Das argumentative Eingehen auf einzelne Punkte in einem unserer Meinung nach falschen Denk- und Lösungsansatz kann nicht als „indirektes Einverständnis“ zu diesem Lösungsansatz in Gesetzesform betrachtet werden.

Es ist ein „Sich beugen vor der Realität“ – damit wenigstens in der durch die Gesetzeslage vorgegebenen und uns aufgezwungenen Wirklichkeit, die ja – siehe BRD – ganz anders sein könnte, die erst durch das Gesetz entstehenden, schlimmsten Härtefälle abgefedert werden können.

Dem Ihrem Entwurf beiliegenden Erläuterungstext ist indirekt zu entnehmen, dass dem Ministerium diese Sachlage bewusst ist.

 

STELLUNGNAHME DER GRAZER AUTORINNEN AUTORENVERSAMMLUNG ZUM ENTWURF „Verbesserung“ DER EXISTENZBEDINGUNGEN FÜR KÜNSTLERINNEN UND KÜNSTLER IM ZUSAMMENHANG MIT DEM HILFSPAKET KÜNSTLERSOZIALVERSICHERUNGSZUSCHUSSFONDS

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PRÄAMBEL

 

Mit Enttäuschung wurde von uns ein Entwurf begutachtet, der nicht viel von den in den Regierungswechsel hineingehofften Erwartungen erfüllt.

Ein falscher Denkansatz führt zwangsläufig zu Lösungen, die den Kolleginnen und Kollegen das Leben erschweren und teilweise noch immer die künstlerische Existenz bedrohende Auswirkungen haben. Diese Auswirkungen können mit Ihrem Vorschlag nur für die „Klasse der Teilnahmeberechtigten“ aus der Welt geschafft werden.

 

DER FALSCHE DENKANSATZ

 

Trotz Interventionen, Protesten, Erklärungen etc. ist es den Kolleginnen und Kollegen teils kollektiv, teils einzeln, nicht gelungen, den politischen Entscheidungsträgern DIE WIRKLICHKEIT DER KÜNSTLERISCHEN EXISTENZ so zu vermitteln oder nahe zu bringen, dass „die Politik“ die richtigen Schlüsse daraus hätte ziehen können.

EINS

 

Es ist grundsätzlich nicht möglich, eine künstlerische Existenz mit Hilfe der Größe „EINKOMMEN AUS KÜNSTLERISCHER TÄTIGKEIT“ zu definieren.

Das einzig gültige Kriterium ist das SCHAFFEN, unabhängig von Zeit, Raum und vollkommen unabhängig von Verkauferfolg. Es ist uns unerklärlich, warum so gedacht wird, wo doch hinlänglich bekannt ist, dass auf Grund von Marktmechanismen etwa ein kleiner österreichischer Verlag einfach nicht in der Lage ist, seinen Autorinnen und Autoren nennenswerte (oder überhaupt irgendwelche) Einkommen zu ermöglichen. Der kommt mit dem Vertrieb gar nicht nach Deutschland, ja nicht einmal in den österreichischen Buchhandel. Der kleine österreichische Verlag KANN gar nicht verkaufen.

Für bildende KünstlerInnen, E-MusikerInnen etc. ist die Lage nicht anders.

Es ist eine grundsätzliche Ungerechtigkeit, den KUNSTSCHAFFENDEN das VERSAGEN VON MARKT vorzuhalten und ihnen wegen zu geringen Einkommens eine soziale Absicherung auf Grund von „fehlender“ Künstlereigenschaft durch zuwenig Einkommen zu verweigern.

Zwischen Künstlerleben und Markterfolg besteht KEIN Zusammenhang, wie auch zwischen Markterfolg und „künstlerischem Wert“ kein Zusammenhang besteht.

