An das

GZ ● BKA-602.023/0001-V/5/2008

Abteilungsmail v@bka.gv.at

bearbeiterin Frau Dr Angela JULCHER

Pers. E-mail angela.julcher@bka.gv.at

Telefon 01/53115/2288

Ihr Zeichen 92252/0002-I/B/6/2008

 

Bundesministerium für

Gesundheit, Familie und Jugend

 

Mit E-Mail:

alexandra.lust@bmgfj.gv.at

 

 

Antwort bitte unter Anführung der GZ an die Abteilungsmail

 

 

 

Betrifft:  Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Gesundheits- und Krankenpfleggesetz, das Ärztegesetz 1998, das Hausbetreuungsgesetz und die Gewerbeordnung 1994 geändert werden;

Begutachtung; Stellungnahme

 

 

Zum mit der do. oz. Note übermittelten Gesetzesentwurf samt Beilagen nimmt das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst wie folgt Stellung:

I. Allgemeines:

Zu legistischen Fragen darf allgemein auf die Internet-Adresse http://www.bundeskanzleramt.at/legistik hingewiesen werden, unter der insbesondere

·      die Legistischen Richtlinien 1990 (im Folgenden zitiert mit „LRL …“),

·      das EU-Addendum zu den Legistischen Richtlinien 1990 (im Folgenden zitiert mit „RZ .. des EU-Addendums“),

·      der ‑ für die Gestaltung von Erläuterungen weiterhin maßgebliche ‑ Teil IV der Legistischen Richtlinien 1979,

·      die Richtlinien für die Verarbeitung und die Gestaltung von Rechtstexten (Layout-Richtlinien) und

·      verschiedene, legistische Fragen betreffende Rundschreiben des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst

zugänglich sind.

Die Gemeinschaftsrechtskonformität des im Entwurf vorliegenden Bundesgesetzes ist vornehmlich vom do. Bundesministerium zu beurteilen.

II. Zum Gesetzesentwurf:

Zu Art. 1 Z 1 (§ 3 Abs. 3a GuKG):

§ 3 GuKG idF der Regierungsvorlage 435 BlgNR 23. GP trägt die – seinem bisherigen Inhalt entsprechende – Überschrift „Geltungsbereich“. Konsequenterweise sollte auch die Regelung des vorgeschlagenen Abs. 3a als Ausnahme vom Geltungsbereich des GuKG formuliert werden („Folgende Tätigkeiten werden, solange […], durch dieses Bundesgesetz nicht berührt:“). Als weitere Beschränkung dieser Ausnahme könnte vorgesehen werden, dass sie nur dann gilt, wenn die Tätigkeiten außerhalb von Einrichtungen erfolgen, die der medizinischen, pflegerischen oder psychosozialen Behandlung oder Betreuung dienen (vgl. den vorgeschlagenen § 3b Abs. 2 Z 3). Hingegen erscheint die Voraussetzung, dass die Tätigkeiten „im Rahmen der Unterstützung betreuungsbedürftiger Menschen“ erfolgen müssen, wenig zweckmäßig, würde das doch im Umkehrschluss bedeuten, dass die gleichen Tätigkeiten, wenn sie für nicht „betreuungsbedürftige“ Menschen erbracht werden – wobei dieser Begriff definiert werden müsste –, die Berechtigung zur Ausübung eines Gesundheits- und Krankenpflegeberufs erfordern.

Ist hingegen beabsichtigt, nicht bestimmte Tätigkeiten vom Geltungsbereich des GuKG auszunehmen, sondern hinsichtlich dieser Tätigkeiten besondere Ermächtigungen für in der Personenbetreuung nach dem Hausbetreuungsgesetz bzw. nach § 159 GewO 1994 tätige Personen (sowie allenfalls für „persönliche Assistenten“ von Menschen mit körperlichen Funktionsbeeinträchtigungen) zu normieren, so sollte dies aus systematischen Gründen nicht in § 3, sondern im vorgeschlagenen § 3b erfolgen.

Zu Art. 3 Z 2 (§ 1 Abs. 4 und 5 HBeG):

Statt „Als Betreuung gelten …“ sollte es – im Einklang mit Abs. 3 – besser heißen: „Betreuung umfasst …“.

Die Einschränkung, dass in den §§ 14 Abs. 2 Z 4 und 15 Abs. 7 Z 1 bis 5 GuKG genannte Tätigkeiten nur dann als Betreuung gelten, wenn sie „von der Betreuungskraft an der betreuten Person nicht überwiegend erbracht werden“, erscheint unklar: Soll damit ausgeschlossen werden, dass die genannten Tätigkeiten innerhalb der Gesamtbetreuungstätigkeit überwiegen, oder soll verhindert werden, dass diese Tätigkeiten überwiegend von der Betreuungskraft nach dem HBeG – und nicht von einem Angehörigen eines Gesundheits- und Krankenpflegeberufs – erbracht werden? Geht es darum, dass die pflegerischen Tätigkeiten nicht überwiegen sollen, so wäre es vorzuziehen, nicht den Betreuungsbegriff, sondern den Anwendungsbereich des HBeG entsprechend einzugrenzen (zB: „Dieses Bundesgesetz ist nicht anzuwenden, wenn überwiegend in den §§ 14 Abs. 2 Z 4 und 15 Abs. 7 Z 1 bis 5 GuKG genannte Tätigkeiten erbracht werden“). Soll hingegen vermieden werden, dass bestimmte qualifizierte Pflegetätigkeiten an einer betreuten Person überwiegend von einem medizinischen Laien erbracht werden, so sollte dies zweckmäßigerweise im GuKG geregelt werden.

Im Übrigen scheinen in der vorgeschlagenen Umschreibung der Betreuungstätigkeiten sonstige gemäß § 3b GuKG übertragene Tätigkeiten zu fehlen.

Zu Art. 4 (§ 159 GewO 1994):

Mit den vorgeschlagenen Ergänzungen des § 159 GewO 1994 werden im Wesentlichen die Berechtigungen wiederholt, die sich bereits aus dem GuKG und dem ÄrzteG 1998 in der Fassung des Entwurfs ergeben; in kompetenzrechtlicher Hinsicht können sie sich – als Ausnahmen von den jeweiligen Berufsvorbehalten – auf den Kompetenztatbestand „Gesundheitswesen“ (Art. 10 Abs. 1 Z 12 B‑VG) stützen. Da es sich demnach um gesundheitsrechtliche Regelungen handelt, sollten sie aus systematischen Gründen ausschließlich im GuKG und nicht auch in der GewO 1994 getroffen werden.

Ist hingegen eine Änderung des Berufsbildes des „Personenbetreuers“ beabsichtigt, so könnte dies in kompetenzrechtlicher Hinsicht problematisch sein: Die Kompetenz der Bundesgesetzgebung zur Regelung eines Gewerbes, das zu einem wesentlichen Teil in pflegerischen und sozialen (Hilfs-)Tätigkeiten besteht, kann nämlich mit dem Argument bestritten werden, dass der Kompetenztatbestand „Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie“ (Art. 10 Abs. 1 Z 8 B‑VG) nicht auch die Regelung von Sozialberufen umfasst, die demnach – in Ermangelung einer anderen Bundeskompetenz – gemäß Art. 15 Abs. 1 B‑VG Landessache ist (vgl. dazu schon die Stellungnahme des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst im Begutachtungsverfahren zum Entwurf eines Hausbetreuungs­gesetzes, GZ BKA‑600.619/0024-V/A/5/2007). Tätigkeiten wie die Unterstützung bei der Nahrungs-, Flüssigkeits- und Arzneimittelaufnahme, die Unterstützung bei der Körperpflege und die Unterstützung bei der Benützung von Toilette oder Leibstuhl einschließlich Hilfestellung beim Wechsel von Inkontinenzprodukten gehören aber im Wesentlichen zum Berufsbild eines Heimhelfers (vgl. Anl. 1 der Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern über Sozialbetreuungsberufe, BGBl. I Nr. 55/2005).

Abschließend wird darauf hingewiesen, dass die Novellierungsanordnung wie folgt lauten sollte: „Der bisherige Text des § 159 erhält die Absatzbezeichnung „(1)“, ...“

III. Zu Vorblatt, Erläuterungen und Textgegenüberstellung:

1. Zum Vorblatt:

Unter „Alternativen“ wären andere Wege zur Erreichung der angestrebten Ziele als die im Gesetzesentwurf gewählten Lösungen anzugeben (vgl. das Rundschreiben des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst vom 6. November 2007, GZ 600.824/0005-V/2/2007, Pkt. 7); in diesem Sinne kommt die Beibehaltung der geltenden Rechtslage nicht als zur Zielerreichung geeignete, und daher auch nicht als im Vorblatt anzugebende, Alternative in Frage.

2. Zum Besonderen Teil der Erläuterungen:

Im Besonderen Teil der Erläuterungen, aber auch in der Textgegenüberstellung, wird die Änderung der GewO 1994 als „Artikel 3“ (statt richtig „Artikel 4“) bezeichnet.


Diese Stellungnahme wird im Sinne der Entschließung des Nationalrates vom 6. Juli 1961 u.e. auch dem Präsidium des Nationalrats zur Kenntnis gebracht.

 

12. Februar 2008

Für den Bundeskanzler:

Georg LIENBACHER

 

 

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