswirkungen einer solchen Entscheidung abwägen zu können.

Zu Art. 1 Z 8 - § 66 Abs. 1 i.V.m. § 74 Abs. 8 BMSVG

Die Sozialversicherungsanstalt der Bauern (SVB) weist darauf hin, dass der vorliegende Gesetzesentwurf und der Entwurf zum Arbeitslosenversicherungsgesetz 1975 wechselseitig in direktem Zusammenhang stehen, da sie beide der Vorsorge für BSVG-Versicherte dienen und der Bezug habende Beitragseinzug von der SVB vollzogen werden soll.

Beide Regelungen stellen aus Sicht der Betroffenen zweifelsfrei gravierende Neuerungen dar, die vorweg ein massives Informations- und Beratungsbedürfnis wecken werden.

Vor eben diesem Beratungshintergrund erscheint es dringend geboten, die beiden Gesetzeswerke nach der selben Systematik auszurichten und diese gleich lautend entweder dem Modell „Opting-in“ oder „Opting-out“ zu unterwerfen, da anderenfalls die Gefahr besteht, dass weniger versierte Versicherte im Ergebnis ungewollte weil nahezu irreversible Entscheidungen treffen und in der Folge Haftungsansprüche gegenüber der SVB in Folge von „Beratungsfehlern“ geltend machen. Gleiches gilt analog auch für die gesetzliche Interessensvertretung, da sich die Beratung durch die SVB naturgemäß nur auf allfällige sozialversicherungsrechtliche Aspekte beziehen wird.

Vor die Wahl gestellt, würde die SVB dem Lösungsmodell eines generellen „Opting-out“ den Vorzug einräumen, da ein solches aus Anstaltssicht mit weniger individuellem Risiko behaftet ist. Selbstredend müsste eine solche Systemumstellung mit einer Angleichung des Wirksamkeitsbeginns an den Arbeitslosenversicherungsgesetzentwurf per 1. Jänner 2009 einhergehen, da eine technische Umsetzung zum Jahreswechsel auch bei Beibehaltung der „Opting-in“ Variante auf erhebliche Schwierigkeiten stieße.

Im Übrigen ist der unterschiedliche Wirksamkeitsbeginn auch inhaltlich nicht nachvollziehbar und ist kein sachlicher Grund erkennbar, weshalb beide Gesetzesentwürfe unterschiedliche Wirksamkeitsbeginne aufweisen, sodass eine Verschiebung der betrieblichen Mitarbeitervorsorge auf den 1. Jänner 2009 angezeigt wäre.

Sollte dies aus welchen Gründen auch immer nicht möglich sein und dementsprechend per 1. Jänner 2008 ein „Opting-in“ Modell wirksam werden, sollte zumindest die Frist für den erstmaligen Einstieg auf 12 Monate ausgedehnt werden.

Zu Art. 1 Z 8 - § 66 Abs. 2 BMSVG

Im Hinblick darauf, dass § 66 Abs. 2 BMSVG ein Einstellen, Aussetzen oder Einschränken der Beitragsleistung für die Dauer der Pflichtversicherung oder der Berufsausübung bis zur Inanspruchnahme einer Eigenpension aus der gesetzlichen Pensionsversicherung oder einer Wohlfahrtseinrichtung einer Kammer der freien Berufe nicht zulässt, ist naturgemäß eine Stabilisierung und noch mehr eine Stärkung des Systems der MV-Kassen auch für das Notariat von großem Interesse.

Dennoch regt die VANot in diesem Zusammenhang an, eine gesetzliche Grundlage im BMSVG zu schaffen, damit nicht nur ein Wechsel zwischen verschiedenen MV-Kassen möglich ist (vgl. § 12 BMVG), sondern auch ein gänzlicher Ausstieg („Opting-out“) unter bestimmten Voraussetzungen zugelassen wird.

Dies sollte insbesondere dann gelten, wenn die Absetzbarkeit der Beiträge als Betriebsausgaben nicht mehr gewährleistet sein sollte. Im Übrigen stellt eine solche Ausstiegsmöglichkeit einen weiteren Anreiz z. B. für Notare dar, in das System der MV-Kassen zu optieren.

Weiters wird angeregt, wenn nicht schon im Gesetzestext, so doch zumindest in den Erläuterungen, das „Rucksackprinzip“ (insbesondere für Notariatskandidaten, die zum Notar ernannt wurden) zu verdeutlichen und die Möglichkeiten, die nach Beendigung des Dienstverhältnisses als Notariatskandidat in Folge seiner Ernennung zum Notar bestehen, näher zu konkretisieren.

Zu Art. 1 Z 8 - § 66 Abs. 3 BMSVG

Die SVB weist darauf hin, dass das Gesetzeszitat des § 23 BSVG für sich alleine nicht ausreichend ist.