Es ist vielmehr eine krasse Ungerechtigkeit des angeblich „Gleichgewicht“ erzeugenden freien Marktes, dass Kollegin/Kollege A mit einem Bestseller Millionen verdienen kann (und dann noch höchstdotierte Preise nachgeschoben kriegt)

während Kollegin/Kollege B mit einer Romanveröffentlichung „leider im falschen Verlag“ ganz genau NULL verdient.

Lyrik, Kurzprosa, Dramatik usw. anzuführen ist wohl nicht nötig. Dort ist die „Existenzchance“ NOCH dramatisch schlechter.

In anderen Kunstsparten bewirken ähnliche Mechanismen ähnliche Lebensumstände.

 

Es ist uns unklar, warum man einen falschen Denkansatz (Einkommen macht Nachweis, man wäre Künstler/in, bei zu geringem Einkommen gibt’s NIX) einem SOZIALGESETZ zugrunde legt. („KünstlerSOZIALversicherung“)

 

ZWEI

 

Es ist grundsätzlich nicht möglich, eine künstlerische Existenz mit Hilfe der Größe „KÜNSTLERISCHE ARBEITSZEIT“ zu beschreiben.

Ein Großteil der Kolleginnen und Kollegen ist einfach gezwungen, einen Gutteil der Lebensarbeitszeit nicht direkt am Schreibtisch (etc.) zu verbringen, weil es ja irgendein Einkommen braucht.

Der Schluss: wenn Kollegin/Kollege A einen Job als KellnerIn ausübt – oder VHS-Vortragende/r auf Honorarbasis / stundenweise  - oder – ist sie/er NICHT künstlerisch tätig, ist schlicht und einfach FALSCH.

Die künstlerische Idee richtet sich NICHT nach Arbeitszeiten, nach Art der Beschäftigung etc, die Idee kann auf der Toilette genau so eintreten wie am Schreibtisch. Kreativität ist nicht in Gleitzeitarbeit zwischen acht und siebzehn Uhr von Montag bis Freitag zwei kurze Tage inklusive zu zwängen. Manchmal ist es drei Uhr in der Früh. OHNE Überstundenzuschlag und Nachtarbeitergesetz. Das alles ist der Kreativität und dem Einfall etc. vollkommen „egal“

Wer sich in das Abenteuer einer künstlerischen Existenz begibt, ist UNUNTERBROCHEN Künstler, Tag und Nacht, vermutlich auch im Schlaf – die besten Ideen (aus denen DANN Einkommen entstehen kann) sind nicht bezähmbar und in ein Arbeitszeitmodell zu pressen. Künstlerische Arbeit ist mit der Denkkategorie „Arbeitszeit“ NICHT zu erfassen.

Ein Großteil der Kolleginnen und Kollegen erwirtschaftet das Einkommen „irgendwie“ oder in erlernten Berufen, UM die künstlerische Arbeit zu ermöglichen, und bezieht oft gerade aus und wegen „nichtkünstlerischer“ Arbeit Impulse FÜR künstlerisches Schaffen.

Wenn der Gesetzgeber Nebeneinkünfte (die de facto die Haupteinkünfte sein können!) der KollegInnen ihnen sozusagen als „falsche Betätigung“ vorwirft, hat der Gesetzgeber die Lebenswirklichkeit der Künstlerinnen und Künstler einfach nicht verstanden.

 

Es ist vollkommen klar, dass auf Grund von Missverständnis und Unkenntnis Lösungen erdacht werden, die die Betroffenen nicht treffen.

Wir wünschen uns, man würde uns zuhören und zu verstehen versuchen.

 

GRUNDSÄTZLICHE VORSCHLÄGE

 

Es ist uns unklar, warum man die Bemerkung „Das System hat sich grundsätzlich bewährt“ in einem Vorblatt anführen kann. Dafür fehlen Beweise, ja sogar Hinweise, es ist blanke Behauptung, die sämtliche aus dem Gesetz entstehenden Schwierigkeiten, die Kolleginnen und Kollegen teilweise existentiell bedrohen, einfach missachtet.

