Zl. 12-REP-42.01/07 Ht/Gm

 

HAUPTVERBAND DER ÖSTERREICHISCHEN SOZIALVERSICHERUNGSTRÄGER

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                                                                                                  Wien, 19. Oktober 2007

An das                                                                                                               per E-Mail
Bundesministerium für
Gesundheit, Familie und Jugend


An das
Präsidium des Nationalrats                                                                        per E-Mail

Betr.:     Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das ASVG, GSVG, BSVG, B-KUVG, AlVG, SUG, HVG, KOVG und das FLAG geändert werden

Bezug:  E-Mail des BMGFJ vom 12. Oktober 2007

Sehr geehrte Damen und Herren!

Zum gegenständlichen Gesetzesentwurf gibt der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger folgende Stellungnahme ab (wobei sich die Anmerkungen, die beim ASVG gemacht werden, sich auch auf die betroffenen Parallelbestimmungen der übrigen Sozialversicherungsgesetze erstrecken):

Angesichts der kurzen Begutachtungsfrist von nur einer Woche war es nur schwer möglich, alle Details der Stellungnahmen der Sozialversicherungsträger einschließlich der bisherigen Entwicklungen zu einer einheitlichen Stellungnahme zusammen zu fassen. Es wird dringend ersucht, für derartige Stellungnahmen künftig längere Begutachtungsfristen vor zu sehen.

Wenn daher zu einem Thema in dieser Stellungnahme nicht Stellung genommen wurde, darf daraus nicht der Schluss gezogen werden, eine Vorgangsweise oder ein Vorschlag sei stillschweigend akzeptiert worden.

Die jüngst finalisierte Vereinbarung nach Art. 15a über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens enthält einige Regeln, die das Sozialversicherungsrecht betreffen, die aber nicht im vorliegenden Begutachtungsentwurf vorhanden sind. Wir gehen davon aus, dass die entsprechenden Umsetzungsbestimmungen ebenfalls einem Begutachtungsverfahren unterzogen werden.

Zum Vorschlag der Rezeptgebühren-Obergrenze

Sozialpolitisch halten wir die Einführung einer Obergrenze bei der Rezeptgebühr für eine begrüßenswerte Maßnahme. Aufgrund der bekannten finanziellen Situation der sozialen Krankenversicherung bedarf aber der prognostizierte jährliche Einnahmenentfall in Höhe von etwa € 60 Mio. jedenfalls einer finanziellen Kompensation.

Zur Formulierung des Entwurfes, wonach die Standesvertretungen der Ärzte und Apotheker einzubinden seien, darf auf die Erfahrungen aus dem e‑card-Projekt und damit auf die einschlägige Stellungnahme des Rechnungshofes[1] verwiesen werden:

Der Rechnungshof vertritt darin die Ansicht, dass es für die Aufrechterhaltung eines auf Dauer funktionierenden Gesundheitswesens für die Gesamtbevölkerung notwendig sein wird, statt betriebswirtschaftlicher Überlegungen von Ärzten eher volkswirtschaftliche Überlegungen hinsichtlich der Allgemeinverträglichkeit einschlägiger Rechtsnormen anzustellen (siehe Seite 74 der in der Fußnote verlinkten Fassung des Berichtes „Reihe Bund 2006/5“).

Der Rechnungshof hält weiter fest, dass das Vertragspartnerrecht dort einzugrenzen wäre, wo es gesundheitspolitische Entwicklungen behindert.

Auch andere Gruppen von Freiberuflern haben technische und organisatorische Umstellungen akzeptieren müssen, ohne in deren Entwicklung gesetzlich ausdrücklich „eingebunden“ zu werden (vgl. nur die EDV-Umstellungen bei Rechtsanwälten und Wirtschaftstreuhändern). Selbstverständlich ist und bleibt es, dass man mit den Betroffenen spricht und ihnen die Abläufe möglichst vereinfacht. Das ist auch ohne Einbindung sinnvoll und notwendig.

Es wäre im Gegenteil notwendig, die in den Erläuterungen angedeutete raschere Abwicklung dadurch zu unterstützen, dass im Gesundheitswesen eine möglichst exakte und rasche Abrechnung erbrachter Leistungen allgemein vorgesehen wird. Die in den Erläuterungen „zeitnähere“ Feststellung eines Befreiungstatbestandes ist ja nur möglich, wenn auch die Abrechnungsgrundlagen rascher vorliegen.

Nach Ansicht des Hauptverbandes sollte es bereits jetzt eine diesbezügliche gesetzliche Verpflichtung dahingehend geben, dass die Apotheker und hausapothekenführenden Ärzte spätestens ab 2010 die e‑card verpflichtend in diesem Zusammenhang zu verwenden haben.

Das würde auch zur Transparenz im Interesse der Patienten beitragen.

Es stellt sich schließlich die Frage, was mit der im Entwurf vorgesehenen „Einbindung“ tatsächlich gemeint ist: Der Hauptverband hat nämlich bekanntlich für das Thema eine Lösungsmöglichkeit erarbeitet, die weder dem Arzt noch dem Apotheker zusätzliche Aufgaben überträgt.

Die im Entwurf vorgeschlagene „Einbindung“ kann und soll daher entfallen.

Zu den finanziellen Erläuterungen:

Die einschlägigen finanziellen Erläuterungen erscheinen in zweifacher Hinsicht ergänzungsbedürftig.

Grundsätzlich halten wir fest, dass angesichts der dramatischen Finanzsituation der Krankenkassen, insbesondere der Gebietskrankenkassen, und unter Berücksichtigung der Rezeptgebührenobergrenzenregelung auch das von den Sozialpartnern entwickelte Paket keine nachhaltige finanzielle Sanierung der Krankenversicherung bewirken wird.

Zum einen ist im Zusammenhang mit den veranschlagten Mehreinnahmen im Zusammenhang mit der Beitragssatzerhöhung darauf hinzuweisen, dass der bestehenden LKF-Vereinbarung zufolge ein Drittel dieses Betrages automatisch an die Landesgesundheitsfonds zu überweisen ist und dementsprechend nicht zur Verfügung steht.

Zum anderen ist der errechnete Mehraufwand wegen Einführung der Rezeptgebührenobergrenze als Minimalbetrag anzusehen, da erfahrungsgemäß rezeptgebührenbefreite Versicherte ein anderes Konsumverhalten als Nichtbefreite an den Tag legen, sodass auch aus diesem Titel heraus von einer Aufwandssteigerung ausgegangen werden muss. Dazu kommt eine nicht einschätzbare Menge an Medikamentenbezügen, deren Apothekenabgabepreis unter der Rezeptgebühr liegt. Diese sind ohne Rezeptgebührenbefreiung beim Bezug in der Apotheke zu bezahlen und belasten in diesem Fall die Krankenkasse nicht. Bei Vorliegen der Rezeptgebührenbefreiung nach Überschreiten der Obergrenze müssen aber auch diese gemäß den schon bisher geltenden Regeln von der Krankenkasse bezahlt werden, woraus sich in diesem Ausmaß eine zusätzliche neue Kostenbelastung ergibt.

Es ist weiters notwendig, die Finanzierung für Vorsorgeuntersuchungen und Gesundheitsförderung nach § 447h ASVG zu sichern. Die bestehende Regelung in § 447h Abs. 3 Z 2 enthält nur Vorgaben bis einschließlich 2008. Für die Folgejahre wäre eine gleichwertige Regelung zu schaffen.

Die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft hat betreffend der Harmonisierung des Beitragssatzes in der Krankenversicherung noch auf Folgendes hingewiesen:

„Das Regierungsprogramm und die darauf aufbauende Sozialpartnereinigung ‚Gesundheit sichern’ als Basis der in Rede stehenden Gesetzesänderungen sehen als Maßnahme der Beitragsharmonisierung in der gesetzlichen Krankenversicherung die Senkung des Beitragssatzes in der Krankenversicherung im GSVG von 9,1 % auf 7,65 %, also um 1,45 % vor; die so entstehende ‚Beitragsersparnis’ wird von den Unternehmern für eine Unternehmervorsorge (gesetzlicher Terminus: ‚Selbständigenvorsorge’) nach dem Modell der ‚Abfertigung neu’ eingezahlt.

Zur Umsetzung der Herabsetzung des Beitragssatzes und der Selbständigenvorsorge sind zwei legistische Maßnahmen notwendig: neben dem seitens des BMWA bereits versendeten Gesetzesentwurf einer ‚Abänderung des Betrieblichen Mitarbeitervorsorgegesetzes’ also noch zwingend zeitgleich die im Zuständigkeitsbereich des BMGFJ im Rahmen der gegenständlichen Novelle des GSVG bisher fehlende Harmonisierung des Beitragssatzes der GSVG–Krankenversicherung.

Mit Nachdruck wird daher festgehalten, dass im Sinne einer wechselseitigen ‚Bedingtheit’ als conditio sine qua non die Senkung des Beitragssatzes der GSVG-Krankenversicherung auf insgesamt 7,65 % in den vorliegenden Gesetzesentwurf aufzunehmen ist und mit 1. 1. 2008 in Kraft treten muss.“

Zur Verwaltungskostendeckelung

Wesentlichen Anteil an der finanziellen Situation der gesetzlichen Krankenversicherung hat die Tatsache, dass sinnvolle finanzielle Erleichterungen nicht geschaffen werden.

