Anschrift:

 

An das
Präsidium des Nationalrates
Parlament
begutachtungsverfahren@parlinkom.gv.at

                                       

VA 6100/13-V/1/07 - km                                                 Wien, am 15. November 2007

 

Sachbearb.:                                                                  Tel.: (01)51 505-243 od. 0800 223 223-243

Dr. Heidi Pacher                                                                               Fax: (01)51 505-150

 

Betr.:   Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Gleichbehandlungsgesetz, das Bundesgesetz über die Gleichbehandlungskommission und die Gleichbehandlungsanwaltschaft und das Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz geändert werden

Stellungnahme der Volksanwaltschaft
zu GZ BMWA-462.207/0025-III/8/2007

Die Volksanwaltschaft übermittelt in der Anlage eine Gleichschrift der Stellungnahme zum gegenständlichen Gesetzesentwurf.

Für den Vorsitzenden:

 

MR Dr. Heidi PACHER  e.h.

 

 

 

Beilage


 

 

 

Anschrift:

 

An das
Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit
post@III8.bmwa.gv.at

                        Der Vorsitzende

VA 6100/13-V/1/07 - km                                                 Wien, am 15. November 2007

 

Sachbearb.:                                                                  Tel.: (01)51 505-243 od. 0800 223 223-141

Dr. Patricia Heindl                                                                              Fax: (01)51 505-150

Betr.:   Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Gleichbehandlungsgesetz, das Bundesgesetz über die Gleichbehandlungskommission und die Gleichbehandlungsanwaltschaft und das Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz geändert werden

            Stellungnahme der Volksanwaltschaft zu GZ BMWA-462.207/0025-III/8/2007

 

Sehr geehrte Damen und Herren!

Die Volksanwaltschaft nimmt zum übermittelten Entwurf Stellung wie folgt:

Zu Art I Z 19 – Zugang zum Recht: Wesentlicher Hauptpunkt des Entwurfs ist die Ausdehnung des Geltungsbereichs des Gleichbehandlungsgesetzes und der Diskriminierungstatbestände auf die Gleichbehandlung von Männern und Frauen beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen. Damit soll die Richtlinie 2004/113 EG des Rates umgesetzt werden. Legistisch erfolgt dies durch Einfügung eines neuen Teils IIIa in das Gleichbehandlungsgesetz.

Die Literatur kritisiert schon im geltenden Gleichbehandlungsgesetz die unnötige legistische Überfrachtung mit weitgehend gleich lautenden Bestimmungen und die daraus folgende Unübersichtlichkeit im Diskriminierungsschutz. So schreibt Rebhahn: „Zu fast allen Bestimmungen des I. Teiles gibt es also Bestimmungen im II. Teil, deren Wortlaut – von den Merkmalen abgesehen – zur Gänze oder weitestgehend übereinstimmen. Ein überzeugender Grund für die Verdopplung ist nicht zu sehen … Ein Kennzeichen des österr. Antidiskriminierungsrechts ist ohne Zweifel die mangelhafte Legistik. Dies beginnt mit der fragwürdigen Trennung der beiden ersten Teile und der daraus folgenden Verdoppelung von Bestimmungen sowie der Systematik der einzelnen Bestimmungen, setzt sich fort in der oft fragwürdigen rudimentären Regelung der Rechtfertigungsgründe und den unvollständigen Regeln zu den Rechtsfolgen, und findet seinen Höhepunkt im GBG/GAW-G. Offenbar konnte man lange schon innerhalb der Mehrheitsfraktionen keine politische Einigung finden und fand dann keine Zeit mehr, das politisch nun Gewollte legistisch ordentlich umzusetzen“, (Rebhahn, Kommentar zum Gleichbehandlungsgesetz [2005], Einleitung Rz 18 und 42).

Dieses Problem wird mit der geplanten Einfügung eines neuen Teiles IIIa. (§§ 40a bis h), in dem die bestehenden Regelungen zum Großteil für den neuen Schutzbereich wiederholt werden, noch vergrößert.

Dass dies nicht nur eine legistische Unschönheit, sondern ein massives Hindernis für den Zugang der von Diskriminierung Betroffenen zum Recht darstellt, darauf weist auch der Menschenrechtskommissar des Europarates, Thomas Hammarberg, hin: „Due to the complexity of the legal framework and the complaints mechanisms associated with it, it may be difficult for the public or even those with legal training to access the procedures … In terms of the legal framework, the Commissioner recommends its simplification”, (Draft Report by The Commissioner for Human Rights, Mr. Thomas Hammarberg on his visit to Austria, 21-25 May 2007, pg 15).

Diese Erfahrung macht auch die Volksanwaltschaft: So wandte sich im Oktober 2006 eine Beamtin in einem ausgegliedertem Unternehmen an die Volksanwaltschaft, die sich wegen einer vermuteten Altersdiskriminierung zuvor an mehrere Gleichbehandlungsinstitutionen gewandt hatte, zunächst aber von allen wegen Unzuständigkeit zurückgewiesen worden war. Die Volksanwaltschaft wartet bis heute auf eine Stellungnahme der Behörde betreffend ihre Zuständigkeit in diesem Fall (vgl. 30. Bericht der Volksanwaltschaft 2006 an den Nationalrat und an den Bundesrat, Seite 413f.).

Unterschiedlicher Schutzstandard: Vergrößert wird mit dem Entwurf auch die Unterschiedlichkeit der Schutzstandards zwischen den einzelnen Diskriminierungsgründen. Dies erfolgt zwar in Umsetzung der Richtlinie 2004/113 EG des Rates. Jedoch ist aus Sicht der Volksanwaltschaft eindringlich darauf hinzuweisen, dass Österreich nicht auf eine Mindestumsetzung der Richtlinie beschränkt ist und ein umfassender Diskriminierungsschutz beim Zugang zu Gütern und Dienstleistungen für alle Diskriminierungsgründe wünschenswert ist.