Bitte beachten Sie in diesem Zusammenhang obigen Satz „Wir wünschen uns, man würde uns zuhören …“

UNSERE WIRKLICHKEIT:

 

1) Ein Teil der KollegInnen kommt nicht ins Altersversorgungssystem hinein

BEISPIEL:

Kollegin/Kollege A verdient 6000,- brutto, nach Abzug von Betriebsausgaben bleiben 2000,- Das Einkommen aus künstlerischer Arbeit ist zu wenig für „mitspielen“

Viel häufiger aber verdienen die KollegInnen maximal zwischen 1000,- und 2000,-/Jahr aus künstlerischer Arbeit !

 

2) Für manche, die „hineinkommen“ hat die Einkommenseinbuße existentiell bedrohliche Folgen.

BEISPIEL:

Kollegin/Kollege B verdient 10000,- netto = EST wirksames Einkommen, irgendwie geht sich damit ein Überleben aus. Nach Abzug von Sozialversicherungsbeiträgen PLUS Zuschuss verbleiben 8500,- - und das ist dann wegen Fixkosten etc. (Selbstbehalt in der Krankenversicherung) eindeutig zu wenig.

 

Dass das System für JENE funktioniert, die hineinkommen oder nach unserer Sicht: oft auch hineingezwungen werden, weil durch Zufall ihr Einkommen aus künstlerischer Arbeit in das Schema aus Grenzen fällt, wird durch die von Ihnen beigelegte Statistik auch widerlegt. 55 % (so die Zahl im Vorblatt) erreichen in einem Jahr die untere Einkommensgrenze NICHT.

Diesbezüglich findet allerdings durch den Gesetzesentwurf eine Entschärfung statt.

 

Misstrauisch und grundsätzlich enttäuscht sind die nicht abgesicherten Kolleginnen und Kollegen, deren Einkommen aus „künstlerischer Arbeit“ in der Definition des Gesetzes nie reicht und auch in Zukunft kaum reichen wird.

Die Behauptung, der Wegfall einer Einkommensuntergrenze würde Probleme schaffen, gilt nur, wenn man „im bestehenden System“ denkt.

 

Wir schlagen vor:

 

a)

WEG mit der VERSICHERUNGSPFLICHT für Künstlerinnen und Künstler. Freiwilliges System wie in der BRD. Damit wären viele Probleme, die aus der aktuellen Lösungsmethode entstehen, mit einem Schlag gelöst.

b)

Feststellung der Künstlereigenschaft und Einbindung in soziale Absicherung wird vom Einkommen abgekoppelt.

Eine Möglichkeit wäre das früher (über Jahrzehnte!) funktionierende und jetzt nur mehr nebenbei greifende System „Ehrenpension“ aus dem Sozialfonds der LiterarMechana.  Grob geschätzt wäre diese Lösung vermutlich die Allerbilligste, weil ja die Zahl der Kolleginnen und Kollegen, die überhaupt in die Lage kommen, gänzlich ohne Einkommen auf Pensionseinkünfte angewiesen zu sein, sehr gering ist.

 

Es gibt ein ganz einfaches System für Beweisführung von Künstlereigenschaft:  Kontinuierliche Auftritte, Veröffentlichungen, Produktionen, etc. Dafür braucht es keine Kurien und keine „Überprüfungen von Einkommen“ und es funktioniert nachweislich – etwa beim Sozialfonds der LiterarMechana.

 

Unser Vorschlagkatalog dazu siehe unten.

 

 

 

Stellungnahme zu Einzelnen Vorschlägen im Gesetzesentwurf

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Der vorliegende Entwurf ist in der Lage, den „Kreis der Mitspieler“ zu erweitern und die gröbsten Härtefälle für jene zu vermeiden, die in die Versicherung gezwungen worden sind. Er bringt gegenüber dem aktuellen Zustand eine Verbesserung. Ergebnis einer kurzen Umfrage nach Einkommen etc. in der Kollegenschaft zeigt allerdings: Etwa 40 – 50 Prozent der jetzt nicht sozialversicherten KollegInnen werden weiterhin draußen bleiben.