Ebenso sollte die vorgeschlagene Regelung des § 635 ASVG über die Festlegung eines Sparpaketes durch die Trägerkonferenz nochmals geprüft werden:

Diese Festlegung wird für sich allein nicht zielführend sein, wenn nicht auf ihrer Basis vor allem auch die Leistungspartner verpflichtende und konsequent durchsetzbare Maßnahmen möglich werden.

Einschlägige Beschlüsse wären nach § 31 Abs. 6 ASVG schon jetzt verbindlich, jedoch mangelt es an einer klaren Regelung bezüglich der Beschlusserfordernisse (Wirkung von Mehrheitsbeschlüssen) und deren Durchsetzbarkeit, gegebenenfalls mit der Möglichkeit von Sanktionen bei einzelnen Versicherungsträgern, die sich danach nicht an die allgemeinen Regeln halten würden.

Da die Selbstverwaltung der Sozialversicherung im Rahmen des Zielsteuerungssystems der BSC für 2008 eine Verwaltungskostenbegrenzung festlegen wird, ist eine gesetzliche Regelung desselben Ziels nicht notwendig, nicht zuletzt, weil diese Ziele ohnedies mit den beiden als Aufsichtsbehörden zuständigen Ministerien abzustimmen sind.

Im Hinblick auf die Wirkung der Erhöhung der Beitragssätze über das Jahr 2008 hinaus sowie die Fortschreibung der Deckelung der Verwaltungskosten bis zum Jahr 2011 wären unserer Auffassung nach unbedingt als „flankierende Maßnahmen" vor allem folgende Punkte vorzusehen:

·      Die Ergänzungsvorschläge der Wiener Gebietskrankenkasse betreffend die Bekämpfung von Schwarzarbeit, Sozialbetrug und Beitragsvermeidung.

·      Die Umsetzung der Meldepflichten der Standesämter hinsichtlich Personenstandsänderungen direkt an die Sozialversicherung (§ 360 ASVG). Es ist unnötig, dass die Sozialversicherung über weite Bereiche de facto parallele Personenstandsaufzeichnungen führen muss, nur weil sich dem Vernehmen nach ein Privatbetrieb weigert, Standesämter mit effizienter Software zu versorgen. Die Situation ist dem Bundesministerium bekannt und hat sich in den letzten Monaten leider nicht wesentlich verbessert.

·      Volle Abgeltung der Vorsteuerbelastung durch das GSBG nach dem Vorbild der Regelung für Krankenanstalten.

·      Allgemeine Senkung der Heilmittelpreise nach den Regeln, die auch die Transparenzrichtline vorsieht.

·      Verpflichtende Auspreisung von Arzneispezialitäten und sonstigen Heilmitteln als Maßnahmen zur Hebung des Kostenbewusstseins der Versicherten im Umgang mit Arzneien.

·      Zeitgemäße Optimierung der Vertriebswege von Arzneimitteln - Es wären in diesem Zusammenhang die rechtlichen Voraussetzungen zur Ermöglichung einer Direktabgabe von Heilmitteln durch die Träger der gesetzlichen Krankenversicherung (etwa an chronisch Kranke) zu schaffen.

·      Lockerung des Kündigungsschutzes durch Entfall der „sozialen Härte“ in § 343 Abs. 4 ASVG, Einräumung einer Kündigungsmöglichkeit bei wiederholtem Verstoß gegen die Richtlinien über die ökonomische Verschreibweise bzw. gegen die Richtlinien über die Berücksichtigung ökonomischer Grundsätze bei der Krankenbehandlung; generelle Möglichkeit der Kündigung von Vertragsärzten analog zu allen übrigen Vertragspartnern gemäß § 349 ASVG, Kündigungsmöglichkeit wenn vom Vertragsarzt nachweislich wiederholt vertragswidrige Privathonorare oder Aufzahlungen entgegengenommen werden, oder wenn der Vertragsarzt ein Verhalten setzt, das geeignet ist, den Versorgungsauftrag der Versicherungsträger in Frage zu stellen.

·      Gesetzliche Festlegung einer Altersgrenze für Vertragsärzte, Erlöschen des Vertrages bei deren Erreichung.

·      Befristung neu zu vergebender Verträge für maximal 5 Jahre (allenfalls mit Rechtsanspruch auf Verlängerung bei richtlinienkonformem Verhalten). Um den Kassenvertrag aufrecht zu erhalten, sollte jedenfalls vorgesehen werden, dass alle fünf Jahre eine Rezertifizierung im Hinblick auf folgende Bereiche erfolgen muss: vorgeschriebene Fortbildung, Qualität der ärztlichen Leistung, Patientenzufriedenheit, ökonomisches Vorgehen im Eigen- bzw. Folgekostenbereich.

·      Ermöglichung eines Honorarabzugs bei wesentlicher Abweichung der Eigen- und Folgekosten sowie der Verschreibungen vom Durchschnitt der Fachgruppe (Beweislastumkehr).

·      Abgeltung des Aufwandes für durch das Abrechnungsverhalten des einzelnen Arztes bedingte Kontrollen in Form eines Pauschales (Prozentsatz der abgerechneten Honorarsumme) das vom Krankenversicherungsträger einbehalten werden kann.

·      Gesetzliche Regelung, die für die Gesamtverträge eine Begrenzung der Ausgaben der Träger der KV für vertragärztliche Tätigkeit (einschließlich der Rückvergütung bei Inanspruchnahme wahlärztlicher Hilfe) festsetzt.

Überdies sollte auch insbesondere die Zuständigkeitsänderung bei der medizinischen Rehabilitation für Alterspensionisten, die wir bereits mehrfach angeregt haben, verwirklicht werden (zumal damit die Krankenversicherungsträger jährlich wenigstens um € 11 Mio. entlastet würden).

Für weitere Erläuterungen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung und ersuchen, die in diesem Schreiben samt Beilagen gemachten Vorschläge bei der weiteren Arbeit am Gesetzesentwurf zu berücksichtigen.

Mit freundlichen Grüßen
Für den Hauptverband:

Der Verbandsvorsitzende:                                       Der Generaldirektor:

 

 

 

Beilagen

 

 

 

Stellungnahme des Hauptverbandes der
österreichischen Sozialversicherungsträger

 

zu Artikel 1

Novelle zum ASVG

Zu Art. 1 Z 5 - § 31 Abs. 5 Z 16 ASVG

mangelnde Determinierung der Verordnungsermächtigung

Der Hauptverband ist der Ansicht, dass die vorliegende Verordnungsermächtigung im Sinne des Legalitätsprinzips nicht ausreichend determiniert ist.

Der Entwurf legt lediglich fest, dass eine Rezeptgebührenobergrenze von 2 % des jährlichen Nettoeinkommens ohne Berücksichtigung von Sonderzahlungen für den Versicherten und seine Angehörigen vorzusehen ist, und dass die Rezeptgebührenobergrenze über ein beim Hauptverband einzurichtendes Rezeptgebührenkonto zu verwalten ist.

Der vorliegende Gesetzesentwurf enthält jedoch keinerlei Bestimmung darüber, welche Einkommensbestandteile für die Rezeptgebührenobergrenze heranzuziehen sind und wie das jährliche Nettoeinkommen zu berechnen ist.

In den Erläuterungen ist lediglich angeführt, dass bei Pensionsbeziehern und sonstigen Leistungsbeziehern deren Bezug herangezogen werden kann und dass die Ermittlung des Nettoeinkommens bei Einkommensbeziehern analog zu § 21 Abs. 3 AlVG erfolgen soll.

Dies ist jedoch, genauso wie die Tatsache, dass es ein Antragsrecht der Versicherten geben soll, lediglich den Erläuterungen, nicht jedoch dem vorgeschlagenen Gesetzestext zu entnehmen.

Auswirkung der Rezeptgebührenobergrenze auf andere Kostenanteile

Der Versicherungsträger hat gemäß § 136 Abs. 5 ASVG bei Vorliegen einer besonderen sozialen Schutzbedürftigkeit des Versicherten nach Maßgabe der vom Hauptverband dazu erlassenen Richtlinie von der Einhebung der Rezeptgebühr abzusehen.

Das Vorliegen der besonderen sozialen Schutzbedürftigkeit des Versicherten nach den Richtlinien gemäß § 31 Abs. 5 Z 16 ASVG führt aufgrund der derzeitigen Rechtslage auch zu einer Befreiung vom Kostenanteil für Heilbehelfe und Hilfsmittel.

Aus dem Regierungsübereinkommen ist nicht ersichtlich, ob der Tatbestand einer Befreiung von der Rezeptgebühr aufgrund Erreichens der Rezeptgebührenobergrenze auch zur Befreiung vom Kostenanteil für Heilbehelfe und Hilfsmittel führen soll.

Wenn dies nicht beabsichtigt ist, ist eine gesetzliche Regelung erforderlich, die diese Befreiung ausschließt.

Im Übrigen weisen wir schon jetzt darauf hin, dass für den Fall, dass das Erreichen der Rezeptgebührenobergrenze zur Befreiung vom Kostenanteil für Heilbehelfe und Hilfsmittel führt, der Einnahmenausfall der Krankenversicherungsträger erheblich steigt. Eine genaue Quantifizierung ist jedoch auf Basis der verfügbaren Daten seriös nicht möglich. Im Minimum wird aber sicher mit dem in den Erläuterungen dargestellten Einnahmenausfall zu rechnen sein.

