Amt der Steiermärkischen Landesregierung |
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FA 13A An das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit Abteilung IV/1 Schwarzenbergplatz 1 1015 Wien
E-mail: post@IV1.bmwa.gv.at
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è Umweltrecht- und Anlagenrecht
Referat Energierecht Bearbeiter: Dr. Michael Wiespeiner Bei Antwortschreiben bitte |
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GZ: |
FA1F-15.03-17/2004-3 |
Bezug: |
BMWA-551.100/0082-IV/1/200
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Graz, am 19. Dezember 2007 |
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Ggst.: |
Energie-Legistik; leitungsgebundene Energien,
Ökostromgesetz; Novelle 2008, Begutachtungsverfahren, |
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Sehr geehrte Damen und Herren!
Zu dem mit do. Schreiben vom 23. November 2007, obige Zahl, übermittelten Entwurf eine Novelle 2008 zum Ökostromgesetz wird seitens des Landes Steiermark folgende Stellungnahme abgegeben:
(Internationale) Verpflichtungen
Der vorliegende Entwurf zur Novellierung des Ökostromgesetzes bringt keine wirksame Systemverbesserung für einen ambitionierten Ökostromausbau. Das Deckelungsprinzip wurde grundsätzlich beibehalten, obwohl sich gezeigt hat, dass seit In-Kraft-Treten des aktuellen Ökostromgesetzes – im Vergleich mit dem Ökostromgesetz 2002 – der Ausbau von Ökostromanlagen stark zurückging und teilweise völlig zum Erliegen kam.
Es ist nicht zu erwarten, dass mit diesem Entwurf wichtige Zielsetzungen von zentraler Bedeutung erreicht werden können; auf einzelne Ziele bzw. Verpflichtungen Österreichs sei an dieser Stelle mit Nachdruck hingewiesen:
- EU Richtlinie über erneuerbare Energieträger zur Stromerzeugung (2001/77/EG)
In § 4 Abs. 1 bezieht sich der Entwurf auf die seitens der EU in der Richtlinie 2001/77/EG verbindlich geforderten Zielwert von 78,1 % im Jahr 2010. Die Ausgestaltung des Gesetzesentwurfs lässt jedoch nur den Schluss zu, dass die Verantwortlichen die mehr als deutliche Kritik der Europäischen Kommission negieren, die Österreich bezüglich der Fortschritte bei der Ökostromerzeugung ein denkbar schlechtes Zeugnis ausstellt – weil de facto ein Rückgang der ursprünglich (im Bezugsjahr 1997) 70% Ökostrom auf nunmehr unter 60% zu verzeichnen ist!
Österreich muss seine Treibhausgasemissionen bis 2012 um 13% gegenüber 1990 reduzieren. Ende 2005 lagen die Emissionen 18% über denen von 1990.
Darin ist als Ziel die Erhöhung des Anteils der erneuerbaren Stromerzeugung auf 80% bis 2010, auf 85% bis 2020 festgeschrieben.
Das im § 4 Abs. 2 angeführte Ziel von zusätzlich 15% Ökostrom bis 2015 ist nicht ambitioniert und kann auch nicht zur Erreichung der angeführten Ökostromquote führen, zumal darin nun (weil nicht wie bisher explizit ausgenommen) auch Ablauge, Tiermehl, Klärschlamm, Abfälle etc. eingerechnet werden. Allenfalls darüber hinaus führende Teilziele wie die zusätzliche Errichtung von 700 MW Wasserkraft und 700 MW Windkraft sind kaum ambitionierter und zudem nur als „anzustreben“ angeführt; Ausbauziele z. B. für Fotovoltaik sind überhaupt nicht angegeben. Man darf aufgrund dieser Fakten demnach davon ausgehen, dass mit der geplanten Regelung ein Vertragsverletzungsverfahren unvermeidbar wird.