 

Kommentare zu einzelnen Punkten:

 

§2 Abs.1:

Wie schon eingangs angeführt scheint uns die Künstlerdefinition SO eindeutig zu eng.

Die Vorstellung: Kollegin/Kollege A sitzt da und „weiß sich als KünstlerIn weil sie/er künstlerisch tätig ist und Werke der Kunst schafft“ hat mit unserer Lebenswirklichkeit nichts zu tun.

Kollegin/Kollege A „definiert sich selbst nicht so“ – sondern in ihrem/seinem „Lebensgefühl „macht sie/er was“.  Das Eine wird vielleicht „ein Gedicht“ – das Andere ist eine Textinstallation - doch schon die Zuordnung wird oft von anderen getroffen.

SINNVOLL scheint uns eine Praxis, wie sie etwa Zuwendungen aus dem Sozialfonds der LiterarMechana ermöglicht: Nachweis von künstlerischer Produktion.

Bezüglich der Kriterien für Künstlereigenschaft schließt sich die Grazer Autorinnen Autorenversammlung dem Vorschlag der IG Autorinnen Autoren an:

 

Kriterien zur Feststellung der Künstlereigenschaft bei Autor/inn/en

A. Der Nachweis der beruflichen Ausübung einer schriftstellerischen Tätigkeit gilt als erbracht bei Vorliegen und in wenigstens einem Punkt erfüllt

 

1. einer Steuernummer zur Versteuerung als selbständige/r Autor/in

2. einer UID-Nummer zur Mehrwertsteuerverrechnung als selbständige/r Autor/in

3. einer Versicherungs-Nummer und der Anmeldung bei der Versicherungsanstalt der Gewerblichen Wirtschaft

4. einer Registrierung unter der Berufskennzeichen-Nummer der Statistik Austria für Autor/inn/en

5. der Mitgliedschaft bei einer in- oder ausländischen Verwertungsgesellschaft für Literatur

6. einer vertraglichen Beziehung zu einem Buch- oder Theaterverlag, einer Agentur ohne Selbstkostenbeteiligung durch den/die Autor/in oder einem Medium oder einer Produktionseinrichtung, in welchem bzw. welcher die Werke erscheinen bzw. von welchem bzw. welcher die Werke vermittelt werden

7.  der Einbindung in eines der öffentlichen Unterstützungssysteme der Länder und des Bundes oder anderer öffentlicher Einrichtungen für Autor/inn/en, die schriftstellerische Leistungsnachweise zur Voraussetzung haben (z. B. Bezüge aus dem Sozialfonds der Literar-Mechana)

 

B. Der künstlerische Befähigungsnachweis/die Künstlereigenschaft bei Autor/inn/en gilt als erbracht und in wenigstens einem Punkt erfüllt durch

1. eine Veröffentlichung in Buchform in einem Verlag ohne Herstellungskostenbeteiligung durch den/die Autor/in (und in keinem Eigenverlag) in einer der in der Verlagsförderung anerkannten Sparten Belletristik, Essay, Zeitgeschichte, Philosophie, Literaturgeschichte, Kulturgeschichte (bildende Kunst, Musik, Architektur und Design des 20./21. Jahrhunderts mit überwiegendem Wortanteil), die sich an ein allgemeines Publikum richtet

2. die Aufführung eines Theaterstücks

3. die Sendung eines Hörspiels ab Fertigstellung der Produktion

4. die Sendung eines Fernsehspieldrehbuchs ab Fertigstellung der Produktion

5. die Verfilmung eines Kinofilmdrehbuchs

6. eine Reihe kleinerer Veröffentlichungen in allgemein bekannten literarischen Zeitschriften oder in Sammelwerken oder in Buchreihen von Verlagen ohne Herstellungskostenbeteiligungen durch die Autor/inn/en oder solchen Veröffentlichungen entsprechende nicht eigenfinanzierte öffentliche Auftritte mit eigenen literarischen Arbeiten

