An das

GZ ● BKA-601.844/0001-V/5/2008

Abteilungsmail v@bka.gv.at

bearbeiterin Frau Dr Elisabeth GROIS

Pers. E-mail elisabeth.grois@bka.gv.at

Telefon 01/53115/2983

Ihr Zeichen BMI-LR1305/0001-III/1/2008                                 

 

Bundesministerium für

Inneres

Herrengasse 7
1014   Wien

mailto: bmi-III-1@bmi.gv.at

Antwort bitte unter Anführung der GZ an die Abteilungsmail

 

 

 

Betrifft:  Entwurf eines Bundesgesetzes Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die finanzielle Unterstützung von Personen, die durch Fliegerbombenblindgänger betroffen sind erlassen sowie das Waffengesetz 1996 (WaffG) geändert wird;

Begutachtung; Stellungnahme

 

 

Zum mit der do. oz. Note übermittelten Gesetzesentwurf samt Beilagen nimmt das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst wie folgt Stellung:

I. Allgemeines:

Zu legistischen Fragen darf allgemein auf die Internet-Adresse http://www.bundeskanzleramt.at/legistik hingewiesen werden, unter der insbesondere

·      die Legistischen Richtlinien 1990 (im Folgenden zitiert mit „LRL …“),

·      der ‑ für die Gestaltung von Erläuterungen weiterhin maßgebliche ‑ Teil IV der Legistischen Richtlinien 1979,

·      die Richtlinien für die Verarbeitung und die Gestaltung von Rechtstexten (Layout-Richtlinien) und

·      verschiedene, legistische Fragen betreffende Rundschreiben des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst

zugänglich sind.

Die Gemeinschaftsrechtskonformität des im Entwurf vorliegenden Bundesgesetzes ist vornehmlich vom do. Bundesministerium zu beurteilen.

II. Zum Gesetzesentwurf:

Zum Titel

Im Gesetzestitel hat die Bezugnahme auf die Abkürzung „(WaffG)“ zu entfallen (siehe LRL 100).

Zum Inhaltsverzeichnis

Die e‑rechtskonforme Gestaltung des Inhaltsverzeichnisses bedarf der Überarbeitung.

Zur Artikelbezeichnung

Die Grobgliederung der Artikelbezeichnung erfolgt entsprechend Punkt 2.5.6.2 der Layout‑Richtlinien in arabischen Ziffern (im Inhaltsverzeichnis ebenso wie bei den einzelnen Artikelüberschriften).

Zu Artikel 1 (Bundesgesetz über die finanzielle Unterstützung von Personen, die durch Fliegerbombenblindgänger betroffen sind)

Zu § 1 (Anwendungsbereich, Unterstützungsmittel)

Die Wendung "auf ihrem Grundstück" in Abs. 1 lässt nicht klar erkennen, welche Art(en) von Rechtsverhältnissen [Eigentum (§ 2 Abs. 3, Schlusssatz zu § 3, § 4 Abs. 1) oder andere?] der Personen zu den betroffenen Grundstücken erfasst sein sollen.

Gemäß Abs. 2 werden für die finanzielle Unterstützung Mittel des Bundes im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung zur Verfügung gestellt. Nach den Ausführungen in den Erläuterungen zu Abs. 2, wird dadurch zum Ausdruck gebracht, dass nur Bundesmittel zur Verfügung gestellt werden können ( ‑ Länder und Gemeinden hätten in ihrem Bereich nach der Anregung des Rechnungshofes entsprechende Initiativen zu veranlassen). Diese Ausführungen erscheinen mit Blick auf den Wortlaut der gegenständlichen Entwurfsbestimmung irreführend, zumal dadurch mehr über die kompetenzrechtliche Handlungsmöglichkeit der Länder gemäß Art. 17 B‑VG ausgesagt wird, als über das normierte Handlungsinstrumentarium des Bundes (im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung) ausgeführt wird.

Zu § 2 (Begriffsbestimmungen)

Abs. 3 definiert den Begriff der nahen Angehörigen unter anderem als Verwandte in gerader Linie einschließlich der Wahlkinder. Die Nichtberücksichtigung von Wahleltern in diesem Kontext wirft gleichheitsrechtliche Bedenken auf.

Zu § 3 (Unterstützungsvoraussetzungen)

In der einleitenden Wendung des § 3 erscheint die Formulierung „Finanzielle Unterstützung“ treffender als das Wort „Unterstützungsmittel“. Entsprechendes wäre auch in den Abs. 1 und 2 des § 4 zu berücksichtigen.

Der Entwurf lässt (auch mit Blick auf die Erläuterungen) unbestimmt, wann vom Vorliegen einer wirtschaftlichen Existenzbedrohung auszugehen ist.

Zu § 4 (Ansuchen)

Abs. 1 verwendet entgegen der sonst im Entwurfstext üblichen Textierung der „Fliegerbombenblindgänger“ den Begriff der „Kriegsrelikten“. In den Erläuterungen ist diese sprachliche Inkonsistenz häufiger. Eine Überprüfung bzw. Vereinheitlichung wird angeregt.

Zu Artikel 2 (Änderung des Waffengesetzes 1996)

Zum Einleitungssatz

Das Fundstellenzitat der letzten Änderung des Waffengesetzes 1996 ist auf „BGBl. I Nr. 4/2008“ zu berichtigen.

Zu Z 1 (§ 42 Abs. 4)

Mit Blick auf den geltenden § 42 Abs. 4 Waffengesetz 1996 gibt der im Entwurf vorliegende erste Satz die geltende Regelung wieder. Neu ist lediglich Abs. 4 zweiter Satz. Während im ersten Satz vom wohl weiter zu verstehenden Begriff des Kriegsmaterials zu lesen ist, knüpft zweiter Satz sprachlich an „sprengkräftige Kriegsrelikte“ an. Vor dem Hintergrund des Entwurfs zu Art. 1 scheint auch die Regelung des § 42 Abs. 4 zweiter Satz auf „Fliegerbombenblindgänger“ abzuzielen, was bejahendenfalls auch sprachlich auszudrücken wäre.

Zu Z 2 (§ 6 Abs. 8)

Die vorliegende Entwurfsbestimmung regelt das Inkrafttreten der Z 1 (§ 42 Abs. 4) rückwirkend mit 1. Juli 1997. Nach dem zweiten Satz soll sich für bestimmte gerichtsanhängige Verfahren gegen die Republik Österreich der „zeitliche Anwendungsbereich der Änderung von § 42 Abs. 4 nach den Regelungen des § 8 ABGB“ bestimmen. Festzuhalten ist dazu zunächst, dass die gewählte Formulierung nicht der legistischen Praxis entspricht. Intention und Anordnungsgehalt dieser Regelung sind schwer fassbar.

Die verwiesene Bestimmung des § 8 ABGB lautet:

§ 8. Nur dem Gesetzgeber steht die Macht zu, ein Gesetz auf eine allgemein verbindliche Art zu erklären. Eine solche Erklärung muß auf alle noch zu entscheidende Rechtsfälle angewendet werden, dafern der Gesetzgeber nicht hinzufügt, daß keine Erklärung bey Entscheidung solcher Rechtsfälle, welche die vor der Erklärung unternommenen Handlungen und angesprochenen Rechte zum Gegenstande haben, nicht bezogen werden solle.“

Die verwiesene Bestimmung normiert allgemein die Wirkung einer authentischen Interpretation durch Gesetzgebungsakt. Danach kommt dieser allgemein die Wirkung zu, dass sie auf alle noch zu entscheidenden Rechtsfälle anzuwenden sind. Rechtskräftig entschiedene Fälle bleiben von einer authentischen Interpretation unberührt; in der Sache handle es sich um eine versteckte Rückwirkung [siehe Wolff in Klang/Gschnitzer (Hrsg), Kommentar zum Allgemeinen bürgerliche Gesetzbuch, Erster Band, erster Halbband, 2. Auflage, § 8 ABGB, 107ff sowie Bydlinski in Rummel, ABGB, § 8)].

Über den zeitlichen Anwendungsbereich authentischer Interpretation findet sich in § 8 ABGB expressis verbis keine Aussage. Die Anordnung des rückwirkenden Inkrafttretens der geplanten Änderung des § 42 Abs. 4 erfließt nicht im Auslegungsweg über § 8 ABGB sondern kraft ausdrücklicher Regelung in § 62 Abs. 8 erster Satz. Welches gesetzgeberische Wollen hinter der Wendung bzw. dem Verweis steht, dass sich für gerichtsanhängige Verfahren gegen die Republik Österreich der zeitliche Anwendungsbereich der Änderung des § 42 Abs. 4 nach den Regelungen des § 8 ABGB bestimmt, ist nicht erkennbar.

Eine Überarbeitung wird empfohlen. 

III. Zu Vorblatt, Erläuterungen und Textgegenüberstellung:

Das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst weist auf sein Rundschreiben vom 6. November 2007, GZ 600.824/0005-V/2/2007 – betreffend Legistik und Begutachtungsverfahren; Vorblatt und Erläuterungen; Darstellung der Auswirkungen von Rechtssetzungsvorhaben ‑ hin, in denen insbesondere um eine detailliertere Strukturierung der Darstellung der Auswirkungen von Rechtssetzungsvorhaben im Vorblatt ersucht wurde.