Einbindung der Österr. Apothekerkammer und der Österr. Ärztekammer

Nachdem die Österreichische Apothekerkammer und die Österreichische Ärztekammer durch die geplante Umsetzung der Rezeptgebührenobergrenze nicht in ihren Rechten und ihrer Administration beeinträchtigt werden, ist nach Meinung des Hauptverbandes nicht ersichtlich, warum sie gesetzlich in die Schaffung der Regelung für die Rezeptgebührenobergrenze eingebunden werden sollen.

Diese Gesetzesbestimmung ist daher ersatzlos zu streichen.

In den erläuternden Bemerkungen ist angeführt, dass für die Zukunft eine zeitnähere Feststellung der Rezeptgebührenobergrenze durch raschere Abrechnung in den Apotheken vorgesehen ist.

Nach Ansicht des Hauptverbandes sollte es bereits jetzt eine diesbezügliche gesetzliche Verpflichtung dahingehend geben, dass die Apotheker spätestens ab 2010 die e-card verpflichtend in diesem Zusammenhang zu verwenden haben.

Übermittlung von Einkommensdaten

Für die Berechnung der Rezeptgebührenobergrenze wird nur auf der Sozialversicherung bekannte Daten (Beitragsgrundlagen, Pensionen) zurückgegriffen. Nach unserer Ansicht gibt es jedoch noch zusätzliche Einkommensbestandteile, die zwar der Sozialversicherung nicht bekannt sind, aber für die Rezeptgebührenobergrenze heranzuziehen sind (z. B. Bezüge von öffentlichen Körperschaften, Bezüge aus betrieblichen Pensionszusagen sowie mit diesen gleichzusetzende Bezüge von Pensionskassen usw.).

Wenn keine Verpflichtung der betroffenen Institutionen zur Übermittlung dieser Daten geschaffen wird, können diese Einkommen für die Rezeptgebührenobergrenze nicht berücksichtigt werden.

Bei einer solchen Regelung würde eine Privilegiendiskussion im Raum stehen.

Abdeckung des Einnahmenausfalls der Krankenversicherung

In den finanziellen Erläuterungen zum Gesetzesentwurf wird davon ausgegangen, dass der Einnahmenausfall für die soziale Krankenversicherung durch die Einführung der Rezeptgebührenobergrenze im Jahr 2008 rund 60 Millionen Euro betragen wird.

Der Gesetzesentwurf sieht jedoch keinen Ersatz dieses Einnahmenausfalls vor.

Auf Grund der prekären finanziellen Situation der Krankenversicherungsträger ist der Ersatz des Einnahmenausfalls der Krankenversicherungsträger durch den Bund jedoch unbedingt erforderlich.

In diesem Zusammenhang wird nochmals auf den zusätzlichen Einnahmenausfall verwiesen, der dann entsteht, wenn die Befreiung von der Rezeptgebühr aufgrund Erreichens der Rezeptgebührenobergrenze zu einer Befreiung vom Kostenanteil für Heilbehelfe und Hilfsmittel führt.

Gesetzesvorschlag des Hauptverbandes

Der Hauptverband hat einen Gesetzesvorschlag erarbeitet, der die vorher genannten Themen behandelt.

§ 31 Abs. 5 Z 16 ASVG lautet (kursiv: neu)

     „16. für die Befreiung von der Rezeptgebühr (Herabsetzung der Rezeptgebühr) sowie für die Befreiung vom Service-Entgelt bei Vorliegen einer besonderen sozialen Schutzbedürftigkeit des (der) Versicherten; in diese Richtlinien ist der für die Befreiung in Betracht kommende Personenkreis nach allgemeinen Gruppenmerkmalen zu umschreiben; darüber hinaus ist eine Befreiungs-(Herab­set­zungs)Möglichkeit im Einzelfall in Berücksichtigung der Familien-, Einkommens- und Vermögensverhältnisse des (der) Versicherten sowie der Art und Dauer der Erkrankung vorzusehen. Weiters ist in diesen Richtlinien eine ohne Antrag eintretende und auf Durchschnittsberechnungen beruhende Befreiung von der Rezeptgebühr für jene Personen, deren Belastung mit Rezeptgebühren den Grenzbetrag von zwei Prozent ihres gesamten Jahresnettoeinkommens überschreitet, nach folgenden Grundsätzen vorzusehen:

            a) Sonderzahlungen sind nicht zu berücksichtigen.

           b) die jeweils aktuellsten - längstens zwei Jahre, bei Versicherte nach dem GSVG drei Jahre zurückliegenden - Datenbestände sind heranzuziehen.

            c) Das Jahresnettoeinkommen ist aus den bei den Sozialversicherungsträgern und dem Arbeitsmarktservice vorhandenen Leistungsdaten zu errechnen. Pensionen, Renten, Ruhe- und Versorgungsgenüsse sind auf einen Jahreswert hochzurechnen, welcher als Jahresnettoeinkommen gilt. Für Erwerbstätige ist das Jahresnettoeinkommen bei unselbstständig Erwerbstätigen aufgrund der Beitragsgrundlagen eines Jahres für die Krankenversicherung und bei selbstständig Erwerbstätigen aufgrund der Beitragsgrundlagen nach § 25 GSVG und § 23 BSVG zu ermitteln. Die Ermittlung des Jahresnettoeinkommens ist durch Abzug eines Pauschalbetrages nach den Grundsätzen des § 21 Abs. 3 AlVG vorzunehmen.

            d) Übersteigt das ermittelte Jahresnettoeinkommen bei Beziehern von Pensionen, Renten, Ruhe- und Versorgungsgenüssen nicht den Richtsatz nach § 293 Abs. 1 lit. a sublit. bb (Einzelrichtsatz), so ist das Zwölffache des Richtsatzes nach § 293 Abs. 1 lit. a sublit. aa (Ehegattenrichtsatz) als jährliches Einkommen heranzuziehen.

            e) Kann ein Jahresnettoeinkommen nicht ermittelt werden, so ist die sechsfache monatliche Höchstbeitragsgrundlage (§ 45 Abs. 1) als jährliches Einkommen heranzuziehen.

            f) Rezeptgebühren, die für Angehörige zu zahlen waren, sind beim Versicherten/bei der Versicherten zu berücksichtigen.

            g) Rezeptgebühren, die bezahlt wurden, obwohl im Nachhinein eine Befreiung möglich gewesen wäre, sind nicht zu erstatten, sondern für die Errechnung einer neuen Befreiung zu verwenden.

            In den Richtlinien ist Antragsrecht des Versicherten für eine Berechnung nach den jeweils konkreten Jahreswerten vorzusehen. Dafür sind die Bestimmungen über die Ermittlung des Nettoeinkommens für den Anspruch auf Ausgleichszulage heranzuziehen.“

§ 136 ASVG lautet:

„§ 136. (1) Die Heilmittel umfassen

            a) die notwendigen Arzneien und

           b) die sonstigen Mittel, die zur Beseitigung oder Linderung der Krankheit oder zur Sicherung des Heilerfolges dienen.

(2) Die Kosten der Heilmittel werden vom Träger der Krankenversicherung durch Abrechnung mit den Apotheken übernommen.

(3) Für jedes auf einem Rezept verordnete und auf Rechnung des Versicherungsträgers bezogene Heilmittel ist, soweit im Folgenden nichts anderes bestimmt wird, eine Rezeptgebühr in der Höhe von 4,35 € zu zahlen. An die Stelle dieses Betrages tritt ab 1. Jänner eines jeden Jahres der unter Bedachtnahme auf § 108 Abs. 6 mit der jeweiligen Aufwertungszahl (§ 108a Abs. 1) vervielfachte Betrag. Der vervielfachte Betrag ist auf fünf Cent zu runden. Die Rezeptgebühr ist bei Abgabe des Heilmittels an die abgebende Stelle auf Rechnung des Versicherungsträgers zu zahlen. Die Zahlung ist von dieser Stelle auf dem Rezept zu vermerken. Der Bund hat den Krankenversicherungsträgern den Ausfall an Rezeptgebühren auf Grund der Auswirkungen der Rezeptgebührenobergrenze jährlich im Nachhinein zu ersetzen.

(4) Bei anzeigepflichtigen übertragbaren Krankheiten darf eine Rezeptgebühr nicht eingehoben werden. Der Versicherungsträger hat für diese Fälle besondere Rezeptvordrucke aufzulegen, die mit dem Vermerk „rezeptgebührenfrei“ zu versehen sind.

(5) Der Versicherungsträger hat bei Vorliegen einer besonderen sozialen Schutzbedürftigkeit des Versicherten nach Maßgabe der vom Hauptverband hiezu erlassenen Richtlinien von der Einhebung der Rezeptgebühr abzusehen.

(6) Die Versicherungsträger haben eine gesicherte personenbezogene Einsichtnahme (§ 31a Abs. 2) in eine Übersicht jeweils aller bereits abgerechneten Rezeptgebühren (Rezeptgebührenkonto) im Internet unter Verwendung der e-card vorzusehen.