7. die Mitgliedschaft bei einer der bundesweiten österreichischen Autorenvereinigungen, wie GAV, PEN, die eine Mitgliedschaft von literarischen Qualitätskriterien abhängig machen

8. den Erhalt eines Stipendiums oder Preises, das/der von öffentlicher und/oder privater Seite durch Jurierung vergeben wird und von regionaler bis überregionaler Bedeutung ist

 

Weiters zu §2 Abs.1.

 

Der Satzteil „Im Rahmen einer künstlerischen Tätigkeit“ ist einfach zu eng. Die Idee kommt auch beim Schifahren oder wenn man im Bett liegt. Man kann aber nicht Schifahren oder im Bett Liegen als künstlerische Tätigkeit definieren.

Vorschlag: Minimalvariante (Wenn schon eine Definition sein MUSS):

Künstlerin oder Künstler ist, wer Werke der Kunst schafft oder interpretiert.

 

§7.(1)

Es ist uns nicht erklärlich, warum im Kuratorium keine KünstlervertreterInnen sitzen sollen. Der ÖGB vertritt uns nicht, AutorInnen sind keine ÖGB – Mitglieder, weil wir keine ArbeitnehmerInnen sind.

 

Dazu: Wir schließen uns diesbezüglich dem Vorschlag der IG Autorinnen Autoren an.

 

§ 17:

§17.(1).2.

Zum Nachweis der „Künstlereigenschaft“ siehe oben

§17.(1).4.

Das Ergebnis einer Umfrage dieser Tage unter KollegInnen, die mehrere Veröffentlichungen vorweisen können und ohne festes Arbeitsverhältnis sich irgendwie „über Wasser halten“:

 

Frage:  Wollen Sie ins System.    Antwort:    8 von 10 antworten mit JA

Frage:  Warum ist das nicht möglich.    Antwort:   Das Einkommen aus künstlerischer Arbeit liegt unter der Einkommensgrenze.

Bei genauerem Nachfragen ergibt sich ungefähr: 

3 von 8 werden auch mit den neuen Grenzen etc. NIE in das System kommen

5 von 8  werden vielleicht einmal mit Hilfe eines Stipendiums genug verdienen, um ins System zu kommen, manche werden dann wieder rausfliegen.

Das heißt konkret auch: Auch wenn viele ins System kommen wollen, werden die KollegInnen, vor allem jene, die jetzt etwa ab 40 Jahre alt sind, große Probleme haben, die nötigen 15 Beitragsjahre jemals zu erreichen!

Die „künstlerischen Einkommen“ eines Großteils der KollegInnen liegen zwischen 1000,- und 2000,- EURO / JAHR.

 

Es ist uns nicht verständlich, warum die Untergrenze zum Eintritt in die Versicherung so hoch sein muss.

Sollte es verfassungsrechtliche Probleme geben, muss man ein anderes Gesetz machen – Siehe Kommentar im Vorblatt des Ministeriums:

„Wunsch nach Wegfallen der Untergrenze … kann nur im Rahmen einer einheitlichen Altersgrundversorgung gelöst werden.“ JA. BITTE. LÖSEN statt HERUMBASTELN !

 

VORSCHLAG A:

Einkommensuntergrenze  auf 1000,- Einkommen / Jahr aus rein künstlerischer Arbeit fixieren, wenn schon eine Grenze sein muss und nicht die Künstlereigenschaft alleine genügen kann.

 

VORSCHLAG B:

ALLE Einkommen von KünstlerInnen sind künstlerische Einkommen, ausgenommen jene Beschäftigungen, durch die bereits Sozialversicherungspflicht besteht.

