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Datum

GZ-54.120/0026-I/8a/2007

BAK/BP/GSt

Martha Eckl

DW  3139

DW 3227

16.11.2007

 

 

 

 

 

 


Bundesgesetz, mit dem das Studienförderungsgesetz 1992 geändert wird

 

Die Bundesarbeitskammer (BAK) nimmt zum vorliegenden Gesetzesentwurf wie folgt Stellung:

 

Der Entwurf enthält eine Vielzahl an punktuellen Verbesserungen, insbesondere für Studierende mit Kind, die von der BAK begrüßt werden.

 

Ein wesentlicher Kritikpunkt ist allerdings der „Wertverlust“ bei den Stipendien. Bereits bei der letzten Novelle wurden die Stipendiensätze unzureichend erhöht. Anstelle einer durchgängigen Anpassung um 15 % analog zur Schülerbeihilfe  betrug die Erhöhung nur 12 %, wobei davon in vollem Ausmaß nur Studierende ohne Familienbeihilfenbezug profitieren. Beim gegenständlichen Entwurf wurden die Einkommensgrenzen im untersten Bereich nur um sechs Prozent angehoben, die Bruttolöhne sind seit 1999 jedoch um ca. 19 % gestiegen. Zudem bleiben z.B. die Arbeitnehmerfreibeträge unverändert. 

Die BAK fordert, dass das gesamte Berechnungssystem so valorisiert wird, dass das Förderniveau von 1999 wieder erreicht wird.

 

Weiters ist es als großes Manko anzusehen, dass die angekündigte Ausweitung des BezieherInnenkreises, die im Wesentlichen auf der Absenkung der Mindestauszahlungsbeträge beruht, nicht im erforderlichen Umfang erfolgt.

Unter dem Gesichtspunkt der sozialen Gerechtigkeit ist zudem völlig unverständlich, weshalb der Bereich der Leistungsstipendien, die als „Notenprämie“ unabhängig von der sozialen Lage vergeben werden und aufgrund des Kriteriums „Einhaltung der Studienzeit“ primär Vollzeitstudierenden zu Gute kommen, noch mehr ausgeweitet werden soll.

Die BAK verlangt, dass das für „Leistungsstipendien“ veranschlagte Budget für dringend notwendige Verbesserungen für berufstätige Studierende und Studierende am zweiten Bildungsweg verwendet wird, zum Beispiel die Anhebung der Altersgrenze von 35 auf 40 Jahre für SelbsterhalterInnen sowie Reformen beim Studienabschlussstipendium.

 

Vorbemerkung:

 

In der letzten Stellungnahme zum Studienförderungsgesetz vom 20. April d.J.  wurde bereits darauf hingewiesen, dass die Datenlage für ministeriumsexterne InteressentInnen derzeit völlig unzureichend ist. Eine Beurteilung der verschiedenen Maßnahmen ist nur in eingeschränktem Maße möglich, da eine Darstellung der Entwicklung im Stipendienbereich in den letzten Jahren nicht vorgelegt wurde. Es wurde lediglich die Studierenden-Sozialerhebung 2006 präsentiert, die letzten „Materialien zur sozialen Lage der Studierenden“, die neben den zentralen Ergebnissen der Sozialerhebung 2002 auch zahlreiche Daten zur Studienförderung enthielt, stammen aus dem Jahr 2003.

Die BAK geht davon aus, dass eine Veröffentlichung der Daten zumindest vor Beschlussfassung der Novelle  im Parlament erfolgt.

 

Zu den geplanten Änderungen:

 

Die in § 6 vorgesehene Anhebung der Altersgrenze für behinderte Studierende, Studierende mit Kind und für Studierende, die nach einem geförderten Bachelorstudium ein Masterstudium anschließen möchten, wird begrüßt. Es ist allerdings nicht nachvollziehbar, weshalb sich die Altersgrenze nur dann erhöht, wenn das Bachelorstudium gefördert wurde. Die Beifügung „gefördert“ sollte daher entfallen.

Die BAK fordert in diesem Zusammenhang verbesserte Maßnahmen für Berufstätige, die ein Studium beginnen. ArbeitnehmerInnen, die bereits über viele Jahre Steuern und Sozialversicherungsbeiträge geleistet haben, sollen auch zwischen dem 35. und 40. Lebensjahr das Recht auf ein SelbsterhalterInnenstipendium haben. Dies erscheint auch angesichts der Reformen beim Pensionsantrittsalter und den Erfordernissen am Arbeitsmarkt in punkto lebensbegleitende Weiterqualifizierung mehr als gerechtfertigt.

