An das

GZ ● BKA-603.303/0001-V/7/2007

Abteilungsmail v@bka.gv.at

bearbeiter MMag Josef BAUER

Pers. E-mail josef.bauer@bka.gv.at

Telefon 01/53115/2219

Ihr Zeichen BMF-090102/0002-III/5/2007

 

Bundesministerium für Finanzen

Abteilung III/5

 

Mit E-Mail: e-recht@bmf.gv.at

 

Antwort bitte unter Anführung der GZ an die Abteilungsmail

 

 

 

Betrifft:  Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Investmentfondsgesetz, das Immobilien-Investmentfondsgesetz und das Kapitalmarktgesetz geändert werden;

Begutachtung; Stellungnahme

 

 

Das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst nimmt zum Gesetzesentwurf samt Beilagen wie folgt Stellung:

I. Allgemeines:

Zu legistischen Fragen darf allgemein auf die Internet-Adresse http://www.bundeskanzleramt.at/legistik hingewiesen werden, unter der insbesondere

·      die Legistischen Richtlinien 1990 (im Folgenden zitiert mit „LRL …“),

·      das EU-Addendum zu den Legistischen Richtlinien 1990 (im Folgenden zitiert mit „RZ .. des EU-Addendums“),

·      der ‑ für die Gestaltung von Erläuterungen weiterhin maßgebliche ‑ Teil IV der Legistischen Richtlinien 1979 und

·      verschiedene, legistische Fragen betreffende Rundschreiben des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst

zugänglich sind.

Die Gemeinschaftsrechtskonformität des im Entwurf vorliegenden Bundesgesetzes ist vornehmlich vom do. Bundesministerium zu beurteilen.

II. Zum Gesetzesentwurf:

Zum Titel der Sammelnovelle:

Im Titel der Sammelnovelle sollten alle Bundesgesetze angeführt werden, die geändert werden sollen (LRL 128). Er sollte daher lauten: „Bundesgesetz, mit dem das Investmentfondsgesetz, das Immobilien-Investmentfondsgesetz und das Kapitalmarktgesetz geändert werden“.

Zum Umsetzungshinweis:

Der Hinweis auf die Umsetzung des Gemeinschaftsrechts sollte nicht als selbständiger Novellenartikel gestaltet werden (LRL 66), nicht zuletzt im Hinblick auf die mit ihrer Dokumentation im Rechtsinformationssystem des Bundes zwangsläufig verbundenen Unzukömmlichkeiten. Der Hinweis sollte in die betroffenen Gesetze integriert werden.

Zur sprachlichen Gestaltung:

Allgemein wird auf RZ 35 und 36 EU-Addendum verwiesen, wonach die Umsetzung einer Richtlinie so erfolgen sollte, dass sie sich in begrifflicher und systematischer Hinsicht so weit wie möglich in die übrige innerstaatliche Rechtsordnung einfügt. Der österreichischen Gesetzessprache sollte der Vorzug eingeräumt werden, soweit der Richtlinieninhalt mit deren Hilfe ebenfalls korrekt ausgedrückt werden kann. Aus Gründen der Rechtsklarheit sollte die Umsetzung auch so erfolgen, dass ein Rückgriff auf die Richtlinie selbst entbehrlich wird.

Fremdwörter, für die ein treffender deutscher Ausdruck zur Verfügung steht, sollten vermieden werden (LRL 32; z.B. anstelle von „Internet-Website“ oder „Internet-Homepage“: „Internet-Seite“ (vgl. etwa den geltenden § 10 Abs. 3 Z 3 KMG)).

Wenn auf andere Rechtsvorschriften verwiesen wird, wären die Verweise so zu ge­stalten, dass ihr Grundgedanke ohne Nachschlagen der verwiesenen Norm verstanden werden kann (vgl. LRL 56; z.B. § 1a Abs. 2 Z 8: "… beeinträchtigt nicht die Fähigkeit zur Einhaltung von § 10 Abs. 2" leichter verständlich wäre etwa: "beeinträchtigt nicht die Fähigkeit zur Auszahlung der Anteile [gemäß § 10 Abs. 2]“).

Kettenverweisungen sollten möglichst vermieden werden (LRL 55).

Auch eine „sinngemäße“ Anwendung der verwiesenen Bestimmungen sollte nicht angeordnet werden (LRL 59: es ist entweder uneingeschränkt auf die anderen Rechtsvorschriften zu verweisen, oder aber anzugeben, mit welcher Maßgabe sie angewendet werden sollen).

Bei Aufzählungen wäre auch auf eine sprachlich flüssige Struktur zu achten. Z.B. wird § 1a Abs. 2 InvFG mit „Im Sinne dieses Bundesgesetz sind:“ eingeleitet. Die geplante Fortsetzung in Z 8 mit: „Wertpapiere … haben dabei jedenfalls folgende Kriterien zu erfüllen“ durchbricht allerdings diese Struktur. Es sollte erwogen werden, die Z 8 und 9 etwa als eigenständige Absätze 3 und 4 zu gestalten.

