Zl. 12-REP-43.00/07 Ht/Er

 

HAUPTVERBAND DER ÖSTERREICHISCHEN SOZIALVERSICHERUNGSTRÄGER

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                                                                                                  Wien, 18. Oktober 2007

An das                                                                                                                      per E-Mail
Bundesministerium für
Wirtschaft und Arbeit

An das                                                                                                                      per E-Mail
Präsidium des Nationalrates

An das                                                                                                                      per E-Mail
Bundesministerium für
Soziales und Konsumentenschutz

Betr.:     Entwurf eines Gesetzes mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Arbeitsmarktförderungsgesetz, das Arbeitsmarktservicegesetz, das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz und das Nachtschwerarbeitsgesetz geändert werden

Bezug:  E-Mail des BMWA vom 1. Oktober 2007,
GZ: BMWA-433.001/0054-II/1/2007

Sehr geehrte Damen und Herren!

Der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger nimmt (unter Berücksichtigung der Stellungnahmen der Sozialversicherungsträger) wie folgt Stellung:

Zu Art. 1 Z 1 - § 1 Abs. 1 lit. e AlVG

In § 4 Abs. 1 Z 9 ASVG ist noch das Entwicklungshilfegesetz (statt Entwicklungshelfergesetz) erwähnt und es gibt auch keinen Hinweis auf Staatsangehörige von EU- und EWR-Mitgliedstaaten sowie der Schweiz.

Es wird daher eine wortgleiche Adaptierung des § 4 Abs. 1 Z 9 ASVG angeregt.

Zu Art. 1 Z 4 - § 3 Abs. 1 AlVG

Unseres Erachtens scheint es im Entwurf um die Einbeziehung selbstständig erwerbstätiger Personen zu gehen, die in der Pensionsversicherung pflichtversichert sind bzw. der Versicherungspflicht unterliegen. Das kommt aus dem Wortlaut aber nicht klar hervor.

Auch Personen, die auf Grund der Sonderbestimmungen über die Pflichtversicherung bei doppelter oder mehrfacher geringfügiger Beschäftigung nach dem ASVG oder dem Dienstleistungsscheckgesetz (vgl. § 471f ff. ASVG) nach dem ASVG vollversichert sind, wären Erwerbstätige, die der Versicherungspflicht in der Pensionsversicherung unterliegen.

Nach den Erläuterungen zur Novelle sollen alle nicht nur geringfügig beschäftigten Erwerbstätigen (mit Ausnahme der Beamten und der von der Pflichtversicherung in der Arbeitslosenversicherung auf Grund ihres Alters ausgenommenen Personen, die gegen das Risiko der Arbeitslosigkeit ohnedies abgesichert sind) in die Arbeitslosenversicherungspflicht einbezogen werden (können).

Auch die Erläuterungen lassen daher den Schluss zu, dass die mehrfach geringfügig Beschäftigten, die in die Vollversicherung (in der Regel rückwirkend) einbezogen werden, die Möglichkeit einer freiwilligen Arbeitslosenversicherung eröffnet werden soll.

Es sollte daher in § 3 eine eindeutige Anknüpfung an jene Sozialversicherungsgesetze erfolgen (z. B. GSVG), deren Pflichtversicherte tatsächlich durch diese Bestimmung die Möglichkeit der Arbeitslosenversicherung erhalten sollen.

Oder es wären die Erläuterungen anzupassen.

Die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft (SVA) hat mitgeteilt, dass auch aus ihrer Sicht das Wort „Versicherungspflicht“ nicht deutlich ist. Besser wäre „(...) der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung unterliegen oder von der Pflichtversicherung nach § 5 GSVG ausgenommen sind. Klarzustellen wäre allenfalls auch, wie mit sonstigen Ausnahmen von der Pensionsversicherung (z. B. gemäß § 4 Abs. 1 Z 6 bzw. 7 GSVG oder wegen Erwerbstätigkeit in einem anderen EWR-Mitgliedstaat) umzugehen ist.