 

Dazu etwas weiter: Der gesamte Kunstbetrieb in Österreich läuft zu einem guten Teil auf Grund von staatlichem Mäzenatentum

- auf die Verteilungsungerechtigkeit der öffentlichen Förderung (siehe „Hochkultur“ etc.) wird jetzt nicht länger eingegangen –

- wie auch auf Förderungen etwa zu Standortsicherung von Großkonzernen etc nicht eingegangen, sondern nur hingewiesen wird -

de facto lebt ein Gutteil der KünstlerInnen AUCH von Kunstförderung, und dieser Anteil am Einkommen aus künstlerischer Arbeit ist teilweise beträchtlich. Nimmt man im Bereich Literatur Vertriebsförderung, Verlagsförderung, Theaterförderung etc. dazu, also Steuermittel, die für einzelne AutorInnen indirekt aufgewendet werden,

stellt sich die Frage, warum man dann den KünstlerInnen ausgerechnet einen Teil des vom „am Markt verdienten Geld“ für eine Versicherung abknöpft, die von der Form  (Selbstbehalt) und dem Abrechnungsmodus her (3 Jahre rückwirkend) den KünstlerInnen schwere Probleme macht, und dann muss man über den Fonds die Schäden wieder aufheben.

Das alles (inkl. Verwaltungsaufwand, der auch „Kulturgeld“ frisst) könnte man sich sparen. Die Versorgung der wenigen NICHT über „Brotberufe“ und Pensionsanspruch altersversorgten Künstler wäre vermutlich keinen Cent teurer.

 

 

DIE FRAGE DER EINKÜNFTE:

Eine Unterscheidung in selbständig oder unselbständig künstlerische Einkünfte bis hin zu „nicht künstlerischen Einkünften“ ist bereits eingangs grundsätzlich in Frage gestellt und als wirklichkeitsfremdes Mittel zur „indirekten Feststellung der Künstlereigenschaft durch Einkommen“ erkannt worden.

Die Lebenswirklichkeit zeigt, dass man, um von Kunst leben zu können, gezwungen ist, div. Hilfsarbeiten, „halbe“ Jobs, stundenweise Jobs etc. – oft sogenannt „prekäre Arbeitverhältnisse“ bis hin zu Tagelöhnerei auf Honorarbasis – auszuüben.

Das wird von den KünstlerInnen NUR gemacht, um als KünstlerInnen überleben zu können. Diese „Nicht künstlerischen Einkommen“ sind in Wahrheit nötige Bestandteile der künstlerischen Existenz UND Inspirationsquelle.

Als Gesetzgeber zu sagen:  Ihre 4000,- aus Hilfsarbeit haben mit Kunst nichts zu tun, ist grundsätzlich FALSCH. Diese Hilfsarbeit um 4000,- wird NUR WEGEN und ZUR ERMÖGLICHUNG der künstlerischen Existenz angenommen und ausgeübt und ermöglicht überdies „Recherche“ bzw. „Feldstudien“.

Die Versuche von KollegInnen, mit Hilfe von oft schlecht bezahlter Arbeit unter miserablen Bedingungen über die Runden zu kommen, weil der Kunstmarkt inkl. Verteilungsungerechtigkeit (die Schere Großverdiener - Nichtverdiener klafft zunehmend auseinander) nicht in der Lage ist, adäquate Einkommen zu ermöglichen, kann man doch nicht GEGEN DIE KÜNSTLERINNEN verwenden und als Argument gegen eine Absicherung!

Wenn Kollegin/Kollege A 5 Stunden in der Woche als Bürohilfskraft arbeitet, ist das BESTANDTEIL DER KÜNSTLERISCHEN EXISTENZ und muss als künstlerisches Einkommen anerkannt werden! JETZT werden die KollegInnen, die sich selbst zu helfen wissen, dafür bestraft bzw. in einen „Brotberuf“ gezwungen.