(7) Die bezugsauszahlenden Stellen des Bundes, der Länder und der Gemeinden sowie die Sozialhilfeträger und die Körperschaften öffentlichen Rechts haben den Krankenversicherungsträgern Angaben über die Nettobeträge der Bezüge im Wege des Hauptverbandes (§ 31 Abs. 4 Z 3 lit. a) automationsunterstützt monatlich mitzuteilen.“

Die §§ 92 Abs. 3 bis 7 GSVG, 86 Abs. 3 bis 7 BSVG, § 64 Abs. 3 bis 7 B-KUVG sind entsprechend anzupassen.

§ 137 Abs. 4 ASVG lautet:

„(4) Der Versicherungsträger hat auch die sonst vom Versicherten gemäß Abs. 2 und 2a jeweils erster Satz zu tragenden Kosten bzw. den sonst vom Versicherten gemäß Abs. 2 und 2a jeweils zweiter Satz oder Abs. 3 zweiter Satz zu tragenden Kostenanteil zu übernehmen:

            a) bei Versicherten (Angehörigen), die das 15. Lebensjahr noch nicht vollendet haben bzw. für die ohne Rücksicht auf das Lebensalter Anspruch auf die erhöhte Familienbeihilfe im Sinne des § 8 Abs. 4 bis 7 des Familienlastenausgleichgesetzes besteht und

           b) bei Vorliegen einer besonderen sozialen Schutzbedürftigkeit des Versicherten nach § 136 Abs. 5. Eine Befreiung von der Rezeptgebühr aufgrund des Erreichens des Grenzbetrages nach § 31 Abs. 5 Z 16 gilt nicht als besondere soziale Schutzbedürftigkeit.“

Die §§ 93 Abs. 4 GSVG, 87 Abs. 4 BSVG und 65, Abs. 4 B-KUVG sind entsprechend anzupassen.

 

Übergangsbestimmung

Der Hauptverband hat die Richtlinien nach § 31 Abs. 5 Z 16 ab dem der Kundmachung folgenden Tag anzupassen. Diese Änderungen dürfen frühestens mit dem Inkrafttreten der Neufassung des § 31 Abs. 5 Z 16 in Kraft gesetzt werden.

Zusätzliche Übergangsbestimmung betreffend

1. e-card bei Apotheken

2. kürzere Berechnungssschritte

einerseits – Verwendung durch Patienten,
andererseits – Einsatzverpflichtung durch Vertragspartner

Patienten (§ 136 ASVG):(5) Der Versicherungsträger hat bei Vorliegen einer besonderen sozialen Schutzbedürftigkeit des Versicherten nach Maßgabe der vom Hauptverband hiezu erlassenen Richtlinien von der Einhebung der Rezeptgebühr abzusehen. Die Befreiung von der Rezeptgebühr ist vom Versicherten durch Verwendung der e-card bei der Abgabe des Heilmittels zu dokumentieren. In den Richtlinien des Hauptverbandes ist für die Krankenversicherungsträger eine einheitliche Vorgangsweise bei jenen Fällen festzulegen, in denen keine e-card verwendet werden kann.“

Vertragspartner (Apotheker und Hausapotheker, Voraussetzung, um die Befreiung bei der Abgabe lukrieren zu können, ist die rascheste Information über die Medikamentenabgabe durch die jeweils anderen Abgabestellen, weil ja ein Patient mehrere Abgabestellen frequentiert und und die Abgabestellen voneinander wissen müssen, ob durch die Abgabe bei einer anderen Stelle bereits die Befreiungsgrenze erreicht wurde):

§ 350. (1) Heilmittel (§ 136) und Heilbehelfe (§ 137) usw. dürfen für Rechnung der Krankenversicherungsträger von Apothekern und Hausapotheken führenden Ärzten nur unter folgenden Voraussetzungen abgegeben werden:

        1. Bestehen eines Vertragsverhältnisses mit dem Krankenversicherungsträger und on‑line, spätestens am selben Tag nach Ende der Öffnungszeit, erfolgende Mitteilung der Abgabe unter Verwendung des e‑card‑Systems (§ 31a),“

drittens – aktuelle Berechnung der Befreiungsgrenze durch die Versicherungsträger

§ 31 Abs. 5 Z 16 ASVG, Entwurf wie eingangs:

           „c) Das Nettoeinkommen ist monatlich aktuell aus den bei den Sozialversicherungsträgern und dem Arbeitsmarktservice vorhandenen Leistungsdaten zu errechnen. Soweit keine Monatsbeträge vorhanden sind (Pensionen, Arbeitslosengeld etc.), sind die Beträge abzüglich Sonderzahlungen bzw. Sonderzahlungsäquivalente bei Selbstständigen sind auf Jahreseinkommen hochzurechnen, deren Zwölftel die monatliche Befreiungsgrenze ergibt. …“

Vorläufige Erläuterungen zum Rezeptgebühren-Obergrenze-Entwurf

Die Befreiung ist so zu organisieren, dass sie

·         möglichst rasch eintritt und

·         auf möglichst aktuellen Daten beruht.

Daraus ergibt sich, dass Abrechnungen („Jahresausgleiche hintennach“) nicht beabsichtigt sind. Derartige Abrechnungen wären erst im jeweiligen Folgejahr möglich. Die Befreiung soll aber gerade für jene Menschen Vorteile bringen, die wenig Bargeld – und das möglichst nahe am Zeitpunkt des Medikamentenbezuges – besitzen.

Dazu sind folgende Voraussetzungen zu beachten:

Da die SV keine monatlichen Einkommensdaten besitzt (würde eine entsprechende Meldung der Arbeitgeber, Dienststellen usw. bedeuten), können dafür zunächst jedenfalls nur die vorhandenen Jahresbeträge herangezogen werden, die aus den Beitragsgrundlagen in den Lohnzetteln kommen (jeweils frühestens im Jänner des Folgejahres, in der Praxis sind die Daten bis Jahresmitte des Folgejahres einigermaßen vollständig).

Da die Abrechnungen aus Apotheken und Hausapotheken nicht tagfertig on-line erfolgen, sondern über Sammelabrechnungen im Nachhinein (sog. Batch-Verfahren), können allein zwischen Rezepteinlösung und Abrechnung schon mehrere Wochen liegen. Dazu kommen die internen Verifzierungs- und Zuordnungsläufe in den Versicherungen, sodass Daten von Rezepten, die z. B. im Jänner eingelöst wurden, frühestens im März, vollständig erst im April zur Verfügung stehen. Dieser time-lag wäre nur durch eine massive Abrechnungsbeschleunigung zu verringern (die vertraglich mit den Standesvertretungen zu vereinbaren wäre und bei den Gesundheitsdiensteanbietern EDV-Umstellungen auslösen würde: daraus sind finanzielle Forderungen zu erwarten).

Selbst wenn aktuelle Monatsbezugsdaten vorhanden wären, wären mangels Rezeptdaten eine monatliche oder auch nur quartalsweise Befreiungsberechnung nach derzeitigem technischen und organisatorischem Stand nicht durchführbar. Sie könnte aber als mittelfristiges Ziel ins Auge gefasst werden (Voraussetzung: generelle Abrechnungsumstellung im Gesundheitsbereich).

Die Befreiung wird derzeit beim Arzt durch Stecken der e-card angezeigt: „Rezeptgebührenbefreiung ja/nein“. Mehr braucht den Arzt nicht betreffen, die Ärzte sollen von administrativen Tätigkeiten möglichst frei gehalten werden. Damit ist auch nicht beabsichtigt, Angaben über die Zahl befreiter Rezepte usw. beim Arzt anzuzeigen.

Ärzte sind derzeit nicht verpflichtet, bei jedem Arztbesuch eines Patienten die e-card stecken zu lassen. Diese Verpflichtung ist erst ab 1. Jänner 2009 vorgesehen. Wenn sich ein Arzt derzeit weigern sollte (es sind aus den Standesvertretungen Einwände dagegen zu hören), dann kann die Befreiung des Patienten nicht ersichtlich gemacht werden. Auch diese Situation spricht derzeit gegen eine monatliche Befreiung.

Eine stärkere Einbindung der Apotheker und Hausapotheken (= hausapothekenführenden Ärzte) in das System könnte (in Verbindung mit einer on-line Bekantgabe der Abgabe eines Medikamentes) dazu führen, dass direkt beim Apotheker/Hausapotheker angezeigt werden könnte, ob ein Rezept befreit ist oder nicht. Das könnte ebenfalls mittelfristiges Ziel sein, wäre aber mit den Standesvertretungen entweder zu vereinbaren oder müsste gesetzlich vorgesehen werden.

Zum vorliegenden Formulierungsvorschlag

Eine Ermächtigung hat sich an die Determinierungsregeln des B-VG und der einschlägigen Judikatur des VfGH zu halten. Die bloße Anordnung, eine solche Befreiung vorzusehen, erscheint nach den bisherigen Erfahrungen zu wenig.

Allerdings ist auch die Grundlage der bestehenden Richtlinien über die Rezeptgebührenbefreiung kaum determiniert.

Es wäre damit denkbar, das Thema auch ohne gesetzliche Änderung allein dadurch zu behandeln, dass die bestehenden Rezeptgebührenrichtlinien im Bereich „Befreiung aus sozialen Gründen“ in Richtung der 2-%-Befreiungsgrenze erweitert würden.

Angesichts der Erfahrungen mit der VfGH-Judikatur (Ambulanzgebühr) wäre allerdings in erhöhtem Ausmaß damit zu rechnen, dass die Bestimmungen mangels Determinierung angefochten und (nach einiger Zeit, einschließlich allfälliger Fristsetzung für die Aufhebung) aufgehoben würden. Dieser Weg wird daher mit diesem Entwurf nicht verfolgt.