Die Pensionsversicherungsanstalt weist noch darauf hin, dass nach den derzeit geltenden Bestimmungen des § 227 Abs. 1 Z 5 ASVG bzw. § 3 APG i.V.m. § 8 Abs. 1 Z 2 lit. b ASVG solche Zeiten für Selbständige jedoch nicht als für die Pensionsversicherung maßgebliche Versicherungszeiten berücksichtigt werden können (keinem Zweig nach dem ASVG zuordenbar).

In diesem Zusammenhang wird daher darauf hingewiesen, dass eine entsprechende Gesetzesänderung notwendig ist.

In den Überschriften zu den §§ 227, 227a ASVG ist die Wortfolge „vor dem 1. Jänner 2005“ ersatzlos zu streichen, weil die Bestimmungen für Versicherte mit Geburtsdatum bis 31. Dezember 1954 jedenfalls weiter Gültigkeit haben.

Die Versicherungsanstalt des österreichischen Notariates begrüßt grundsätzlich en vorliegenden Gesetzesentwurf und die damit verbundene Zielsetzung, macht aber auf folgendes aufmerksam:

Die nach dem NVG 1972 Versicherten nehmen in diesem Zusammenhang insofern eine Sonderstellung ein, als standesintern bereits durch die Erlassung von Richtlinien der Österreichischen Notariatskammer über die Schaffung von Einrichtungen der Personenversicherung vom 8. Juni 1999 und deren Kundmachung im Amtsblatt der Wiener Zeitung vom 31. Dezember 1999 insbesondere auch für den Versicherungsfall der Arbeitslosigkeit von Notariatskandidaten Vorsorge getroffen wurde.

Demnach hat die Österreichische Notariatskammer eine Einrichtung zur Versorgung der Notariatskandidaten unter anderem für den Versicherungsfall der Arbeitslosigkeit in Form eines Sozialfonds errichtet, in welchem alle in § 3 NVG 1972 angeführten Versicherten ausnahmslos und obligatorisch zur Beitragsleistung erfasst sind.

Bei Vorliegen der Voraussetzungen steht Notariatskandidaten im Sinne des § 2 Z 3 NVG 1972 ein Anspruch auf Zuerkennung einer Leistung analog der Leistungen nach dem AlVG zu, welcher zunächst nur gegenüber dem Sozialfonds und sodann vor dem Schiedsgericht geltend zu machen ist.

Da somit durch diese standesinterne Regelung das Risiko der Arbeitslosigkeit betreffend Notariatskandidaten gleichwertig mit dem Schutz nach dem AlVG abgedeckt ist, erübrigt sich die im vorliegenden Gesetzesentwurf vorgesehene Einbeziehung dieser Personengruppe in das System der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung.

Zu Art. 1 Z 4 - § 3 Abs. 2 AlVG

Hinsichtlich der in der Bestimmung des § 3 Abs. 2 AlVG verwendeten Formulierung „oder sonstigen Kenntnisnahme der Pflichtversicherung oder Versicherungspflicht in der Pensionsversicherung (…)“ sollte eine Präzisierung erfolgen, um jenen Zeitpunkt näher bestimmen zu können, ab dem seitens des zuständigen Sozialversicherungsträgers ein schriftlicher Hinweis über die Einbeziehung in die Arbeitslosenversicherung zu erfolgen hätte.

Weiters ist sicherzustellen, dass der Austritt aus der Arbeitslosenversicherung auch jedem Sozialversicherungsträger bekannt wird, bzw. EDV-mäßig ersichtlich ist (siehe dazu auch Abs. 5 und 6).

Zu Art. 1 Z 4 - § 3 Abs. 3 und 4 AlVG

Im Fall des Austritts aus der Arbeitslosenversicherung gemäß Abs. 4 endet die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung mit Ende des auf das Einlangen der Mitteilung beim Sozialversicherungsträger folgenden Kalendermonats.

Die Rechtsfolge dieser Bestimmung ist insbesondere in jenen Fällen unklar, in denen erwerbstätige Personen gemäß § 3 Abs. 1 erstmalig der Pflichtversicherung in der AlV per 1. Jänner 2009 unterliegen und fristgemäß hinausoptieren. Diesen Personen dürfte zumindest den Erläuterungen zufolge kein Beitrag vorgeschrieben werden.