Es kann NICHT Bestandteil einer „Stützungsmaßnahme für KünstlerInnen“ sein, ihnen überlebensnötige Arbeit als Beweis gegen die Künstlerexistenz auszulegen.

 

ALLE Einkommen, die KünstlerIn bezieht, sind künstlerische Einkommen. Das ist unsere Lebenswirklichkeit und muss anerkannt werden.

 

§7. (1). 5  muss demnach lauten: 

 

In die Mindesteinkünfte sind einzurechnen: ALLE Einkünfte, die eine Künstlerin oder ein Künstler erzielen, wenn sie sonst keiner Sozialversicherungspflicht unterliegen.

 

§ 21 Abs 5

Grundsätzlich ist das der einzige Punkt, wo wir ein Entgegenkommen vorfinden, das vermutlich einem Teil der Betroffenen tatsächlich hilft. 5 Jahre Zuschuss trotz zu geringen Einkommens scheint eine akzeptable Lösung zu sein.

 

Dass ein Gutteil der KollegInnen allerdings gar nicht in die „Verlegenheit“ kommt, diese Nachsichtregelung in Anspruch nehmen zu können, stellt das Künstlersozialversicherungsgesetz nach wie vor grundsätzlich in Frage.

Außerdem weisen wir in diesem Zusammenhang nochmals auf die Definition „künstlerisches Einkommen“ bzw. unseren Erweiterungsvorschlag für diese Definition hin.

 

§ 15 , 17, 19, 26

Was die Hinweise auf Rechtschreib –, Satzzeichen - und Grammatikfehler angeht, schließt sich die Grazer Autorinnen und Autorenversammlung der Stellungnahme der IG Autorinnen Autoren an.

 

 

ZUSAMMENFASSUNG:

 

Aus unserer Sicht ist das zurzeit existierende Künstlersozialversicherungsgesetz kein taugliches Mittel zur Unterstützung unserer Arbeit und Existenz als Künstlerinnen und Künstler.

Der Zuschussfond ist ein Mittel, um die größten Härtefälle auszugleichen, nach unserer Meinung treffen die vorgeschlagenen Maßnahmen und Regelungen schlecht.

Man hat uns dieses Gesetz aufgezwungen und nimmt damit jenen, die gerade halbwegs genug verdienen, so viel weg, dass sie in Existenzprobleme kommen. Der Großteil der Schlechterverdiener wird nach wie vor NICHT altersversorgt.

Die Auswirkungen für Künstlerinnen und Künstler sind teilweise katastrophal, es gibt Kolleginnen und Kollegen, denen das Einkommen wegen der Maßnahmen nach 2000 (Sozialversicherung, ORF Gesetz, Verkauf von Bundesverlag etc) um mehr als 25% gesunken ist und nicht mehr zum Leben reicht. Das Künstlersozialversicherungsgesetz ist für viele ein Künstlerbehinderungsgesetz geworden.

 

 

Folgende Punkte müssen im vorliegenden Vorschlag dringend geändert werden:

§ 2 Abs. 1  -  § 17. 1. 4.  -  § 17. 1. 5.

 

Mit Hilfe der von uns vorgeschlagenen Änderungen können vermutlich einige Härtefälle vermieden werden, der jetzt vorliegende Vorschlag reicht jedoch sicher nicht, um für alle Kolleginnen und Kollegen eine soziale Altersabsicherung zu gewährleisten.

Etwa 50% der jetzt nicht erfassten Kolleginnen und Kollegen werden weiterhin „draußen“ bleiben, andere werden im schlimmsten Fall Beiträge bezahlen müssen, woraus ihnen wegen zu weniger Beitragsjahre NIE ein Leistungsanspruch (Pension) entstehen wird.

 

 

 

Grazer Autorinnen Autorenversammlung

 

Wien, 5.12.2007