Vielmehr müsste dies um die §§ 23a bzw. 33b BSVG ergänzt werden, sofern auf der Beitragsgrundlage in der Krankenversicherung aufgesetzt wird. Würde hingegen auf die Pensionsversicherung abgestellt, müsste das Gesetzeszitat des „§ 33b BSVG“ durch das Gesetzeszitat „§ 33a BSVG“ ersetzt werden.

Von entscheidender Bedeutung ist der Umstand, dass die „vorläufige Beitragsgrundlage“ des § 25a GSVG im Bereich des BSVG kein spiegelgleiches Pendant aufweist. Zwar findet sich auch in § 23 Abs. 4a BSVG der Begriff der „vorläufigen Beitragsgrundlage“, doch folgt diese einer gänzlich anderen Systematik.

Für den BSVG-Bereich ist es daher unumgänglich ausdrücklich zu normieren, dass die zum Zeitpunkt der Vorschreibung maßgebliche Beitragsgrundlage heran zu ziehen ist und keiner nachträglichen Veränderung unterworfen werden darf (dies steht vordringlich im Zusammenhang mit der nachträglichen Beitragsbemessung für bäuerliche Nebentätigkeiten).

Es könnte textlich lauten:

Als Beitragsgrundlage im Sinne des Abs. 1 ist für die Pflichtversicherten nach dem BSVG die zum Zeitpunkt der Vorschreibung in der Pensionsversicherung maßgebliche Beitragsgrundlage nach den §§ 23, 23a und 33a BSVG heranzuziehen; diese kann nachträglich nicht verändert werden.

Im Übrigen fällt auf, dass sowohl für den Bereich der Land- und Forstwirtschaft als auch der freiberuflich Selbstständigen eine § 53 Abs. 2 BMSVG vergleichbare Bestimmung fehlt, derzufolge der Beitragseinzug ausdrücklich der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft überantwortet ist.

Weiters macht die VANot folgendes geltend:

Abs. 3 des Entwurfes sieht vor, dass als Beitragsgrundlage im Sinne des Abs. 1 die sich aus der in § 64 Abs. 1 Z 1 bis 4 angeführten Pflichtversicherung jeweils ergebende Beitragsgrundlage nach den §§ 25, 25a, 26 und 35b GSVG, nach § 23 BSVG sowie nach § 10 NVG heranzuziehen ist, wobei für die nach dem GSVG, dem FSVG, dem BSVG oder NVG Pflichtversicherten die sich aus den genannten Regelungen jeweils ergebende vorläufige Beitragsgrundlage ohne Nachbemessung maßgeblich sei.

Der darin befindliche Verweis auf § 10 NVG ist jedoch nicht zielführend, da dieser lediglich die „Selbstberechnung“ der Beiträge durch den Versicherten selbst normiert, aber keine vorläufige Beitragsgrundlage etwa im Sinne des § 25a GSVG darstellt.

Die VANot schlägt daher folgenden Text vor:

Für die nach dem NVG Pflichtversicherten ist die monatliche Beitragsgrundlage ein Zwölftel der nach den Vorschriften über die Einkommensteuer versteuerbaren Einkünfte des dem Monat der Beitragsleistung drittvorangegangenen Jahres. Liegen im drittvorangegangenen Jahr keine versteuerbaren Einkünfte vor oder sind diese geringer als das Dreißigfache der täglichen Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 108 Abs. 3 ASVG, ist Beitragsgrundlage für die nach dem NVG Pflichtversicherten das Dreißigfache der täglichen Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 108 Abs. 3 ASVG. Im Falle einer nachträglichen Änderung der Höhe der versteuerbaren Einkünfte ist eine Neuberechnung ausgeschlossen.

In diesem Zusammenhang regt die VANot auch an, in den Erläuterungen zu dieser Bestimmung ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass demnach für die Beitragsgrundlage die Einkünfte aus selbstständiger Arbeit nach dem Einkommensteuerbescheid des drittvorangegangenen Jahres maßgeblich sind.

Zu Art. 1 Z 8 - § 66 Abs. 4 BMSVG

Gemäß § 66 Abs. 4 BMSVG des gegenständlichen Entwurfes sollen für die Einziehung dieser Beiträge und Weiterleitung an die MV-Kassen sowie die Meldepflichten des Anwartschaftsberechtigten die jeweiligen sozialversicherungsrechtlichen Regelungen des GSVG, FSVG, BSVG oder NVG gelten.

Aus Gründen der Rechtssicherheit wird angeregt, diese Regelung genauer zu konkretisieren.