Zum vorgeschlagenen Ablauf

Die Befreiung soll aus den vorhandenen (siehe oben) möglichst aktuellen Daten errechnet werden und automatisch, ohne Antrag, eintreten. Da mit diesen Daten nur eine Berechnung im Nachhinein und nach Durchschnittswerten möglich ist, muss es eine Möglichkeit geben, bei Bedarf im Einzelfall (dann auf Antrag) die Befreiung nach exakten Daten nachzurechnen. Dafür werden die seit Jahrzehnten bestehenden Regeln der Ausgleichszulage herangezogen, um im Sozialrecht eine einheitliche Vorgangsweise zu finden.

Da das „Netto-“Einkommen im Regelfall (ArbeitnehmerInnen) nicht bekannt ist, muss eine Lösung vorhanden sein, über die man aus den vorhandenen Bruttoangaben zu einem dem Nettobetrag vergleichbaren Betrag kommt. Da das Thema bei der Arbeitslosenversicherung seit Jahren durch § 21 Abs. 3 AlVG gelöst ist, soll diese Vorgangsweise auch hier herangezogen werden.

Daten aus privaten Einkommensquellen sollen bei der Durchschnittsberechnung nicht herangezogen werden. Diese Daten sind der Sozialversicherung nicht vollständig bekannt, müssen ihr auch nicht gemeldet werden und lösen auch keine Krankenversicherungspflicht aus (Pensionskassenbezüge, private Renten wie Leibrenten usw.). Gleiches soll für Unfallrenten gelten. Ältere Einkommensdaten sollen nicht herangezogen werden. Aktuelle Daten, die der Sozialversicherung aus Leistungsbezügen bekannt sind, sollen möglichst vorrangig verwendet werden.

Die Leistungsdaten der Sozialversicherung stehen nach § 321 ASVG § 119 B-KUVG und § 69 AlVG zur Verfügung.

Die Daten aus öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnissen stehen über die Beitragsgrundlagen der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter zur Verfügung, allerdings nur für jene Beamtengruppen, die bei dieser Versicherungsanstalt versichert sind. Für große Beamten- (und Vertragsbediensteten-)­gruppen der Länder Wien, Oberösterreich und Tirol sowie Beamte einiger Gemeinden (Linz, Wels, Steyr, Baden, Villach, Bregenz, Salzburg usw.) ist das nicht der Fall. Diese Gruppen bzw. Einkommen aus solchen Quellen können daher nur dann in die Berechnung einbezogen werden, wenn entsprechende Meldungen vorgesehen sind. Da es sich dabei um landes-(dienst-)rechtliche Bestimmungen handelt, muss das gesondert vorgesehen werden (Prüfung der Kompetenzgrundlage im ASVG notwendig, allenfalls in anderen Zusammenhängen - Finanzausgleich).

Es wird Fälle geben, in denen (noch) kein Jahreseinkommen ermittelt werden kann. Dann wird für die automatische (jederzeit auf Antrag nach den tatsächlichen Werten korrigierbare) Berechnung vorgeschlagen, die halbe monatliche Höchstbeitragsgrundlage (daher die sechsfache monatliche) als Berechnungsbasis heranzuziehen (derzeit: 23.040 € jährlich).

Es wird weiters Fälle geben, in denen einerseits bekannte Einkommen vorhanden sind, aber weitere Einkommen nicht (z. B. bei Pensionsteilen, die nach dem internationalen Recht aus dem Ausland überwiesen werden, bei Nebenbeschäftigungen von Beamten der oben genannten Länder und Gemeinden usw.). Dann soll angenommen werden, dass die Betroffenen jedenfalls das Zwölffache des Ehegattenrichtsatzes als Jahreseinkommen beziehen (2007: 13.093,68 €).

Bei dieser Grenze (die jeweils nach politischem Willen geändert werden kann) ist zu berücksichtigen, dass es Menschen gibt, die tatsächlich nur sehr geringe Einkommen beziehen. Die Grenze soll daher nicht für Teilzeitbeschäftigte und andere Einkommensbezieher gelten.

Dass Guthaben im Todesfall rückzuerstatten sind, muss nicht eigens erwähnt werden.

Finanzierung:

Je nachdem wie tief man die Grenze für jene Einkommen ansetzt, die als Basis der 2-%-Berechnung heranzuziehen sind (und wie wenig Zusatzeinkünfte man anrechnet), werden die Einnahmenausfälle der sozialen Krankenversicherung namhafte Beträge erreichen. Es gab Überlegungen, generell eine Untergrenze einzuführen. Davon wurde aus sozialpolitischen Erwägungen (massive Benachteiligung von Teilzeitkräften, damit einseitige Belastung von Frauen bzw. Alleinerziehern) Abstand genommen.

Diese Beträge sind in den laufenden Gesprächen über die Finanzierungsmaßnahmen zusätzlich zu berücksichtigen. Die vorgeschlagene Ersatzpflicht des Bundes bildet daher einen wesentlichen Teil des Entwurfes bzw. wäre durch gleichwertige Bestimmungen zu ersetzen.

 

Zu Art. 1 Z 7 bis 12 - § 51 Abs. 1 Z 1 ASVG

Der Hauptverband erlaubt sich in Zusammenhang mit der Beitragssatzerhöhung darauf hinzuweisen, dass sich in den Fällen des § 51 Abs. 3 Z 1 lit. c ASVG aufgrund der paritätischen Aufteilung des Krankenversicherungsbeitrages nunmehr bei den Beitragssätzen erstmals eine dritte Kommastelle ergibt.

Einige Softwarehersteller haben bereits auf die sich dadurch ergebenden programmtechnischen Probleme aufmerksam gemacht.

Zu Art. 1 Z 11 - § 51 Abs. 1 Z 1 lit. e ASVG

Da im Leistungsrecht der Krankenversicherung nach Inkrafttreten dieser Bestimmung keine Unterschiede zu Dienstnehmern bestehen bleiben, ist eine Angleichung auch aus Gründen der Gleichbehandlung geboten.

Dies insbesondere deshalb, weil der reduzierte Beitragssatz für freie Dienstnehmer immer damit gerechtfertigt wurde, dass sie keinen Anspruch auf Geldleistungen haben.

Zu Art. 1 Z 16 und 17 - § 73 Abs. 2 und 4 ASVG

Im Hinblick auf die prekäre finanzielle Situation der Krankenversicherungsträger wird die Senkung der Hebesätze ausdrücklich abgelehnt.

Zu Art. 1 Z 7 bis 17 - §§ 51 und 73 ASVG

Die hier getroffene Beitragssatzanhebung um insgesamt 0,15 % Punkte und die Aufteilung auf die Dienstnehmer und Dienstgeber folgt den Vorstellungen des Regierungsprogramms sowie jenen der Sozialpartner.

Keinesfalls den Vorstellungen des Regierungsprogramms, aber auch des Sozialpartnerpapiers, entsprechen kann wohl eine Reduktion des so genannten Hebesatzes des Bundes für die Krankenversicherungsbeiträge der Pensionisten.

Der seitens der Pensionsversicherungsträger für jeden krankenversicherten Pensionisten aufzuwendende Anteil wird wieder um weitere 2 % Punkte reduziert. Aus unserer Sicht sollte der Hebesatz dem Ausfall durch die neue Rezeptgebührenbefreiung angepasst werden (dies muss eine Erhöhung sein, zumal der Heilmittelverbrauch bei den Pensionisten überproportional ist).

Da es in der kurzen Begutachtungszeit kaum möglich war, sich seriös mit dem vorgeschlagenen Gesetzestext auseinander zu setzen, fassen wir ihn nochmals zusammen, so wie wir ihn verstanden haben:

Wir gehen davon aus, dass die 0,15 %-ige Beitragssatzanhebung bei folgenden Beitragsgruppen stattfinden soll:

·      pflichtversicherten Erwerbstätige (siehe § 51 ASVG neu).

·      Pensionisten (siehe § 73 ASVG neu). Zu beachten ist, dass gleichzeitig der Hebesatz von 180 % auf 178 % gesenkt wird, was offensichtlich dazu führen soll, dass dem Bund nur ein marginaler Mehraufwand entsteht.

·      Selbstversicherte nach § 16 ASVG (Begründung: § 77 Abs. 1 ASVG bleibt unverändert). Der Beitrag für die § 19a-Versicherten nach § 77 Abs. 2a ASVG wird hingegen nicht erhöht. Die erläuternden Bemerkungen sind aus unserer Sicht allerdings insofern missverständlich, als dort ausgeführt wird, dass „Von der Beitragssatzerhöhung um 0,15 Prozentpunkte abgesehen wird beim Beitrag für die Selbstversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung nach § 77 Abs. 2a ASVG, beim Beitrag für nach § 19a ASVG selbstversicherte Personen sowie...“.

·      Leistungsbezieher nach dem AlVG bzw. Kinderbetreuungsgeld-Bezieher­Innen (siehe die Änderungen im AlVG und im FLAG).

Für alle GKKs zusammen soll daraus nach den Erläuternden Bemerkungen ein Mehrertrag i.H.v. € 158,2 Mio. (2008) entstehen. Dies basierend auf der Annahme, dass die durch BGBl. I Nr. 156/2004 eingeführte 0,1 %-ige Beitragssatz-Erhöhung weitergeführt wird.