Die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft führt hinsichtlich des Zeitraumes vor der rückwirkenden Feststellung der Pflichtversicherung aus, dass ein gewisser Widerspruch zwischen dem vorletzten bzw. dem letzten Satz besteht: bei rückwirkender Feststellung einer Pflichtversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG (z. B. für 2009 im Mai 2011) besteht nach dem letzten Satz eine AlV für 2009, nach dem vorletzten Satz aber nicht.

Wenn § 3 Abs. 3 letzter Satz dahingehend zu verstehen ist, dass (lediglich) eine bereits erfolgte Einbeziehung in die AlV in weiterer Folge grundsätzlich für alle Zeiträume gilt, in denen die Voraussetzungen des Abs. 1 vorliegen, dann sollte dies im Gesetzestext zum Ausdruck kommen.

Abgesehen davon enthalten Abs. 3 erster Satz die Grundsatzregelung über den Zeitpunkt der Einbeziehung, Abs. 3 zweiter Satz eine Regelung über eine andere Materie (und zwar die Beitragsgrundlage) und Abs. 3 dritter Satz eine Ausnahme von den Bestimmungen des Abs. 3 erster Satz.

Die SVA hält es daher für zweckmäßiger, bereits in Abs. 3 zweiter Satz die Ausnahmeregelung anzuordnen, so dass lediglich im Fall einer rückwirkenden Einbeziehung eines Erwerbstätigen in die Pensionsversicherung (die auf einer Verletzung seiner Meldepflicht beruht), erst mit Monatsbeginn nach Feststellung der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung die Einbeziehung in die AlV beginnen soll.

Wenn nämlich ein Gewerbetreibender – was der Regelfall ist – wenige Wochen nach der Erlangung einer entsprechenden Gewerbeberechtigung in die Pensionsversicherung einbezogen wird, erscheinen unterschiedliche Beginnzeitpunkte von Pensionsversicherung bzw. AlV nicht sachgerecht.

Wenn hingegen ein „neuer Selbständiger“ i.S.d. § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG erst zwei Jahre nach Aufnahme seiner Tätigkeit in dem Zeitpunkt, in dem der SVA die Höhe seiner Einkünfte bekannt wird, zwangsweise in die Pensionsversicherung einbezogen wird, ist es nicht sachgerecht, ihm rückwirkend auch die AlV zu ermöglichen.

Nicht zweckmäßig am vorgesehenen „Opting-out“ Modell erscheint der SVA, dass die freiwillige AlV selbst bei rechtzeitigem Austritt nicht rückwirkend endet, sondern erst mit dem Ende des Monats, in dem der Austritt erklärt wird. Diese Regelung erscheint sachlich nicht gerechtfertigt, diesbezüglich seien massive Akzeptanzprobleme seitens der Versicherten zu erwarten.

Diese Akzeptanzprobleme würden die Administration zusätzlich belasten. Wenn diese Bestimmung so in Kraft tritt, müsste aufgrund der fristauslösenden Wirkung die qualifizierte Zustellung der Verständigung (Rsb-Brief) mit damit verbundenen Kosten, deren Tragung ungewiss ist, in Betracht gezogen werden.

Es mache außerdem die Rechtslage unnötig unübersichtlich und erschwert deren Ermittlung unnötig, wenn in § 3 Abs. 4 AlVG für die Mehrzahl der derzeit betroffenen Versicherten (nämlich alle zum 31. Dezember 2008 Pflichtversicherten) für den Austritt aus der AlV ein Zeitraum von sechs Monaten eingeräumt, aber gleichzeitig eine davon abweichende Regelung in einem ganz anderen Teil des AlVG (und zwar in § 81 Abs. 11) vorgesehen wird.

Die SVA weist daher darauf hin, dass bei der Arbeitslosenversicherung für Selbständige ein „Opting-out“ Modell für ihre Anstalt schwierig zu administrieren wäre.

