An das

GZ ● BKA-600.076/0044-V/5/2007

Abteilungsmail v@bka.gv.at

bearbeiterin Frau Dr Angela JULCHER

Frau Dr. Birgit Hrovat-Wesener[1]

Pers. E-mail angela.julcher@bka.gv.at

Telefon 01/53115/2288

Ihr Zeichen

 

Bundesministerium für

 

Gesundheit, Familie und Jugend

 

Mit E-Mail:

vera.pribitzer@bmgfj.gv.at

 

 

Antwort bitte unter Anführung der GZ an die Abteilungsmail

 

 

 

Betrifft:  Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Sonderunterstützungsgesetz, das Heeresversorgungsgesetz, das Kriegsopferversorgungsgesetz 1957 und das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert werden;

Begutachtung; Stellungnahme

 

 

Zum mit der do. oz. Note übermittelten Gesetzesentwurf samt Beilagen nimmt das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst wie folgt Stellung:

I. Allgemeines:

Der Entwurf wurde am späten Nachmittag des 12. Oktober versendet, das Ende der Begutachtungsfrist mit 19. Oktober festgesetzt. Diese Frist von nicht einmal einer Woche lässt eine fundierte Auseinandersetzung mit dem Entwurf kaum zu.

II. Zum Gesetzesentwurf:

Zu Art. 1 Z 20 (§ 84a Abs. 6 ASVG):

Eine gesetzliche Bestimmung, mit der die Verwendung sensibler Daten, zu denen insbesondere Gesundheitsdaten zählen (s. § 4 Z 2 DSG 2000), angeordnet wird, ist datenschutzrechtlich doppelt bedingt: Sie muss sowohl der Verfassungsbestimmung des § 1 Abs. 1 und 2 DSG 2000 als auch der Richtlinie 95/46/EG entsprechen. Letztere enthält in ihrem Art. 8 Abs. 3 eine besondere Bestimmung für Gesundheitsdaten, die durch § 9 Z 12 DSG 2000 nahezu wortgleich innerstaatlich umgesetzt wurde. Demnach werden schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen ausschließlich dann nicht verletzt, wenn die Verwendung der Daten zum Zweck der Gesundheitsvorsorge, der medizinischen Diagnostik, der Gesundheitsversorgung oder –behandlung oder für die Verwaltung von Gesundheitsdiensten erforderlich ist und durch ärztliches Personal oder sonstige Personen erfolgt, die einer entsprechenden Geheimhaltungspflicht unterliegen.

Die Anforderungen der Richtlinie scheinen durch die vorgeschlagene Gesetzesbestimmung, die in ihrem letzten Satz auch die Verwendung direkt personenbezogener Daten vorsieht, nicht erfüllt, da die Daten nicht für die Zwecke des Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie verwendet werden.

Aus dem Blickwinkel des § 1 Abs. 2 DSG 2000 ist zu bemerken, dass je nach der Intensität des durch eine Gesetzesbestimmung bewirkten Grundrechtseingriffes auch ein entsprechend hoher Determinierungsgrad bei der Ausformulierung des Eingriffs gegeben sein muss. Ein bloßes Abstellen auf Beschlüsse der jeweiligen Gesundheitsplattform auf Landesebene zum Zweck der Durchführung gemeinsamer Projekte rechtfertigt daher keinen Eingriff in das Grundrecht auf Datenschutz und wäre somit verfassungswidrig. Die jeweiligen Projekte müssten daher zunächst ‑ sofern Gesundheitsdaten in personenbezogener Form verwendet werden sollen ‑ im Gesetz genauer ausgeführt und außerdem geeignete Garantien vorgesehen werden. Erst davon ausgehend können die weiteren Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 DSG 2000 näher untersucht werden.

Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass dann, wenn eine Kooperation Änderungen von behördlichen Zuständigkeiten der jeweiligen Träger bedingt, auch dafür eine ausreichend determinierte gesetzliche Grundlage erforderlich wäre; eine solche kann weder durch die im Entwurf zitierte Art. 15a-Vereinbarung noch durch Beschlüsse der jeweiligen Gesundheitsplattform ersetzt werden. Im Übrigen stoßen Kooperationen der Sozialversicherungsträger insofern auf verfassungsrechtliche Schranken, als der jeweilige Träger im eigenen Wirkungsbereich (also weisungsfrei) nur gegenüber seinen Angehörigen, nicht aber gegenüber Dritten – einschließlich der Angehörigen anderer Sozialversicherungsträger – Hoheitsakte setzen darf (vgl. dazu VfSlg. 17.869/2006).

Zu Art. 1 Z 21 (§ 122a Abs. 3a ASVG):

Die Novellierungsanordnung müsste lauten wie folgt: „In § 122 (oder: Nach § 122 Abs. 3) wird folgender Abs. 3a eingefügt:“


Diese Stellungnahme wird im Sinne der Entschließung des Nationalrates vom 6. Juli 1961 u.e. auch dem Präsidium des Nationalrats zur Kenntnis gebracht.

 

19. Oktober 2007

Für den Bundeskanzler:

Georg LIENBACHER

 

 

Elektronisch gefertigt


 



[1]) Datenschutz