Nach dem uns vorliegenden Entwurf zur Art. 15a B-VG-Vereinbarung vom 9. 10. 2007 (akkordierter Text der Beamtenrunde) soll diese Verlängerung (bis 2013) auch umgesetzt werden.

Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass ein erheblicher Teil der Mehreinnahmen in die LKF-Finanzierung fließt und ein weiterer Teil der Mehreinnahmen kommt der Ärzte-Gesamtvergütung zu Gute.

Wenn dann noch der Rezeptgebührenentfall eingerechnet wird, verbleiben den Kassen keine bedeutenden finanziellen Mittel zur Sanierung mehr. Insbesondere gilt das gerade für jene Gebietskrankenkassen, die schon bislang erhebliche  Defizite ausweisen.

Die Bestimmungen würden damit ins Leere gehen.

Dass – als Voraussetzung – die Befristung der bisherigen Beitragsanhebung in § 620 Abs. 2 ASVG gestrichen werden muss, sei der Vollständigkeit halber erwähnt.

Zu Art. 1 Z 20 - § 84a Abs. 6 ASVG

Die Schaffung einer einwandfreien datenschutzrechtlichen Grundlage für die Verwendung von (Gesundheits-)Daten im Rahmen von Reformpoolprojekten entspricht einer Anregung des Hauptverbandes und wird daher ausdrücklich begrüßt.

Die in dieser Bestimmung vorgesehene Datenverwendung sollte soweit erweitert werden, dass auch sozialversicherungsinterne Projekte und Verwaltungsabläufe betroffen sind.

Es muss nicht näher ausgeführt werden, dass Aufgabe der Krankenversicherungsträger und des Hauptverbandes die Bedarfs- bzw. Versorgungsplanung ist. Auch im Rahmen dieser Aufgaben sind die in § 84a Abs. 6 ASVG vorgesehenen Datenverwendungen notwendig.

Es ist aber kein sachlich gerechtfertigter Grund gegeben, die gegenständliche Bestimmung auf Projekte und Verwaltungsabläufe der Gesundheitsplattformen einzuschränken.

Folgendes konkretes Beispiel:

Im Rahmen der gesamtvertraglichen Regelungen über die klinisch-psycho­logische Diagnostik wurde eine Leistungsposition „Befundbesprechung" befristet eingeführt. Zur Entscheidung einer Verlängerung der Leistungsposition war eine Evaluation durch einen Fragebogen erforderlich, der von klinischen PsychologInnen bzw. PatientInnen auszufüllen war, an die zuständige Kasse zu senden war und händisch ausgewertet wurde. Die derzeitige (datenschutz-)rechtliche Situation ist einer effizienten automationsunterstützten Abwicklung entgegen gestanden.

Es sollten daher – wie auch schon mit Vertretern des BMGFJ vereinbart – neben dem expliziten Hinweis auf Reformpoolprojekte auch „sonstige Projekte zur integrierten Versorgung der Patienten" in die Gesetzesbestimmung aufgenommen werden.

Nur damit hätte die Sozialversicherung eine gesetzliche Grundlage für die angestrebte Datenverwendung.

Zu Art. 1 Z 21 - § 122 Abs. 3a ASVG

Gemäß § 122 Abs. 3a ASVG sollen Leistungen aus dem Versicherungsfall der Krankheit bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen dann nicht gewährt werden, wenn ein „anderer Anspruch auf Leistungen einer gesetzlichen Krankenversicherung oder einer Krankenfürsorgeeinrichtung eines öffentlich-rechtlichen Dienstgebers gegeben ist“.

Der vorliegende Entwurf zu § 122 Abs. 3a ASVG (Einführung einer gesetzlichen Toleranzfrist) sowie die analogen Entwürfe in den Sondergesetzen entsprechen in ihrer Linie dem bereits diskutierten Vorschlag und werden daher grundsätzlich befürwortet.

Die vorgeschlagene Formulierung könnte nur insofern zu Unklarheiten führen, als nicht hinreichend deutlich geklärt wird, ob auch Leistungsansprüche aufgrund einer Angehörigeneigenschaft von diesem Ausnahmetatbestand umfasst sind.

Zwar wird in den Erläuterungen diesbezüglich ausgeführt, dass anderweitig bestehende Leistungsansprüche (etwa aufgrund einer Angehörigeneigenschaft, aus einer gesetzlichen Krankenversicherung oder einer Krankenfürsorgeeinrichtung) den neuen Leistungsanspruch ausschließen, womit die Angehörigen eindeutig in den Ausnahmetatbestand aufgenommen werden.

Allerdings haben die Erläuterungen als solche keinerlei Gesetzeskraft, sie dienen lediglich dem besseren Verständnis des Gesetzestextes.

Zur Klarstellung sollte daher der Tatbestand der Angehörigeneigenschaft auch in den Gesetzestext, allenfalls als Klammerausdruck nach der Wortfolge „…gesetzlichen Krankenversicherung“, aufgenommen werden.

Zu Art. 1 Z 22 - § 130 Abs. 1 ASVG

Grundsätzlich kein Einwand zur vorgeschlagenen Änderung.

Zur Erleichterung des Verständnisses sollte aus unserer Sicht allerdings einerseits die Reihenfolge des zweiten und dritten Satzes getauscht werden und andererseits die Wortfolge „im Empfangsstaat“ so eingefügt werden, dass eine Leistungsinanspruchnahme in Drittstaaten (wie ja auch etwa während eines kurzen Heimaturlaubes in Österreich) zu Lasten des für die Pflichtversicherung zuständigen Trägers geht.

Zu Art. 1 Z 23 - § 134 Abs. 2 ASVG

Folgt man dem vorliegenden Vorschlag, würden Personen, die gemäß § 122 Abs. 3a ASVG anspruchsberechtigt wären, gegenüber jenen, die gemäß § 122 Abs. 2 Z 2 ASVG anspruchsberechtigt sind, eindeutig bevorzugt. Für sie bestünde nämlich keine Einschränkung der Leistungsgewährung auf längstens 26 Wochen.

Für ein derartiges Ergebnis ist keine sachliche Rechtfertigung erkennbar. Die Bestimmung würde daher einer verfassungsrechtlichen Überprüfung vermutlich nicht standhalten können.

§ 134 Abs. 2 ASVG sollte daher unverändert bleiben und § 134 Abs. 3 ASVG wie folgt ergänzt werden:

Für Versicherungsfälle, die nach dem Ende der Versicherung eintreten, sind die Leistungen der Krankenbehandlung an die im § 122 Abs. 2 Z 2 bis 4 und § 122 Abs. 3a bezeichneten Personen, auch für deren Familienangehörige, längstens für 26 Wochen zu gewähren.“.

Zu Art. 1 Z 24 - § 138 Abs. 1 ASVG

Zu Missverständen könnte die geplante Neuformulierung des § 138 Abs. 1 ASVG führen, welche vorsieht, nach dem Ausdruck „§ 122“ den Ausdruck „- ausgenommen jene nach Abs. 3a -“ einzufügen.

§ 138 Abs. 1 ASVG regelt den Kreis der Anspruchsberechtigten für den Versicherungsfall der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit.

Die in § 122 Abs. 3a ASVG genannten Personen haben aber ex lege nur Anspruch auf Leistungen aus dem Versicherungsfall der Krankheit. Diese Personengruppe ist somit vergleichbar mit den in § 122 Abs. 3 ASVG genannten Personen, welche aber in § 138 Abs. 1 ASVG nicht angeführt sind.

Zur Vermeidung von Unklarheiten wird daher angeregt, entweder den Hinweis auf § 122 Abs. 3a ASVG zu streichen oder zusätzlich auch den Hinweis auf § 122 Abs. 3 ASVG vorzusehen.

Zu Art. 1 Z 31 - § 474 Abs. 1 zweiter Satz ASVG

Es ist nicht nachvollziehbar, warum die Erhöhung des Krankenversicherungsbeitrages nur 0,05 % beträgt.

Hier dürfte ein Schreibfehler vorliegen. Der Betrag müsste wohl – wie im letzten Satz – richtig „7,05“ lauten.

Zu Art. 1 Z 36 bis 38 - § 625 Abs. 8, 9 und 14 ASVG

Mit dieser Bestimmung wird die bestehende Verwaltungskostendeckelung bis zum Jahre 2011 verlängert.

Entgegen der positiven Sichtweise in den Erläuternden Bemerkungen geben wir hinsichtlich der unveränderten Fortschreibung der Verwaltungskostendeckelung bis zum Jahr 2011 sehr wohl zu bedenken, dass sich die Rahmenbedingungen seit der erstmaligen gesetzliche Normierung durch das Sozialrechtsänderungsgesetz 2000 erheblich geändert haben.

Auf diese Entwicklung sollte das bestehende Kopfquotenmodell, das verschiedene Abzugsposten vorsieht, welche den für die Errechnung des Basiswertes heranzuziehenden Verwaltungs- und Verrechnungsaufwand vermindern, angepasst werden.

Es wird daher in diesem Zusammenhang angeregt, auch dem Verwaltungsaufwand für GPLA – Prüfer Abzugsfähigkeit zuzuerkennen. Darüber hinaus sollte die Abzugsfähigkeit der Standardproduktkosten und der Kosten der Rechenzentrumskonsolidierung weiterhin vorgesehen werden.

