Sozialreferat der ÖH-Uni Wien

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                                              Wien, am 16.November 2007

 

 

 

 

Betrifft: Stellungnahme zum Entwurf einer Novelle mit der das Studienförderungsgesetz geändert werden soll

 

 

 

 

 

Sehr geehrter  Herr Bundesminister Hahn!

 

 

 

Einige der geplanten Änderungen im StudFG sind aus unserer Sicht begrüßenswert, da tatsächliche Verbesserungen zu erkennen sind, wie der Ausbau der Beihilfen für Studierende mit Kindern und für Studierende mit Behinderung.

Dennoch verfehlt der Gesamtentwurf das eigentliche Ziel einer Studienförderung: auch für die Zukunft sicher zu stellen, dass Studierende aus wirtschaftlich schwächeren Schichten ein Studium erfolgreich absolvieren können.

Die Gewichtung der zusätzlich im Rahmen dieser Novelle zu vergebenden Mittel, von denen ca. 25% Leistungs- und Förderungsstipendien und somit von sozialen Kriterien unabhängigen Förderungen zugeordnet werden, wird von uns grundsätzlich abgelehnt. So lange die Studienförderung nicht allen Studierenden ein Vollzeitstudium ermöglichen kann, werden wir kein Verständnis für eine Notenbelohnung entwickeln, die überdies Studierende aus finanziell gut abgesicherten Schichten systembedingt bevorzugt. Ein Leistungsstipendium honoriert einen ausgezeichneten Studienerfolg, der jedoch nur in einem Vollzeitstudium realisierbar ist. In der Studierenden-Sozialerhebung des Jahres 2006 ist deutlich erkennbar, dass Studierende mit und trotz Studienbeihilfenbezug weniger Geld zur Verfügung haben als Studierende ohne Anspruch auf Studienbeihilfe.

 

 

 

Studierende mit Studienbeihilfenbezug sind eher gezwungen neben dem Studium eine Erwerbstätigkeit auszuüben. Studierende mit Studienbeihilfenbezug haben somit weniger Möglichkeiten, ein Leistungsstipendium zu erlangen, und der voranschreitende Wertverlust der maximalen Studienbeihilfe wird diese soziale Benachteiligung auch in Zukunft verfestigen.

 

 

Zu 1. § 6 Z 4

 

Die Erhöhung der Altersgrenze für Studierende mit Kind und behinderte Studierende ist zu begrüßen. Auf Grund der höheren Pensionsantrittsalter fordern wir eine generelle Anhebung der Altersgrenze um mindestens 5-10 Jahre.

 

 

Zu 2. § 15 Abs. 3

 

Eine Anhebung der Frist auf  24 Monate ist zu begrüßen.

Darüber hinaus fordern wir eine deutliche Ausweitung der gesamt zulässigen Studiendauer gemäß §15 Abs.3 Z 2 und §15 Abs.4 Z 2 auf zumindest die gesamte Anspruchsdauer zuzüglich zwei Semester.

 

 

Zu 3. § 15 Abs. 6

 

Es sollen alle Gründe gemäß § 19 berücksichtigt werden.

 

 

Zu 4. § 17 Abs. 4

 

Sinnvoll wäre eine hier Bagatellgrenze, damit die Anrechnung von 2-4 Wochenstunden bzw. 6-10 ECTS-Punkten nicht automatisch zur Anrechnung eines vollen Semesters führt.

 

 

Zu 6. § 19 Abs. 3 Z 2 und 3

 

Diese Änderung ist grundsätzlich zu begrüßen, wobei die Pflege und Erziehung eines Kindes pro Jahr zu einem Zusatzsemester führen sollte – um zu verhindern, dass die Kindererziehung in den ersten 3 Jahren in Zukunft nur noch mit einem Zusatzsemester (bisher 2 Semester) ausgeglichen wird.

Für Zivildiener soll sich die Anspruchsdauer um 2 Semester verlängern.

 

 

Zu 9. § 20 Abs. 1

 

ECTS-Punkte sind als Alternative zu Semesterwochenstunden akzeptabel, können jedoch kein durchgehender Ersatz sein. Speziell für Master- und Doktoratsstudien müssen die bisherigen Nachweise von Semesterwochenstunden erhalten bleiben.

 

 

Zu 11. § 28

 

Eine Anhebung der Höchstbeihilfe an Stelle eines Zuschlages und die Berücksichtigung der Kinderanzahl ist zu begrüßen.

 

 

Zu 12. § 29

 

Die deutliche Anhebung der Höchstbeihilfe wäre noch besser – und einfacher zu verstehen.