1. Zum Vorblatt:

Wie dem Rundschreiben des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst vom 6. November 2007, GZ 600.824/0005-V/2/2007 ‑ betreffend: Legistik und Begutachtungsverfahren; Auswirkungen von Rechtssetzungsvorhaben auf die Beschäftigungslage in Österreich und auf den Wirtschaftsstandort Österreich; Gestaltung von Vorblatt und Erläuterungen – (Pkt. 6.1. ua.) zu entnehmen ist, dient das Vorblatt einer raschen Orientierungsmöglichkeit und sollte daher nur eine Seite und keinesfalls mehr als zwei Seiten umfassen. Die in das Vorblatt aufzunehmenden Informationen sollten zusammenfassenden Charakter haben. Die Darstellung von Einzelheiten sollte dem Allgemeinen Teil der Erläuterungen sowie allenfalls den dafür vorgesehenen Anlagen zu den Erläuterungen vorbehalten bleiben.

Besonders darf auf die Neugliederung des Vorblattes entsprechend Punkt 5 des oben genannten Rundschreibens und auf entsprechende Berücksichtigung bei den gegenständlichen Gesetzesentwürfen hingewiesen werden.

2. Zum Allgemeinen Teil der Erläuterungen:

Im Allgemeinen Teil der Erläuterungen wäre jeweils auch anzugeben, worauf sich die Zuständigkeit des Bundes zur Erlassung der vorgeschlagenen Neuregelungen gründet (Legistische Richtlinien 1979, Pkt. 94).

Als Angabe der Kompetenzgrundlage(n) genügt nicht die jeweilige, mehrere Kompetenztatbestände umfassende Ziffer des Art. 10 Abs. 1 B‑VG, vielmehr ist auch der Wortlaut des in Anspruch genommenen Kompetenztatbestandes zu nennen (Legistische Richtlinien 1979, Pkt. 94).

Gemäß § 14 Abs. 1 BHG ist jedem Entwurf für (ua.) ein Bundesgesetz von dem Bundesminister, in dessen Wirkungsbereich der Entwurf ausgearbeitet wurde, eine den Richtlinien gemäß § 14 Abs. 5 BHG entsprechende Darstellung der finanziellen Auswirkungen anzuschließen, aus der insbesondere hervorzugehen hat, wie hoch die durch die Durchführung der vorgeschlagenen Maßnahmen voraussichtlich verursachten Ausgaben oder Einnahmen sowie Kosten oder Erlöse für den Bund im laufenden Finanzjahr und mindestens in den nächsten drei Finanzjahren zu beziffern sein werden. Eine solche Darstellung kann dem vorliegenden Entwurf nicht entnommen werden.

Auf die finanziellen Folgen einer Missachtung von Verpflichtungen nach der Vereinbarung zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden über einen Konsultationsmechanismus und einen künftigen Stabilitätspakt der Gebiets­körperschaften, BGBl. I Nr. 35/1999, muss hingewiesen werden.

3. Zur Textgegenüberstellung:

Die Regierungsvorlage sollte – so wie bereits ein Begutachtungsentwurf! – eine Textgegenüberstellung zu der im Artikel 2 geplanten Änderung des Waffengesetzes 1996 enthalten (Pkt. 91 der Legistischen Richtlinien 1979).

Auf das Rundschreiben des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst vom 27. März 2002, GZ BKA-600.824/003‑V/2/2001 – betreffend Legistische Richtlinien; Gestaltung von Textgegenüberstellungen – ist hinzuweisen, insbesondere auf folgende Regeln:

·      Die Überschriften der Spalten „Geltende Fassung:“ und „Vorgeschlagene Fassung:“ sind zu Beginn jeder Seite zu wiederholen.

·      Es sollten jeweils jene Bestimmungen einander (auf gleicher Höhe) gegenübergestellt werden, die einander inhaltlich entsprechen.

·      Werden geltende Bestimmungen aufgehoben, hat die Spalte „Vorgeschlagene Fassung:“ frei zu bleiben, insbesondere sind keine Hinweise wie „aufgehoben“ oder „entfällt“ zu geben.

·      Für die Textgegenüberstellung sollte jeweils eine Zelle dieser Tabelle je Absatz verwendet werden (siehe dazu auch die technischen Hinweise des zitierten Rundschreibens).

Besteht umgekehrt, wie teilweise bei dem vorliegenden Vorhaben, zwischen Bestimmungen der geltenden Fassung und gleich nummerierten Bestimmungen der vorgeschlagenen Fassung keinerlei inhaltlicher Zusammenhang, so sollte auf eine solche Genauigkeit der Gegenüberstellung gleich nummerierter Bestimmungen besser – auch im Sinne einer Vermeidung von Leerräumen, wie sie bei Gegenüberstellung von Bestimmungen verschiedener Länge entstehen – unterhalb der Paragraphenebene verzichtet werden.

 

Diese Stellungnahme wird im Sinne der Entschließung des Nationalrates vom 6. Juli 1961 u.e. auch dem Präsidium des Nationalrats zur Kenntnis gebracht.

 

6. März 2008

Für den Bundeskanzler:

Georg LIENBACHER

 

 

 

 

Elektronisch gefertigt