Positiv anzumerken ist, dass auf einige im Zusammenhang mit dem derzeit geltenden Ökostromgesetz (das gegenüber den während der Jahre 2003 und 2004 vorhandenen Regelungen eine bedeutende Schlechterstellung von Ökostromanlagen bewirkt hatte) entstandene Schwierigkeiten eingegangen wurde. So sind vorgesehen:
- eine Sonderunterstützung für Ökostromanlagen auf Basis von flüssiger Biomasse oder Biogas und bei besonderer Rohstoffabhängigkeit (allerdings dürfte die Begrenzung auf 2 Jahre und maximal 50% der Mehrkosten in vielen Fällen nicht ausreichen; es erscheint die Einzelfallprüfung durch die E-Control wenig praktikabel und unsicher),
- der Einschluss der Ökostromanlagen, die seit 31. 12. 2004 genehmigt oder innerhalb der in den vorangegangenen Verordnungen festgelegten Fristen fertig gestellt worden sind,
- eine teilweise Erhöhung der Laufzeiten, wobei die maximal möglichen 13 bzw. 15 Jahre nun vergleichbar mit international üblichen sind, und
- der Entfall der „Zählpunktpauschale“, die in vielen Fällen zu erheblichen Ungerechtigkeiten geführt hatte (hier ist anzumerken, dass im § 21a ein Verweis auf den nach Novellierung des Ökostromgesetzes nicht mehr existenten § 22a enthalten ist; die Verwendung der dort festgelegten Einnahmen aus der (wegfallenden) Zählpunktpauschale wären allenfalls in einer gesonderten Übergangbestimmung zu regeln).
Die Deckelung für energieintensive Unternehmen im § 22c mag zwar eine Besserstellung österreichischer Unternehmen vor allem gegenüber solchen in anderen Staaten darstellen, in denen erhöhte Einspeisetarife für Ökostromanlagen auch von diesen gleichermaßen mit getragen werden müssen, doch ist dies gleichbedeutend mit einer teilweisen Umlagerung der zusätzlichen Kosten auf Kleinverbraucher. Diese extrem ungleiche, sozial nicht vertretbare Verteilung der Kosten für die Ökostromförderung wird auf das Schärfste abgelehnt, dies insbesondere, weil der stetig wachsende Sektor der erneuerbaren Energieträger bereits jetzt erhebliche Wirtschaftsimpulse bewirkt, der vielen Branchen Wachstum und steigende Erlöse beschert. Im Gegensatz zu der vorgesehenen Begrenzung des von der Industrie zu tragenden Anteils der Beiträge sollte dieser vielmehr in Zukunft entsprechend dem Nutzen des Ökostromausbaus für die Wirtschaftsentwicklung angepasst werden.
Das ursprünglich vorhandene Ziel einer Anhebung des Anteils an Wasserkraft an der Ökostromerzeugung wurde nicht weiter verfolgt, obwohl gerade einem weiteren Ausbau der Wasserkraft in Österreich – auch unter Beachtung ökologischer Rahmenbedingungen – noch eine große Bedeutung zukommen könnte.
Nicht nachvollzogen werden kann, weshalb die Förderung der Kleinwasserkraft weitgehend auf eine Investitionsförderung umgestellt werden soll. Die Förderung der Errichtung und der Revitalisierung von Kleinwasserkraftwerken durch einen Investitionszuschuss „nach Maßgabe der zur Verfügung stehenden Mittel“ stellt in vielen Fällen eine Schlechterstellung gegenüber einem Einspeisetarif dar und führt dazu, dass weiterhin die Planungssicherheit fehlt und der mögliche weitere Ausbau der Wasserkraft in diesem Segment stagnieren dürfte. Unter diesem Gesichtspunkt erscheint auch die Einschränkung in § 12a Abs. 2 diskussionswürdig, wonach bei Gewährung eines Investitionszuschusses keine weitere Förderung – abgesehen aus dem Katastrophenfonds – in Anspruch genommen werden darf.
Mehr als fraglich ist auch, wie festgestellt werden soll, ob und in welchem Umfang „Biomasse ihrer stofflichen Nutzung“ bzw. „Nahrungs- und Futtermittel ihrem ursprünglichen Verwendungszweck entzogen werden“. Eine derartige Regelung muss zwangsläufig zu Konsequenzen in der Preisbestimmung nach sich ziehen, die in keiner Weise definiert sind, womit Konflikte vorprogrammiert sind. Diese Vorgabe ist nicht nachvollziehbar.
