BUNDESMINISTERIUM FÜR EUROPÄISCHE UND INTERNATIONALE ANGELEGENHEITEN

VÖLKERRECHTSBÜRO

Federal Ministry for Foreign Affairs

Ministère Fédéral des Affaires Etrangères

A-1014 Wien, Minoritenplatz 8

Tel.: 0501150-0, FAX: 0501159-212

E-MAIL

 

GZ:

BMeiA-AT.8.15.02/0350-I.2c/2007

Datum:

21. November 2007

Seiten:

2

An:

begutachtung@bmwf.gv.at

alexander.egger@bmwf.gv.at

begutachtungsverfahren@parlament.gv.at

Von:

Bot. H. Tichy

SB:

Dr. Reichard, Dr. Loidl

DW:

3391

 

BETREFF:   Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Studienförderungsgesetz 1992 geändert wird; Stellungnahme des BMeiA

 

 

Zu GZ BMWF-54.120/0026-I/8a/2007

vom 25. Oktober 2007

 

 

Mit Blick auf die Höchstgrenze der Studienzeit im Ausland im derzeit geltenden § 53 StudFG wird auf die neue Rechtsprechung des EuGH in der Rs. Morgan (C-11/06, BAföG) hingewiesen, welche § 53 in seiner derzeitigen Form gemeinschaftsrechtlich zumindest nicht unbedenklich erscheinen lässt.

 

In der Rs. Morgan gesteht der EuGH nach ständiger Rechtsprechung einem MS zwar zu, die Förderung eines Auslandsstudiums an das Erfordernis einer hinreichenden Integration des Förderungsempfängers im fördernden MS zu knüpfen (RZ 43f.), da kein MS zu Auslandsstudienförderung verpflichtet sei, und diese in seinem weiteren Ermessen liege (vgl. Schlussanträge, RZ 77). Dabei habe der betreffende MS jedoch das Gemeinschaftsrecht insb. die Freizügigkeit zu beachten (RZ 26 u. 28).

 

Konkret erachtete der EuGH das Erfordernis einer Mindeststudienzeit von einem Jahr, bevor das Studium im Ausland fortgesetzt wird, als gemeinschaftsrechtswidrig, weil nur dieses Jahr allein nicht ausschlaggebend für den Grad der Integration eines Studenten im betroffenen MS sei. Relevanter für den Integrationsgrad seien hingegen Konstellationen, in denen der Förderungsempfänger seine Schulzeit im betroffenen MS verbracht hätte (RZ 45), oder sich zumindest „für eine gewisse Zeit im Aufnahmemitgliedstaat aufgehalten hat“ (Rs. Bidar C-209/03, RZ 59). GA Ruiz-Jarabo Colomer hielt in seinen Schlussanträgen (RZ 115) weiters den Fall für gemeinschaftsrechtskonform, in dem ein MS als Vorraussetzung für Auslandsstudienförderung „einen Aufenthalt im Inland von mindestens zwei Jahren innerhalb eines dem Aufenthalt im Ausland vorausgehenden Zeitraums von fünf Jahren verlangt“.

 

§ 53 StudFG ähnelt – weil er die Förderung nur für die im Ausland verbrachte Studienzeit zeitlich beschränkt – im Hinblick auf seine von der Absolvierung eines Studiums im Ausland abschreckende Wirkung dem zweiten Element (zwingendes Erfordernis der Fortsetzung einer im Inland begonnen Ausbildung) der deutschen Regelung in § 5 Abs. 3 Z 3 BAföG, welche vom EuGH als gemeinschaftswidrig erkannt wurde, weil sie geeignet war, Unionsbürger (eigene Staatsbürger) davon abzuhalten, den eigenen Mitgliedstaat zu verlassen, um einer Ausbildung in einem anderen Mitgliedstaat nachzugehen und so von ihrem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch zu machen. Diese Regelung konnte Deutschland nach Auffassung von EK und EuGH trotz Hinweises etwa auf das legitime Bestreben, übermäßige finanzielle Belastungen durch Stipendienbezieher aus anderen Mitgliedstaten zu verhindern, nicht durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses rechtfertigen.

 

Daher wird eine Überprüfung des § 53 StudFG iSd oz. Rsp. des EuGH angeregt.

 

 

 

Für die Bundesministerin:

H. Tichy m.p.