Hunderttausende Versicherte müssten zunächst einbezogen und vielfach über Kosten und Nutzen der Arbeitslosenversicherung (AlV) informiert werden. Bei Versicherten, die sich dann gegen die AlV entscheiden (insbesondere z. B. alle regelmäßig Mehrfachversicherten), müsste die AlV in jedem einzelnen Fall storniert werden (technische Eingabe, Verständigung). Mit der gewählten Form der Einbeziehung wäre somit erheblicher Arbeitsaufwand in der SVA verbunden. Was die Information der Versicherten betrifft, sieht sich die SVA als beitragseinhebende Stelle nur für den Versicherungs- und Beitragsbereich zur fundierten Auskunftserteilung imstande. Leistungsseitig wäre in diesem Zusammenhang das AMS in die Pflicht zu nehmen, so dass die „Opting-out“ Beratung nur in enger Kooperation mit dem AMS stattfinden könnte.

Die Sozialversicherungsanstalt der Bauern (SVB) weist darauf hin, dass der vorliegende Gesetzesentwurf und der Entwurf zur Änderung des Betrieblichen Mitarbeitervorsorgegesetzes wechselseitig in direktem Zusammenhang stehen, da sie beide der Vorsorge für BSVG-Versicherte dienen und der Bezug habende Beitragseinzug von der SVB vollzogen werden soll.

In diesem Zusammenhang wird auch auf die Stellungnahme zum Entwurf der Änderung des Betrieblichen Mitarbeitervorsorgegesetzes verwiesen.

Beide Gesetzesnovellen stellen aus Sicht der Betroffenen zweifelsfrei gravierende Neuerungen dar, die vorweg ein massives Informations- und Beratungsbedürfnis wecken werden.

Vor eben diesem Beratungshintergrund erscheint es der SVB dringend geboten, die beiden Gesetzeswerke nach der selben Systematik auszurichten und diese gleich lautend entweder dem Modell „Opting-in“ oder „Opting-out“ zu unterwerfen, da anderenfalls die Gefahr besteht, dass weniger versierte Versicherte im Ergebnis ungewollte weil nahezu irreversible Entscheidungen treffen und in der Folge Haftungsansprüche gegenüber der SVB in Folge von „Beratungsfehlern“ geltend machen. Gleiches gilt analog auch für die gesetzliche Interessensvertretung, da sich die Beratung durch die SVB naturgemäß nur auf allfällige sozialversicherungsrechtliche Aspekte beziehen wird.

Vor die Wahl gestellt, würde die SVB dem Lösungsmodell eines generellen „Opting-out“ den Vorzug einräumen, da ein solches aus ihrer Sicht mit weniger individuellem Risiko behaftet wäre.

Im Übrigen ist der unterschiedliche Wirksamkeitsbeginn auch inhaltlich der SVB nicht nachvollziehbar.

Zu Art. 1 Z 4 - § 3 Abs. 5 AlVG

Sollte Abs. 4 dahingehend geändert werden, dass die AlV bei Austritt rückwirkend endet, wäre Abs. 5 erster Satz entsprechend zu ändern (acht Jahre Frist ab ursprünglichem Einbeziehungszeitpunkt).

Zu Art. 1 Z 4 - § 3 Abs. 6 AlVG

Ist mit der Wortfolge „acht Jahre“ jedenfalls der entsprechende kalendermäßige Zeitraum zu verstehen oder sind acht Jahre der AlV gemeint – mit anderen Worten: zählen bei Anwendung des Abs. 6 Zeiträume, in denen die Pensionsversicherung unterbrochen war?

Zu Art. 1 Z 4 - § 3 Abs. 7 AlVG

Die vorgeschlagene Formulierung „Durchführung der Arbeitslosenversicherung“ ist irreführend und materiell unrichtig.

Die „Durchführung der Arbeitslosenversicherung“ würde beinhalten, dass die Sozialversicherung (auch) die eingehobenen Beiträge einbehält und die Leistungen der Arbeitslosenversicherung auszahlt. So ist es aber nicht (vgl. die §§ 5 AMPFG und 46 und 51 AlVG).

Es trägt zudem auch keineswegs zur Übersichtlichkeit der Rechtslage bei, dass die Verpflichtung der Sozialversicherung, die Beiträge einzuheben und die eingehobenen Beiträge abzuführen, in einem anderen Gesetz – nämlich § 5 AMPFG – geregelt ist; an den Bestimmungen des § 46 AlVG, dem zufolge der Anspruch auf Arbeitslosengeld bei der zuständigen regionalen Geschäftsstelle (des AMS) geltend zu machen ist, und des § 51 AlVG über die Verpflichtungen der Bundesrechenzentrum GmbH hingegen wird nichts geändert.