Folgender Text wird für § 66 Abs. 4 BMSVG vorgeschlagen:

(…) Für diese Beiträge gelten die vom jeweils zuständigen Sozialversicherungsträger anzuwendenden Vorschriften über die Fälligkeit, Einzahlung und Eintreibung der Pflichtbeiträge sowie über die Melde- und Auskunftspflichten mit der Maßgabe, dass an die Stelle der Beiträge zur Krankenversicherung bzw. Pensionsversicherung die Beiträge an die MV-Kassen treten.

Zu Art. 1 Z 8 - § 67 Abs. 1 BMSVG

Gemäß § 67 Abs. 1 BMSVG hat der Anwartschaftsberechtigte für seine Selbstständigenvorsorge entweder mit der für seine Arbeitnehmer bereits ausgewählten MV-Kasse oder, falls er mangels Beschäftigung von Arbeitnehmern zur Auswahl einer MV-Kasse nicht verpflichtet ist, mit einer von ihm ausgewählten MV-Kasse einen Beitrittsvertrag abzuschließen.

Wir sprechen uns ausdrücklich gegen die in dieser Bestimmung vorgesehene Bindung an eine bereits für Dienstnehmer ausgewählte MV-Kasse aus, zumal eine derartige Einschränkung des Wahlrechts im Widerspruch zum vorgesehenen Optionen-Modell steht.

Zu Art. 1 Z 8 - § 69 BMSVG

Die auch für den Bereich der Land- und Forstwirtschaft maßgebliche Leistungsvoraussetzung des § 69 Abs. 1 Z 1 BMSVG ist insbesondere im Hinblick auf die Erfüllung des Tatbestandes der „Einstellung der betrieblichen Tätigkeit“ ein anschauliches Beispiel dafür, weshalb nach Auffassung der SVB ein Abstellen auf das Ende der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung weitaus zweckmäßiger wäre.

Zu Art. 1 Z 8 - § 72 BMSVG

Da diese Bestimmung hinsichtlich der Höhe der Verwaltungskosten bei Einhebung der Beiträge durch einen Sozialversicherungsträger auf § 62 BMSVG verweist und dessen Abs. 4 aber ausschließlich der SVA eine diesbezügliche Einhebevergütung zuspricht, ersucht die SVB selbiges dementsprechend auch für ihre Anstalt ausdrücklich zu normieren.

Die VANot stellt im Hinblick auf die sich laut § 72 i.V.m. § 62 Abs. 4 BMSVG sich ergebende Berechtigung für die Einhebung und Weiterleitung der Beiträge eine Vergütung von höchstens 0,3 % der eingehobenen Beiträge von der jeweiligen MV-Kasse einzuheben, für ihren Bereich folgendes fest:

Die VANot, die derzeit über lediglich fünf angestellte Mitarbeiter – zwei davon sind Teilzeitkräfte – verfügt, muss für die im Entwurf vorgesehene Vollziehung des BMSVG eine weitere Arbeitskraft einstellen, da die vorhandenen Angestellten mit der Erledigung ihrer bisherigen Aufgaben bereits voll ausgelastet sind.

Der im Entwurf normierte Kostenersatz von 0,3 % der eingehobenen Beiträge deckt jedoch mit Sicherheit bei weitem nicht die durch die Vollziehung des BMVG entstehenden Verwaltungskosten ab, weshalb die Anhebung des Hundertsatzes für den Kostenersatz auf zumindest 1 % – analog dem Kostenersatz gemäß § 87 Abs. 3 NVG 1972 – angeregt wird.

Darüber hinaus lässt die Formulierung im Entwurf mit dem Wort „höchstens“ einen Verhandlungsspielraum – mit den MV-Kassen – zu, der ebenfalls nicht zweckmäßig erscheint, zumal die Kosten der die Beiträge einhebenden Sozialversicherungsträger gleich sind, unabhängig davon, an welche MV-Kasse die Beiträge abzuführen sein werden.

Die Berechnung, Einhebung und Abfuhr der Beiträge für die MV-Kassen stellt für die VANot eine völlig neue Aufgabe dar und es ist hiefür von der Versicherungsanstalt eine eigene Software – auch für den zur Vollziehung des BMSVG notwendigen Datenaustausch mit dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger – zu entwickeln und zu implementieren.

Eine Bestimmung, die den Ersatz dieser damit verbundenen Kosten vorsieht, sollte explizit vorgesehen werden.

Zu Art. 1 Z 9 - § 74 Abs. 7 BMSVG

§ 46 Abs. 1 BMVG normiert, dass dieses Bundesgesetz mit 1. Juli 2002 in Kraft tritt und auf Arbeitsverhältnisse anzuwenden ist, deren vertraglich vereinbarter Beginn nach dem 31. Dezember 2002 liegt.

Durch die nunmehrige Novelle wird diese Bestimmung weder geändert noch wird auf sie Bezug genommen.

