Amt der Wiener Landesregierung

 

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MD-VD - 18/08                                                                  Wien, 8. Februar 2008

Entwurf eines Bundesgesetzes, mit

dem das Grundbuchsgesetz, das

Grundbuchsumstellungsgesetz, das

Liegenschaftsteilungsgesetz, das Ur-

kundenhinterlegungsgesetz, das all-

gemeine bürgerliche Gesetzbuch,

das Gerichtsgebührengesetz und das

Vermessungsgesetz geändert werden

(Grundbuchs-Novelle 2007 - GB-

Nov 2007);

Begutachtung;

Stellungnahme

 

zu BMJ-B95.001/0007-I 4/2007

 

 

An das

Bundesministerium für Justiz

 

 

Zu dem mit Schreiben vom 17. Dezember 2007 übermittelten Entwurf eines Bundesgesetzes wird nach Anhörung des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien wie folgt Stellung genommen:

 

Artikel I - Änderung des Grundbuchsgesetzes

 

Z 1 (§ 27 Abs 2) und 6 (§ 98):

 

Hier wird übersehen, dass es rechtsfähige Gebilde gibt, die nicht im Firmenbuch oder Vereinsregister eingetragen sind und gerade deshalb die eindeutige Identifizierung umso notwendiger erscheint. Zu denken ist vor allem an die Offene Gesellschaft (§§ 105 ff. des Unternehmensgesetzbuches - UGB) sowie die Kommanditgesellschaft (§§ 161 ff. UGB).

 

Es sollten demgemäß auch allgemein Identifizierungsmerkmale (vor allem Firma, Sitz, Geschäftsanschrift, persönlich haftende Gesellschafter) normiert werden.

 

Z 3 (§ 31):

 

Im Zuge gegenständlicher Novelle wäre eine Klarstellung der in der Literatur bereits diskutierten Frage, ob die Voraussetzungen des Absatzes 6 auch bei Vorsorgevollmachten gegeben sein müssen[1], im Sinne der Rechtssicherheit empfehlenswert. Da bei Bejahung der Frage das Institut der Vorsorgevollmacht auf Grund ihrer beschränkten Geltungsdauer gemäß § 31 Abs. 6 in seiner Funktion stark eingeschränkt würde, wäre eine entsprechende Ausnahmeregelung einzufügen.

 

Z 4 (§ 82a):

 

Grundsätzlich ist die Möglichkeit, mündlich bzw. telefonisch Verbesserungsaufträge erteilen zu können, im Interesse der Vereinfachung, Beschleunigung und Kundenorientierung zu begrüßen; im Hinblick auf die kurze Frist und deren Unerstreckbarkeit wird jedoch eine mit Erteilung des Verbesserungsauftrages verbundene Rechtsfolgenbelehrung für den Fall der Fristversäumung angeregt. Im Bereich des in den Erläute-

rungen zitierten § 85 der Zivilprozessordnung - ZPO in Verbindung mit § 59 Abs. 1 der Geschäftsordnung für die Gerichte der I. und II. Instanz hat einer erfolglosen telefonischen Ladung ein schriftlicher Verbesserungsauftrag zu folgen. Den Erläuterungen lässt sich jedoch nicht entnehmen, aus welchem Grund diesbezüglich im Bereich des Grundbuchrechtes eine abweichende Regelung vorgesehen werden soll.

 

Artikel II - Änderung des Grundbuchsumstellungsgesetzes

 

Z 6 (§ 6 Abs. 2):

 

Die hier Notaren und Rechtsanwälten eingeräumten Befugnisse sollten auch den Gebietskörperschaften zur Verfügung stehen, da dies zur Vereinfachung und Kostenersparnis beitragen würde und überdies Gebietskörperschaften wohl nicht weniger Vertrauen als Rechtsanwälten und Notaren entgegengebracht wird.

 

Z 8 (§ 10):

 

Ein Einbringer hat nur dann Gewissheit über das Einlangen einer elektronischen Eingabe, wenn ihm Zeitpunkt des Einlangens und Umfang der eingelangten Eingabe vollautomatisch und mit Zertifikat des Gerichts bestätigt wird. Diesbezüglich wäre eine Ergänzung wünschenswert.

 

Artikel III - Änderung des Liegenschaftsteilungsgesetzes

 

Z 2 (§ 13 Abs. 1):

 

Um hier eine ungewollte „automatische“ Übertragung von Grunddienstbarkeiten hintan zu halten, sollten bei der Übertragung die Grunddienstbarkeiten ausdrücklich aufgelistet und deren Mitübertragung explizit durch Unterschrift des Antragstellers beantragt werden müssen.

 

Z 14 (§ 26):

 

Durch die Aufhebung des § 26 entfiele die Möglichkeit der „Teilung im Eigenbesitz“. Diese Möglichkeit der Schaffung mehrerer Grundstücke aus einem Stammgrundstück, ohne im Besitz- oder Belastungsstand der Einlagezahl Veränderungen durchzuführen und damit keine Rechte der Buchberechtigten einzuschränken, sollte - wenn auch in modifizierter Form - erhalten bleiben. Im Fall der gegenseitigen Anpassung von Verwaltungsgrenzen und Katastral- oder Bezirksgrenzen hat der Einsatz dieser Vorgehensweise bisher Verwaltungsaufwand bei allen Beteiligten gespart.

 

Folgende Formulierung wäre denkbar:

 

„Veränderungen durch Teilung von Grundstücken, die keinerlei Einfluss auf die Rechte der Eigentümer oder Buchberechtigten oder keine Auswirkung auf baurechtliche Nutzungen wie Bauplatzschaffungen etc. erlangen (‚Teilung im Eigenbesitz’) sind vom Gericht auf Grund eines Anmeldungsbogens durchzuführen.“

 

Artikel VII - Änderung des Vermessungsgesetzes

 

Z 5 (§ 8):

 

Zur geplanten Änderung des § 8 wird angemerkt, dass die Eintragung von noch nicht grundbücherlich durchgeführten Teilungsplänen in den Kataster in einer sogenannten Vordurchführungsebene als problematisch betrachtet wird. Der Kataster bildet bis dato immer das planliche Abbild aller vom Grundbuchsgericht durchgeführten Teilungspläne und an dieser Tatsache sollte sich aus Gründen der Rechtssicherheit auch nichts ändern. Die katastertechnisch positive Prüfung eines Teilungsplanes und das Vorliegen aller erforderlichen Teilungsbewilligungen garantieren noch nicht dessen grundbücherliche Durchführung. Diese kann etwa am Nichtzustandekommen von erforderlichen Kauf- oder Tauschverträgen scheitern und würde im Kataster eine gewisse Zeit lang einen nicht den tatsächlichen Eigentumsverhältnissen entsprechenden Informationsstand wiedergeben. Bisher konnte der Antragsteller auf die Nichtöffentlichkeit nicht verbücherter Inhalte vertrauen. Die Veröffentlichung von Unterlagen, die für den Abschluss von Rechtsgeschäften notwendig sind, könnte dem Interesse des Grundeigentümers zuwiderlaufen und darüber hinaus zu einer nicht vertretbaren Rechtsunsicherheit führen.

 

Z 6 bis 8 (§ 9):

 

Die Anlegung des vorgesehenen Geschäftsregisters wird sowohl in technischer als auch finanzieller Hinsicht mit großem Aufwand verbunden sein. Eine Kooperation der Vermessungsbehörde mit den Länderkammern der Architekten und Ingenieurkonsulenten, die derzeit dabei sind, in Entsprechung des Ziviltechnikergesetzes ein Langzeitarchiv zur Speicherung der Urkunden aufzubauen, würde zur Nutzung von Synergien und Einsparung von Kosten beitragen. Ebenso scheint die Erstellung sogenannter Trennstücktabellen eine Doppelgleisigkeit zu beinhalten, da jeder Teilungsplan auch einen erschöpfenden Teilungsausweis aufweisen muss, aus dem die vorgesehenen katastralen Änderungen ersichtlich sind.

 

Z 14 (§ 39):

 

Die vorgesehene drastische Verkürzung der Frist zwischen der Ausstellung der Bescheinigung des Vermessungsamtes und dem Einlangen des Antrages auf Verbücherung von zwei Jahren auf sechs Monate wird abgelehnt. In der Praxis zeigt sich immer wieder, dass diese Frist nicht ausreichend wäre.

 

Gründe dafür sind insbesondere die Abwicklungsdauer der zu Grunde liegenden Titelgeschäfte (im Bereich der Stadt Wien ist etwa die Zustimmung der verfassungsmäßig vorgesehenen Organe vor Vertragsabschluss einzuholen), die Beschaffung der notwendigen Unbedenklichkeitsbescheinigung beim Finanzamt oder im Einzelfall erforderlicher Löschungs- bzw. Freilassungserklärungen.

 

Die geplante Verkürzung der Verfahren sollte nicht zu Lasten der Kundinnen und Kunden durch Ablauf der Gültigkeit der Bescheinigung gemäß § 39 des Vermessungsgesetzes erzielt werden. Sollten sich durch die Novelle tatsächlich maßgebliche Beschleunigungen ergeben, führt dies ohnehin dazu, dass Vorpläne die Durchführung nachfolgender Teilungspläne nicht über Gebühr verzögern.

 

Über die Verdoppelung der Frist, innerhalb derer die Verbücherung zu erfolgen hat, auf ein Jahr wurde von den Vertretern der Länder, des Städte- und Gemeindebundes in den Expertengesprächen Übereinstimmung erzielt.

 

Für die Stadt Wien wünschenswert erschiene auch eine Zugriffsberechtigung der Gebietskörperschaften auf die Trennstücktabelle, die elektronischen Teilungspläne bzw. den elektronischen (künftigen) Katasterstand.

 

Z 16 (§ 44 ):

 

Aus der vorgesehenen Formulierung muss der Schluss gezogen werden, dass alle planlichen Unterlagen, also auch analoge Papierpläne, im Wege der automationsunterstützten Datenverarbeitung zu übermitteln wären. Dies würde aber bedeuten, dass die genannten Institutionen diese analogen Pläne zeit- und kostenintensiv auf eigene Kosten zu digitalisieren hätten, um sie anschließend an das Vermessungsamt elektronisch weiterleiten zu können. Zudem stehen die Gemeinden und Städte seit Monaten mit dem Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen (BEV) in Verhandlungen, um für eine digitale Übermittlung dieser Daten im Gegengeschäft dringend benötigte Daten des BEV kostenfrei zu erhalten. Vorgeschlagen wird folgende Formulierung: „... und ihnen zugekommene planliche Unterlagen hierüber nach Möglichkeit im Wege automationsunterstützter Datenverarbeitung zu übermitteln.“

 

 

                                                                      Für den Landesamtsdirektor:

 

 

Mag. Heinz Liebert                                           Mag. Michael Raffler

                                                                                       Senatsrat

Ergeht an:

1.  Präsidium des Nationalrates

2.  alle Ämter der Landes-

regierungen

3.  Verbindungsstelle der

Bundesländer

4.  MDZ

     (zu MDZ - 49/2008 Tie)

5.  MA 4

6.  MA 14

7. MA 18

8.  MA 21A

9.  MA 21B

10.  MA28

11.  MA 41

12.  MA 64

13.  MA 69

14.  Wien Holding GmbH

 



[1] vgl. etwa Jud/Seidl, grundbuchsrechtliche Hürden der Vorsorgevollmacht? ecolex 2007, S. 495