Bundesministerium für

Wirtschaft und Arbeit

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1015 Wien

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ZAHL

DATUM

CHIEMSEEHOF

2001-BG-44/139-2007

14.1.2008

* POSTFACH 527, 5010 SALZBURG

 

 

landeslegistik@salzburg.gv.at

 

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2164

TEL  (0662) 8042 -

2290

 

 

Herr Mag. Feichtenschlager

 

BETREFF

Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Ökostromgesetz geändert wird; Stellungnahme

Bezug: Zl BMWA-551.100/0082-IV/1/2007

 

 

                                                                      

 

Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Zu dem im Gegenstand bezeichneten Gesetzentwurf gibt das Amt der Salzburger Landesregierung folgende Stellungnahme bekannt:

 

1. Den Erläuterungen folgend stellt sich die Forcierung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen als eine Maßnahme dar, der aus Gründen der Sicherheit und Diversifizierung der Energieversorgung, des Umweltschutzes, der Erhaltung einer intakten Umwelt und des sozialen und wirtschaftlichen Zusammenhalts höchste Priorität zukommt. Die Richtlinie 2001/77/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. September 2001 zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen im Elektrizitätsbinnenmarkt (im Folgenden als „Richtlinie 2001/77/EG“ bezeichnet), das Kyoto-Protokoll und das Regierungsprogramm für die XXIII. Gesetzgebungsperiode legen sowohl die Rahmenbedingungen als auch die Ziele der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen fest:  


• Die Richtlinie 2001/77/EG hat zum Ziel, den Anteil der erneuerbaren Energie von 12,9 % im Jahr 1997 auf 21 % im Jahr 2010 zu erhöhen. In Österreich muss dieser Anteil von 70 % auf 78,1 % steigen. Im Jahr 2006 betrug dieser Anteil in Österreich dagegen nur 57 %.

• Gemäß dem Kyoto-Protokoll muss Österreich seine Treibhausgasemissionen bis 2010 um 13 % gegenüber dem Stand von 1990 reduzieren. Ende 2005 lagen die Emissionen dagegen um 18 % über jenen des Jahres 1990.

•  Das Regierungsprogramm für die XXIII. Gesetzgebungsperiode sieht eine Erhöhung des Anteils der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen auf 80 % bis zum Jahr 2010 und auf 85 % bis zum Jahr 2020 vor.

2. Eine zusammenfassende Bewertung des geplanten Vorhabens ergibt, dass dieses nicht erkennen lässt, dass diese (nationalen) Ziele auch nur ansatzweise erreicht werden können. Gemäß dem von der Ökostromabwicklungsstelle in der Sitzung des Elektrizitätsbeirates am 11. Dezember 2007 vorgelegten Bericht wurde das für 2007 zur Verfügung stehende Finanzvolumen zur Förderung von Ökostromanlagen (mit Ausnahme der Photovoltaik) nur zu etwa 10 % ausgeschöpft. Umgekehrt bedeutet das aber, dass 90 % der Mittel für Wind- und Biomasseenergie nicht ausgenutzt wurden. Aus fachlicher Sicht werden durch das geplante Vorhaben die negativen Entwicklungen für die Ökostrombranche nur fortgeschrieben. Es fehlen die Anreize für die Errichtung von neuen Ökostromanlagen – im Gegenteil: Es besteht die Gefahr, dass die von der Entwicklung der Brennstoffkosten abhängigen Anlagen die Erzeugung von Ökostrom überhaupt einstellen werden.

Das geplante Vorhaben wird daher (trotz der im Pkt 2.2 angeführten Inhalte des geplanten Vorhabens, die durchwegs als positiv bewertet werden) abgelehnt.

2.1. Die ablehnende Haltung des Landes Salzburg gegenüber dem geplanten Vorhaben ist vor allem in folgenden Punkten begründet:

• Biomasseanlagen müssen die Rohstoffbeschaffung über die gesamte Förderlaufzeit durch den Abschluss von Lieferverträgen nachweisen, um einen Einspeisetarif zu erhalten. Das ist nicht nur praktisch unmöglich, sondern es ist auch unter wirtschaftlichen Gesichtpunkten bedenklich, eine derart lange Verpflichtung des Anlagebetreibers zu fordern.

• Die Beibehaltung der Mitfinanzierung der Photovoltaik durch die Länder (50% des Tarifs) ist willkürlich und wird entschieden abgelehnt. Sie bewirkt einen hohen Verwaltungsaufwand bei der OeM-AG, den Ländern und den Betreibern. Das Volumen ist im Vergleich zu den anderen Ökostromanlagen dagegen eher gering.

• Die automatische Tarifdegression wurde zwar hinsichtlich des rohstoffabhängigen Teiles etwas gelockert, wird aber trotzdem beibehalten.

• Nicht nachvollzogen werden kann, warum die Förderung der Kleinwasserkraft weitgehend auf eine Investitionsförderung umgestellt wird.

• Im Übrigen ist das geplante Vorhaben komplex und schwierig; seine Inhalte können den (potentiellen) Förderungswerbern auch von Fachleuten nur mehr schwer vermittelt werden.

2.2. Ungeachtet der grundsätzlich ablehnenden Haltung des Landes Salzburg gegenüber dem geplanten Vorhaben werden die folgenden Inhalte doch als positiv bewertet:

• Die Laufzeit der Tarife kann bei rohstoffabhängigen Anlagen auf 15 Jahre, bei anderen Anlagen auf 13 Jahre ausgedehnt werden. Kritisch anzumerken ist in diesem Zusammenhang jedoch, dass die Tarifdegression einer Kostendeckung entgegen stehen wird.

• Die Technologiequoten für Wind, feste Biomasse und Biogas (jeweils 30%) innerhalb des möglichen Fördervolumens entfallen.

• Die Möglichkeit der Gewährung einer Sonderunterstützung für Biomasseanlagen, die auf Grund der steigenden Rohstoffpreise in wirtschaftliche Schwierigkeiten gekommen sind, ist an sich als positiv zu bewerten. Die aufwendige und unsichere Einzelfallprüfung durch die E-Control, die Befristung der Laufzeit der Sonderunterstützung auf 2 Jahre und ihre betragsmäßige Deckelung mit höchstens 50 % der Preissteigerungen gemäß dem geplanten § 11a Abs 3 sind in diesem Zusammenhang jedoch als negativ zu beurteilen.

2.3. Die Verknüpfung der Ziele, den Einsatz erneuerbarer Energien zu forcieren und dabei einen Beitrag zur Reduktion von Treibhausgasen zu leisten, wird begrüßt.

Allerdings: Der Einsatz von erneuerbaren Energien ist im Allgemeinen verbrennungstechnisch wesentlich schwieriger zu handhaben als etwa der Einsatz von Gas oder anderen definierten herkömmlichen Brennstoffen. Die Emissionen derartiger Anlagen können einen erheblichen Beitrag zur Staub- und Stickstoffdioxidproblematik leisten. Im Ökostromgesetz sollten daher neben dem Ziel einer Forcierung des Einsatzes von erneuerbarer Energie auch klare(re) Rahmenbedingungen im Interesse des Umweltschutzes festgelegt werden. Dazu zählen etwa:

• Die Erhöhung des Brennstoffnutzungsgrades: Der Mindestwirkungsgrad von 60 % führt dazu, dass Anlagen auch stromgeführt betrieben werden. Ist eine Nutzung der Abwärme nicht möglich, werden nur sehr geringe Wirkungsgrade erzielt. Dadurch wird ein erheblicher Teil der Energie verschwendet. Ziel muss sein, dass Ökostromanlagen wärmegeführt betrieben werden und dementsprechend auch eine bestmögliche Abwärmenutzung stattfindet.

• Eine Vergütungs- und Kontrahierungspflicht von Anlagen besteht nicht, wenn diese keine Maßnahmen zur Vermeidung von Feinstaub aufweisen. Eine präzisierende Aussage dazu fehlt jedoch. Für das Vorliegen einer Vergütungs- und Kontrahierungspflicht sollten daher klare Rahmenbedingungen („Luftreinhaltebedingungen“) festgelegt werden, etwa durch die (gesetzliche) Festlegung von bestimmten Grenzwerten oder zumindest durch ein Abstellen auf den „Stand der bestmöglichen Technik“.

• Der Einsatz von erneuerbarer Energie bedeutet nicht zwangsläufig, dass in jedem Fall auch eine hochwertige Reduktion von Treibhausgasen stattfindet. Holz aus nachhaltiger Forstwirtschaft stellt etwa einen Brennstoff dar, der eine hohe Einsparungsrate für Kohlendioxid und damit einen nur geringen treibhauswirksamen CO2-Ausstoß produziert. Biokraftstoffe auf Alkoholbasis sind dagegen deutlich schlechter zu bewerten. Auch Importwaren aus Ländern der Dritten Welt können eine äußerst kritische Gesamtenergiebilanz aufweisen und (neben sozialen Problemen) das Ziel der Einsparung von treibhauswirksamen Kohlendioxidausstoß deutlich verfehlen.

 

3. Der Salzburger Landtag hat sich in seiner Sitzung am 12. Dezember 2007 (Nr 210 der Beilagen, 5. Sess der 13. GP) mit Fragen des Ökostromgesetzes befasst und dabei einstimmig den folgenden Beschluss gefasst:

„Die Landesregierung wird ersucht, an die Bundesregierung mit dem Ersuchen heranzutreten, das Ökostromgesetz auf ein erneuerbares Energiegesetz so zu ändern, dass an ökologisch verträglichen Standorten wirtschaftlich sinnvolle alternative Energieerzeugungsformen rentabel betrieben werden können.“

Es wird ersucht, bei der aus der Sicht des Landes Salzburg sicher notwendigen neuerlichen Überarbeitung des geplanten Vorhabens auch der zitierten Entschließung des Salzburger Landtages Rechnung zu tragen.

 

Gleichschriften dieser Stellungnahme ergehen ue an die Verbindungsstelle der Bundesländer, an die übrigen Ämter der Landesregierungen, an das Präsidium des Nationalrates und an das Präsidium des Bundesrates.

 

Mit freundlichen Grüßen

Für die Landesregierung:

Dr. Heinrich Christian Marckhgott

Landesamtsdirektor


 

 

Ergeht nachrichtlich an:

1. – 8. E-Mail an: Alle Ämter der Landesregierungen

9.       E-Mail an: Verbindungsstelle der Bundesländer vst@vst.gv.at

10.     E-Mail an: Präsidium des Nationalrates begutachtungsverfahren@parlinkom.gv.at

11.     E-Mail an: Präsidium des Bundesrates peter.michels@parlament.gv.at

12.     E-Mail an: Bundeskanzleramt vpost@bka.gv.at

13.     E-Mail an: Institut für Föderalismus institut@foederalismus.at

14.     E-Mail an: Abteilung 15 zu do Zl 21503-Ökostromgesetz-2007

16.     E-Mail an: Abteilung 16 zu do Zl 216-01/1121/23-2007

 

zur gefl Kenntnis.