Des Weiteren hielten wir es für zweckmäßig, bestimmte Kostensegmente, wie beispielsweise die Kosten für die Behandlungsökonomie, aus der Verwaltungs­kostendeckelung ausdrücklich auszunehmen.

Zu Art. 1 Z 39 - § 635 Abs. 5 ASVG

Hier soll eine Rechtsgrundlage für die Kundmachung einer Durchführungsvorschrift bereits vor Kundmachung (!) des ihr zugrunde liegenden Gesetzes und rückwirkend geschaffen werden.

Ungeachtet der Verordnungsqualität im Stufenbau der Rechtsordnung unterliegen Richtlinien gemäß § 31 Abs. 5 ASVG keiner Genehmigung durch die Aufsichtbehörde.

Vor diesem rechtlichen Hintergrund bietet die Bestimmung des § 635 Abs. 5 ASVG in der vorgeschlagenen Fassung ein auffallendes Bild. Gestattet sie doch dem Verordnungsgeber die einschlägige Änderung der Richtlinie über die Befreiung von der Rezeptgebühr nach § 31 Abs. 5 Z 16 ASVG noch vor Inkrafttreten der Bezug habenden Gesetzesbestimmung.

Damit wird – unseres Wissens erstmals – eine Regelung geschaffen, nach der nicht die Kundmachung eines Gesetzes, sondern (offenbar) dessen Beschlussfassung maßgebend wird.

Es müsste nämlich die verantwortliche Aufsichtsbehörde das „gesetzmäßige Zustandekommen“ der gegenständlichen Änderung anerkennen, wenngleich aufgrund der chronologischen Abfolge zum Zeitpunkt der Beschlussfassung eine entsprechende Rechtsgrundlage noch gar nicht vorhanden war.

Hier scheint ein Verstoß gegen das Legalitätsprinzip vorzuliegen. Soweit erkennbar, handelt es sich dabei auch um völliges Neuland, da vergleichbare Bestimmungen (beispielsweise § 546 Abs. 8 ASVG) den Verordnungsgeber bislang immer nur ermächtigt haben, ab Kundmachung der Bezug habenden Gesetzesstelle tätig zu werden.

Zu Art. 1 Z 39 - § 635 Abs. 6 ASVG

Gegen diese Bestimmung bestehen sowohl verfassungsrechtliche als auch sonst grundsätzliche Bedenken.

Sie ist finanziell unakzeptabel und erscheint uns rechtlich unhaltbar zu sein. Sie widerspricht völlig dem politischen Streben nach einer nachhaltigen Sicherung der Finanzierbarkeit des Gesundheitswesens.

Sie sollte entfallen.

Aus rechtlicher Sicht steht die geplante Bestimmung, wonach die „Trägerkonferenz konkrete Maßnahmen zur Effizienzsteigerung und Kostendämpfung in der gesetzlichen Krankenversicherung im Ausmaß von 150 Millionen Euro zu beschließen" hat, in einem (unauflösbaren) Widerspruch zur freien Willens- und Meinungsbildung und der damit korrespondierenden Haftung der VersicherungsvertreterInnen (§ 424 ASVG).

Der Gesetzgeber legt der Trägerkonferenz (= einem Selbstverwaltungskörper) ein konkretes Handeln gesetzlich auf und schränkt damit den Handlungsspielraum und die Verantwortung der Trägerkonferenz bzw. seiner Mitglieder massiv ein. Dies steht im Widerspruch zur in der jüngsten Zeit entwickelten Judikatur-Linie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes, die das Institut der Selbstverwaltung, wenn vom Gesetzgeber eingeräumt, hinsichtlich der konkreten inhaltlichen Ausgestaltung stärkt.

Die normierte Verordnungsermächtigung für die Gesundheitsministerin im Einvernehmen mit dem Finanzminister ist zudem nicht ausreichend im Gesetz determiniert.

Vor allem sind auch keine nachvollziehbaren Kriterien festgelegt, die die Objektivität der Einsparungsmaßnahmen bestimmen. Sollte daran gedacht sein, dass erst in der Verordnung entsprechende Kriterien für das Nichterreichen des Einsparungsziels festgelegt werden, so wäre dies eine formalgesetzliche Delegation und daher verfassungswidrig.

Weiters erscheint es auch rechtlich nicht zulässig zu sein, dass die Rückführung des Beitragsatzes nicht nur im Bereich des ASVG sondern auch in den Sondergesetzen geplant ist. Eine solche Solidarhaftung hat der VfGH in der Vergangenheit stets verneint und immer nur auf die betreffende Versichertengruppe abgestellt.

Aus einer Management-Perspektive ist zu betrachten, welche Schritte tatsächlich geeignet sind, Effizienzsteigerungen und Kostendämpfung zu erzielen. Die Selbstverwaltungen in den Trägern haben im Sinne ihrer Anspruchsberechtigten und Beitragszahler für eine optimale Versorgung mit medizinischen Leistungen zu sorgen. Diese Optimierung hat sich an den Grundsätzen von Qualität und Ökonomie zu orientieren. In diesem Sinne haften die Obleute und Versicherungsvertreter auch für ihre Entscheidungen.

Beschlüsse der Trägerkonferenz, welche entgegen dieser beschriebenen Aufgaben- und Verantwortungsverteilung das Selbstverwaltungshandeln der Träger determinieren, ohne die damit verbundene Verantwortung gegenüber Anspruchsberechtigten, Vertragspartnern und Dienstgebern zu übernehmen, sind systemwidrig und nicht Erfolg versprechend.

Dies wird besonders deutlich, wenn man die derzeitige Zusammensetzung der Trägerkonferenz berücksichtigt: im Ergebnis würde dies dazu führen, dass unterschiedlichste Sozialversicherungsträger (inkl. reine Pensions- und Unfallversicherungsträger, bis hin zu den Vertretern der Seniorenorganisationen) Kostendämpfungs- und Effizienzbeschlüsse für die Gebietskrankenkassen fassen.

Die Selbstverwaltung der Sozialversicherung ist bei aller Eigenständigkeit und Engagement immer noch Teil der Gesetzesvollziehung und bedeutet diese Bestimmung, dass Beschlüsse der Selbstverwaltung von der Bundesverwaltung (Bundesminister) durch Verordnung „begutachtet“ werden. Dies obwohl dieselben Bundesbehörden bei allen Sitzungen der Selbstverwaltung, so auch bei der Sitzung der Trägerkonferenz, die diese Beschlüsse zu verfassen hat, eingeladen und anwesend sind und daher jedenfalls schon die Möglichkeit und Verpflichtung hätten bei diesen Sitzungen unmittelbar Einspruch zu erheben.

Weiters fehlen klare Begriffe und Beschreibungen für diesen doch nicht unwesentlichen Beschluss und sind die der geplanten Gesetzesbestimmung entnommenen Worte wie z. B. „konkrete Maßnahmen zur Effizienzsteigerung“ und „Kostendämpfung“ schlichtweg zu unklar und lassen einen überaus weiten Interpretationsspielraum offen.

Die vorgeschlagene Konstruktion würde dazu führen, dass die angedrohte Sanktion „Wegfall der Beitragssatzanhebung“ mit Ende 2008 die Gebietskrankenkassen und deren Leistungsberechtigte im Ergebnis massiv negativ treffen würde, die zugrunde liegenden Entscheidungen und Maßnahmen in Form von Trägerkonferenzbeschlüssen jedoch von diesen nicht ausreichend beeinflussbar sind.

Es käme damit zu einem offensichtlichen Auseinanderfallen von Entscheidung und Verantwortung.

Fraglich ist auch, ob die Bestimmungen über den Beitragssatz, der gesetzlich zu regeln ist, durch Verordnung außer Kraft gesetzt werden können. Hier handelt es sich nämlich nicht um eine Durchführungsverordnung, wie z. B. die Ermächtigung zur Festsetzung des Beitragssatzes für Selbstversicherte in der Unfallversicherung nach § 77 Abs. 3 ASVG, sondern um eine Regelungstechnik, die der Verordnung gesetzesändernden Charakter beimisst.

Ergänzungsvorschlag - §§ 154a und 300 ASVG (und Parallelbestimmungen)

Es sollte die medizinische Rehabilitation der Alterspensionisten neu geregelt werden, zumal der sich das Gesundheitsministerium bereits für eine solche Novellierung ausgesprochen und gleichzeitig einen mit dem Hauptverband abgestimmten Gesetzestext übermittelt hat, der nur mehr in die Regierungsvorlage zur gegenständlichen ASVG-Novelle zu übernehmen wäre, siehe das Schreiben des BMGFJ vom 3. August 2007, GZ 96113/0001-I/B/9/2007:

Ergänzungsvorschlag - § 447f Abs. 10 ASVG

Die gesetzliche Verpflichtung der WGKK zum Betrieb des Hanusch-Kranken­hauses (HKH) ist nach derzeitiger Gesetzeslage im Rahmen des Ausgleichsfonds der Krankenversicherungsträger als Strukturnachteil zu berücksichtigen.

De facto erbringt die Kasse aber als einziger österreichischer Krankenversicherungsträger durch den Betrieb des Krankenhauses eine Sachleistung, die im Rahmen der von den Trägern der Sozialversicherung zu leistenden Beiträge für die Krankenanstaltenfinanzierung zu berücksichtigen wäre.