In § 74 Abs. 7 BMSVG wird normiert, dass die für freie Dienstnehmer relevanten Bestimmungen mit 1. Jänner 2008 in Kraft treten. Bei diesen in Kraft tretenden gesetzlichen Änderungen handelt es sich vorwiegend um Adaptierungen bereits bestehender Bestimmungen um das BMVG auch für freie Dienstnehmer anwendbar zu machen.

Unklar aber bleibt, welcher Personenkreis tatsächlich vom Inkrafttreten umfasst ist.

Faktum ist, dass das BMSVG mit einer Stichtagsregelung für freie Dienstnehmer ab 1. Jänner 2008 anzuwenden ist.

Die Bestimmung des § 46 BMVG ist unseres Erachtens kumulativ zu lesen, da diese Norm von keiner Änderung betroffen ist, daher unverändert im Rechtsbestand verbleibt und was in weiterer Folge bedeuten würde, dass die Anwendung des neuen BMVG nur für Arbeitsverhältnisse (auch freie Dienstverträge sind Arbeitsverhältnisse) mit vertraglichem Beginn nach dem 31. Dezember 2002 zu erfolgen hat.

Nicht umfasst wären freie Dienstnehmer, deren Arbeitsverhältnis vor dem 1. Jänner 2003 vertraglich vereinbart wurde. Hiebei handelt es sich um eine nicht unbeträchtliche Anzahl von Dienstnehmern, die bereits seit Einführung des § 4 Abs. 4 ASVG als freie Dienstnehmer tätig sind.

Den erläuternden Materialien ist zu entnehmen, dass das BMSVG ab dem 1. Jänner 2008 auf alle, d. h. auch auf zu diesem Zeitpunkt bestehende Dienstverhältnisse anzuwenden sei.

Wie bereits ausgeführt, würde bei Beibehaltung (ohne entsprechende Ergänzung in § 46 BMVG oder § 74 BMSVG) dies nicht für freie Dienstnehmer zutreffen, deren Arbeitsverhältnis vor dem 1. Jänner 2003 vertraglich vereinbart wurde.

Zu Art. 1 Z 9 - § 74 Abs. 8 BMSVG

Im Zusammenhang mit der Inkrafttretensbestimmung (1. Jänner 2008) halten wir fest, dass es aus praktischer Sicht unmöglich ist, die technischen Voraussetzungen für die Umsetzung der gesetzlichen Bestimmungen bis zu diesem Datum zu schaffen.

Die Durchlaufzeit ab Inkrafttreten beträgt mindestens drei Monate. Aus heutiger Sicht ist ein seriöser Einsatztermin der 1. Juli 2008.

Sollte es dazu kommen, dass Rechtsanwälte sowie Ziviltechniker Zeitenmeldungen sowie Beitragsgrundlagendaten direkt (ohne Zwischenschaltung eines SV-Trägers) an das System des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger vornehmen, so ist für den Support der Kammer(n) im Hauptverband eine zusätzliche Arbeitskraft-Person aufzunehmen.

Eine Bestimmung, die den Ersatz dieser damit verbundenen Kosten in voller Höhe vorsieht, sollte explizit vorgesehen werden.

Die Entwicklungskosten für die Umsetzung der geplanten gesetzlichen Bestimmungen können erst nach Analyse des endgültigen Gesetzestextes geschätzt werden.

Auch eine ausdrückliche gesetzliche Regelung für den Ersatz der Investitionskosten ist zwingend erforderlich.

Dies umso mehr, als dem Vernehmen nach, die meisten Mitarbeitervorsorgekassen für die Selbstständigenvorsorge nach dem 5. Teil nicht mit diesen Selbstständigen kontrahieren werden. Daher werden diese Mitarbeitervorsorgekassen auch keine Kosten tragen wollen. Das Kostenrisiko kann aber keinesfalls bei der Versichertengemeinschaft liegen (§ 81 ASVG).

Zu Art. 1 - § 7 BMVG - Ergänzungsvorschlag

Aus dem Entwurf kommt nicht klar hervor, wie die Beitragsleistung für entgeltfreie Zeiträume bei freien DienstnehmerInnen geregelt ist.

Dies betrifft folgende Konstellationen:

1.  Freie DienstnehmerInnen haben keinen Anspruch auf Krankengeld; es ist daher klarzustellen, dass die fiktive Bemessungsgrundlage für Krankengeld nur für ArbeitnehmerInnen gilt.

2.  Freie Dienstnehmerinnen haben zwar Anspruch auf Wochengeld, welches jedoch einen fixen Betrag darstellt. Es ist daher klarzustellen, dass die fiktive Bemessungsgrundlage für Wochengeld nur für ArbeitnehmerInnen gilt.

Mit freundlichen Grüßen
Für den Hauptverband: