Bundesministerium für Inneres

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1014 Wien

 

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ZAHL

DATUM

CHIEMSEEHOF

2001-BG-115/3-2008

27.2.2008

* POSTFACH 527, 5010 SALZBURG

 

 

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Herr Mag. Feichtenschlager

 

BETREFF

Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem ein Bundesgesetz über die finanzielle Unterstützung von Personen, die durch Fliegerbombenblindgänger betroffen sind erlassen sowie das Waffengesetz 1996 geändert wird; Stellungnahme

Bezug: BMI-LR1305/0001-III/1/2008

 

 

 

Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Zu dem im Gegenstand bezeichneten Gesetzentwurf gibt das Amt der Salzburger Landesregierung folgende Stellungnahme bekannt:

 

I. Allgemeines:

1. Ziel des geplanten Vorhabens ist den Erläuterungen folgend die „jahrzehntelange Diskussion und rechtliche Unsicherheit in Bezug auf die Frage, wer für die Freilegung eines vermuteten Fliegerbombenblindgängers aus dem Zweiten Weltkrieg zuständig ist“ zu beenden. Diesem Ziel dienen die im Art 2 geplanten Änderungen des Waffengesetzes 1996. Damit im Zusammenhang steht das im Art 1 geplante Bundesgesetz, das eine finanzielle Entlastung der betroffenen Grundstückseigentümer für ihre Aufwendungen für die Freilegung eines Fliegerbombenblindgängers aus Bundesmitteln vorsieht.

2. Eine zusammenfassende Bewertung des geplanten Vorhabens ergibt, dass dieses nicht geeignet ist, das „Problem der Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg, insbesondere im urbanen Bereich“ zu lösen und die „unzumutbaren Problemstellungen für die Grundeigentümer“ (vgl dazu Pkt 9 des Regierungsprogramms für die XXIII. Gesetzgebungsperiode, S 137) zu beseitigen. Der Kern des „Problems der Blindgänger“ bestand und besteht darin, dass der Bund unter Berufung auf den „Interpretationsspielraum“ des § 42 Abs 4 und 5 WaffG seine über die Bergung, Untersuchung, Entschärfung und Vernichtung von Blindgängern hinausgehende Kostentragungspflicht bisher stets abgelehnt hat. Das geplante Vorhaben löst dieses Problem nicht, sondern verlagert es (endgültig) auf die Grundeigentümer. Die Möglichkeit einer ohnehin nur einem eingeschränkten Personenkreis zugänglichen finanziellen Aushilfe aus Bundesmitteln wird auch daran nichts ändern, dass sich die Mehrzahl der Grundeigentümer weiterhin einer „unzumutbaren Problemstellung“ gegenüber sehen wird.

Nicht nur die sich aus dem Zusammenspiel der in den Art 1 und 2 enthaltenen Bestimmungen ergebende grundsätzliche Konzeption des geplanten Vorhabens, sondern auch einzelne Bestimmungen selbst begegnen erheblichen – auch verfassungsrechtlichen – Bedenken.

Das Land Salzburg lehnt das geplante Vorhaben daher entschieden ab.

3. Auch der Salzburger Landtag hat sich in seiner Sitzung am 13. Februar 2008 mit dem geplanten Vorhaben beschäftigt, seine ablehnende Haltung dazu zum Ausdruck gebracht und einstimmig folgenden Beschluss gefasst (Nr 406 der Beilagen, 5. Session der 13. GP):

„1. Der Landtag lehnt den Begutachtungsentwurf zum ‚Bundesgesetz über die finanzielle Unterstützung von Personen, die durch Fliegerbombenblindgänger betroffen sind’ sowie die vorgeschlagene Novelle zum Waffengesetz ab und fordert die Bundesregierung auf, einen Gesetzesentwurf mit dem Inhalt zu erstellen, der eindeutig klarstellt, dass neben der Entschärfung auch das Aufsuchen und die Freilegung von Kriegsmaterial sowie die Tragung der daraus resultierenden Kosten in den ausschließlichen Aufgabenbereich des Bundes fallen beziehungsweise die damit verbundenen Kosten inklusive der Kosten für anderen Personen entstandene Schäden den jeweiligen Grundstückseigentümern vom Bund ersetzt werden.“

 

II. Zu Art 2 (Änderung des Waffengesetzes 1996):

Viel mehr Beachtung als das im Art 1 geplante Bundesgesetz verdient die im Art 2 geplante Änderung des § 42 Abs 4 des Waffengesetzes 1996 (WaffG) und die damit im Zusammenhang stehende Bestimmung des (neuen) § 62 Abs 8 WaffG.

1. Die geltende Rechtslage:

1.1. Gemäß dem geltenden § 42 Abs 4 WaffG hat jedermann, der wahrnimmt, dass sich Kriegsmaterial offenbar in niemandes Obhut befindet, dies ohne unnötigen Aufschub einer Sicherheits- oder Militärdienststelle zu melden, die die unverzügliche Sicherstellung der Gegenstände durch die Behörde zu veranlassen hat.

Gemäß § 42 Abs 5 WaffG obliegt die weitere Sicherung und allfällige Vernichtung dem Bundesminister für Inneres, wenn es sich bei gemäß Abs 4 sichergestellten Gegenständen um sprengkräftige Kriegsrelikte, die aus der Zeit vor dem Jahre 1955 stammen, handelt.

1.2. Die zentrale Frage ist, ab welchem Zeitpunkt ein (sprengkräftiges) Kriegsrelikt als „wahrgenommen“ gilt und dem folgend auch die Sicherungsstellungs-, weitere Sicherungs- und Vernichtungspflicht und letztlich auch die Kostentragungspflicht des Bundes einsetzt. Die Materialien zum Waffengesetz 1996 setzen sich mit dieser Frage nicht auseinander. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch bedeutet „wahrnehmen“ die „Aufnahme oder Bemerkung von ‚Etwas’ durch die Sinnesorgane“. Wimmer, Kostentragung für Sicherstellung wahrgenommener Kriegsrelikte und Sondierung von „Fliegerbomben-Verdachtsflächen“, Baurechtliche Blätter 10, 220, definiert den Begriff der „Wahrnehmung“ dahingehend, dass dann, wenn „technische Hilfsmittel als Verlängerung bzw Erweiterung menschlicher Sinneswahrnehmung [ermöglichen], den Lageort eines Kriegsrelikts zweifelsfrei zu bestimmen, nichts gegen dessen Wahrnehmung sprechen [kann].“ Kriegsmaterial ist daher bereits dann wahrgenommen, wenn sein Vorhandensein an einem bestimmten Ort festgestellt werden kann. Dazu muss es nicht mit freiem Auge erkennbar sein (Wimmer, aaO, 224).

Die Kosten für die Freilegung von unter der Erdoberfläche befindlichen, jedoch gesichert nachgewiesenen (sprengkräftigen) Kriegsrelikten hat daher der Bund zu tragen.

1.3. Das Landesgericht Salzburg gelangt in seinem Urteil vom 24. August 2007 in der Rechtssache 5 Cg 6/03 zur Frage der Kostentragungspflicht des Bundes dem Grunde nach zu demselben Ergebnis, ohne jedoch auf den konkreten Inhalt des Begriffs der „Wahrnehmung“ näher einzugehen (arg: „Einig sind sich die Streitteile, dass § 42 Abs 4 WaffG erst dann zur Anwendung kommt, wenn Kriegsmaterial ‚wahrgenommen’ worden ist, das heißt ab dem Zeitpunkt, in dem ein Fliegerbombenblindgänger aufgefunden worden ist. Eine extensive Interpretation dieser Norm dahingehend, dass sie auch für das Auffinden Platz greift, ist nicht angezeigt.“). Das Gericht gelangt vielmehr über den Umweg des § 19 Abs 2 SPG im Ergebnis zu einer (inhaltlich) umfassenden Kostentragungspflicht des Bundes, die neben den Kosten für die Freilegungsarbeiten auch die Kosten der Sondierungsarbeiten umfasst: § 19 Abs 2 SPG verpflichtet – so das Gericht – „die beklagte Partei als Sicherheitspolizei [unter dem Aspekt der Gefahrenerforschung und -klärung] zum Einschreiten bei Vorliegen von hinreichend konkreten Bombenverdachtspunkten, deren einzig mögliche hinreichende Konkretisierung durch die Salzburger Bombenkarte und Luftbildauswertungen erfolgt ist“. Eine Gefahr im Sinn des § 19 Abs 2 SPG setzt – so das Gericht weiter – dann ein, wenn konkrete Anhaltspunkte in der Salzburger Bombenkarte vorhanden sind oder Luftbildauswertungen Hinweise auf Bombenverdachtspunkte geben.

Ganz wesentlich in diesem Zusammenhang ist die weitere Feststellung des Gerichtes, dass von der umfassenden Kostentragungspflicht des Bundes für die Sondierungs-, Freilegungs- und Bergungsarbeiten nicht nur die Kosten bei positiver Sondierung und Freilegung erfasst sind, sondern dass diese Kosten auch im Fall eines negativen Untersuchungsergebnisses vom Bund zu tragen sind.

2. Die geplante Rechtslage:

2.1. Dem § 42 Abs 4 WaffG soll folgender Satz angefügt werden:

„Bei unter der Erdoberfläche befindlichen sprengkräftigen Kriegsrelikten tritt die Sicherstellungsverpflichtung der Behörde mit Freilegung der Gegenstände ein.“

2.1.1. Ausgehend von der geltenden Rechtslage, die jedenfalls eine Sicherungs- und Vernichtungspflicht des Bundesministers für Inneres von bereits wahrgenommenen (und nicht erst „aufgefundenen“) Kriegsrelikten (und dem folgend auch eine Kostentragungspflicht des Bundes für die Freilegung dieser Relikte) festlegt, wird durch den geplanten zweiten Satz des § 42 Abs 4 WaffG die Kostentragungspflicht für die bis zur tatsächlichen Freilegung von (sprengkräftigen) Kriegsrelikten anfallenden Kosten vom Bund auf den Grundeigentümer abgewälzt.

2.1.2. Die Erläuterungen begründen diese Änderung zunächst damit, dass „damit die Absicht des historischen Gesetzgebers leichter und unzweifelhaft erkennbar [wird], der mit dem Wahrnehmungsbegriff nichts anderes als ein Erblicken mit freiem Auge gemeint hat.“ Erst dann, wenn ein Kriegsrelikt mit freiem Auge erkennbar ist, sollen die behördlichen Pflichten gemäß § 42 Abs 4 und 5 WaffG einsetzen. Das Verständnis des Begriffs der „Wahrnehmung“ wird eingeschränkt auf ein „Sehen mit freiem Auge“.    

Die Argumentation mit der „Absicht des historischen Gesetzgebers“ in den Erläuterungen überzeugt nicht: Der Wahrnehmungsbegriff des § 42 Abs 4 WaffG geht auf die Waffengesetz-Novelle 1979 zurück; weder die Materialien zu dieser Novelle (BlgNR 82, XV. GP) noch die Materialien zum Waffengesetz 1996 (BlgNR 457, XX. GP) enthalten jedoch eine Aussage darüber, was unter diesem Begriff zu verstehen ist. Eine allfällige Absicht des „historischen Gesetzgebers“, den Begriff der Wahrnehmung in einem zum allgemeinen Sprachgebrauch wesentlich eingeschränkteren Sinn zu verstehen, hat in den einschlägigen Materialien keinen Niederschlag gefunden.