Darüber hinaus müssen Biomasseanlagen (feste Biomasse - vor allem Holz - und flüssige Biomasse) zum Erhalt der Einspeisetarife über die gesamte Laufzeit der erhöhten Tarife über Lieferverträge die Rohstoffbeschaffung nachweisen: In der Regel kommen Verträge über einen derartig langen Zeitraum nicht zustande, dieser Passus wird daher wohl für viele Projekte zum unüberwindlichen Hindernis werden. Darüber hinaus bleibt unklar, wie die Beweisführung der gesicherten Brennstofflieferungen im Zuge der bescheidmäßigen Anerkennung als Ökostromanlage zu erfolgen hat: So kann dieser Nachweis beispielsweise von Betreibern bzw. der Betreibergesellschaften von Biomasse-Anlagen durch Eigentumsnachweise genügend großer land- oder forstwirtschaftlich nutzbarer Grundstücke geführt werden; dabei würde aber der Nachweis der bloßen Eigentumsrechte nicht ausreichen, weil der Grund zu einem späteren Zeitpunkt verkauft oder belastet werden könnte. Hier zeichnet sich sowohl für die Anerkennungsbehörde als auch für die Antragsteller ein enormer Aufwand ab, so erfordert diese Bestimmung Gutachten über die für die Bringung des Rohstoffs für den entsprechenden Zeitraum notwendige Grundstücksfläche und gegebenenfalls grundbücherliche Belastungs- und Veräußerungsverbote (die nur mit Zustimmung der Behörde oder der OeMAG wieder gelöscht werden könnten). Derartige Regelungen entspringen vielleicht einem positiven Grundgedanken der Rohstoffsicherung, sind aber in der Praxis im Rahmen eines Anerkennungsverfahrens nach § 7 Ökostromgesetz nicht vollziehbar und lediglich geeignet, derartige Ökostromprojekte zu verhindern.
Das viel diskutierte Thema Ablauge wurde aufgegriffen. Ablauge wird zwar weiterhin nicht als Ökostrom über einen Einspeisetarif gefördert, wohl aber über Investitionszuschüsse (Verdoppelung der für Kraftwärmekopplungs-Anlagen vorgesehenen Investitionszuschüsse). Dazu ist anzumerken, dass eine Behandlung der Ablauge als „Ökostrom“ aufgrund der Rohstoffbasis zwar gerechtfertigt ist, daraus aber keinesfalls eine de facto-Senkung des Ökostromzieles resultieren darf (der Anteil der Ablauge darf nicht auf das ohnehin wenig ambitionierte Ökostromziel angerechnet werden) und bei der Anerkennung von Mehrkosten für die Stromerzeugung zu berücksichtigen ist, dass diese Mehrkosten in einigen Fällen nicht höher als bei anderen KWK-Anlagen sind, in diesen Fällen ist eine Sonderbehandlung der energetischen Verwertung von Ablauge dementsprechend abzulehnen. Darüber hinaus wird mit der erzeugten elektrischen Energie in der Regel Strombezug aus dem Netz substituiert, bei Berücksichtigung der steigenden Preise für die elektrische Energie werden derartige Investitionen in nächster Zukunft bereits rentabel sein und muss daher auf diese Entwicklung Bedacht genommen werden.
Der ebenfalls vielfach geäußerten Kritik zum Thema Fotovoltaik wurde nicht entsprochen: Weder wurde die einseitig und gegen den Willen der Länder vom Bund beschlossene 50prozentige Kofinanzierung durch die Länder geändert noch bzw. nur marginal die Einschränkung der Förderung von Fotovoltaik aus dem alten Förderregime (auf lediglich 17 MW Leistung für ganz Österreich).
Der Wegfall der Quoten zwischen den unterschiedlichen Technologien innerhalb des möglichen Fördervolumens ist ausdrücklich zu begrüßen – gerade deshalb ist jedoch die Festlegung einer maximale Quote von 12% für Fotovoltaik unverständlich, weil somit auch bei nicht vollständiger Ausnützung des möglichen Fördervolumens keine Möglichkeit besteht, die Fotovoltaik stärker auszubauen, obwohl Österreich beim Fotovoltaikausbau bereits weit hinter anderen Ländern zurückliegt. Fotovoltaik ist zwar vielfach kostenmäßig noch am wenigsten konkurrenzfähig, wird von internationalen Unternehmen wie Ölmultis und anderen dennoch als besonders zukunftsfähig, weil kaum ressourcenabhängig, eingestuft.