 

 

Zu 14. § 31 Abs. 1

 

Seit 1999 wurden die Einkommensgrenzen bei der Bemessung des Elternunterhalts nicht mehr angehoben. Die jetzige Anhebung von max. 6,35% in der untersten Kategorie bringt nicht einmal annähernd einen Ausgleich für den Wertverlust der letzten 9 Jahre.

 

 

Zu 15. § 31 Abs. 4

 

Die Anhebung der Einkommensgrenze und das Weglassen der Unterscheidung der Einkommensarten sind eine Anpassung an die Realität, somit grundsätzlich zu begrüßen.

 

Die aliquote Berechnung der Einkommensgrenzen wird vor allem SelbsterhalterInnen zu Studienbeginn Probleme bereiten, da im September/Oktober/November bzw. März/April noch Einkünfte notwendig sind, um den Lebensunteralt zu bestreiten. Darüber hinaus sind Jobs üblicherweise nicht termingenau für die Studienbeihilfe kündbar. Weiters werden vor allem unselbstständig Erwerbstätige durch diese Regelung benachteiligt, da ihnen die zeitliche Gestaltungsmöglichkeit von Selbständigen nicht zur Verfügung steht. Aus diesen Gründen müssen wir der geplanten Aliquotierung der Einkünfte ablehnend gegenüber stehen.

 

 

Zu 18. § 37 Abs. 2

 

Durch die geplante Ausweitung der Aufgaben der Senate nach §19 Abs. 6 ist dieser Vorschlag für uns nicht nachvollziehbar. Wir schlagen jedoch vor, die Anzahl der Senate an der Anzahl der großen Bildungseinrichtungen, die von der jeweiligen Stipendienstelle betreut werden, fest zu machen: Pro Bildungseinrichtung mit mehr als 10.000 HörerInnen soll ein Senat eingerichtet werden

 

 

Zu 23. § 52b Abs. 3 Z 2

 

Der Studienzuschuss sowie ein Einkommen bis zur Geringfügigkeitsgrenze sollen auch BezieherInnen eines Studienabschluss-Stipendiums gestattet werden.

 

 

Zu 24. § 52c Abs. 2 und 4

 

Diese an sich begrüßenswerte Ausweitung des BezieherInnenkreises  im Bereich Studienzuschuss bindet so wie der Studienzuschuss selbst Mittel, die bei der Studienbeihilfe dringend benötigt werden. Die Abfederung der künstlich geschaffenen Kosten im Studienbereich in Form des Studienbetrags verbraucht jene Gelder, die zum Wertausgleich der Studienbeihilfe fehlen. Darum fordern wir eine Abschaffung der Studiengebühren und die Verwendung der für den Studienzuschuss vorgesehenen Geldmittel für eine deutliche Anhebung der Studienbeihilfen.

 

 

Zu 25. § 52d

 

Absolut keinen sozialen Förderungscharakter hat die Ableistung „gemeinnütziger unentgeltlicher Tätigkeiten im Ausmaß von 60 Stunden im Semester“ zur Bewirkung  einer Refundierung der Studienbeiträge. Abgesehen davon, dass die Platzierung dieses Modells im StudFG in Frage zu stellen ist, wird dieses Modell als solches strengstens von uns abgelehnt.

 

 

Zu 27.-31. § 57, § 58, § 61 Abs. 4 § 63 und § 64

 

Wir lehnen es ab, dass ca. 25% der zu verteilenden, geringen Summe in das Leistungsstipendium investiert werden und somit ein Förderinstrument ohne soziale Kriterien ausgeweitet wird. Das Leistungsstipendium bevorzugt in seiner Konzeption bereits Studierende aus wohlhabenderen Familien, da diese weniger ökonomischen Druck verspüren und sich somit stressfreier auf die Studienleistung konzentrieren können. BezieherInnen von Studienbeihilfe verspüren diesen Druck sehr wohl, da sie trotz Unterstützung weniger Geld zur Verfügung haben als Studierende ohne Beihilfenanspruch (vgl. Sozialerhebung 2006). Das Leistungsstipendium ist somit eine Förderung materiell besser gestellter Studierender. Hier die Mittel zu erhöhen und gleichzeitig den Wertverlust der Studienbeihilfe nicht einmal ansatzweise auszugleichen, entspricht einer Umverteilung von unten nach oben wird von uns in aller Schärfe verurteilt.

 

Mit der Bitte um Kenntnisnahme,

Sozialreferat der Österreichischen HochschülerInnenschaft der Universität Wien

                                                                                                  

                                                                                                                                   Vorsitz Marlies Wilhelm                                     Sozialreferentin Julia Pucher