Die in § 447f Abs. 10 ASVG festgelegten Schlüssel für die Zahlungen der SV-Träger an den Ausgleichsfonds für die Krankenanstaltenfinanzierung wären daher entsprechend zu korrigieren und gleichzeitig die Belastung durch den Betrieb einer allgemeinen Krankenanstalt als Strukturnachteil in § 447b Abs. 2 ASVG zu eliminieren.

Es sollte die bevorstehende Novellierung dazu genutzt werden, den Betrieb des HKH der Wiener Gebietskrankenkasse als Sachleistung bei den Beiträgen der Träger der Sozialversicherung für die Krankenanstaltenfinanzierung nach § 447f ASVG anzurechnen.

Dafür wäre eine Änderung der Schlüssel für die Aufbringung für die Überweisungen des Ausgleichsfonds in § 447f Abs. 10 wie folgt erforderlich:

 

 

 

 

Stellungnahme des Hauptverbandes der
österreichischen Sozialversicherungsträger

 

zu Artikel 2

Novelle zum GSVG

Zu Art. 2 Z 2 - § 29 Abs. 2 GSVG

Im Hinblick auf die prekäre finanzielle Situation der Krankenversicherung der Pensionisten wird die Senkung der Hebesätze ausdrücklich abgelehnt.

 

 

 

Stellungnahme des Hauptverbandes der
österreichischen Sozialversicherungsträger

 

zu Artikel 3

Novelle zum BSVG

Zu Art. 3 Z 3 - § 26 Abs. 2 BSVG

Im Hinblick auf die prekäre finanzielle Situation der Krankenversicherung der Pensionisten wird die Senkung der Hebesätze ausdrücklich abgelehnt.

Zu Art. 3 Z 4 - § 77 Abs. 1 und 2 BSVG

Den Erläuterungen zufolge soll die neue Schutzfristbestimmung ausschließlich den Bezug von Sachleistungen zum Gegenstand haben.

Auf Basis des bislang gegebenen Verständnisses von Sach- bzw. Geldleistungen greift diese Aussage im BSVG-Bereich zu kurz, da dem letztgenannten Gesetz ein anderes Leistungsverständnis zugrunde liegt als dem ASVG.

Kostenzuschüsse für die Inanspruchnahme von Wahlärzten zählen im ASVG-Bereich als Sachleistungsäquivalent, hingegen sind sie im BSVG als Geldleistung qualifiziert.

Hier bedürfte es zumindest einer definitorischen Umschreibung des Leitungsumfanges in den Erläuternden Bemerkungen.

Zu Art. 3 Z 6 - § 284 Abs. 5 BSVG

Die gegenständliche zeitliche Erweiterung dieser Bestimmung ist bereits seit Jahren ein Anliegen der Sozialversicherungsanstalt der Bauern und deren Umsetzung wird von dieser ausdrücklich begrüßt.

 

 

 

Stellungnahme des Hauptverbandes der
österreichischen Sozialversicherungsträger

 

zu Artikel 4

Novelle zum B-KUVG

Zu Art. 4 Z 1 bis 3 - § 20 Abs. 1 und § 22 Abs. 1 und 3 B-KUVG

Laut den Erläuternden Bemerkungen zum gegenständlichen Gesetzesentwurf steht das Bestreben „nach einer finanziellen Absicherung der gesetzlichen Krankenversicherung” – insbesondere auch durch beitragsseitige Maßnahmen im Mittelpunkt.

Die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter hat dabei darauf hingewiesen, dass diese generalisierte Betrachtung des Gesetzgebers insofern irreführend erscheint, als sich für die BVA als einzigem Krankenversicherungsträger durch die vorgeschlagenen Änderungen erhebliche Mindereinnahmen ergeben.

Tatsächlich sieht der Entwurf im B-KUVG durch den Entfall des Zuschlages für die Erweiterte Heilbehandlung von 0,4 % in Verbindung mit der Anhebung des allgemeinen Dienstgeberbeitrags um 0,35 % eine effektive Beitragskürzung von 0,05 % vor.

Diese entfällt zur Gänze auf die Dienstgeber.

Dazu kommt, dass im Bereich des ASVG, BSVG und GSVG überdies eine effektive Erhöhung des Beitragssatzes um 0,15 % vorgeschlagen wird. Für die BVA resultiert daraus einnahmenseitig im Vergleich mit den anderen Trägern sogar ein Minus von insgesamt 0,2 %.

Während für die anderen Träger Mehreinnahmen von € 152,4 Millionen zu erwarten sind, muss die Versichertengemeinschaft der BVA nicht nur einen Verlust an Dienstgeberbeiträgen im Ausmaß von € 7,7 Millionen tragen, sondern werden ihr auch Mehreinnahmen von ca. € 23 Millionen vorenthalten.

Insgesamt kann somit von einem Beitrag der BVA zur finanziellen Absicherung der Krankenversicherung allein im Kalenderjahr 2008 von € 30, 7 Millionen ausgegangen werden.

In den Folgejahren ist mit einem weiteren Anstieg dieses „Solidarbeitrages” zu rechnen.

Die finanziellen Erläuterungen zu dem Entwurf gehen darauf jedoch nicht ein, eine entsprechende Ergänzung sollte daher jedenfalls erfolgen.

Zu Art. 4 Z 6 - § 58 Abs. 1 B-KUVG

Die Intention der Novellierung des § 58 Abs. 1 B-KUVG ist seit langem bekannt und an sich zu unterstützen.

Die gewählte Formulierung erscheint jedoch nicht adäquat.

So ist der 2. Satz unverständlich, weil der Dienstgeber nach dem 1. Satz immer nur die Sachleistungen zu erbringen hat. Unklar ist auch der Zusammenhang mit einer Entgeltfortzahlung.

Der nur in § 58 B-KUVG enthaltene Verweis auf § 56 B-KUVG widerspricht überdies der Intention des Gesetzesvorschlages, weil Familienmitglieder mit eigener Versicherung eben keine Angehörigen nach § 56 B-KUVG sind (z. B. der Fall der Botschaftergattin oder Halbwaisen mit KV aus einer Pension ist nicht abgedeckt).

Das eigentliche Problem ist somit nicht die Leistungsverpflichtung des Dienstgebers, sondern die Ersatzpflicht des für das Familienmitglied zuständigen Versicherungsträgers.

Zu Art. 4 Z 9 - § 84 Abs. 3 B-KUVG

Nach der Wortfolge „nach den §§ 162 bis 168“ ist „ASVG“ zu ergänzen.

Ergänzungsvorschlag - § 21 Abs. 2 B-KUVG

Im Zuge der bevorstehenden Beitragsvorschreibung an mehrfach geringfügig Beschäftigte wurde festgestellt, dass nach den gesetzlichen Vorgaben keine Beiträge von Sonderzahlungen aus den geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen vorgeschrieben werden können.

§ 20d B-KUVG regelt (wie § 53a ASVG) nur die Vorschreibung von Beiträgen aus der allgemeinen Beitragsgrundlage.

Eine entsprechende Regelung zu § 54 Abs. 5 ASVG, der die Vorschreibung des Pauschalbeitrages von geringfügig Beschäftigten auch von den Sonderbeiträgen regelt, besteht im B-KUVG in § 21 Abs. 2 nicht.

Eine entsprechende Ergänzung wäre zweckmäßig.

Ergänzungsvorschlag - §§ 23 und 30a B-KUVG

Gegenwärtig sieht § 23 Abs. 1 B-KUVG i.V.m. § 59 Abs. 1 ASVG für den Kreis der Beamten die Verrechnung von Verzugszinsen für nicht rechtzeitig eingezahlte Beiträge und Zuschläge vor.

Dies gilt gemäß § 30a B-KUVG gleichermaßen auch für den Versichertenkreis der VB-Neu. Allerdings besteht im Bereich des B-KUVG (im Gegensatz zum ASVG) bis dato keine Möglichkeit, unter bestimmten Voraussetzungen die Verzugszinsen nachzusehen.

In der Praxis ist nunmehr die stetige Zunahme an Fällen verspäteter Einzahlungen durch die Dienstgeber, verbunden mit der Vorschreibung von Verzugszinsen, zu beobachten. Seitens der Dienstgeber wird regelmäßig unter Hinweis darauf, dass die im ASVG geregelten Voraussetzungen vorliegen würden, um Nachsicht der Verzugszinsen ersucht. Tatsächlich scheint das Fehlen einer Zinsnachsicht im B-KUVG im Unterschied zum ASVG auf Dauer kaum argumentierbar.

Im Hinblick darauf ist es zweckmäßig, auch im B-KUVG die Möglichkeit zur Nachsicht von Verzugszinsen zu statuieren.

Daher wird einerseits die Erweiterung des Verweises in § 23 B-KUVG auch auf Abs. 2 des § 59 ASVG, und andererseits die Aufnahme von Abs. 2 des § 59 ASVG in § 30a B-KUVG angeregt.

 

 

 

Gesetzesvorschläge der
Wiener Gebietskrankenkasse

 

zur Verbesserung der finanziellen
Lage der Krankenkasse

 

 



[1] http://www.parlinkom.gv.at/pls/portal/docs/page/PG/DE/XXII/III/III_00220/imfname_064604.pdf