Es gibt derzeit nach wie vor nur sehr wenig berufsbegleitende Studienprogramme und für viele Berufstätige über 35 stellt die Finanzierung des Lebensunterhalts bei einem Vollzeitstudium ein gravierendes Problem dar.

Gerade bei Personen, die am zweiten Bildungsweg studieren wollen, kommt es immer wieder zu Härtefällen: Zum Beispiel wird die Vorbereitung auf die Studienberechtigungsprüfung durch ein Stipendium unterstützt, das darauffolgende Studium aber nicht mehr, wenn die Altersgrenze überschritten wurde. Auch wenn sich jemand nach dem 35. Lebensjahr im Gesundheitsbereich, der durch Vollzeitstudien gekennzeichnet ist (z.B. MTD-Akademien bzw. FH-Studiengänge, Hebammenausbildung), höherqualifizieren will, gibt es – trotz Arbeitskräftebedarf und Aufnahmeprüfungen – keine Möglichkeit einer Stipendienfinanzierung.

Die BAK fordert daher im Interesse von langjährig Berufstätigen, die sich mittels eines Studiums höherqualifzieren wollen, eine Anhebung der Altersgrenze beim „SelbsterhalterInnenstipendium“ auf zumindest 40 Jahre.

 

Die Ausweitung der Frist, binnen der ein Masterstudium nach dem Bachelorstudium aufzunehmen ist, auf 24 Monate (§ 15 Abs. 3 und 6) wird im Sinne des lebensbegleitenden Lernens begrüßt. Aus Sicht der BAK könnte auf die Frist überhaupt verzichtet werden, da ohnehin Altersgrenzen für den Stipendienbezug vorgesehen sind. 

Jedoch wird die zulässige Überschreitungsfrist von zwei Semestern beim Bachelorstudium als zu gering angesehen, da es für Teilzeitstudierende nur sehr schwer möglich ist, diese Frist einzuhalten. Dies betrifft insbesondere auch jene berufstätigen Studierenden, die ohne Studienbeihilfe ein Bachelorstudium absolviert haben. Die BAK fordert daher für Teilzeitstudierende eine Verlängerung der Überschreitungsfrist auf vier Semester.

 

Die Änderung betreffend Studienwechsel (§ 17 Abs. 4) entspricht nach vorliegenden Informationen  der derzeitigen Vorgangsweise und wird positiv gesehen.

 

Die Umstellung auf das ECTS-Punktesystem (§ 20 u.a.) wird als notwendig erachtet, da in vielen Studienplänen die Studiendauer nicht mehr in Semestern festgelegt ist. Vor allem bei den Master- und Doktoratsstudien muss jedoch sichergestellt werden, dass die Regelung nicht zu einer deutlichen Verschlechterung führt.

 

Die Verlängerung der Anspruchsdauer für Studierende mit Kind (§ 19) und die Gewährung des Zuschlags für jedes Kind (§ 28) werden begrüßt.

 

Auch die Absenkung der Bagatellgrenzen (€ 5 statt € 15/Monat Studienbeihilfe, § 30 Abs. 6;  € 100 statt € 150 beim Studienzuschuss, § 52 c Abs. 4) wird begrüßt, da somit mehr Studierende einen Anspruch auf davon abhängige Zusatzförderungen (z.B. Fahrtkostenzuschuss etc.) haben.

 

Die in § 31 geplante Erhöhung der zumutbaren Unterhaltsgrenzen ist aus Sicht der BAK viel zu gering ausgefallen. Gemäß den Erläuterungen entspricht dies bei der untersten Einkommensgrenze einer Steigerung von 6,35 %. Die Einkommensgrenzen wurden zuletzt 1999 angehoben, die Bruttolöhne pro Kopf sind seither aber um fast 19 % gestiegen. Dies bedeutet, dass viele StipendienbezieherInnen durch die jährlich steigenden Einkommen der Eltern und die gleichbleibenden Einkommensgrenzen sowie Beihilfensätze immer geringere Stipendien erhalten haben. Die geplante Erhöhung bietet diesbezüglich keinen adäquaten Ausgleich. Hinzu kommt, dass das System nicht als Ganzes (Beihilfensätze, Einkommensgrenzen, Freibeträge) gleichmäßig erhöht wurde. 

Zum Beispiel wurde der Arbeitnehmerfreibetrag (§ 32 Abs. 4), der als Ausgleich für die besseren steuerrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten von Selbständigen dient, nicht angehoben. Gleiches gilt für die Absetzbeträge für Geschwister (§ 32 Abs. 1).