Die Verordnungsermächtigung, durch die eine Anhebung der Laufzeit der Tarife (bei rohstoffabhängigen Anlagen auf 15 Jahre und bei den anderen auf 13 Jahre) ermöglicht wird, dürfte bei der festgeschriebenen kontinuierlichen Reduktion der Einspeisetarife in vielen Fällen auch weiterhin nicht zu kostendeckenden Tarifen führen, auch wenn zukünftig durch Verordnung bei rohstoffabhängigen Anlagen Preissteigerungen bei Rohstoffen zu 50% abgegolten werden können. Kostenentwicklungen z. B. bei Anlagentechnik (steigende Materialpreise, Einhaltung verschärfter Umweltauflagen, etc.) oder auch zunehmend höhere Erschließungskosten – etwa bei Windkraftanlagen – können nach dem vorliegenden Entwurf ebenfalls nicht in die Tarifgestaltung einfließen.
Besonders hingewiesen sei auch auf das völlige Fehlen einer Technologieentwicklungskomponente und regionalpolitischer Aspekte. Zwar wird im § 4 Abs. 1 auf die technologische Schwerpunktsetzung als Ziel hingewiesen, doch widerspricht dem die Festlegung von Teilzielen (Schwerpunkte Wasserkraft und Windkraft). Das österreichische Know how bei der Biomasse- und Biogasnutzung, das weltweit als führend angesehen wird, wird dabei negiert. Gerade die Unterstützung der Weiterentwicklung in Österreich vorhandener Technologien und (infolge dessen) deren internationale Vermarktung wäre eine wirtschaftspolitische Kernaufgabe eines Ökostromgesetzes; die Voraussetzungen wären dafür vorhanden, wie der (derzeit noch) ausgezeichnete Ruf Österreichs eindrucksvoll beweist. Nicht umsonst wird immer wieder darauf hingewiesen, welche positive Rolle Ökostromanlagen z. B. in der Bundesrepublik Deutschland mittlerweile auch beschäftigungspolitisch und als Exportfaktor einnehmen.
Besonders kritisch anzumerken ist auch, dass die Bundesländer weiterhin von dem Entscheidungsprozess zur Festlegung der Vergütungen ausgeschlossen sind (die Bundesländer hatten die sehr erfolgreichen Regelungen der Jahre 2003 und 2004 mit gestaltet), obwohl die FachexpertInnen der Bundesländer auf umfangreiche Erfahrungen aus der Praxis zurückgreifen können, da die Ökostromanlagen naturgemäß in den Bundesländern betrieben werden und nicht von der E-Control oder einem Ministerium. Auch ist das Ökostromgesetz im vorliegenden Entwurf nicht übersichtlich und in vielen Details nur schwer nachvollziehbar.
Abschließend sei angemerkt, dass alleine schon die geplante Anhebung des jährlichen Unterstützungsvolumens von derzeit 17 auf lediglich 21 Mio. Euro für den Zeitraum von 2008 bis 2011 deutlich macht, dass seitens der zuständigen Ministerien das gegenüber der EU kontrahierte Ökostromziel nicht ernst genommen wird oder die aus dem vorliegenden Entwurf möglichen Optionen völlig falsch eingeschätzt werden, entgegen den Meinungen renommierter Fachleute wie z. B. der des Energieinstitutes der Johannes Kepler Universität in Linz, des ehemaligen EU-Kommissars Franz Fischler und der Kommission der Europäischen Union, die bereits mehrfach darauf hin gewiesen hatte, dass mit den geltenden Ökostromregelungen in Österreich die vorgegebenen Ziele nicht erreichbar sind.
Eine Novelle zum Ökostromgesetz in der im Entwurf vorliegenden Form wird daher abgelehnt.
Dem Präsidium des Nationalrates werden unter einem 25 Abdrucke dieser Stellungnahme zugeleitet. Eine weitere Ausfertigung ergeht an die E-Mail Adresse begutachtungsverfahren@parlament.gv.at.
Mit freundlichen Grüßen
Für die Steiermärkische Landesregierung
Der Landesamtsdirektor
(Dr. Gerhard Ofner))