Dass diese Bestimmungen gleich bleiben, ist aus unserer Sicht sachgerecht, allerdings ein zwingendes Argument gegen die Verwendung der Wortfolge „Durchführung der Arbeitslosenversicherung“ in § 3 Abs. 7 AlVG.

Sollte diese Wortfolge dennoch – aus welchen Gründen auch immer – unentbehrlich erscheinen, wäre eine ausdrückliche Klarstellung erforderlich, welche Veranlassungen konkret mit dieser Wortfolge gemeint sind.

Nicht zweckmäßig erscheint weiters die Zuständigkeit der SVA für nicht pensionsversicherte Selbständige (v. a. Rechtsanwälte, Ziviltechniker), mit denen die SVA aufgrund des „Opting-out“ in Kranken- bzw. Pensionsversicherung großteils überhaupt nichts zu tun hat.

Es müssten ausschließlich für die AlV Standesführung (Datenaustausch mit den Kammern) Konten aufgebaut werden. Insgesamt gesehen stellt für diese Gruppen die Abwicklung über die SVA eine unökonomische und unnötig aufwendige Administrationsform dar.

Wesentlich zweckmäßiger wäre es, bereits vorhandene Strukturen zu nutzen, wie sie für die genannten Selbständigen bei ihren beruflichen Interessenvertretungen, also den jeweiligen Kammern, bereits bestehen.

Zu Art. 1 Z 5 - § 4 Abs. 1 AlVG

Zumindest interpretativ ist davon auszugehen, dass sich die Mitteilungspflicht der gemäß § 3 in die Arbeitslosenversicherung einbezogenen Personen hinsichtlich Meldefrist und Sanktion bei Meldeverstoß nach den einschlägigen sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften richtet.

Dies sollte zumindest in den erläuternden Bemerkungen seinen Niederschlag finden.

Zu Art. 1 Z 5 - § 4 Abs. 2 AlVG

Da für freie Dienstnehmer nun auch in der Arbeitslosenversicherung die gleichen Regelungen wie für Dienstnehmer gelten sollen, ist unbedingt sicherzustellen, dass die Meldepflicht der arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigten Person an die Meldepflicht des Dienstnehmers angeglichen wird.

Im vorliegenden Entwurf beschränkt sich die Meldepflicht der freien Dienstnehmer in der Z 2 auf Dienstgeber, die im Inland keine Betriebsstätte (…) haben.

Da diese Regelungen nicht mit der Regelung in § 35 (Abs. 4 Z b) ASVG ident ist, wird bei zwischenstaatlichen Sachverhalten (VO EWG Nr. 1408/71) der Fall eintreten, dass der Dienstgeber die Meldung zur Pflichtversicherung in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung zu erstatten hat, der freie Dienstnehmer aber die Meldung zur Arbeitslosenversicherung selbst erstatten müsste. Dies wäre aus unserer Sicht nicht administrierbar und widerspräche im Übrigen § 4 Abs. 3 AlVG.

Es wird daher folgende Ergänzung (siehe § 35 Abs. 4 Z b ASVG) vorgeschlagen:

§ 4 Abs. 2 Z 2 AlVG lautet:

„... der Dienstgeber im Inland keine Betriebsstätte (Niederlassung, Geschäftsstelle, Niederlage) hat, außer in jenen Fällen, in denen dieses Bundesgesetz auf Grund der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 oder der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 anzuwenden ist.

Zu Art. 1 Z 5 - § 4 Abs. 3 i.V.m. § 3 Abs. 3 bzw. Abs. 7 AlVG

Die genannten Bestimmungen sind ebenso wie die §§ 4 Abs. 1 bzw. 5 Abs. 1 des Arbeitsmarktpolitikfinanzierungsgesetzes ein anschauliches Beispiel für die erwähnte Anregung der systematischen Bereinigung dahingehend, dass ausschließlich auf einen Sozialversicherungszweig – vorzugsweise die Pensionsversicherung und deren Beitragseinzug – abgestellt werden sollte.