Insbesondere durch die Absenkung der Mindestauszahlungsbeträge für die Studienbeihilfe und den Studienzuschuss ist damit zu rechnen, dass der Anteil der BeihilfenbezieherInnen zwar steigen wird, allerdings werden die Stipendienbeträge immer weniger zur Finanzierung des Lebensunterhalts ausreichen, zumal der „Wertverlust“ seit 1999 kaum kompensiert wird. Angesichts der verfügbaren Daten über die durchschnittliche Studienbeihilfe (2003/04: Arbeiterkinder: € 3.454, Kinder von Selbstständigen € 3.815) erscheint auch eine über die Valorisierung hinausgehende Anhebung der Absetzbeträge für unselbständige Erwerbsarbeit gerechtfertigt. Es wird zudem darauf verwiesen, dass bei der Reform der SchülerInnenbeihilfe durchgängig eine Erhöhung um 15 % vorgenommen wurde.

Die BAK fordert jedenfalls eine generelle Anhebung der Beihilfensätze, Einkommensgrenzen, Frei- und Absetzbeträge etc. entsprechend der Lohn- und Preisentwicklung.

 

Gegen die Erhöhung der Zuverdienstgrenze bei den Studierenden (§ 31 Abs. 4) von derzeit € 5.814,-- bzw. € 7.195 (bei nur nichtselbständiger Tätigkeit) auf einheitlich € 8.000 besteht kein Einwand. Auch dieser Betrag wird angesichts der Lohnentwicklung seit 1999 als zu gering erachtet.

 

Die Neuregelung, dass auch für Masterstudien ein Studienabschluss-Stipendium bezogen werden kann, (§ 52b Abs. 3) wird begrüßt. Nach vorliegenden Informationen hat es in den letzten Jahren rund 350 Bewilligungen pro Jahr gegeben. Die BAK fordert  weitere Verbesserungen dieser Stipendienform, damit künftig mehr Berufstätige, die lediglich in der Abschlussphase eine finanzielle Unterstützung erhalten, ihr Studium erfolgreich beenden können. Notwendig dafür ist zum Beispiel die Anhebung der Fördersätze, der Ersatz der Studiengebühren sowie die Möglichkeit eines Zuverdiensts bis zur Geringfügigkeitsgrenze.

 

Die Änderung, wonach ein Erlassen des Bescheides bereits vor dem 1. Oktober  möglich ist, wenn alle erforderlichen Daten vorliegen, wird ausdrücklich begrüßt. Dies stellt eine wesentliche Besserung für SelbsterhalterInnen dar, die häufig eine „Bezugslücke“ von mehreren Wochen zu überbrücken hatten, weil das Stipendium nur bis August gewährt wurde und bislang ein Antrag auf Weitergewährung erst ab Oktober möglich war. Aus Sicht der BAK sollte das Gesetz daher bereits am 1. September statt am 1. Oktober in Kraft treten.

 

Bezüglich der Refundierung der Studienbeiträge für soziale Aktivitäten im Bildungsbereich (§ 52d), für den 0,7 Mio € veranschlagt werden, ist kritisch anzumerken, dass Angaben über die konkrete Ausgestaltung und den Verwaltungsaufwand fehlen.

Die BAK spricht sich weiterhin gegen Studiengebühren aus, zumal diese berufstätige Studierende aufgrund der längeren Studiendauer und der höheren Gesamtkosten besonders benachteiligen.

Im Sinne einer erhöhten Transparenz wird anstelle von ministeriumsinternen Richtlinien der Erlass einer entsprechenden Ausführungsverordnung, die einem Begutachtungsverfahren unterzogen wird, gefordert.

 

Die Neuregelung der Leistungsstipendien, für die fast ein Viertel der Gesamtkosten der Novelle veranschlagt werden (Gesamtkosten 8,4 Mio, Anhebung der Leistungsstipendien € 2 Mio),  wird seitens der BAK abgelehnt.

Die bereits im Zusammenhang mit der Einführung von Studiengebühren vorgenommene Ausweitung der Leistungsstipendien kommt aufgrund der Vergabekriterien zumeist nur Vollzeitstudierenden mit gutem Notendurchschnitt zugute, die auf diesem Weg – unabhängig von ihrer Einkommenssituation oder jener der Eltern - die Studiengebühren wieder zurückerhalten. Im Studienjahr 2006/07 wurden für Leistungsstipendien € 5,5 Mio und für Förderungsstipendien € 1,8 Mio ausgegeben (Vgl. Studienjahr 2000/2001: Leistungsstipendien 1,1 Mio €, Förderungsstipendien 1,1 Mio €)..

Genauere Daten über die BezieherInnen von Leistungsstipendien (Anzahl, Geschlecht, soziale Herkunft etc) fehlen. Im Übrigen hat auch der Rechnungshof in seinem Prüfbericht 2005/7 auf Mängel beim Berichtswesen und bei den Vergabekriterien hingewiesen.

