Wels, am 12.10.2007

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Sachbearbeiter:    StA Dr. Babek Oshidari

 
                                 

 

REPUBLIK ÖSTERREICH

 Staatsanwaltschaft Wels

 

Jv 720-2/07

An die

Oberstaatsanwaltschaft

LINZ

 

 

Betrifft:           Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Auslieferungs- und Rechtshilfegesetz u.a. geändert werden (Strafprozessreformbegleitgesetz II)

 

Bezug:            Erlass des BMJ vom 11.9.2007, BMJ-L 590.005/0001- II 3/2007

 

 

 

                        Zum erwähnten Gesetzesvorhaben wird folgende

 

S t e l l u n g n a h m e

 

abgegeben.

Zu Artikel II

(Änderung des EU-Justizzusammenarbeitsgesetzes)

 

Zu § 70

Die Befürchtung, wonach die Personalrekrutierung für EJN-Kontaktstellen Schwierigkeiten bereiten könnte, ist – bezogen auf den staatsanwaltschaftlichen Bereich –  unbegründet. Im Hinblick darauf, dass die Führung sowohl des Ermittlungs-, als auch des Rechtshilfeverfahrens der Staatsanwaltschaft zukommt, wäre es nur systemkonform, diese Kontaktsstellen ausschließlich bei den Staatsanwaltschaften einzurichten. Dies gilt umso mehr, als aufgrund der aktuellen Bestrebungen von Eurojust zu erwarten ist, dass die Kommission die Mitgliedsstaaten auffordern wird, Nationale Korrespondenten für Eurojust zu benennen, die in Ermittlungsverfahren gleichzeitig als Eingangsstellen für das EJN und Eurojust fungieren sollen.

Ferner sollte die Beschränkung auf Staatsanwaltschaften am Sitz der Oberstaatsanwaltschaften entfallen. Angesichts moderner Kommunikationsmittel ist kein Grund ersichtlich, weshalb nicht auch andere größere bzw mittlere Staatsanwaltschaften (im Sprengel der Oberstaatsanwaltschaft Linz etwa Salzburg, Wels) für derartige Aufgaben in Betracht kommen sollten.

 

Zu Artikel XI

(Änderungen des Staatsanwaltschaftsgesetzes)

 

Zu § 4 Abs 3

Die grundsätzlich begrüßenswerte Anklagevertretung durch Rechtspraktikanten in bezirksgerichtlichen Verfahren wird (wie schon bisher) durch den Umstand beeinträchtigt, dass diese Personen fast ausschließlich beim jeweilig ausbildenden Bezirksgericht zum Einsatz gelangen. In vielen Fällen ist – insb bei ländlichen bzw kleineren Bezirksgerichten – der verhandlungsführende Bezirksrichter zugleich der Ausbildungsrichter des die Anklage vertretenden Rechtspraktikanten. Dieser hat aber auch grundsätzlich die Anordnungen der mit seiner Ausbildung betrauten Organe zu befolgen (§ 9 Abs 1 zweiter Satz RPG). Dieses Weisungsgeflecht lässt sich kaum mit den Erfordernissen eines Anklageprozesses iS des Art 90 Abs 2 B-VG in Einklang bringen. Zur Vermeidung dieses Spannungsverhältnisses sowie der dadurch auftretenden Interessens- bzw Loyalitätskonflikte wäre eine Lösung dahingehend anzustreben, nur bei der Staatsanwaltschaft zugeteilte Rechtspraktikanten als Sitzungsvertreter vorzusehen. Dabei wäre jedoch eine Zuteilungsmöglichkeit bereits in den ersten neun Ausbildungsmonaten vorzusehen, womit auch die – derzeit noch nicht berücksichtigte – zusätzliche Belastung der Staatsanwaltschaften mit den bisherigen untersuchungsrichterlichen Agenden, die derzeit großteils von Rechtspraktikanten verrichtet werden (Gesprächsaufsicht, Briefzensur,...), einer Lösung zugeführt werden kann.

 

 

Zu § 5

Gegen die Herabsetzung der Mindestrevisionszeiten auf ein bzw fünf Jahre besteht grundsätzlich kein Einwand. Bei Richtern wäre allerdings eine mindestens ein- bzw fünfjährige Tätigkeit beim Landesgericht in Strafsachen vorzusehen, zumal damit auch eine wünschenswerte Konformität mit § 301 Abs 1 StPO (alt und neu) hergestellt wäre.

Nach bisheriger Rechtslage können sämtliche staatsanwaltschaftlichen Verfahrenserledigungen, die ohnedies der nachprüfenden gerichtlichen Kontrolle unterliegen, von der Revision ausgenommen werden. Weshalb dieser Grundsatz für die Fälle der §§ 106, 108, 193 Abs 2 Z 2, 195 StPO neu aufgegeben werden soll, geben die Erläuterungen des Entwurfs nicht bekannt. Ferner ist die Regelung, dass sämtliche Anträge auf Einstellungen (§ 108 StPO neu) einer Revision bedürfen, jedenfalls dann, wenn der – ansonsten Verfahrenseinstellungen revisionsfrei verfügende (§ 5 Abs 4 ME) – Staatsanwalt dem Einstellungsbegehren Folge leistet und demzufolge das Verfahren ebenso nach §§ 190, 191 StPO neu einstellt (§ 108 Abs 2 StPO neu), kaum einsichtig. Das Kontrollerfordernis „durch ein nicht vorbefasstes Organ“ ließe sich allenfalls für die Relationsprüfung von Tatverdacht und Verfahrensdauer iS des § 108 Abs 1 Z 2 StPO neu argumentieren, wenn man davon ausgeht, dass diese Fälle überhaupt einer Einstellung gemäß § 190 Z 2 StPO neu zugänglich und nicht einer gerichtlichen Erledigung vorbehalten sind (dafür Bertel/Venier Einführung in die neue StPO2 Rz 201 und 431).

 

Zu §§ 8, 8a

Der Verzicht auf die Regelung, wonach die Berichtspflicht bei Strafsachen von räumlich begrenzter Bedeutung bei den Oberstaatsanwaltschaften endet (§ 8 Abs 1 zweiter Satz StAG), ist abzulehnen. Inwiefern mit einer derartigen Ausweitung der Vorhabensberichterstattung an das BMJ die „Steuerungsfunktion der Oberstaatsanwaltschaften“ betont werden soll, bleibt im Dunkeln. 

 

 

 

 

 

 

Zu § 32 Abs 3

Insoweit wäre eine Regelung wünschenswert, dass nicht geprüften Richteramtsanwärtern auch die Anklagevertretung vor dem Landesgericht als Berufungsgericht
übertragen werden kann.

 

 

Der Leiter der Staatsanwaltschaft

 

(LStA Dr. Franz Haas eh.)

 

Der Referent:

 

StA Dr. Oshidari eh.