Ermessen, Verordnungsermächtigungen:

An einigen Stellen wird die mehrdeutige Formulierung „kann“ verwendet. Nach LRL 34 sollte das Wort „können“ nur verwendet werden, wenn einer Behörde ein Ermessen eingeräumt werden soll. Handlungs- oder Unterlassungspflichten sollten dagegen eindeutig z.B. mit „müssen“ oder „dürfen nicht“ umschrieben werden. Soll Ermessen eingeräumt werden, sollten die Ermessensrichtlinien bereits im Gesetz ausdrücklich angeführt werden (LRL 85).

Bei den Verordnungsermächtigungen für die FMA (insb. § 1a Abs. 3 und § 20 Abs. 9) sollte geprüft werden, ob sie näher determiniert werden können, zumal mitunter auf Bestimmungen der Richtlinie 2007/16/EG verwiesen wird, die offenbar inhaltlich nicht über den Gesetzestext hinausgehen.

Zur formalen Gestaltung:

Insbesondere zum geplanten § 1a Abs. 3 Z 3 InvFG ist aufgefallen, dass bei Verweisungen im Rechtstext der Ausdruck „Richtlinie“ ausgeschrieben und die Gliederungseinheiten  abgekürzt werden sollten (ähnlich in § 14 Abs. 2). Bei Verweisen auf österreichische Rechtsnormen wäre auch einheitlich der Ausdruck „lit.“ zu verwenden. Die Gliederungsbezeichnung „Buchstabe“ ist dagegen bei Verweisen auf Gemeinschaftsrecht gebräuchlich.

Zu einzelnen Bestimmungen:

Zu § 1a InvFG:

Die aus der Richtlinie weitestgehend wortwörtlich übernommenen Formulierungen erscheinen auch auf Grund ihrer Länge eher schwer verständlich. Eine Vereinfachung des Wortlauts sollte geprüft werden. Bei der Wendung „es sei denn, dem Kapitalanlagefonds liegen Informationen vor, die zu einer anderen Festlegung führen würden“ sollte geprüft werden, ob es nicht passender erschiene, auf Informationen abzustellen, die der Kapitalanlagegesellschaft vorliegen.

Auf die Hinweise oben zur sprachlichen und formalen Gestaltung und zu den Verordnungsermächtigungen darf verwiesen werden.

Zu § 18 InvFG:

Es wird angeregt zu prüfen, ob die Verweisungen leichter verständlich gefasst werden könnten.

Zu § 19 InvFG:

Die vorgeschlagene Novellierungsanordnung 15 sollte im Interesse einer einheitlichen legistischen Praxis lauten: „§ 19 erhält die Bezeichnung (1); folgender Abs. 2 wird angefügt:“. Im Übrigen wäre anstelle des allerdings auch bereits im geltenden Gesetzestext verwendeten Ausdrucks „EWR-Mitgliedstaat“ der Ausdruck „EWR-Vertragsstaat“ präziser (der EWR ist keine Internationale Organisation und hat daher streng genommen keine Mitglieder).

Zu § 21 Abs. 1b InvFG:

Im Sinne der bereits oben zitierten LRL 34 wäre zu prüfen, den Ausdruck „können nicht … erworben werden“ durch „dürfen nicht … erworben werden“ zu ersetzen.

Zu § 32a InvFG:

Der geplante § 32a Abs. 2 letzter Satz InvFG erscheint etwas missverständlich. Die Art. 6a Abs. 3 der OGAW-Richtlinie nachgebildete Anordnung: „Im Falle des erstmaligen Tätigwerdens einer Verwaltungsgesellschaft in Österreich im Rahmen des freien Dienstleistungsverkehrs übermittelt die zuständige Behörde des Herkunftsmitgliedstaates der FMA die Angabe, dass die Verwaltungsgesellschaft beabsichtigt in Österreich im Rahmen des freien Dienstleistungsverkehrs tätig zu werden, so wie die Angaben nach Z 2 (jedoch ohne Angaben über die Organisationsstruktur) und 5" könnte wohl auch weggelassen werden. Eine solche Verpflichtung der Behörde des Herkunftsmitgliedstaats ergibt sich (nur) aus dem jeweiligen Recht des Herkunftsmitgliedstaates, das in Umsetzung des Gemeinschaftsrechts ergangen ist. Im Übrigen dürfte auch das WAG 2007, an dem sich nach den Erläuterungen die Neufassung orientiert, keine derartige Anordnung enthalten. In § 12 Abs. 2 WAG 2007 wird offenbar nur auf die Tatsache abgestellt, dass die zuständige Behörde des Herkunftsmitgliedstaates der FMA alle Angaben übermittelt hat.

Zum geplanten § 32a Abs. 3 ist weiters aufgefallen, dass die Verweisung auf „§§ 33 ff dieses Bundesgesetzes“ weiter präzisiert werden soll. Die verwiesenen Bestimmungen sollten genau abgegrenzt, und nicht nur mit „ff“ angedeutet werden.

Im Interesse der Übersichtlichkeit könnte auch erwogen werden, die Anordnungen zur Niederlassungsfreiheit und zum Dienstleistungsverkehr in unterschiedliche Absätze zu gliedern.

Zu § 37 Abs. 4 InvFG:

Es sollte geprüft werden, ob die Voraussetzungen, unter denen die FMA eine Verlängerung des Zeitraumes der Verpflichtungen aus dem öffentlichen Betrieb anordnen können soll, näher bestimmt werden können. Gegebenenfalls sollte auch eine gesetzliche Höchstdauer erwogen werden.

Zu § 43 InvFG:

Der Ausdruck „§ 43.“ ist nicht Teil der Gliederungseinheit Abs. 1, auf die sich die Novellierungsanordnung 44 bezieht, und wäre daher zu streichen.

Zu § 47 InvFG:

Zum geplanten § 47 Abs. 6 ist aufgefallen, dass die Wendung "vor dem In-Kraft-Treten von BGBl. …" auch eine Angabe der Normenkategorie enthalten sollte „vor dem In-Kraft-Treten des Bundesgesetzes BGBl. …". In Interesse einer einfacheren Rechtsanwendung sollte aber wohl gleich das genaue Datum genannt werden: „vor dem 23. Juli 2008".

Zum geplanten § 47 Abs. 7 sollte erwogen werden, eine allgemeiner gehaltene Ermächtigung zur vorzeitigen Verordnungserlassung aufzunehmen (nicht nur auf Grund „des Bundesgesetzes BGBl. …“). Sie könnte dem Muster folgen: "Verordnungen auf Grund dieses Bundesgesetzes in seiner jeweiligen Fassung dürfen bereits von dem Tag an erlassen werden, der der Kundmachung des durchzuführenden Bundesgesetzes folgt; [sie dürfen jedoch nicht vor den durchzuführenden Gesetzesbestimmungen in Kraft treten]." Da § 47 mit "Übergangsbestimmungen" überschrieben ist, wird empfohlen, für eine derartige Ermächtigung einen eigenen Paragrafen mit der Überschrift „Vorbereitung der Vollziehung" vorzusehen.

Zu § 49 InvFG:

Im Interesse einer einheitlichen legistischen Praxis wird angeregt, in § 49 Abs. 21 die Wendung „der Entfall von § … tritt in Kraft" zu vermeiden; besser wäre eine Formulierung wie z.B.: „[tritt … in Kraft]; zugleich treten § 4 Abs. 6 und 7 sowie § 39a Abs. 4 außer Kraft."

Zu Artikel 4 (Änderung des Kapitalmarktgesetzes):

Zum Einleitungssatz ist aufgefallen, dass der (amtliche) Kurztitel des Kapitalanlagegesetzes keine Jahreszahl trägt. Weiters sollte die Novellierungsanordnung nach dem Muster „… wird … eingefügt“ formuliert werden.

 

III. Zu Vorblatt, Erläuterungen und Textgegenüberstellung:

Zum Allgemeinen Teil der Erläuterungen:

Als Angabe der Kompetenzgrundlage(n) genügt nicht die jeweilige, mehrere Kompetenztatbestände umfassende Ziffer des Art. 10 Abs. 1 B‑VG, vielmehr ist auch der Wortlaut des in Anspruch genommenen Kompetenztatbestandes zu nennen (Legistische Richtlinien 1979, Pkt. 94).

Im Allgemeinen Teil der Erläuterungen wäre auch zusammengefasst und (für Zwecke der Gestaltung des Stirnbalkens im Bundesgesetzblatt) unter Angabe der CELEX-Nummer anzugeben, welche Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaften durch das im Entwurf vorliegende Bundesgesetz umgesetzt werden sollen (vgl. das Rundschreiben des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst vom 10. Juni 1992, GZ 671.804/10-V/8/92).

2. Zum Besonderen Teil der Erläuterungen:

Die Überschriften im Besonderen Teil der Erläuterungen hätten dem Muster „Zu Z 1 (§ 25 Abs. 3 bis 5):“ zu folgen (Legistische Richtlinien 1979, Pkt. 93).

Die Erläuterungen zu einer Anzahl von Bestimmungen bestehen aus Hinweisen auf die Umsetzung von Richtlinienbestimmungen. Es wird angeregt, diese Hinweise auch inhaltlich näher auszuführen.


Diese Stellungnahme wird im Sinne der Entschließung des Nationalrates vom 6. Juli 1961 u.e. auch dem Präsidium des Nationalrats zur Kenntnis gebracht.

 

7. Jänner 2008

Für den Bundeskanzler:

Georg LIENBACHER

 

 

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