An das

GZ ● BKA-600.728/0001-V/5/2007

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bearbeiterin Dr Brigitte OHMS

Pers. E-mail brigitte.ohms@bka.gv.at

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Ihr Zeichen BMWA-551.100/0093-IV/1/2007

 

Bundesministerium für

Wirtschaft und Arbeit

 

1010 Wien

 

mit E-Mail: post@IV1.bmwa.gv.at

 

Antwort bitte unter Anführung der GZ an die Abteilungsmail

 

 

 

Betrifft:  Entwurf eines Sicherstellung der Öl- und Erdgasversorgung-Ermächtigungsgesetzes;

Begutachtung; Stellungnahme

 

 

Zum mit der do. oz. Note übermittelten Gesetzesentwurf samt Beilagen nimmt das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst wie folgt Stellung:

I. Allgemeines:

Die Gemeinschaftsrechtskonformität des im Entwurf vorliegenden Bundesgesetzes ist vornehmlich vom do. Bundesministerium zu beurteilen.

II. Zum Gesetzesentwurf:

Gemäß Art. 65 Abs. 1 B-VG schließt der Bundespräsident die Staatsverträge ab. Gemäß Art. 66 Abs. 2 B-VG kann der Bundespräsident zum Abschluss bestimmter Kategorien von Staatsverträgen die Bundesregierung oder die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung ermächtigen. Von dieser Ermächtigung hat der Bundespräsident mit Entschließung vom 31. Dezember 1920, BGBl. Nr. 49/1921, Gebrauch gemacht. Gemäß dieser Entschließung dürfen Staatsverträge, die nicht gemäß Art. 50 B-VG der Genehmigung des Nationalrates bedürfen, insofern solche Verträge nicht die ausdrückliche Bezeichnung als Staatsverträge führen oder der Vertragsabschluss nicht durch Austausch von Ratifikationsurkunden erfolgt, von der Bundesregierung abgeschlossen werden, soweit solche Verträge in der Form von Regierungsübereinkommen abgeschlossen werden, bzw. vom zuständigen Bundesminister im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Äußeres, soweit solche Verträge in Form von Ressortübereinkommen abgeschlossen werden.

 

Die Zuständigkeit zum Abschluss von Staatsverträgen ergibt sich aus Art. 65 B-VG iVm. Art. 66 Abs. 2 B-VG bzw. der auf dieser Grundlage ergangenen Entschließung des Bundespräsidenten. Bei dieser Entschließung handelt es sich um eine sogenannte „gesetzesvertretende Verordnung“ (vgl. beispielsweise Aichlreiter, Österreichisches Verordnungsrecht, Bd. 2, 1988, 960). Wesen einer gesetzesvertretenden Verordnung ist es, dass es in diesem Fall dem Verordnungsgeber zukommt, anstelle des Gesetzes Recht zu setzen. Auf diesem Gebiet ist also die Rechtserzeugung ausnahmsweise der Verordnungsform vorbehalten (vgl. Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Grundriss des Österreichischen Bundesverfassungsrechts 10, 2007, Rz 225; auf den konkreten Fall bezogen Posch, Regierungsübereinkommen ‑ Ressortübereinkommen ‑ Verwaltungsübereinkommen, ZÖR 1983, 213). Die Kompetenz zu regeln, wem das Recht zum Abschluss von Staatsverträgen zukommt, liegt daher allein beim Bundespräsidenten, der diese Kompetenz auf Vorschlag der Bundesregierung im Rahmen des Art. 66 Abs. 2 B-VG ausüben kann. Dem (einfachen) Gesetzgeber kommt in diesem Bereich keine Kompetenz zu.

 

Auf den vorliegenden Entwurf bezogen, kann daher ein einfaches Bundesgesetz in verfassungskonformer Weise nur an die durch Art. 65f B‑VG sowie die Entschließung des Bundespräsidenten getroffene Zuständigkeitsverteilung anknüpfen und die iSd. Art. 18 B-VG erforderlichen gesetzlichen Rahmenbedingungen für verordnungsrangige völkerrechtliche Abkommen schaffen.

 

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass auch die Erläuterungen keine Aussage darüber zulassen, welchen Inhalt solche Abkommen tatsächlich aufweisen sollen; vielmehr halten die Erläuterungen bloß fest, dass das Nabucco-Projekt „und vergleichbare Projekte“ („grenzüberschreitende Erdgasfernleitungen mit gesamteuropäische Bedeutung“) abgesichert werden sollen.

 

Als Beispiele für verfassungskonforme Lösungen in Form anknüpfender Bestimmungen darf etwa auf § 14 InfoSiG, § 18 Polizeikooperationsgesetz, § 25 MBG, § 4 Truppenaufenthaltsgesetz oder §§ 17, 19, 30, 49, 108 FPG hingewiesen werden.

 

Vor diesem Hintergrund erscheint auch der Titel des geplanten Gesetzes irreführend, da nicht die Öl- und Ergasversorgung als solche, sondern lediglich die Investitionen für für (Öl- und) Erdgaslieferungen aus einer bestimmten Region erforderlichen Leitungen abgesichert werden sollen.