Auch aus den von Wimmer, aaO, 224 angeführten Materialien zum Budgetbegleitgesetz 2001 (BlgNR 311, XXI. GP) lässt sich zur Frage des Willens des historischen Gesetzgebers in Bezug auf die Kostentragungspflicht für die Freilegung von (sprengkräftigen) Kriegsrelikten nichts gewinnen: Gemäß Art 35 des Budget-Begleitgesetzes 2001 sollte im § 42 Abs 5 WaffG die Klarstellung getroffen werden, dass „für allfällige Maßnahmen zur Suche, Auffindung und Freilegung dieses Kriegsmaterials der Eigentümer des betroffenen Grundstücks aufzukommen [hat].“ Die Erläuterungen dazu führen aus, dass „diese Regelung der Klarstellung dient, wer die Kosten bezüglich der Suche und Auffindung noch im Boden verborgener sprengkräftiger Kriegsrelikte zu tragen hat.“ Wenn Wimmer, aaO, 224, aus dem Wort „klarstellen“ folgert, dass „der Gesetzgeber die Kostentragungspflicht des Grundeigentümers ursprünglich als unstrittig betrachtete und dies erst nachträglich in Frage gestellt wurde“ [weshalb es offensichtlich auch einer Klarstellung bedurfte], so mag das für die Suche und für das Auffinden der im Boden verborgenen Relikte vielleicht zutreffen, nicht jedoch auch für die in den Erläuterungen nicht mehr weiter erwähnte „Freilegung“ der Relikte.

Letztlich spricht auch die im Rahmen des Budget-Begleitgesetzes 2001 im Art 35 geplante Inkrafttretensbestimmung gegen eine authentische Interpretation des § 42 Abs 4 WaffG (bzw für eine missbräuchliche Berufung auf § 8 ABGB) durch den geplanten zweiten Satz: Gemäß dem damals geplanten § 62 Abs 3 WaffG hätte die im § 42 Abs 5 WaffG enthaltene „Klarstellung“ nicht rückwirkend, sondern mit 1. Jänner 2000 [gemeint offenbar: 1. Jänner 2001] in Kraft treten sollen. Der damals geplanten Klarstellung wurde daher offenbar (noch) nicht die Qualität einer authentischen Interpretation zugesonnen.

Der geplante letzte Satz des § 42 Abs 4 WaffG kann daher als authentische Interpretation des (unbekannten) Willens des historischen Gesetzgebers nicht akzeptiert werden (vgl dazu auch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 5. Dezember 2002, VfSlg 16.752: „Dem ist freilich entgegenzuhalten, dass diese Absicht im Normtext selbst nicht zum Ausdruck kommt und dass sie auch nicht in einer Weise dokumentiert ist, die es erlauben würde, ein derartiges Interpretationsergebnis zu begründen“). Ein nur auf die unmittelbare optische Wahrnehmung eingeschränktes Verständnis des Begriffs „wahrnehmen“ wird dem historischen Gesetzgeber daher lediglich unterschoben!

2.1.3. Gemäß dem geplanten § 62 Abs 8 WaffG tritt der geplante letzte Satz des § 42 Abs 4 WaffG rückwirkend mit 1. Juli 1997 in Kraft. Dieses rückwirkende Inkrafttreten ist Folge der im letzten Satz des § 42 Abs 4 WaffG vorgenommenen (angeblichen, vgl Pkt 2.1.2) „authentischen Interpretation“ des Begriffs des „Wahrnehmens“ nach dem Willen des historischen Gesetzgebers (§ 8 ABGB). Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der historische Gesetzgeber tatsächlich von einem dem letzten Satz des § 42 Abs 4 WaffG zugrunde liegenden eingeschränkten Begriffsverständnis ausgegangen ist bzw den „Willen“ hatte, den Beginn der Sicherungs- und Vernichtungspflicht erst mit dem Zeitpunkt der Freilegung des Relikts einsetzen zu lassen.

Der normative Gehalt des § 42 Abs 4 WaffG wird durch die im § 62 Abs 8 WaffG angeordnete, sich letztlich jedoch schon aus dem § 8 ABGB ergebende Rückwirkung auch für die Vergangenheit grundlegend verändert: In der Vergangenheit erworbene (und zu einem bestimmten, noch festzulegenden Stichtag noch nicht gerichtlich geltend gemachte) Ersatzansprüche gegen den Bund werden vernichtet.

Den damit im Zusammenhang stehenden Erläuterungen, wonach „Vertrauensenttäuschungen nicht ersichtlich sind“, kann ohne nähere Begründung dazu nicht gefolgt werden. Der Verfassungsgerichtshof hat zu den durch rückwirkende Gesetzänderungen bedingten Verschlechterungen der Rechtsposition von Normunterworfenen wiederholt ausgesprochen, dass solche Verschlechterungen im Licht des auch den Gesetzgeber bindenden Gleichheitsgebotes nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig sind (zB VfSlg 12.241, 12.322 oder 12.479). Wesentlich ist, ob der Normunterworfene bei einem Eingriff in seine Rechtsposition in einem Vertrauen auf die Rechtslage enttäuscht wird, auf das er sich berechtigterweise berufen konnte und ob nicht etwa besondere Umstände vorliegen, die eine solche Rückwirkung verlangen. In seinen Erkenntnissen VfSlg 12.241 und 12.322 hat der Gerichtshof weiter ausgesprochen, dass die Frage, ob ein rückwirkendes Gesetz vertrauensverletzend wirkt, von einer Mehrzahl von Umständen, wie insbesondere von der Klarheit der gesetzlichen Regelung, die durch die rückwirkende Bestimmung geändert wird, sowie vom Bestehen einer einheitlichen, vor der Erlassung der rückwirkenden Regelung geübten und vom Gesetz gedeckten Behördenpraxis abhängt.

Zu den eine Rückwirkung gebietenden „besonderen Umstände“ führen die Erläuterungen lediglich aus, dass „es ein gerechtfertigtes Interesse des Gesetzgebers gibt, seinen ursprünglichen Regelungsinteressen zum Durchbruch zu verhelfen“. Es besteht jedoch der Verdacht, dass der Weg der rückwirkenden authentischen Interpretation nur deshalb gewählt wird, um die (vor dem Hintergrund des Urteils des Landesgerichts Salzburg vom 24. August 2007, 5 Cg 6/03 h, offenbar nicht aussichtslose) Geltendmachung von Forderungen aus früheren Freilegungen von (sprengkräftigen) Kriegsrelikten zu verunmöglichen. Das in den Erläuterungen angesprochene „ursprüngliche Regelungsinteresse“ ist daher ausschließlich finanzieller Natur. Dass gerade finanzielle Interessen für sich alleine genommen nicht von einem solchen Gewicht sind, eine rückwirkende gesetzliche Regelung zu rechtfertigen, lässt sich aus der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichthofes zwanglos ableiten (vgl etwa VfSlg 12.322: „Eine rückwirkende gesetzliche Vorschrift kann ... mit dem Gleichheitsgrundsatz jedoch insbesondere dann in Konflikt geraten, wenn ... sich nicht besondere Umstände finden, die für die Sachlichkeit der gesetzlichen Maßnahme sprechen, so zB, daß durch die Rückwirkung eine ansonsten eintretende Gleichheitswidrigkeit vermieden würde“ oder VfSlg 12.479).