Zu Art. 1 Z 13 - § 14 Abs. 1 AlVG

Die Wortfolge „arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt“ trifft eher auf Unselbständige zu. Im Hinblick auf die Selbständigen sollte etwa ergänzt werden: „bzw. selbständig erwerbstätig und arbeitslosenversichert“.

Zu Art. 1 Z 17 - § 15 AlVG

Auch in diesem Zusammenhang macht es die Rechtslage unnötig unübersichtlich und erschwert deren Ermittlung unnötig, wenn § 15 AlVG die Rahmenfrist regelt, aber gleichzeitig für die Mehrzahl der neu einbezogenen Versicherten (nämlich für alle Personen, die zum 31. Dezember 2008 auch nur einen Monat einer krankenversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit im Sinne des GSVG bzw. des BSVG aufweisen), in einem ganz anderen Teil des AlVG (und zwar im § 81 Abs. 10) eine davon abweichende Regelung vorgesehen wird.

Zu Art. 1 Z 19 - § 17 Abs. 3 AlVG

Die frühere Zuerkennung von Arbeitslosengeld soll auch dann möglich sein, wenn nicht das AMS, sondern eine andere Behörde mangelnde oder gar unrichtige Auskünfte erteilt hat.

Zu Art. 1 Z 26 - § 41 Abs. 3 AlVG

Es besteht kein Einwand gegen diese Bestimmung; es wird aber darauf hingewiesen, dass bei Fortsetzungserkrankungen i.S.d. § 139 Abs. 3 ASVG schon ab Beginn das Krankengeld gebührt.

Es muss daher eine entsprechende Änderung des ASVG erfolgen, wenn man einen Doppelbezug von Arbeitslosen- und Krankengeld vermeiden will (z. B. Ruhen des Krankengeldes während des Bezuges von Arbeitslosengeld).

Zu Art. 1 Z 30 - § 80 Abs. 14 AlVG

Die Novelle enthält die Bestimmung, dass Personen, die im Interesse Österreichs Hilfe im Ausland leisten, gesetzlich in die Arbeitslosenversicherung – scheinbar freiwillig, weil der Verweis auf § 3 AlVG enthalten ist – einbezogen werden sollen. Bis zum 31. Dezember 2008 ist dieser Personenkreis per Verordnung des BMSGK erfasst. Unklar ist, warum sich der Verweis auf § 3 Abs. 5 AlVG bezieht.

Wahrscheinlich sollte dieser Personenkreis in § 1 AlVG aufgenommen werden (wenn pflichtige Arbeitslosenversicherung vorgesehen ist) bzw. in § 3 Abs. 1 AlVG, wenn eine freiwillige Arbeitslosenversicherung angedacht ist. In der Außerkrafttretensbestimmung müsste dann entsprechend verwiesen werden.

Zu Art. 1 Z 31 - § 81 Abs. 10 AlVG

Wie ist vorzugehen, wenn ein mit unbeschränkter Rahmenfristerstreckung geschützter Versicherter gemäß § 81 Abs. 10 AlVG seine Leistungsansprüche z. B. im Jahr 2010 erschöpft?

Stellt eine solche Inanspruchnahme von Leistungen einen Austritt i.S.d. § 3 Abs. 5 AlVG dar? Wenn ja, kann ein solcher Versicherter dann auch erst nach acht Jahren wieder in die AlV eintreten?

Zum Inkrafttreten der Novelle

Die Sozialversicherungsanstalt als einer der hauptsächlich betroffenen Sozialversicherugnsträger hat den Entwurf begrüßt, weil er einem bestehenden sozialpolitischen Bedürfnis Rechnung trägt. Ausdrücklich begrüßt wird weiters der Inkraftretenstermin 1. Jänner 2009, weil bei der Anstalt grundsätzliche EDV-Umstellungen laufen und derzeit die vorhandenen Ressourcen zur Gänze gebunden sind.

Auch der Hauptverband begrüßt den Inkrafttretenstermin. Durch die längere Legisvakanz wird die Umsetzung ohne Zeitdruck sachgerecht möglich, wobei auch noch später auftretende Fragen rechtzeitig geklärt werden können.