III. Zu Vorblatt, Erläuterungen und Textgegenüberstellung:

Das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst weist auf sein Rundschreiben vom 6. November 2007, GZ 600.824/0005-V/2/2007 – betreffend Legistik und Begutachtungsverfahren; Vorblatt und Erläuterungen; Darstellung der Auswirkungen von Rechtssetzungsvorhaben ‑ hin, in denen insbesondere um eine detailliertere Strukturierung der Darstellung der Auswirkungen von Rechtssetzungsvorhaben im Vorblatt ersucht wurde.

1. Zum Vorblatt:

Wie dem Rundschreiben des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst vom 6. November 2007, GZ 600.824/0005-V/2/2007 ‑ betreffend: Legistik und Begutachtungsverfahren; Auswirkungen von Rechtssetzungsvorhaben auf die Beschäftigungslage in Österreich und auf den Wirtschaftsstandort Österreich; Gestaltung von Vorblatt und Erläuterungen – (Pkt. 6.1. ua.) zu entnehmen ist, dient das Vorblatt einer raschen Orientierungsmöglichkeit und sollte daher nur eine Seite und keinesfalls mehr als zwei Seiten umfassen. Die in das Vorblatt aufzunehmenden Informationen sollten zusammenfassenden Charakter haben. Die Darstellung von Einzelheiten sollte dem Allgemeinen Teil der Erläuterungen sowie allenfalls den dafür vorgesehenen Anlagen zu den Erläuterungen vorbehalten bleiben.

Der Abschnitt „Verhältnis zu den Rechtsvorschriften der Europäischen Union“ hätte gemäß dem Rundschreiben des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst vom 6. März 2001, GZ BKA-600.824/0011-V/2/01, – betreffend Legistik und Begutachtungsverfahren; Umsetzung gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften; Gestaltung von Vorblatt und Erläuterungen – spezifischere Aussagen zu enthalten. Das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst erlaubt sich darauf hinzuweisen, dass die Ernennung eines EU-Koordinators als solche noch keine Aussage darüber zulässt, dass das in Aussicht genommene Abkommen nicht in Widerspruch zu Gemeinschaftsrecht steht. Weiters ist die Frage ungeklärt, inwieweit sich das Abkommen auf Meistbegünstigungsklauseln in von Österreich bereits abgeschlossenen Investitionsschutzabkommen auswirkt.

2. Zu den Erläuterungen:

Die Erläuterungen wären in einen Allgemeinen und in einen Besonderen Teil zu gliedern. Im Allgemeinen Teil der Erläuterungen wäre auch anzugeben, worauf sich die Zuständigkeit des Bundes zur Erlassung der vorgeschlagenen Neuregelungen gründet (Legistische Richtlinien 1979, Pkt. 94).

Als Angabe der Kompetenzgrundlage(n) genügt nicht die jeweilige, mehrere Kompetenztatbestände umfassende Ziffer des Art. 10 Abs. 1 B‑VG, vielmehr ist auch der Wortlaut des in Anspruch genommenen Kompetenztatbestandes zu nennen (Legistische Richtlinien 1979, Pkt. 94).

Gemäß § 14 Abs. 1 BHG ist jedem Entwurf für (ua.) ein Bundesgesetz von dem Bundesminister, in dessen Wirkungsbereich der Entwurf ausgearbeitet wurde, eine den Richtlinien gemäß § 14 Abs. 5 BHG entsprechende Darstellung der finanziellen Auswirkungen anzuschließen, aus der insbesondere hervorzugehen hat, wie hoch die durch die Durchführung der vorgeschlagenen Maßnahmen voraussichtlich verursachten Ausgaben oder Einnahmen sowie Kosten oder Erlöse für den Bund im laufenden Finanzjahr und mindestens in den nächsten drei Finanzjahren zu beziffern sein werden. Eine solche Darstellung kann dem vorliegenden Entwurf nicht entnommen werden.

Auf die finanziellen Folgen einer Missachtung von Verpflichtungen nach der Vereinbarung zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden über einen Konsultationsmechanismus und einen künftigen Stabilitätspakt der Gebiets­körperschaften, BGBl. I Nr. 35/1999, muss hingewiesen werden.

Die bloß skizzenhaften, inhomogenen Erläuterungen bedürften jedenfalls einer Überarbeitung.

IV. Zum Layout:

Der Entwurf entspricht in verschiedener Weise nicht den Layout-Richtlinien, vor allem

·      keine Verwendung der für Rechtsvorschriften vorgesehenen Formatvorlagen, daher auch nicht die entsprechenden Absatzformate;

·      Setzung von Leerzeilen;

·      keine geschützten Leerschritte;

·      keine Fettschreibung der Paragraphenbezeichnung.

Diese Übereinstimmung mit den Layout-Richtlinien wäre für die Behandlung im Ministerrat herzustellen (siehe den Beschluss der Bundesregierung vom 6. Juni 2001, Beschlussprotokoll Nr. 60/9, betreffend Elektronischer Rechtserzeugungsprozess, Projekt „E-Recht“); auf die zur Verfügung stehenden automatischen Formatierungsinstrumente wird hingewiesen.


Diese Stellungnahme wird im Sinne der Entschließung des Nationalrates vom 6. Juli 1961 u.e. auch dem Präsidium des Nationalrats zur Kenntnis gebracht.

 

11. Jänner 2008

Für den Bundeskanzler:

Georg LIENBACHER

 

 

Elektronisch gefertigt