Amt der Wiener Landesregierung

 

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MD-VD - 1450-1/07                                                          Wien, 18. Oktober 2007

Entwurf eines Bundesgesetzes,

mit dem das Arbeitslosenversi-

cherungsgesetz 1977, das Arbeits-

marktpolitik-Finanzierungsgesetz,

das Arbeitsmarktförderungsgesetz,

das Arbeitsmarktservicegesetz,

das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungs-

gesetz, das Insolvenz-Entgeltsicherungs-

gesetz und das Nachtschwerarbeitsgesetz

geändert werden;

Begutachtung;

Stellungnahme

 

zu BMWA-433.001/0054-II/1/2007

 

 

An das

Bundesministerium für Wirtschaft

und Arbeit

 

 

Zu dem mit Schreiben vom 1. Oktober 2007 übermittelten Entwurf eines Bundesgesetzes wird nach Anhörung des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien wie folgt Stellung genommen:

 

 

Allgemeines:

 

Nach den Erläuterungen soll der gegenständliche Entwurf einen wichtigen Schritt zur Umsetzung der österreichischen Konzeption der „Flexicurity“ darstellen. Von den Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen wird etwa in § 9 Arbeitslosenversicherungsgesetz hinsichtlich der zumutbaren Wegzeiten, befristeten Transitarbeitsplätzen etc. erhöhte Flexibilität eingefordert. Dies soll mit der Aufnahme weiterer Gruppen (freie Dienstnehmer/innen, Selbstständige) in die Arbeitslosenversicherung und mit verstärkten Qualifizierungs- und Weitervermittlungsmaßnahmen (Bildungskarenz etc.) kompensiert werden (Security).

 

Dies betrifft den gesamten Arbeitsmarkt, meist ohne Differenzierung nach Geschlecht, Alter, Qualifikation und Herkunft (Migrationshintergrund), sodass sich die geplanten Maßnahmen höchst unterschiedlich und auch diskriminierend auswirken können.

 

Aus frauenpolitischer Sicht ist besonders die fehlende Differenzierung nach dem Geschlecht zu kritisieren. Gesetzliche Regelungen sind nicht per se geschlechtsneutral, sondern es kann ein und dieselbe Regelung höchst unterschiedliche Auswirkungen auf die Geschlechter haben - oft zu Lasten von Frauen. Es ist daher dringend geboten, Gesetze und Verordnungen bereits in der Entstehungsphase einer systematischen Prüfung hinsichtlich ihrer gleichstellungsrelevanten Aspekte zu unterziehen. Für diesen Zweck wurde auch von der Bundesministerin für Frauen, Medien und Öffentlicher Dienst im Juni 2007 ein Leitfaden für Gender Mainstreaming in der Legistik herausgegeben.

 

So greifen etwa die Regelungen zur Bildungskarenz, mit der die Maxime des lebenslangen Lernens und der steten Weiterqualifizierung als Schlüssel zu mehr und besseren Arbeitsplätzen verfolgt werden soll, für Frauen zu kurz, da es ihnen oftmals nicht an entsprechender Qualifikation mangelt, sondern sie trotz gleichwertiger Qualifikation und Leistung geringere Entlohnung und weniger Zugang zu guten oder besseren Positionen haben. Auch sollte die prinzipiell begrüßenswerte Weiterbildung durch gesicherte Rahmenbedingungen gefördert werden (Kinderbetreuung, Pflegeübernahme, finanzielle Sicherheit während der Bildungskarenz).

 

Auch die verschärften Regelungen zur Mobilität von Arbeitnehmern und Arbeitnehmrinnen gehen oft zu Lasten von Frauen. Dies trifft nicht nur auf Frauen mit Kinderbetreuungspflichten zu, sondern es stellen auch sonstige Faktoren des Lebensalltags (Betreuung älterer Angehöriger, Haushaltsführung etc.) für Frauen Zusatzbelastungen dar, die unberücksichtigt geblieben sind. Im Übrigen fehlt es nach wie vor an Anreizen dafür, dass Männer diese Aufgaben in der Familie vermehrt oder paritätisch übernehmen.

 

Zu den einzelnen Bestimmungen:

 

zu Artikel 1 (Änderung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977):

 

zu Z 8 (§ 9 Absatz 8):

 

Das Arbeitsmarktservice sollte in jedem Fall eine Begründungspflicht gegenüber Arbeitslosen haben, wenn die Teilnahme an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung erforderlich ist, da nicht ohne Weiteres feststehen wird, wann die Gründe für solche Maßnahmen „als bekannt“ angenommen werden können. Vielmehr entspricht es dem Servicecharakter einer Einrichtung wie der des Arbeitsmarktservice, dass arbeitslose Personen über die Gründe für die Wiedereingliederungsmaßnahmen informiert werden und die Angelegenheit mit ihnen erörtert wird.

 

zu Z 23 (§ 25 Absatz 2):

 

Der gegenständliche Entwurf sieht strengere Sanktionen gegen „pfuschende“ Arbeitslose, Notstandshilfebezieher/innen und Sozialhilfebezieher/innen vor. Die Sanktionen gegen mitwirkende Dienstgeber bzw. Dienstgeberinnen bleiben aber unverändert, was nicht nachvollziehbar ist, da das Problem auch von Dienstgeber- bzw. Dienstgeberinnenseite angegangen werden müsste.

 

zu Artikel 4 (Änderung des Arbeitsmarktservicegesetzes):

 

zu Z 1 (§ 25):

 

Das Arbeitsmarktservice und das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit werden zur Ermittlung, Verarbeitung und Weitergabe einer Fülle an personenbezogenen Daten ermächtigt, soweit diese zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben eine wesentliche Voraussetzung sind. Da darunter auch besonders sensible (z. B. gesundheitsbezogene) Daten fallen, ist es im Sinne des Datenschutzes jedenfalls erforderlich zu präzisieren, für welche Zwecke, welche Daten, erfasst, bearbeitet und weitergegeben werden dürfen, da der Wortlaut „zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben eine wesentliche Voraussetzung sind“ zu unbestimmt ist.

 

Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass der Entwurf nicht dem Erfordernis der sprachlichen Gleichbehandlung von Frauen und Männern gerecht wird. Diesbezüglich wird auch auf die im Handbuch der Rechtsetzungstechnik, Teil 1: Legistische Richtlinien 1990, Punkt 10, angeführten Grundsätze der sprachlichen Gestaltung von Rechtsvorschriften verwiesen.“

 

 

 

                                                                      Für den Landesamtsdirektor:

 

 

                                                                              Mag. Andrea Mader

SR Dr. Hans Serban, LL.M.                                Obermagistratsrätin

 

 

 

Ergeht an:

1.  Präsidium des Nationalrates

 

2.  alle Ämter der Landes-

regierungen

 

3.  Verbindungsstelle der

Bundesländer

 

4.  MA 40

     (zu MA 40-II-2-9549/2007)

mit dem Ersuchen um Weiter-

leitung an die einbezogenen

Dienststellen