Zu Art. 1 - § 23 Abs. 6 AlVG - Ergänzungsvorschlag

Der Erstattungsregelung der Krankenversicherungsbeiträge bei den PV-Vor­schüssen gemäß § 23 Abs. 6 AlVG in der seit 1. Jänner 2005 geltenden Fassung ist aus dem Gesetzeswortlaut auf den ersten Blick zu entnehmen, dass die Erstattung der Krankenversicherungsbeiträge durch die Sozialversicherung (für die von den Pensionsversicherungsträgern an das AMS rückerstatteten Beträge) immer höher als die entsprechende Leistung der Krankenversicherungsbeiträge für PV-Vorschussbezieher durch das AMS ist.

Das Ergebnis dieser gesetzlichen Bestimmung kann jedoch bei teleologischer Interpretation nicht dem wahren Willen des Gesetzgebers entsprechen.

Der derzeitige Beitragssatz in der Krankenversicherung für die Leistung des AMS beträgt 7,5 % (§ 42 Abs. 1 und 5 AlVG) und der Beitragssatz für die Rückerstattung der Sozialversicherung 8,73 % bzw. für den Bergbau 15,423 % (§ 23 Abs. 6 AlVG i.V.m. § 73 Abs. 2 ASVG).

Bei wörtlicher Auslegung dieser Regelung ergäbe sich daher eine Forderung des AMS für das Jahr 2005 in Höhe von € 776.322,32 und für das Jahr 2006 in Höhe von € 562.572,46.

Bei der gesetzlichen Erhöhung der Krankenversicherungsbeiträge der Pensionsbezieher in den letzten beiden Legislaturperioden wurden offensichtlich die Auswirkungen der dynamischen Verweisung des § 23 Abs. 6 AlVG auf § 73 Abs. 2 ASVG (in Verbindung mit § 73 Abs. 1 ASVG) nicht berücksichtigt.

Dieses legistische Versehen zu Lasten der Sozialversicherung ist aus Sicht des Hauptverbandes zu sanieren; diese Ansicht wurde auch von Vertretern des BMWA in der Besprechung im BMWA am 22. Juni 2006 geteilt.

Es wird daher vorgeschlagen die Bestimmung des § 23 Abs. 6 AlVG rückwirkend ab 1. Jänner 2005 wie folgt zu ändern:

Die Krankenversicherungsbeiträge, die aus den Mitteln der Arbeitslosenversicherung (§ 42 Abs. 3) für den im Abs. 5 bezeichneten Zeitraum geleistet wurden, sind von den Trägern der gesetzlichen Krankenversicherung im Wege des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger zu erstatten, und zwar mit dem nach § 42 Abs. 1 in Verbindung mit § 42 Abs. 5 festgelegten Prozentsatz von jenen Beträgen, die von den Pensionsversicherungsträgern gemäß Abs. 5 rückerstattet wurden.

Es könnte anstelle eines dynamischen Verweises auf § 42 AlVG auch ein dynamischer Verweis auf § 51 Abs. 1 Z 1 lit. f ASVG in Verbindung mit den §§ 51b und e ASVG erfolgen.

Denkbar wäre auch eine Änderung des § 73 Abs. 2 ASVG. Aus systematischen Gründen ist jedoch eine Änderung im AlVG zu bevorzugen.

Zu Art. 2 Z 3 - § 2 Abs. 7 AMPFG

Hier wird für die in die Arbeitslosenversicherung aufzunehmenden Selbstständigen für die Jahre 2009 bis 2011 ein sehr niedriger Beitragssatz festgelegt, nämlich 3, 4 und 5 % und das von einer relativ niedrigen Beitragsgrundlage (siehe § 2 Abs. 1 AlVG).

Hiezu ist Folgendes anzumerken:

·      Der Krankenversicherungsbeitrag für Arbeitslose (dzt. 7,4 %) ist zu gering; umso mehr gilt dies bei noch niedrigeren Beitragssätzen und Bemessungsgrundlagen.

·      Die Krankengeldbeträge ab dem 56. Tag werden den Kassen nicht abgegolten; es gibt aber besonders viele Langzeitkrankenstände bei den Arbeitslosen.