Auch aus dem Umstand, dass die bisher geübte Praxis (vgl dazu Wimmer, aaO, 220) – soweit ersichtlich – noch nicht Gegenstand einer höchstgerichtlichen Entscheidung war, lässt sich für den Standpunkt des Bundes, dass Vertrauensenttäuschungen nicht ersichtlich sind, nichts gewinnen: In seinem Erkenntnis VfSlg 12.322 hat der Gerichtshof ausgesprochen, dass aus dem Verhalten Einzelner (konkret: von Steuerpflichtigen) Rückschlüsse auf das Vertrauen in eine bestimmte Rechtslage nicht gezogen werden können. (arg: „Dass Steuerpflichtige sich einer Verwaltungspraxis beugen, kann nämlich auch auf Umständen beruhen, die mit den hier maßgeblichen Fragen in keinem Zusammenhang stehen.“)

 

III. Zu Art 1 (Bundesgesetz über die finanzielle Unterstützung von Personen, die durch Fliegerbombenblindgänger betroffen sind):

1. Art 1 des Gesetzentwurfs regelt, aufbauend auf die im Art 2 geplanten Änderungen des Waffengesetzes 1996, die finanzielle Unterstützung von Personen, denen durch das gezielte Freilegen eines Fliegerbombenblindgängers auf ihrem Grundstück ein finanzieller Schaden entstanden ist. Der Kern des Gesetzes kurz dargestellt: Als „Ersatz“ für den Entfall der sich aus dem geltenden § 42 Abs 4 und 5 WaffG ergebenden Kostentragungspflicht des Bundes und somit des Kostenersatzanspruches wird den Betroffenen im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung des Bundes unter bestimmten Voraussetzungen eine finanzielle Aushilfe gewährt.

In der den Erläuterungen vorangestellten Darstellung des Ziels des im Art I geplanten Bundesgesetzes versucht der Bund den Eindruck einer finanziellen „Wohltat“ zur Entlastung derjenigen Personen zu erwecken, denen durch das gezielte Freilegen von Fliegerbombenblindgängern auf ihrem Grundstück Kosten entstanden sind. Vor dem Hintergrund der in der geltenden Rechtslage (s Pkt II.1) begründeten (umfassenden) Kostentragungspflicht des Bundes bewirkt das geplante Vorhaben jedoch eine massive Schlechterstellung der Betroffenen: Der Kreis derjenigen, die einen freiwilligen Kostenbeitrag des Bundes ansprechen können, ist erheblich eingeschränkt: der Zugang dazu ist von der Erfüllung von mehreren, sehr eingeschränkten Voraussetzungen abhängig.

 

2. Im Einzelnen:

2.1. Gemäß den geplanten §§ 1 Abs 1 und 2 Abs 2 wird eine finanzielle Unterstützung nur (mehr) für die gezielte Freilegung von Fliegerbombenblindgängern gewährt. Die Kosten für die „gezielte Suche“ (= Sondierungen) sind zur Gänze von den jeweiligen Grundstückseigentümern zu tragen.

2.2. Für die Höhe der Unterstützungsleistung sind jene Kosten nicht zu berücksichtigen, die im Rahmen einer „allenfalls notwendigen technischen weitergehenden Konkretisierung“ anfallen. Unklar ist, was unter diesen Tätigkeiten zu verstehen ist; die Erläuterungen enthalten keine näheren Ausführungen dazu. Die für diese Tätigkeiten anfallenden Kosten sind daher zur Gänze von den Grundeigentümern zu tragen (arg. § 2 Abs 2: „nach“). Dadurch wird das Risiko einer nicht kalkulierbaren Kostenbelastung für den Grundeigentümer drastisch erhöht.

2.3. Zentrale Voraussetzung für die Gewährung einer Unterstützung ist die „gezielte Freilegung“ eines Fliegerbombenblindgängers. Den Erläuterungen folgend soll durch die Verwendung der Wortfolge „gezielte Freilegung“ eine Abgrenzung von den Zufallsfunden vorgenommen werden. Die Erläuterungen führen weiter aus, dass von den seit Jänner 1997 aufgefundenen 328 Blindgängern 316 zufällig gefunden wurden; nur 12 Blindgänger wurden bei insgesamt 82 Sondierungen gezielt aufgespürt. Aus dem Zusammenhalt mit dem geplanten zweiten Satz im § 42 Abs 4 WaffG ergibt sich, dass für die Freilegung von Zufallsfunden, denen keine „gezielte Suche“ vorangegangen ist, auch keine Unterstützung gewährt wird. Das dargestellte Zahlenmaterial zeigt auch, dass nur etwa jedes 7. positive Sondierungsergebnis auch zum Fund eines Fliegerbombenblindgängers führt. In den Fällen eines falschen positiven Sondierungsbefunds hätte der Grundeigentümer neben den Sondierungskosten auch noch die Kosten für die „erfolglosen“ Freilegungsarbeiten zu tragen.