Dies empfahl erst kürzlich auch der Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen in seiner Reaktion auf den vierten Bericht Österreichs über die Menschenrechtslage: „The State party should consider amending the Equal Treatment Act, the Employment of Disabled Persons Act, the Equality of Disabled Persons Act and the relevant Provincial laws, with a view to levelling up and ensuring equal substantive an d procedural protection against discrimination with regard to all prohibited grounds of discrimination” (Concluding observations of the Human Rights Committee, CCPR/C/AUT/CO/4/CRP.1, pg 3).

Zu Art. II Z 7, 11 und 12 – Ressourcenausstattung der zuständigen Gleichbehandlungsanwältin: Der Entwurf sieht vor, dass die Anwältin / der Anwalt für die Gleichbehandlung ohne Unterschied der ethnischen Zugehörigkeit in sonstigen Bereichen – analog dem Senat III der Gleichbehandlungskommission – nunmehr auch für die Gleichbehandlung von Frauen und Männern beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen zuständig sein soll.

Die Ressourcenausstattung der Anwältin für die Gleichbehandlung ohne Unterschied der ethnischen Zugehörigkeit in sonstigen Bereichen ist schon bei derzeitigem Aufgabenbereich äußerst knapp bemessen: Für diesen Bereich stehen derzeit 1,5 Fachstellen sowie eine Sekretariatskraft im Ausmaß von ca. 10 Stunden zur Verfügung.

Mit diesen Ressourcen hat die Anwältin in ganz Österreich Opfer von vermuteten Diskriminierungen aufgrund der ethnischen Herkunft in sonstigen Bereich zu beraten und zu unterstützen, sie in Verfahren vor der Gleichbehandlungskommission zu begleiten und zu vertreten aber auch Maßnahmen im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit und Bewusstseinsbildung zu setzen.

Dass dies mit den vorhandenen Ressourcen schon äußerst schwer zu bewältigen ist, zeigen die Zahlen aus der Beratungsstatistik: Die mit 1. März 2005 eingerichtete Anwältin verzeichnete im ersten Tätigkeitsjahr 226 Erstkontakte, im Jahr 2006 375. Eine weitere Erhöhung der Beratungsfälle für die Zukunft ist zu erwarten. Auch fällt in der Beratungsstatistik der Anwältin für die Gleichbehandlung ohne Unterschied der ethnischen Zugehörigkeit in sonstigen Bereichen für das Jahr 2005 auf, dass in vielen Bundesländern keine bis sehr wenige Beratungsfälle zu verzeichnen waren (keine Beratungsfälle in Kärnten und Vorarlberg; jeweils 2 Beratungsfälle im Burgenland und Salzburg; vgl. gemeinsamer Bericht 2004 und 2005 gemäß § 24 des Bundesgesetzes über die Gleichbehandlungskommission und die Gleichbehandlungsanwaltschaft Teil II, Band 2). Diese geringe Anzahl von Beratungsfällen in den Bundesländern zeigt, dass hier eine intensive Aufklärungsarbeit über die Möglichkeiten der Gleichbehandlungsanwältin notwendig ist, was nur mit einer ausreichenden Ressourcenaustattung zu bewerkstelligen ist.

Auch der Menschenrechtskommissar des Europarates, Thomas Hammarberg kritisiert schon derzeit ua. eine mangelnde Ressourcenausstattung der Anwältin und empfiehlt dringend eine Erhöhung der Budget- und Personalressourcen: The equal treatment bodies also appear to lack in resources, formal independence and ability to apply sanctions on order to be effective … The Commissioner urges the authorities to ensure independence and effectiveness of the equal treatment bodies by guaranteeing their independence through a constitutional provision and by improving their material and human resources especially at the provincial level. It is particularly important that the Equal Treatment Ombudspersons are able to carry out effective awareness raising work so that the public becomes aware of their rights under non-discrimination legislation.” (Draft Report by The Commissioner for Human Rights, Mr. Thomas Hammarberg on his visit to Austria, 21-25 May 2007, pg. 15).

Vor diesem Hintergrund weist die Volksanwaltschaft eindringlich darauf hin, dass der im Entwurf geplanten massiven Erweiterung des Zuständigkeitsbereiches auch eine Erweiterung der Ressourcen der Anwältin / des Anwalts für die Gleichbehandlung ohne Unterschied der ethnischen Zugehörigkeit in sonstigen Bereichen gegenüber stehen muss, soll dies nicht nur eine legistische Kosmetikmaßnahme ohne tatsächliche Umsetzung in die Wirklichkeit sein. Gerade dies erscheint aber zweifelhaft, wenn zu den finanziellen Auswirkungen des Gesetzesvorhabens im Entwurf zu lesen ist, dass dem Bund unmittelbar keine Kosten erwachsen.

Zu Art. II Z 13 – Verfahrensdauer vor der Gleichbehandlungskommission: Der Entwurf sieht zur Beschleunigung der Gleichbehandlungskommissions-Verfahren für die Ausfertigung von Gutachten eine Frist von drei Monaten nach der Beschlussfassung vor. Nach Ansicht der Volksanwaltschaft ist im Hinblick auf die derzeit lange Verfahrensdauer von regelmäßig über einem Jahr fraglich, ob diese Maßnahme ausreicht, um eine Beschleunigung der Verfahren zu erreichen. Es wäre analog § 73 AVG die Schaffung einer Pflicht zur möglichst raschen Erstattung des Prüfungsergebnisses innerhalb einer bestimmten Frist zu erwägen.

Der Vorsitzende:

 

 

Volksanwalt Dr. Peter KOSTELKA   e.h.