Stellungnahme

von INFAR, Institut für Nachschulung und Fahrerrehabilitation

zur 12. FSG Novelle und StVO Novelle

GZ. BMVIT-170.706/0007-II/ST4/2007

 

 

INFAR nimmt zur geplanten Änderung wie folgt Stellung:

 

Hinsichtlich der  FSG-Novelle ist generell begrüßenswert, dass Alkoholdelikte stärker ins Blickfeld der Aufmerksamkeit gerückt werden, sowie die Tatsache, dass Tempolimitüberschreitungen „schon“ bei 30 km/h als problematisch angesehen werden.

 

Darüberhinaus möchten wir auf die uns nötig erscheinende Modifikation der Maßnahmenzuordnung zu den Delikten:

„Gefährdungen am Zebrastreifen“ sowie

„Mangelnde Sicherung durch Rückhaltesysteme“

 

aufmerksam machen.

 

 

Zur Nachvollziehbarkeit der von INFAR angeführten Änderungspunkte hier vorweg die Kriterien für die Anregung zur Modifikation der jetzigen Vorgaben:

 

§         Sinnhaftigkeit in Richtung Verhaltensrelevanz

§         Logik im allgemeinen Verordnungssystem

§         Qualitätssicherung

 

 

Ad Alkoholdelikte

 

Betrifft Z 1, 3, 4, 6, 7 und 8:

 

a)     Neben einer Anhebung der Mindestentzugsdauer auf ein Monat bei einem Wiederholungsdelikt, sollte konsequenterweise auch entweder eine Zusatzeinheit bei der besonderen Maßnahme oder – wesentlich effektiver - eine „normale“ besondere Maßnahme verordnet werden.

 

b)     Personen, die ein Delikt zwischen 0,8 und 1,19%o begehen sollten, ebenfalls konsequenter- und effektiverweise betreffend Maßnahmen, eine besondere Maßnahme entsprechend FSG-NV absolvieren. Diese wird ja schon bisher bei Delinquenten, die als Wiederholungstäter auch unterhalb 1,2 %o begangen werden angeordnet.

 

 

 

 

Die Erfahrung aus den Kursen mit Vormerkdelinquenten zeigt, dass es sich bei einigen um „zufällig“ unter 0,8 bzw. 1,2%o gebliebenen handelt – dass sie somit von ihren bisherigen Gewohnheiten durchaus zu dem üblichen Klientel der Nachschulungskandidaten zu zählen sind.

 

Modifikation 1)

Generell sollte – ebenfalls konsequenterweise – bei jedem Wiederholungsfall, wie es auch schon derzeit entsprechend FSG-NV vorgesehen ist, ein Zusatzgespräch verordnet werden.

 

Weiters schließen wir uns den Ausführungen des Verkehrspsychologischen Koordinationsausschusses gemäß § 9 Führerscheingesetz-Nachschulungsverordnung (FSG-NV) in folgender Angelegenheit an:

 

Modifikation 2)

Zu Z 3 (§ 26 Abs. 1): In Zusammenhang mit § 7 Abs. 3 Z 17 (0,5 Promilledelikt nach drei vorangegangenen Vormerkungen mit Entzug) muss konsequenterweise auch bei Begehung eines 0,8 Promilledeliktes eine Mindestentzugsdauer von drei Monaten sowie eine begleitende Maßnahme (im Sinne des § 2 Führerscheingesetz-Nachschulungsverordnung) gelten.

 

Begründung: Gemäß dem neuesten Stand der Wissenschaft* werden Alkoholisierungshöhen von 0,8 bis 1,1 Promille BAK (welche schon Spitzenwerte darstellen) in den meisten westlichen Industrieländern nur zu besonderen Trinkanlässen erreicht und bereits hier muss von einem Berauschungsmotiv und einer Alkoholgewöhnung ausgegangen werden, welche nur über entsprechend häufiges und normabweichendes Trinken erworben werden konnte. Diese fachwissenschaftliche Datenlage* verdeutlicht somit die Notwendigkeit einer zusätzlichen Maßnahme im Sinne der Nachschulung (§ 2 FSG-NV).

 

 

Ad Geschwindigkeitsdelikte:

 

Nicht nachvollziehbar erscheint die Tatsache, dass Personen, die erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitungen begehen, nicht auch einer effektiv – und nachweislich - verhaltensmodifizierenden Maßnahme – nämlich einer Nachschulung – zugeführt werden.

 

Im Sinne der Verkehrssicherheit, die bei gefährlichen bzw., wie es hier bei den Erläuterungen unter Z2 bis 3 „unter gefahrengeneigten Umständen“ schon bisher die Möglichkeit der Anordnung  einer besonderen Maßnahme vorsieht, sollte dies auch in den Gesetzestext explizit aufgenommen werden.

 

Siehe BMVIT § 24 FSG-Durchführungserlass „besonders gefährliche Verhältnisse“:

 

Zitat: „Ergibt die Beurteilung im Einzelfall, dass besonders gefährliche Verhältnisse durch besondere Rücksichtslosigkeit herbeigeführt wurden, ist eine Nachschulung bereits bei der ersten derartigen Übertretung anzuordnen. Als Anhaltspunkt, wann „besondere Rücksichtslosigkeit“ anzunehmen ist, kann einerseits eine Bestrafung nach § 99 Abs. 2lit c StVO 1960 herangezogen werden, andererseits auch die Bestimmungen des § 4 Abs. 6 Z 1 lit 2 FSG über die Geschwindigkeitsüberschreitungen beim Probeführerschein, wenn diese Übertretung vor Schulen, Kindergärten, etc. gegangen wird.“

 

Somit gilt INFAR-seits als Modifikationsvorschlag, ebenfalls entsprechend Verkehrspsychologischem Koordinationsausschuss:

 

Modifikation 3)

FSG § 26 Abs. 4:  Eine Entziehung gem. Abs.3 darf erst ausgesprochen werden, wenn das Strafverfahren in erster Instanz durch Strafbescheid abgeschlossen ist. Bei erstmaligen Entziehungen gem. § 3 kann die Behörde eine Nachschulung gem. § 3 FSG-NV anordnen (die gesetzlich gültige Regelung für Probeführerscheinbesitzer bleibt davon unberührt). Beim zweiten gleichartigen Delikt innerhalb von zwei Jahren ist jedenfalls die Nachschulung gem. § 3 FSG-NV anzuordnen.

 

Begründung: Bei derartigen massiven Geschwindigkeitsüberschreitungen und verkehrsgefährdendem Verhalten ist von Mängel im Bereich der Bereitschaft zur Verkehrsanpassung auszugehen, welche durch Absolvierung der Nachschulung für verkehrsauffällige Lenker gem. § 3 FSG-NV behoben werden sollen.

 

 

Dringende Anregung zur Maßnahmenmodifikation bei einigen bereits existierenden Vormerkdelikten

 

Ad Gefährdungen am Zebrastreifen – Modifikation der Maßnahme

 

Erneut möchten wir zu bedenken geben, dass die Maßnahme „Fahrsicherheitstraining“ beim Delikt der Gefährdung von Fußgängern am Zebrastreifen durch die besondere Maßnahme „Nachschulung“ ev. in Kombination mit den Perfektionsfahrten (so, wie es schon bei den Führerschein-auf-Probe-Kursen gehandhabt wird) ersetzt werden sollte. Die Nachschulung ist evaluiert und unterliegt als einzige einer laufenden, gesetzesseitig geforderten Qualitätssicherung.

 


 

Modifikation 4)

Maßnahme nach Delikt  der Gefährdung von Fußgängern am Zebrastreifen durch die besondere Maßnahme „Nachschulung“ ev. in Kombination mit den Perfektionsfahrten

 

Ad Mangelnde Sicherung durch Rückhaltesysteme

 

Maßnahmen zu Hebung der Sicherungsquote für Passagiere im Fahrzeug benötigen Vorkehrungen, die auf „Einsicht“ und „Motivationsförderung“ beruhen. Eine entsprechend verhaltensmodifizierende Wirkung wird bislang nur den Nachschulungskursen konstatiert (siehe entsprechende Evaluationen und Forschungen, die international in diese Richtung gegangen sind). Die Maßnahme der Wahl bei Delikten mangelnder Sicherung von Personen im Fahrzeug sollte sinnvoller- und konsequenterweise auch die Nachschulung nach FSG-NV sei.

 

Eine aktuelle EU-Kampagne zur Hebung der Kindersicherung im Fahrzeug, aber auch nationale Bemühungen diesbezüglich werden entsprechend auch von PsychologInnen durchgeführt und evaluiert („EUCHIRES- Gürteltierkampagne“ INFAR oder Aktion „Känguru“ KfV) und nicht von FahrlehrerInnen oder FahrsicherheitstrainerInnen.

 

 

Modifikation 5)

Die Maßnahme der Wahl bei Delikten mangelnder Sicherung von Personen im Fahrzeug: Nachschulung nach FSG-NV.

 

 

 

 

 

 

 

 

Dr. Christine Chaloupka-Risser

 

Stv. Vorsitzende von INFAR

Für den Vorstand


* vgl. u.a. Schubert, W. et al. Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahreignung. Kommentar. Überarbeitete und erweiterte 2. Auflage. Kirschbaum Verlag, Bonn: 2005, S. 131ff