Es wird daher erneut die Auffassung vertreten, dass Stipendien, die unabhängig vom Kriterium der „sozialen Bedürftigkeit“ vergeben werden, ausschließlich auf die Förderung von besonders aufwändigen wissenschaftlichen Arbeiten oder neuen Zielgruppen (zB berufstätige Studierende in der Abschlussphase, Studierende am zweiten Bildungsweg) bezogen sein sollten. Das für die Leistungsstipendien veranschlagte Budget sollte aus Sicht der BAK für zusätzliche Verbesserungen bei den Sozialstipendien verwendet werden. 

Auch bei den Förderungsstipendien für wissenschaftliche Arbeiten ist eine genauere Überprüfung der derzeitigen Kriterien und insbesondere der Vergabepraxis notwendig, da der Rechnungshof hier insbesondere die fehlende Nachvollziehbarkeit der Kostenaufstellungen und der Antragsentscheidungen kritisierte.

 

Weitere Forderungen:

 

Die BAK fordert im Sinne der Stellungnahme vom 20. April d.J. erneut eine generelle Anhebung der Höchststudienbeihilfen um zumindest 15 %. Die zuletzt vorgenommene Erhöhung mittels eines Zuschlagssystems (+ 12 % zum errechneten Jahresbetrag) ist lediglich als Überbrückungsmaßnahme akzeptabel und zudem wenig transparent.

 

Außerdem wird eine regelmäßige Valorisierung verlangt.

 

Die BAK tritt für auch für eine großzügigere Handhabung des § 12 (Sonderfälle der Einkommensbewertung) ein. Darin ist festgelegt, dass eine Einkommensschätzung dann erfolgt, wenn voraussichtlich eine mindestens ein Jahr dauernde Verminderung des Einkommens um mindestens 10 Prozent gegeben ist. In den Erläuterungen ist festgehalten, dass eine Schätzung nach weniger als sechs Monaten nur dann erfolgen kann, wenn „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Änderung der Einkommensverhältnisse über das ganze Jahr zu einer Verminderung um mindestens 10 % führen wird“. Um Härtefälle, z.B. bei Arbeitslosigkeit, zu vermeiden, sollte bei einer Einkommensverminderung jederzeit eine nachvollziehbare Darstellung des Studierenden genügen und im Nachhinein eine Überprüfung der tatsächlichen Einkommensverhältnisse erfolgen.

 

Ferner tritt die BAK für die Anerkennung von Ergänzungsprüfungen beim Leistungsnachweis ein, da zum Beispiel das Ablegen der Zusatzprüfung Latein bis zur ersten Diplomprüfung bzw. Bachelorprüfung bislang nicht berücksichtigt wird.

Darüber hinaus gibt es nach wie vor InteressentInnen für ein SelbsterhalterInnenstipendium, die nur deshalb kein Stipendium erhalten, weil sie vor Jahren einmal längere Zeit inskribiert waren. Die BAK tritt dafür ein, dass bei SelbsterhalterInnen diese Vorstudienzeiten nicht berücksichtigt werden, sofern keine Studienbeihilfe bezogen wurde. 

 

Weiters wird vorgeschlagen, dass für Bachelorstudien generell zwei Toleranzsemester gewährt werden. Ob ein oder zwei Toleranzsemester vorgesehen sind, soll nicht von einer allfälligen Abschnittsgliederung abhängen.

 

Die BAK regt auch an, für die Vergabe von Fahrtkostenzuschüssen gemäß § 52  ein vereinfachtes Verfahren, z.B. in Form von Pauschalbeträgen zu entwickeln. Das derzeitige Sammeln und Überprüfen von Fahrscheinen udgl. bei Studierenden, die am Studienort wohnen bzw. zwischen Studienort und einer Gemeinde pendeln (vgl. Richtlinien für die Vergabe von Fahrtkostenzuschüssen, Teil A, Ziffer 3 a und b) ist nach vorliegenden Informationen mit einem sehr hohen Verwaltungsaufwand verbunden.

 

Auch bei der Förderung von Auslandsstudien (§ 53 ff.) wird eine Vereinfachung des Berechnungsverfahrens, zum Beispiel in Form eines Zuschlags zum „Inlandsstipendium“, vorgeschlagen.

 

Die BAK ersucht abschließend um Überarbeitung des Entwurfs unter Berücksichtigung ihrer Forderungen und Vorschläge.

 

 

 

 

 

 

Herbert Tumpel                                                                                    Johanna Ettl

Präsident                                                                                             iV des Direktors