2.4. Unterstützungsmittel werden gemäß dem geplanten § 3 nur dann gewährt, wenn eine natürliche Person durch die auf sie entfallenden Freilegungskosten in ihrer wirtschaftlichen Existenz bedroht ist (Z 1) oder sie oder ein naher Angehöriger ein dringendes Wohnbedürfnis auf dem Grundstück hat (Z 2). Die Erläuterungen wiederholen den Begriff der Bedrohung der wirtschaftlichen Existenz an mehreren Stellen, ohne diesen jedoch näher zu erklären.

Juristische Personen des öffentlichen und des privaten Rechts sind aus dem Kreis der Anspruchsberechtigten ausgenommen. Es darf jedoch nicht übersehen werden, dass die im Zusammenhang mit der Freilegung eines Blindgängers anfallenden Kosten auch die Grenzen der finanziellen Leistungsfähigkeit einzelner, wenig finanzkräftiger Gebietskörperschaften überschreiten oder auch juristische Personen des privaten Rechts in ihrer wirtschaftlichen Existenz ernstlich bedrohen können. Die Einschränkung des Kreises derjenigen, die einen freiwilligen Kostenbeitrag des Bundes ansprechen können, auf natürliche Personen erweist sich vor dem Hintergrund des gewählten Abgrenzungskriteriums der finanziellen Leistungsfähigkeit (die offenbar für juristische Personen unbeschränkt angenommen wird) als sachlich nicht gerechtfertigt. § 3 begegnet daher erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken. (Zudem wird den Erläuterungen folgend von den Ländern und Gemeinden auch noch erwartet, dass diese einen finanziellen Beitrag zu den Kosten der „Privatpersonen“ leisten.)

2.5. Ebenso unsachlich ist die absolute Limitierung des Kostenbeitrages des Bundes mit 35.000 €, als ob die Kosten einer gezielten Freilegung nie mehr als 100.000 € betragen können.

 

Gleichschriften dieser Stellungnahme ergehen ue an die Verbindungsstelle der Bundesländer, an die übrigen Ämter der Landesregierungen, an das Präsidium des Nationalrates und an das Präsidium des Bundesrates.

 

 

Mit freundlichen Grüßen

Für die Landesregierung:

Dr. Heinrich Christian Marckhgott

Landesamtsdirektor

 

 

Ergeht nachrichtlich an:

1.         Salzburger Landtag

2. – 9.  E-Mail an: Alle Ämter der Landesregierungen

10.       E-Mail an: Verbindungsstelle der Bundesländer vst@vst.gv.at

11.       E-Mail an: Präsidium des Nationalrates begutachtungsverfahren@parlinkom.gv.at  

12.       E-Mail an: Präsidium des Bundesrates peter.michels@parlament.gv.at

13.       E-Mail an: Bundeskanzleramt vpost@bka.gv.at  

14.       E-Mail an: Institut für Föderalismus institut@foederalismus.at

15.       E-Mail an: Landtagsklub der FPÖ fpoe-klub@salzburg.gv.at  

16.       E-Mail an: Landesamtsdirektion zu do Zl 20001-MAT/515/12-2008

17.       E-Mail an: Abteilung 1 zu do Zl 20113-3126/205-2008

18.       E-Mail an: Abteilung 8 zu do Zl 20801-47.429/20-2008

 

zur gefl Kenntnis.