·      Bei den Selbständigen haben die Kassen die Leistungen zu erbringen, wenn der Arbeitslosengeldbezug eintritt; sie erhalten aber – außer der Abgeltung der ersten 55 Krankengeldtage und dem niedrigen Beitragssatz von 7,4 % – keinerlei Beiträge. Die Sonderkrankenversicherungsträger erhalten eine Vergütung (siehe § 5 Abs. 3 AMPFG), sobald der Selbständige arbeitslos wird, haben sie keine Leistungsverpflichtungen mehr.

Zu Art. 2 Z 4 - § 4 Abs. 1 AMPFG

Diese Bestimmung ist auf die Beitragseinhebung für gemäß § 3 Abs. 1 AlVG Versicherte nicht übertragbar, gleichwohl das in § 4 Abs. 1 AMPFG genannte Gesetzeszitat eben diese Personengruppe mit umfasst.

Zu Art. 2 Z 5 - § 5 Abs. 1 AMPFG

Diese Bestimmung verweist im Satz 2 darauf, dass die krankenversicherungsrechtlichen Vorschriften über die Berechnung, Fälligkeit, Einzahlung, Eintreibung, Beitragszuschläge, Sicherung, Verjährung und Rückforderung auch für den Beitrag zur Arbeitslosenversicherung gelten.

Es fehlt bisher der Verweis, dass auch die strafrechtlichen Bestimmungen des Sozialbetrugsgesetzes (§§ 153c bis e StGB) für die Arbeitslosenversicherungsbeiträge anzuwenden sind. Die Literatur bezieht diese in die strafrechtlichen Bestimmungen mit ein (Kirchbacher/Presslauer, Wiener Kommentar zum StGB, 24b. Lfg. 2006, § 153c Rz. 13, § 153d Rz. 13).

Wir regen nunmehr auch eine eindeutige gesetzliche Klarstellung an, indem in § 5 Abs. 1 AMPFG der entsprechende Verweis aufgenommen wird. Gleiches gilt auch für § 12 Abs. 5 BArbSchlechtwG, in welcher Bestimmung bislang ebenfalls ein Verweis auf die strafrechtlichen Bestimmungen fehlt. Auch hier wäre eine gesetzliche Klarstellung vorzunehmen. Des weiteren sollte § 5 Abs. 1 AMPFG dahin gehend erweitert werden, dass auch krankenversicherungsrechtliche Vorschriften betreffend die Verrechnung von Verzugszinsen zur Anwendung gelangen.

Zu Art. 2 - § 2 Abs. 6 lit. b AMPFG - Ergänzungsvorschlag

Wir empfehlen, im Rahmen des vorliegenden Entwurfes auch die erforderliche Anpassung des § 2 Abs. 6 lit. b AMPFG an die entsprechende Bestimmung des § 35 Abs. 4 lit. b ASVG i.d.F. des BGBl I Nr. 132/2005 vorzunehmen.

Zu Art. 2 - §§ 5a und 5b AMPFG - Ergänzungsvorschlag

Die §§ 5a und 5b AMPFG, die die Bonus-Malus-Regelung enthalten, werden nicht geändert und scheinen demnach nicht für die freien Dienstverhältnisse zu gelten. Allerdings ist die Bonus-Malus-Regelung normalerweise mit dem AlV-Bezug gekoppelt, so dass eigentlich die §§ 5a und 5b AMPFG auch für die freien Dienstnehmer gelten müssten; es ist nicht klar, ob hier etwas übersehen wurde oder bewusst ausgelassen wurde.

Zu Art. 6 Z 2 - § 20 IESG

Durch die Einhebung der Zuschläge gemäß § 12 Abs. 1 Z 4 IESG sind einerseits Mehreinnahmen zu erwarten, andererseits kann im Insolvenzfall eine Refundierung der Dienstnehmeranteile durch den Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds auch hinsichtlich der Beitragsgruppe der freien Dienstnehmer durchgeführt werden, was zu geringeren Forderungsausfällen in diesem Bereich führen müsste. Angemerkt wird, dass in § 20 IESG auf § 13a IESG – welcher die Grundlage für die Ansprüche des für die Beitragseinhebung zuständigen Sozialversicherungsträgers ist – nicht explizit Bedacht genommen wurde.

Mit freundlichen Grüßen
Für den Hauptverband: