An das

Bundesministerium für

Land- und Forstwirtschaft

Umwelt und Wasserwirtschaft

 

Stubenbastei 5

1010 Wien

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ihr Zeichen

BMLFUW-UW-

1.2.2/0120-V/2/2007

Ihr Schreiben vom

01.02.2008

Unser Zeichen

HGD-304/08

HGR-437/08 ST 8.3

Hr. Dr. Pfeiffer ( 464

* Thomas.Pfeiffer@auva.at

 

Datum

21. März 2008

Betrifft:

Entwurf für ein Chemikaliengesetz 2008-03-21(ChemG2008)

Anpassungen in Zusammenhang mit der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (REACH)

Begutachtungsverfahren

Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Püj, 17.3.2008

 

 

Die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt dankt für die Übersendung des Entwurfes für ein ChemG 2008. Dem Chemikalienrecht kommt – komplementär zu einschlägigen Arbeitsrechtsbestimmungen – große Bedeutung auch hinsichtlich des Gesundheitsschutzes der ArbeitnehmerInnen bei der Arbeit zu. Das Chemikaliengesetz ist daher insbesondere auch von betrieblichen Verantwortungs- und Funktionsträgern, zB ArbeitgeberInnen, BetriebsleiterInnen, Sicherheitsfachkräften, ArbeitsmedizinerInnen, Sicherheitsvertrauenspersonen usw. zu handhaben und anzuwenden.

 

Die Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt nimmt als Träger der gesetzlichen Unfallversicherung, der mit dem gesetzlichen Auftrag zur Verhütung von Berufskrankheiten und Arbeitsunfällen ausgestattet ist und im Rahmen seiner Präventionsarbeit Aus- und Fortbildungen sowie Tagungen für die oben genannten Zielgruppen insbesondere im Bereich des sichereren Umgangs mit chemischen Arbeitsstoffen und zur Giftsachkunde durchführt, aus dem Blickwinkel der Erfordernisse von Gesundheitsschutz und Sicherheit bei der Arbeit wie folgt Stellung.

 

Als besonders wichtiges und dringliches Anliegen ist hervorzuheben, dass durch das neue Chemikalienrecht keinerlei Verschlechterungen hinsichtlich der für den Gesundheitsschutz bei der Arbeit bereitzustellenden Informationen betreffend gefährliche Inhaltsstoffe eintreten dürfen. Dies betrifft sowohl die Beistellung von Sicherheitsdatenblättern für nicht als gefährlich eingestufte Zubereitungen wie auch die Nennung gefährlicher Einzelkomponenten im Sicherheitsdatenblatt einer gefährlichen Zubereitung, sowie die hinreichend klare Identifizierung der gefährlichen Inhaltsstoffe. Hervorzuheben sind weiters die Rechtstellung der – in der Regel im Angestelltenverhältnis stehenden – „Giftbeauftragten“ sowie Anliegen der Rechtsklarheit und Rechtsbereinigung.

 

 

Zu § 2 Z 15, 25 und 35 – „gewerblich“:

Übersetzungsmängel oder mit der österreichischen Rechtssprache nicht kompatible Übersetzungen dürfen nach Dafürhalten der Anstalt in das ChemG 2008 nicht übernommen werden.

 

Die Übersetzung „professional activities“, „professional use“ bzw „professional user“ mit „gewerblicher Tätigkeit“ (Z 15), „gewerblicher Verwendung“ (Z 25) bzw „gewerblicher Anwender“ (Z 35) ist im Kontext des österreichischen Rechts falsch, denn unter gewerblicher Tätigkeit oder gewerblicher Anwendung wird in Österreich ein solche verstanden, die unter die Gewerbeordnung fällt.

 

Jedoch gibt es – auch in Österreich – eine Vielzahl von Tätigkeiten und VerwenderInnen von Chemikalien, die ihre Tätigkeiten nicht „gewerblich“ ausüben, sondern beruflich. Diese reichen etwa von den Künsten über die Heilkunde, die Landesverteidigung, die forstwirtschaftliche Urproduktion, die Universitäten oder öffentlichen Versuchsanstalten bis zum Unterricht. In diesem Sinne betont auch der geltende § 25 Abs 2 Z 1 ChemG 1996 expressis verbis, dass über den gewerblichen Bereich hinauszugehen ist.

 

Es würde zu einer unrichtigen Anwendung der REACH-Verordnung in Österreich führen, wenn zB unter einem „Abnehmer eines Erzeugnisses“ nur (wie im Entwurf enthalten) „gewerbliche Anwender“ verstanden würden, nicht aber berufliche Anwender – und letzteren in der Folge wesentliche Sicherheitsinformationen nicht übermittelt werden müssten.

 

In Artikel 88 Abs 1, in Artikel 105 und in Anhang II Z 4 REACH-V wird „professional“ korrekt mit „beruflich“ übersetzt. Auch der § 4 Abs 1, der § 17 Abs 1 Z 1 und 2 sowie der Abschnitt II des Entwurfes beziehen die Geltung des ChemG richtiger Weise auf die berufliche Tätigkeit.

 

In § 2 Z 15, 25 und 35 soll daher zutreffend und im Interesse der Klarheit von „beruflicher“ Anwendung/Tätigkeit gesprochen werden.

 

Als Alternative, die jedoch keineswegs empfohlen wird, wäre die Klarstellung des Begriffs „gewerblich im Sinne des ChemG 2008“ durch Anfügung einer eigenen Begriffsbestimmung möglich.

 

 

Zu § 4 Abs 1:

Abs 1 legt klar, dass das ChemG für jedes Herstellen, Inverkehrbringen und Verwenden von Stoffen/Gemischen/Erzeugnissen im Rahmen einer beruflichen Tätigkeit gelten soll.

Da mit § 31 jedoch nunmehr auch nicht-berufsmäßigen VerwenderInnen Pflichten auferlegt werden, wäre § 4 Abs 1 – allenfalls durch einen ergänzenden Satz – entsprechend anzupassen.

 

 

Zu § 5 Abs 2:

Vorgeschlagen wird eine (nicht ins Detail gehende) Verankerung der bereits bewährten Österreichischen REACH-Plattform im ChemG. An den § 5 Abs 2 könnte daher folgender Satz angefügt werden:

Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft hat zu seiner Beratung im Zusammenhang mit der Vollziehung und Weiterentwicklung der stoffrechtlichen Regelungen, insbesondere jenen der Europäischen Gemeinschaft, und zur Koordination der Tätigkeiten der im vorangehenden Satz genannten Vertreter einen Beirat einzurichten und regelmäßig einzuberufen.

 

 

Zu § 5 Abs 3:

Erwähnt werden sollte auch die Zuständigkeit des BMLFUW, Mitteilungen gemäß Artikel 48 und Artikel 49 REACH-V und Meldungen gemäß Artikel 45 Abs 5 und Artikel 124 an die ECHA zu richten. Diese Bestimmungen scheinen für die Vollziehung von REACH   ebenfalls besonders wesentlich und sollten in § 5 angeführt werden.

 

Angemerkt wird, dass sich die Verweisung auf Artikel 69 Abs 3 richtig auf Artikel 69 Abs 4 REACH-V beziehen sollte.

 

 

Zu § 13 Abs 1:

Die Zentralbestimmung der allgemeinen Sorgfaltspflicht sollte umfassend gelten und keine unerwünschten Lücken offen lassen.

Es erscheint als ratsam, eine Gesetzesgrundlage vorsorglich auch für eine allfällig mit Verordnung zu fordernde Sachkunde zum Umgang mit gefährlichen Erzeugnissen zu schaffen, da sich erst in Zukunft zeigen wird, was alles als „Erzeugnis“ im Sinne der REACH-Definition anzusehen sein wird.

 

Der letzte Satz des vorgeschlagenen Abs 1 bedarf der Überarbeitung. Er lautet:

„Wer gefährliche Stoffe, gefährliche Gemische oder gefährliche Erzeugnisse (Fertigwaren) verwendet oder als Abfall behandelt, hat insbesondere die Kennzeichnung auf Verpackungen oder in Beipacktexten sowie, am Arbeitsplatz, die im Sicherheitsdatenblatt enthaltenen Hinweise zu befolgen.“

 

1.  „Gefährliche“ Stoffe usw.

Die Pflicht, Kennzeichnung bzw Beipackinformationen oder – am Arbeitsplatz – die Hinweise des Sicherheitsdatenblattes zu befolgen, darf nicht auf gefährliche Stoffe, gefährliche Gemische oder gefährliche Erzeugnisse beschränkt bleiben.

Vielmehr sind Sicherheitsdatenblätter bereits nach § 21 Abs 3 des Entwurfs auch für Zubereitungen, die zwar nicht als gefährlich eingestuft sind, aber zumindest einen gefährlichen Inhaltsstoff enthalten und bestimmten Voraussetzungen entsprechen, erforderlich.

 

Die Anstalt tritt daher mit Nachdruck dafür ein, dass auch für sämtliche sonstige Gemische, für die ein Sicherheitsdatenblatt vorliegt, die in diesem enthaltenen Hinweise zu befolgen sind.

 

2.   Befolgungspflicht „am Arbeitsplatz“

Die Pflicht, am Arbeitsplatz die im Sicherheitsdatenblatt enthaltenen Hinweise zu befolgen, greift einerseits zu kurz und gerät andererseits potenziell in Konflikt mit anderen Bundesgesetzen.

Am Arbeitsplatz sind – in einer erheblichen Zahl von Fällen – nicht nur die im Sicherheitsdatenblatt enthaltenen Hinweise zu befolgen. Vielmehr sind (zB nach Arbeitnehmerschutzbestimmungen) ggfs weitere Schutzmaßnahmen zu ergreifen, auch wenn diese im Sicherheitsdatenblatt nicht aufscheinen sollten. (Die eigene Verantwortung des nachgeschalteten Anwenders zur Festlegung der Maßnahmen jeweils zur angemessenen Beherrschung der Risiken ergibt sich auch aus REACH.)

 

Am Arbeitsplatz werden weiters – ebenfalls in vielen Fällen – andere als die im Sicherheitsdatenblatt genannten Maßnahmen anzuwenden sein, etwa wenn Arbeitnehmerschutzvorschriften andere Maßnahmen anordnen oder eine andere Rangfolge von Maßnahmen vorsehen. Verweist beispielsweise das Sicherheitsdatenblatt auf die Verwendung von Atemschutz, so ist dieser SDB-Hinweis am Arbeitsplatz etwa dann unerheblich und unbeachtlich, wenn auf Grund des Arbeitnehmerschutzrechts zuerst Punktabsaugung und Raumlüftung angewandt werden müssen. Zu betonen ist, dass Arbeitsrecht (insbesondere Arbeitnehmerschutzvorschriften) von REACH nicht berührt werden.

 

Auch hier äußert die Anstalt nachdrücklich den Wunsch nach einer Textierung, die in der Praxis keinerlei Raum für Fehlinterpretationen lässt.

 

Zusammenfassend wird die für den letzten Satz von § 13 Abs 1 vorgeschlagen:

Wer gefährliche Stoffe, gefährliche Erzeugnisse (Fertigwaren), gefährliche Gemische oder Gemische, für die ein Sicherheitsdatenblatt erforderlich ist, verwendet oder als Abfall behandelt, hat insbesondere die Kennzeichnung auf Verpackungen oder in Beipacktexten sowie, am Arbeitsplatz, die im Sicherheitsdatenblatt enthaltenen Hinweise zu befolgen, soweit nicht insbesondere Arbeitnehmerschutzbestimmungen weitergehende oder andere Maßnahmen erfordern.

 

 

Zu § 15 Abs 1:

Abs 1 scheint eine unvollständige Wiederholung von Artikel 36 REACH-V darzustellen. Artikel 36 verpflichtet nämlich auch nachgeschaltete Anwender, also berufsmäßige Verwender, zur Aufbewahrung der genannten Informationen. Der im Entwurf verwendete Begriff „Lieferant“ (§ 2 Z 32 und 33) umfasst jedoch nur solche Akteure, die den Stoff oder das Erzeugnis (auch) in Verkehr bringen.

 

Dies trifft auch für die Bezugnahme auf „Lieferanten“ in § 16 Abs 1 zu.

 

Um Missinterpretationen zu vermeiden, sollte die Wiedergabe vollständig erfolgen und im Interesse der Anwenderfreundlichkeit des ChemG auch der Beginn der 10-Jahres-Frist wiedergegeben werden.

 

 

Zu §§ 15 bzw 16 – Zur Einsichtnahme Berechtigte:

Auch den Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung sollte ein Einsichtsrecht in die gemäß §§ 14 und 15 bereit gehaltenen Informationen eingeräumt werden.

 

Die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung benötigen zu Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben im Rahmen der Prävention wie auch zur Erhebung und leistungsrechtlichen Beurteilung von Berufskrankheitsmeldungen und Arbeitsunfällen, zB von akuten Vergiftungen, Zugang zu Daten, die auf Grund des Chemikalienrechts gegebenenfalls in den Firmen vorliegen müssen.

 

Gemäß ASVG sind die fachkundigen Organe des Trägers der Unfallversicherung berechtigt, die Betriebe (Anstalten, Einrichtungen, Hochschulen, Schulen und dergleichen) zu betreten und zu besichtigen. Um zum Zweck der Schadenserhebung und der Prävention Stoffdaten verknüpfen und beurteilen zu können, sollen die Unfallversicherungsträger im Einzelfall in ChemG- und REACH-Daten Einsicht nehmen können, soweit sie diese für die Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen. Hingegen werden etwa Daten über die von einer bestimmten Firma produzierten Mengen eines Stoffs zur Erfüllung der Aufgaben der gesetzlichen Unfallversicherung nicht erforderlich sein und daher nicht nachgefragt werden.

 

Die Organe der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung stehen unter einer besonderen Verschwiegenheitspflicht (§ 460a ASVG), nach der die fachkundigen Organe der Unfallversicherung über das „normale“ Amtsgeheimnis hinaus über alle ihnen bei Ausübung ihres Dienstes bekannt gewordenen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse, insbesondere über die ihnen als geheim bezeichneten Betriebseinrichtungen, Betriebsmittel, Arbeitsstoffe, Arbeitsvorgänge oder Arbeitsverfahren sowie sonstige Eigentümlichkeiten der Betriebe Verschwiegenheit zu beobachten haben.

 

In § 15 und/oder § 16 sollte daher das Recht der Organe des Trägers der Unfallversicherung aufgenommen werden, in die gemäß §§ 14 und 15 bereitzuhaltenden Informationen, soweit sie diese für die Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen, Einsicht zu nehmen.

 

Gegen die Festlegung eines analogen Rechtes für die zur Wahrnehmung des Arbeitnehmerschutzes berufenen Behörden bestünde kein Einwand.

 

 

Zu § 15 – Erforderliche Dokumentation gemäß Artikel 39 REACH – Fehlende Dokumentation:

 

Artikel 39 REACH-V lautet:

(1)  Nachgeschaltete Anwender müssen die Anforderungen des Artikels 37 [Stoffsicherheitsbeurteilungen durch nachgeschaltete Anwender…] spätestens 12 Monate nach Erhalt einer Registrierungsnummer erfüllen, die ihnen von ihren Lieferanten in einem Sicherheitsdatenblatt übermittelt wird.

(2)  Nachgeschaltete Anwender müssen die Anforderungen des Artikels 38 [Mitteilungspflicht des nachgeschalteten Anwenders] spätestens sechs Monate nach Erhalt einer Registrierungsnummer erfüllen, die ihnen von ihren Lieferanten in einem Sicherheitsdatenblatt übermittelt wird.

 

Für die Erfüllung der sich aus Artikel 39 REACH-V ergebenden Rechtspflichten kommt es auf den Zeitpunkt an, zu dem ein Lieferant bestimmte Daten übermittelt hat. Um überhaupt die Kontrolle der Einhaltung zu ermöglichen, muss daher der Lieferant zur Dokumentation der Zeitpunkte verpflichtet werden, an denen er die entsprechenden Registrierungsnummern übermittelt hat. Da in der REACH-V selbst eine solche Verpflichtung nicht erkennbar ist, obliegt ihre Festlegung der innerstaatlichen Gesetzgebung.

 

Diese sollte günstiger Weise in § 15 erfolgen.

 

 

Zu § 20 Abs 1:

Die Kennzeichnungspflicht im Zusammenhang mit der Verwendung wird grundsätzlich begrüßt.

Eine Durchführungsverordnung (§ 20 Abs 4) wird in gerechtfertigten Fällen für selbst abgefüllte Standgefäße eine vereinfachte Kennzeichnung vorzusehen haben.

 

 

Zu § 21 – Sicherheitsdatenblatt (SDB):

Die unveränderte Gesetzwerdung des ChemG-Entwurfes würde erhebliche Verschlechterungen im Bereich des Gesundheitsschutzes bei der Arbeit zur Folge haben.

 

Nach geltendem Recht ist auf Verlangen jedem berufsmäßigen Empfänger ein SDB für jene Zubereitungen zu übermitteln, die einen gesundheitsgefährlichen Stoff oder einen Stoff enthält, der nach arbeitnehmerschutzrechtlichen Vorschriften einen österreichischen Arbeitsplatz-Grenzwert hat oder der eine Untersuchungspflicht im Rahmen der Gesundheitsüberwachung am Arbeitsplatz auslöst, wenn dieser Stoff in einer Einzelkonzentration von mindestens 1 Gew-% (in gasförmigen Zubereitungen mindestens 0,2 Vol-%) enthalten ist (§ 25 Abs 5 ChemV 1999, Anhang F Z 2 zur ChemV 1999).

 

Nach geltendem Recht müssen weiters im SDB einer als gefährlich eingestuften Zubereitung, jedenfalls auch jene Bestandteile mit ihren jeweiligen Konzentrationen oder Konzentrationsbereichen angegeben werden, für die in der Grenzwerteverordnung Luftgrenzwerte am Arbeitsplatz festgelegt sind.

 

Hervorzuheben ist hier, dass es sich um österreichische Luftgrenzwerte am Arbeitsplatz und um nach österreichischen Untersuchungspflichten im Rahmen der Gesundheitsüberwachung am Arbeitsplatz, dh um österreichische ArbeitnehmerInnenschutzbestimmungen handelt, deren Vollziehung hierdurch ermöglicht wird.

 

Die genannten, geltenden Bestimmungen sind für die Vollziehbarkeit der österreichischen ArbeitnehmerInnenschutzregelungen unverzichtbar und müssen nach Dafürhalten der Anstalt jedenfalls beibehalten werden. Befürwortet wird ihre Verankerung im ChemG 2008. Für den Fall ihrer Festschreibung in einer Verordnung wäre für sie im ChemG eine ausreichende Verordnungsgrundlage erforderlich.

 

Begründung:

Die REACH-Verordnung stellt nur auf „gemeinschaftliche Grenzwerte für die Exposition am Arbeitsplatz“ bzw auf „von der Gemeinschaft vorgeschriebene Grenzwerte für die Exposition am Arbeitsplatz“ ab. Abgesehen davon, dass diese Begriffe unscharf sind, gibt es – je nach Auslegung – nur 4 von der Gemeinschaft vorgeschriebene Grenzwerte für die Exposition am Arbeitsplatz (Asbest, Holzstaub, Vinylchlorid, Benzol), nur 1 „verbindlichen Biologischen Grenzwert“ (Blei) und, selbst bei weiter Auslegung, nur 85 „indikative“ Richtgrenzwerte.

 

Es handelt sich also um eine wesentlich geringere Anzahl „gemeinschaftlicher Grenzwerte“ verglichen mit der Zahl der nach österreichischem Arbeitsrecht einzuhaltenden Grenzwerte. Die Folge eines Abgehens von österreichischen Grenzwerten wäre eine nicht hinnehmbare Verringerung des Schutzniveaus. Hingegen sind sämtliche auf EG-Ebene festgelegten oder empfohlenen Grenzwerte in den österreichischen Vorschriften umgesetzt und abgedeckt.

 

1. Beispiel:

Für ein gewerbliches Beizmittel ist kein SDB erhältlich, weil für den enthaltenen gesundheitsschädlichen Inhaltsstoff (zB 20 % eines Xn-Stoffes) kein „gemeinschaftlicher Grenzwert“ besteht. In Österreich gilt aber ein Luftgrenzwert und/oder die Einwirkung des Xn-Stoffes müsste die entsprechende Gesundheitsüberwachung auslösen.

 

Falls ein SDB künftig nicht mehr erhältlich wäre, könnten weder der Arbeitgeber, noch seine Präventivfachkräfte noch die Arbeitsinspektion die Erfüllung der nach österr. Arbeitsrecht bestehenden Messpflicht und/oder Untersuchungspflicht veranlassen oder überprüfen.

 

Selbst als „giftig“ eingestufte Bestandteile der Zubereitung würden in der Regel erst bei 3 % (Kennzeichnungsgrenze) die Vorlage eines SDB bewirken. Bestimmte giftige Arsen- oder Quecksilberverbindungen dürften im gewerblichen Beizmittel in Konzentration bis zu 3 % enthalten sein, ohne dass dies – anders als bisher – für den ArbeitnehmerInnenschutz (mittels SDB) bekannt zu geben wäre, denn es sind keinerlei EG-Grenzwerte für Arsen- oder Quecksilber(verbindungen) festgelegt.

 

Der Arbeitgeber könnte somit seine Pflicht, die entsprechenden Mess- und Untersuchungspflichten auszulösen, nicht erfüllen. Die mögliche gesundheitliche Gefährdung der Beschäftigten würden– anders als bisher – nicht erkannt werden.

 

2. Beispiel:

Für eine gefährliche Zubereitung ist ein SDB zu liefern. Für giftige oder gesundheitsschädliche Komponenten dieser Zubereitung sind jedoch nur im österreichischen Arbeitsrecht Grenzwerte und/oder die Gesundheitsüberwachung vorgeschrieben. „Gemeinschaftliche Grenzwerte“ bestehen nicht.

 

Falls das mitgelieferte SDB künftig die in der Zubereitung enthaltenen Komponenten mit österreichischem Grenzwert oder Gesundheitsüberwachungsbedarf nicht mehr anführt, könnten weder der Arbeitgeber, noch seine Präventivfachkräfte noch die Arbeitsinspektion die Erfüllung der nach österr. Arbeitsrecht bestehenden Messpflicht und/oder Untersuchungspflicht einhalten oder überprüfen. Einzelne Xn-Stoffe in der Mischung wären in diesem Fall nur anzugeben, wenn sie in dieser in einem Gehalt ab 10 % bzw ab 25 % enthalten sind, selbst wenn für diese Stoffe österr. Mess- und/oder Untersuchungspflichten einzuhalten sind.

 

Nach unbestrittener Auffassung können und dürfen Regelungen, die dem ArbeitnehmerInnenschutz dienen, von REACH nicht betroffen sein. Dies ergibt sich nicht nur aus der Stützung von REACH als Verordnung auf Artikel 95 EGV (Binnenmarkt), sondern weiters auch aus den Erwägungsgründen 5 und 12 und Artikel 2 Abs 4 REACH-V.

 

Artikel 128 Abs 2 REACH-V bestätigt ausdrücklich das Recht der Mitgliedstaaten, innerstaatliche, dem ArbeitnehmerInnenschutz dienende Vorschriften in jenen Fällen beizubehalten oder sogar neu einzuführen, in denen die Anforderungen an das Inverkehrbringen oder die Verwendung mit der REACH-V nicht harmonisiert werden. Dies entspricht dem Artikel 137 EGV, nach dem am Gebiet des Schutzes der Gesundheit und der Sicherheit der ArbeitnehmerInnen keine Harmonisierung stattfindet, sondern Mindest-Richtlinien erlassen werden. Die Verwendung von Chemikalien und Zubereitungen durch ArbeitnehmerInnen bei der Arbeit wird durch die REACH-Verordnung nicht harmonisiert.

 

Die Beibehaltung der auf österreichische Arbeitsplatz-Grenzwerte und Untersuchungspflichten abstellenden Bestimmungen ist somit nicht nur erforderlich, sondern nach EG-Recht auch ausdrücklich zulässig.

 

Es wird daher folgender § 21 Abs 3 vorgeschlagen:

Sicherheitsdatenblätter sind auch für (Gemische) Zubereitungen zu übermitteln, die zwar nicht als gefährlich eingestuft sind, aber zumindest den Voraussetzungen des Art. 31 Abs. 3 der REACH-Verordnung entsprechen oder einen gesundheitsgefährlichen Inhaltsstoff, für den in den arbeitnehmerschutzrechtlichen Vorschriften Grenzwerte für die Exposition am Arbeitsplatz oder Untersuchungspflichten festgelegt sind, in einer Einzelkonzentration gemäß Art. 31 Abs. 3 lit. a der REACH-Verordnung enthalten.

 

Eine automatische Übermittlung der SDBs auch von Gemischen, die nicht als gefährlich eingestuft sind und die die angeführten Kriterien (zB 1% Stoff mit Grenzwert) erfüllen, ist wünschenswert, würde den Firmen die Erfüllung ihrer Aufgaben erleichtern, ist EG-rechtlich zulässig und wird angeregt.

 

 

Um die bisherige (siehe oben) Nennung gesundheitsgefährlicher Einzelkomponenten mit arbeitsrechtlichem österr. Luftgrenzwert oder Gesundheitsüberwachung im SDB für die Erfordernisse des ArbeitnehmerInnenschutzes weiterhin sicherzustellen, wird vorgeschlagen, folgenden Satz an den § 21 Abs 1 anzufügen:

Soweit es zur Einhaltung arbeitnehmerschutzrechtlicher Beurteilungs-, Mess- und Untersuchungspflichten erforderlich ist, sind im Sicherheitsdatenblatt eines gefährlichen Gemisches die Inhaltsstoffe, für die Grenzwerte oder Untersuchungspflichten festgelegt sind, anzugeben.

 

 

Zu § 21 Abs 2:

Die Intention der vorgeschlagenen Bestimmung („Auf Verlangen ist das Sicherheitsdatenblatt … jedem Abnehmer, der danach verlangt, kostenlos zu übermitteln“) wird ausdrücklich begrüßt.

 

Es ist jedoch unbedingt notwendig, die positive Absicht, die dem bewährten geltenden Recht entspricht, zweifelsfrei zum Ausdruck zu bringen. Unter „Abnehmern eines Stoffes oder eines Gemisches“ sind gemäß der Begriffsbestimmung in § 2 Z 34 iVm § 2 Z 15 des Entwurfs ausdrücklich Verbraucher nicht zu verstehen.

 

Die Bezugnahme auf „Abnehmer“ würde somit (End)Verbraucher (englisch: consumers) ausschließen und die Regelungsabsicht zerstören.

 

Da der Begriff „Verbraucher“ im Entwurf bereits eingeführt ist, sollte in der Textierung abgestellt werden auf „…jeden Verbraucher, der danach verlangt, …“ oder „…jeden Verbraucher und Abnehmer, der danach verlangt, …“.

 

 

Zu § 21 Abs 4:

Hinsichtlich der innerstaatlichen Vorschriften bleibt der Anhang II der REACH-V sehr unbestimmt:

„Nach Möglichkeit ist auch auf nationale Rechtsvorschriften zur Umsetzung dieser Bestimmungen und auf andere einschlägige nationale Maßnahmen hinzuweisen.“ (Pkt 15, Angaben zu Rechtsvorschriften). „Anzugeben sind einschlägige Gemeinschaftsbestimmungen über die Abfallentsorgung. Fehlen solche, so sollte der Verwender darauf hingewiesen werden, dass möglicherweise nationale oder regionale Bestimmungen zu beachten sind.“ (Pkt 13).

 

Für Stoffe (Zubereitungen), die in Österreich in Verkehr gebracht werden, sollte das SDB jedoch Hinweise auf die österreichischen Vorschriften zu enthalten haben.

Es wird daher angeregt, den geltenden Satz aus § 25 Abs 4 ChemG 1996 zu übernehmen und anzufügen:

Im Sicherheitsdatenblatt muss weiters auf die in Österreich geltenden Rechtsvorschriften hingewiesen werden, die dem Schutz der Gesundheit, der Umwelt oder dem Schutz der Arbeitnehmer vor gefährlichen Stoffen und Gemischen (Zubereitungen) dienen.

 

 

Zu § 21 Abs 5:

Nach Artikel 36 REACH-V hat jeder Hersteller, Importeur, nachgeschaltete Anwender und Händler sämtliche gemäß REACH für seine Aufgabenerfüllung erforderlichen Informationen zusammenzutragen und für mindestens zehn Jahren nach der letzten Herstellung, Einfuhr, Lieferung oder Verwendung zur Verfügung zu halten. (Siehe § 15 des Entwurfs.)

 

Die im Entwurf angeführte Adressatengruppe der „Geschäfts- oder Betriebsinhaber sowie ihre Stellvertreter und Beauftragten“ greift zu kurz, da sämtliche beruflichen Verwender, auch wenn sie nicht Geschäfts- oder Betriebsinhaber sind, ebenfalls zur Aufbewahrung und – sofern sie ArbeitnehmerInnen beschäftigen – zur Einsichtgewährung verpflichtet sind.

 

 

Zu § 21 Abs 6:

Der Entwurf lautet: „Soweit nicht gemäß dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (…) oder anderen einschlägigen bundesgesetzlichen oder gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften besondere Regelungen Platz greifen, haben Lieferanten von gefährlichen Stoffen und Gemischen (Zubereitungen), sofern sie Arbeitnehmer beschäftigen, zumindest die notwendigen Maßnahmen hinsichtlich des Gesundheits- und Umweltschutzes am Arbeitsplatz zu ergreifen, die sich aus den Sicherheitsdatenblättern entnehmen lassen, einschließlich der Einstufungs-, Verpackungs- und Kennzeichnungserfordernisse.“

 

Die vorgeschlagene Bestimmung über (Mindest)Maßnahmen bei der Verwendung erscheint keinesfalls optimal in die rechtliche Konstellation eingefügt und sollte modifiziert werden:

 

1.  Zu den Normadressaten – „Lieferanten von gefährlichen Stoffen und Gemischen“:

Der Begriff „Lieferanten von gefährlichen Stoffen/Gemischen“ (§ 2 Z 32) klammert jene nachgeschalteten Anwender aus, die die Stoffe wohl verwenden, nicht aber in Verkehr bringen.

Die Mindestmaßnahmen sollten jedoch auch von nachgeschalteten Anwendern, die den Stoff „nur“ verwenden, zu befolgen sein.

 

Die Zielgruppenbenennung „Lieferanten oder Abnehmer von gefährlichen Stoffen und Gemischen“ oder „Akteure der Lieferkette sowie Händler“ würde dieses Ziel zum Ausdruck bringen.

 

2.  Zur Bedingung „Soweit nicht gemäß ASchG oder anderen einschlägigen bundesgesetzlichen oder gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften besondere Regelungen Platz greifen,…“:

 

Wie in der Anmerkung zu § 32 Abs 2 ausgeführt wird, ist ArbeitnehmerInnenschutzrecht im ASchG, in weiteren Bundesvorschriften sowie (auch mengenmäßig bedeutsam) im Landesrecht geregelt. Direkt geltendes Gemeinschaftsrecht liegt im Bereich des ArbeitnehmerInnenschutzes praktisch nicht vor. Die Gesamtheit dieser Regelungen kann als Arbeitnehmerschutzrecht bezeichnet werden.

 

Einfacher und besser zutreffend sollte daher abgestellt werden auf:

Soweit nicht gemäß dem Arbeitnehmerschutzrecht besondere Regelungen Platz greifen,…

 

3.  Zur einschränkenden Bedingung – „…, sofern sie Arbeitnehmer beschäftigen“:

Alle Akteure der Lieferkette und alle Händler haben, sofern sie ArbeitnehmerInnen beschäftigen, jedenfalls alle ArbeitnehmerInnenschutzbestimmungen zu befolgen. Die ArbeitnehmerInnenschutzbestimmungen können (wie in der 2. Anmerkung zum § 13 des Entwurfs ausgeführt) häufig von den Vorgaben und Empfehlungen im SDB abweichen oder über diese hinausgehen. Die Anordnung, dass Lieferanten und Abnehmer, die ArbeitnehmerInnen beschäftigen, zumindest die SDB-Maßnahmen zu ergreifen haben, soweit nicht ArbeitnehmerInnenschutzrecht gilt, geht entweder ins Leere, weil ausreichende ArbeitnehmerInnenschutzbestimmungen gelten, oder ist nicht anwendbar, weil sie in Widerspruch zu ArbeitnehmerInnenschutzbestimmungen geraten würde. Die Anknüpfung an die Beschäftigung von Arbeitnehmern sollte daher gestrichen werden.

 

Zweckmäßig und unbedingt zu empfehlen wäre der (Mindest)Schutz gemäß SDB jedoch für Personen, die keine Arbeitnehmer sind (zB Selbstständige, Freiberufliche, WerkvertragnehmerInnen, Handwerker, selbständige Ziviltechniker, Studierende, usw). Für diese große – und gleichfalls schutzbedürftige – an Arbeitsplätzen tätige Personengruppe bestehen bisher kaum oder gar keine stoffbezogenen Schutz­bestimmungen.

 

Für den § 21 Abs 6 wird daher zusammenfassend vorgeschlagen:

Soweit nicht gemäß dem Arbeitnehmerschutzrecht besondere Regelungen Platz greifen, haben Lieferanten und Abnehmer von gefährlichen Stoffen und Gemischen (Zubereitungen) zumindest die notwendigen Maßnahmen hinsichtlich des Gesundheits- und Umweltschutzes am Arbeitsplatz zu ergreifen, die sich aus den Sicherheitsdatenblättern entnehmen lassen, einschließlich der Einstufungs-, Verpackungs- und Kennzeichnungserfordernisse.

 

 

Zu § 21 Abs 7:

Die Übermittlung eines Sicherheitsdatenblattes sollte an das schlichte Faktum geknüpft werden, dass ein Gemisch, für welches ein SDB auszufolgen ist, erstmalig in Verkehr gesetzt wird. Dass diese Pflicht nur gelten soll, wenn das SDB gemäß der GHS-Verordnung verpflichtend erforderlich ist, erscheint als zu weit gehend und unnotwendig.

 

 

Zu § 23 Abs 3:

Da die allgemeine Sorgfaltpflicht (§ 13), die Informationsbereithaltungspflicht (§ 15) sowie bestimmte Informationsübermittlungspflichten (zB an vorgeschaltete Akteure) insbesondere auch für das (berufsmäßige) Verwenden gelten, greift die diesbezügliche, nur an Lieferanten gerichtete Verpflichtung des § 23 Abs 3 zu kurz. Der Begriff „Lieferant eines Stoffs / Gemisches / Erzeugnisses“ (§ 2 Z 32 und 33) klammert jene nachgeschalteten Anwender aus, die die Stoffe „nur“ verwenden, nicht aber in Verkehr bringen.

 

Die Normadressaten des § 23 Abs 3 sollten daher mit „jeder Lieferant eines Stoffes, eines Gemisches (einer Zubereitung) oder eines Erzeugnisses (einer Fertigware) sowie jeder Abnehmer eines Stoffes oder eines Gemisches“ umschrieben werden.

 

 

Zum Abschnitt II:

Die Aufrechthaltung des Giftrechts und die vorgeschlagenen Neuerungen werden grundsätzlich begrüßt.

Die Senkung des Bezugsalters vom vollendeten 19. auf das 18. Lebensjahr (§ 31 Abs 4 des Entwurfs) ist unbegründet, nicht gerechtfertigt und scheint nicht erforderlich. Nicht-berufliche Tätigkeiten, die Verwendungen von Giften im Alter von 18 Jahren unbedingt notwendig machen, sind nicht erkennbar.

 

 

Zu § 32:

Die Überschrift des § 32 sollte zutreffender „Verwendungsvorschriften und Aufzeichnungspflicht“ oder „Schutzmaßnahmen und Aufzeichnungspflicht“ lauten.

 

Der Entwurf des § 32 Abs 1 lautet: „Wer Stoffe oder Gemische (…) verwendet oder sonst mit diesen umgeht, hat die zum Schutz des Lebens und der Gesundheit von Menschen und zum Schutz der Umwelt notwendigen Vorkehrungen zu treffen. Er hat insbesondere die auf der Kennzeichnung und, am Arbeitsplatz, die im Sicherheitsdatenblatt angegebenen Hinweise zu befolgen.“

 

Die Anordnung, am Arbeitsplatz jedenfalls die im Sicherheitsdatenblatt angegebenen Hinweise zu befolgen, ist im Zusammenwirken mit anderen Rechtspflichten nicht konsistent und zum Teil nicht vollziehbar. Auf die Zweite Anmerkung zum § 13 des Entwurfs wird verwiesen.

 

Vorgeschlagen wird, anstelle des zweiten Satzes den oben (zu § 13) angeregten letzten Satz des § 13 auch hier einzusetzen oder – einfacher – anstelle des zweiten Satzes den Verweis  anzufügen: „§ 13 ist anzuwenden.“

 

 

In § 32 Abs 2 lautet der zweite Satz: „Wenn für den Betrieb, in dem Stoffe oder Gemische (Zubereitungen) gemäß § 25 verwendet werden, eine arbeitsmedizinische Betreuung, nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz oder gemäß dem Bundes-Bedienstetenschutzgesetz, BGBl. I Nr. 70/1999, eingerichtet ist, ist im Rahmen dieser Unterweisung jedenfalls darauf hinzuweisen, dass jede Erkrankung, bei der zumindest der Verdacht besteht, dass sie durch einen Stoff oder ein Gemisch (eine Zubereitung) gemäß § 25 verursacht worden ist, dem Arbeitsmediziner zu melden.“

 

Seit der Ausarbeitung der Giftverordnung 2000 sind für praktisch alle Wirtschaftsbereiche und öffentliche Einrichtungen Rechtsvorschriften über die Einrichtung einer arbeitsmedizinischen Betreuung in Kraft getreten (zB für alle Einrichtungen, in denen Landes- oder Gemeindebedienstete beschäftigt sind, für land- und forstwirtschaftliche Betriebe, für LandeslehrerInnen, usw). Die Formulierung „…eine arbeitsmedi­zinische Betreuung nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz oder gemäß dem Bundes-Bedienstetenschutzgesetz, BGBl. I Nr. 70/1999, eingerichtet ist …“ ist heute daher auf nicht gerechtfertigte Weise einschränkend und greift zu kurz. Da in arbeitsrechtlichen Vorschriften in diesem Zusammenhang regelmäßig von „vergleichbaren österreichischen Rechtsvorschriften“ gesprochen wird (zB § 23 Abs 1b Kinder- und Jugend-Beschäftigungsgesetz, § 19d Abs 8 Arbeitszeitgesetz, § 9 Abs 5 Bundes-Bedienstetenschutzgesetz, § 53b Abs 1 ASVG) gesprochen wird, könnte der zweite Satz zutreffend wie folgt formuliert werden:

Wenn für den Betrieb oder die Einrichtung, in dem/der Stoffe oder Gemische (Zubereitungen) gemäß § 25 verwendet werden, eine arbeitsmedizinische Betreuung nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz oder vergleichbaren österreichischen Rechtsvorschriften eingerichtet ist, ist im Rahmen dieser Unterweisung jedenfalls darauf hinzuweisen, dass jede Erkrankung, bei der zumindest der Verdacht besteht, dass sie durch einen Stoff oder ein Gemisch (eine Zubereitung) gemäß § 25 verursacht worden ist, dem Arbeitsmediziner zu melden ist.

 

Einfacher noch könnte alternativ die gleichfalls eindeutige Formulierung gewählt werden:

Wenn für den Betrieb oder die Einrichtung, in dem/der Stoffe oder Gemische (Zubereitungen) gemäß § 25 verwendet werden, eine arbeitsmedizinische Betreuung nach den Arbeitnehmerschutzbestimmungen eingerichtet ist, ist …

 

 

Zu § 33 und § 58 Z 16 – Rechtstellung des „Giftbeauftragten“ – Strafrahmen:

Der „Giftbeauftragte“ hat als Beschäftigter des Betriebs nach dem Entwurf insbesondere die Aufgabe, die Einhaltung der Vorschriften des ChemG, der darauf beruhenden Verwaltungsakte sowie des einschlägigen direkt anwendbaren Gemeinschaftsrechtes bezüglich der Gifte zu überwachen.

 

Die Überwachung der Einhaltung der Vorschriften erfordert u.a. den ungehinderten Zugang zu den entsprechenden Bereichen, die Einschau in alle möglicherweise relevanten Unterlagen, die Befragung von Mitarbeitern und Vorgesetzten, allenfalls die Öffnung von Behältern und Entnahme von Proben sowie jedenfalls die dafür erforderliche Zeit im Rahmen der Arbeitszeit.

 

Die zur Überwachung der Einhaltung der Vorschriften bestellte Person muss daher hinsichtlich der Ausübung ihrer Aufgaben weisungsfrei sein und mit der zur Ausübung ihrer Aufgaben erforderlichen Anordnungsbefugnis ausgestattet sein und ihr muss die Ausübung ihrer Tätigkeit erforderliche Zeit zur Verfügung stehen.

 

Es geht weiters nicht an – und wäre außerdem für die Ziele des Giftrechts kontraproduktiv –, dass ein Beschäftigter gegen seinen Willen durch Anordnung des Arbeitgebers zum „Giftbeauftragten“ bestellt werden kann.

Die im § 44 Abs 1 ChemG 1996 enthaltene Bedingung, dass der „Giftbeauftragte“ seiner Bestellung nachweislich zugestimmt haben muss, ist jedenfalls beizubehalten. Sie fehlt derzeit im Entwurf.

 

Nur unter den genannten Bedingungen kann akzeptiert werden, dass ein als Angestellter tätiger „Giftbeauftragter“, der „seinen Pflichten gemäß § 33 Abs. 1 nicht nachkommt“, gemäß § 58 mit einer Mindeststrafe von 500 EUR zu bestrafen ist.

 

Letztlich soll im Interesse des Gesundheitsschutzes eine Zusammenarbeit des –fortan auch bei der Verwendung zu bestellenden – „Giftbeauftragten“ mit den innerbetrieblichen Funktionsträgern des ArbeitnehmerInnenschutzes Platz greifen.

 

Der § 33 Abs 1 könnte somit zusammenfassend lauten:

In jedem Betrieb, der Stoffe oder Gemische gemäß § 25 herstellt, in Verkehr bringt oder verwendet, ist vom Betriebsinhaber ein Beauftragter zu bestellen, der die Einhaltung der Vorschriften dieses Bundesgesetzes, der darauf beruhenden Verwaltungsakte sowie des einschlägigen direkt anwendbaren Gemeinschaftsrechtes bezüglich dieser Stoffe oder Gemische zu überwachen hat. Er hat den Betriebsinhaber über seine Wahrnehmungen, insbesondere über festgestellte Mängel, unverzüglich zu informieren und mit den Sicherheitsvertrauenspersonen, Sicherheitsfachkräften und Arbeitsmedizinern im Betrieb zusammenzuarbeiten. Er ist in Ausübung seiner Tätigkeit an keinerlei Weisungen gebunden, muss mit der zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlichen Anordnungsbefugnis ausgestattet sein und es muss ihm die zur Ausübung seiner Tätigkeit erforderliche Zeit zur Verfügung stehen. Er muss seiner Bestellung nachweislich zugestimmt haben. Der Beauftragte muss sachkundig im Sinne des § 31 Abs. 5, im Betrieb dauernd beschäftigt und während der üblichen Geschäfts- oder Betriebsstunden anwesend oder zumindest leicht erreichbar sein. Für den Fall seiner Verhinderung ist ein sachkundiger Stellvertreter zu bestellen.

 

Da § 33 erst mit der GHS-Verordnung in Kraft treten soll, entfiel die Bezugnahme auf „Zubereitungen“.

Die Verweisung in § 33 Abs 2 wäre entsprechend anzupassen.

 

 

Zu § 42 Abs 1:

Da auch von Verwendern, die Stoffe/Erzeugnisse „nur“ verwenden, nicht aber selbst in Verkehr setzen, wesentliche Informationen übermittelt werden (können), sollten auch diese im zentralen Register berücksichtigt werden. Da der Begriff „Lieferant“ jene Verwender, die Stoffe „nur“ verwenden, nicht aber in Verkehr bringen, nicht mit umfasst (§ 2 Z 32 und 33), sollte die umfassendere Formulierung gewählt werden.

 

 

Zu § 43 Abs 1 des Entwurfs und zu § 16 ChemV:

Die Anstalt ist nachdrücklich der Auffassung, dass Angaben, wie sie nach dem geltenden § 16 ChemV angegeben werden müssen, auch fortan für die Vollziehbarkeit und die Vollziehung der ArbeitnehmerInnenschutzbestimmungen zugänglich sein müssen. Wo es für den ArbeitnehmerInnenschutz erforderlich ist, muss der ArbeitnehmerInnenschutz Vorrang vor der Verschleierung bestimmter Mischungsbestandteile erhalten. (Dennoch wird dabei häufig eine allgemeine Angabe wie zB „enthält anorganische Quecksilberverbindungen“ ausreichen, weil die arbeitsrechtliche Gesundheitsüberwachung pauschal auf „Quecksilber und seine Verbindungen“ abstellt und für die messtechnische Überwachung der Atemluft nur zwischen „Quecksilber“, „anorganischen Quecksilberverbindungen“ und „organischen Quecksilberverbindungen“ unterscheidet.)

 

Der Inhalt des § 16 ChemV muss nach Ansicht der Anstalt auch hinkünftig im österreichischen Rechtsbestand verbleiben, da er für den ArbeitnehmerInnenschutz unverzichtbar ist.

Für diesen Zweck sollte im ChemG 2008 eine ausreichende Verordnungsgrundlage gesichert werden. Der letzte Satz des § 43 Abs 1 enthält bereits zwei Tatbestände zur Durchbrechung der Geheimhaltung: 1. Interessen des Umweltinformationsgesetzes und 2. das Überwiegen von Interessen im Sinne des Artikels 8 Abs 2 EMRK.

Es wird ersucht, die Erfordernisse des ArbeitnehmerInnenschutzes als weiteres Kriterium in den § 43 aufzunehmen.

 

Der letzte Satz des § 43 Abs 1 könnte sodann lauten:

Gelangt die Behörde zur Auffassung, dass es sich bei den vom Informationspflichtigen bezeichneten Daten tatsächlich um Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse handelt (…) so hat sie – sofern die Bestimmungen des Umweltinfor­mationsgesetzes, BGBl. Nr. 495/1993, nicht anderes vorsehen und sofern nicht andere überwiegende Interessen im Sinne von Art. 8 Abs. 2 der EMRK, BGBl. Nr. 210/1958, oder Erfordernisse, die sich aus Arbeitnehmerschutzvorschriften ergeben, entgegenstehen – für eine vertrauliche Behandlung dieser Informationen Sorge zu tragen.

 

 

Zu § 43 Abs 5:

Der Entwurf sieht vor, dass die nach ChemG 2008 oder EG-Verordnungen ermittelten oder gemeldeten Daten nur zur Vollziehung des ChemG dienen „sowie zur wissenschaftlichen Forschung und Statistik betreffend die vorbeugende Erkennung von Gefahren für das Leben oder die Gesundheit von Menschen, insbesondere solche, die durch die Verwendung von Chemikalien oder durch deren Vorhandensein in der Umwelt verursacht werden können“.

 

Da die gesetzliche Aufgabe der Unfallversicherungsträger insbesondere darin besteht, Fälle gemeldeter Berufskrankheiten zu prüfen (und ggfs zu entschädigen) wäre zur Erfüllung dieses Auftrags die Verwendung von stoffspezifischen Daten auch für die Beurteilung bereits aufgetretener Gesundheitsschädigungen erforderlich. Dies gilt im Übrigen auch für die Tätigkeit von Vergiftungsinformationszentralen.

 

Die ex lege-Beschränkung auf die „vorbeugende Erkennung von Gefahren“ greift daher zu kurz, und es wird ersucht, eine weniger enge Formulierung zu wählen.

Vorgeschlagen wird:

Diese Daten dienen ausschließlich der Vollziehung dieses Bundesgesetzes, der darauf beruhenden Durchführungsakte und der Vollziehung der in § 58 angeführten Verordnungen (EG), zur Untersuchung allenfalls eingetretener Gesundheitsschädigungen sowie zur wissenschaftlichen Forschung und Statistik betreffend die vorbeugende Erkennung von Gefahren für das Leben oder die Gesundheit von Menschen, insbesondere solche, die durch die Verwendung von Chemikalien oder durch deren Vorhandensein in der Umwelt verursacht werden können.

 

Die einwandfreie und vollständige gesetzliche Klarstellung der erlaubten Zwecke, zu denen die Daten verwendet werden dürfen, scheint auch als Grundlage für die nach § 5 Abs 2 vorletzter Satz und nach § 17 Abs 4 letzter Satz möglichen Verordnungen unerlässlich.

 

Als empfangsberechtigte Einrichtungen sollen neben den Dienststellen des Bundes und der Länder daher auch die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung, soweit die Daten für den Empfänger zur Vollziehung dieses Bundesgesetzes, anderer bundes- oder landesgesetzlicher Vorschriften oder zur Wahrnehmung sonstiger gesetzlich übertragener Aufgaben eine wesentliche Voraussetzung bilden, ausdrücklich angeführt werden.

Träger der Sozialversicherung sind bei den Dienststellen des Bundes und der Länder nicht mitumfasst.

 

Für die Erfüllung ihrer Präventionsaufgaben benötigt die gesetzlichen Unfallversicherung zum Beispiel Zugang zu den Angaben über die angewandten Risikomanagementmaßnahmen für standortinterne isolierter Zwischenprodukte (Artikel 17 Abs 2 REACH-V) oder für transportierte Zwischenprodukte (Artikel 18 Abs 2 REACH-V).

 

Da den Bediensteten der Sozialversicherung besondere Verschwiegenheitspflichten auferlegt sind, die für ausländische Giftinformationszentren oder Tierärzte (Ziffer 3) oder ausländische Behörden (Ziffer 4) in vielleicht nur geringerem Maß greifen, kann in der Erweiterung der Ziffer 1 auf Unfallversicherungsträger kein Problem erblickt werden.

 

 

Zu § 64 Abs 2:

Die vorgeschlagene Bestimmung soll dem lückenlosen Übergang vom bisherigen Kennzeichnungssystem zur GHS-Kennzeichnung sowie zum erneuerten Giftrecht dienen.

 

Es wird darauf hingewiesen, dass eindeutige Bezugnahmen auf die GHS-Kennzeichnung nicht nur in den §§ 18 bis 20 und 24 bis 37 (deren Inkrafttreten der Abs 2 regelt) bestehen, sondern auch Bestimmungen, die sofort mit dem ChemG 2008 in Kraft treten sollen: § 4 Abs 5, § 10 Abs 3, § 14 Abs 1, § 43 Abs 1 Z 10 und vor allem in § 3 Abs 1 und 4.

 

Im Interesse der Rechtsklarheit sollte mittels konkreter Übergangsbestimmungen sichergestellt werden, dass anstelle der Bezugnahmen auf erst später anwendbare GHS-Elemente bis zum Wirksamwerden von GHS Verweisungen auf die bis dahin geltenden Kennzeichnungsbestimmungen gelten.

 

Das getrennte Inkrafttreten des Abschnitts II (Giftrecht) für „giftige“ Stoffe und „giftige“ Zubereitungen zu getrennten Zeitpunkten erscheint für die Praxis als problematisch und sollte überdacht werden.

 

 

Ausdrückliche Rechtsbereinigung erforderlich

Auf Grund des ChemG 1996 stehen etwa 20 Verordnungen, zum Teil erlassen bereits auf Grund des ChemG 1987, in Kraft. Diese sind, wie etwa die ChemV und die Giftverordnung, umfangreich und von sehr vielen Normunterworfenen einzuhalten. Andererseits werden durch die REACH-Verordnung und das neue ChemG viele Verordnungsbestimmungen ganz oder teilweise verdrängt.

 

Es ist Arbeitgebern, Betriebsleitern, Sicherheitsfachkräften, ArbeitsmedizinerInnen und anderen Personen, die auch die Bestimmungen vieler chemikalienrechtlicher Verordnungen zu beachten haben, nicht zumutbar, im Einzelfall zu prüfen und zu entscheiden, ob eine bestimmte Vorschrift noch in Geltung steht – oder dieser aber durch REACH oder das ChemG 2008 derogiert ist.

 

Die Anstalt hält es für unbedingt notwendig, am Ende des ChemG 2008 ex lege festzuhalten,

l      welche Teile welcher chemikalienrechtlichen Verordnungen als nicht mehr geltend anzusehen sind und

l      welche Teile welcher chemikalienrechtlichen Verordnungen mit dem Wirksamkeitsbeginn welcher GHS-Regelungen außer Kraft treten.
(Hilfsweise könnte der zweite Punkt im Zuge einer ChemG-Novelle nachgereicht werden.)
Sofern beabsichtigt sein sollte, diesen Erfordernissen durch Novellierung der jeweiligen Verordnungen zu entsprechen, wäre unbedingt sicherzustellen, dass diese Novellierungen vordringlich und rasch erfolgen!

 

Das ChemG 2008 sollte jedenfalls eine Positivliste jener chemikalienrechtlichen Verordnungen enthalten, die künftighin als Verordnungen auf Grund des ChemG 2008 gelten (wobei eine Geltung dieser Verordnungen auf der Stufe von Bundesgesetzen nicht erforderlich scheint).

 

Als Vorbild für nutzerfreundliche Rechtstechnik sei zB der 9. Abschnitt der Stammfassung des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl 450/1994, genannt, wobei darauf hinzuweisen ist, dass die im Rahmen des ChemG erforderliche Aufhebung von Verordnungsbestimmungen oder – besser, weil hier eine rückwirkende Aufhebung kaum Sinn macht – die Feststellung darüber, welche Verordnungsbestimmungen nicht mehr gelten, sich viel weniger komplex gestaltet als der 9. Abschnitt des ASchG.

 

 

Feststellung des Nicht-mehr-in-Kraft-Stehens alter Bestimmungen

Das Chemikaliengesetz 1996 bestimmt in § 77 Abs 2:

 

Mit Inkrafttreten einer denselben Gegenstand regelnden Verordnung auf Grund des ChemG treten die nachstehend angeführten Vorschriften über die Schädlingsbekämpfung, soweit sie bisher als Bundesgesetze in Geltung stehen, außer Kraft:

1.   die Verordnung über die Schädlingsbekämpfung mit hochgiftigen Stoffen vom 29. Jänner 1919, deutsches RGBl S 165/1919, in der Fassung der Verordnung dRGBl I S 297/1927, dRGBl I S 137/1928, dRGBl I S 83/1931, dRGBl I S 539/1932, dRGBl I S 712/1934, dRGBl I S 1191/1934, dRGBl I S 571/1935, dRGBl I S 444/1936, dRGBl I S 479/1936, dRGBl I S 637/1938, dRGBl I S 193/1941, dRGBl I S 179/1943, zuletzt geändert durch die Bundesgesetze BGBl Nr 234/1972, BGBl Nr 50/1974 und BGBl Nr 450/1994;

2.   die Verordnung vom 6. April 1936 über die Verwendung von Phosphorwasserstoff zur Schädlingsbekämpfung, dRGBl I S 360/1936, in der Fassung der Verordnung dRGBl 633/1936, zuletzt geändert durch die Bundesgesetze BGBl Nr 234/1972 und BGBl Nr 450/1974;

3.   die Verordnung vom 25. August 1938 über den Gebrauch von Äthylenoxid zur Schädlingsbekämpfung dRGBl I S 1058/1938, in der Fassung der Verordnung dRGBl I S 69/1941, zuletzt geändert durch die Bundesgesetze BGBl Nr 234/1972 und BGBl Nr 450/1994;

4.   die Verordnung vom 2. Februar 1941 über den Gebrauch von Tritox (Trichloracetonitril) zur Schädlingsbekämpfung, dRGBl I S 72/1941, zuletzt geändert durch die Bundesgesetze BGBl Nr 234/1972 und BGBl Nr 450/1994;

5.   die Verordnung vom 28. August 1941 über die Abgabe von thalliumhaltigen Ungeziefermitteln (Schädlingsbekämpfungsmitteln) in den Reichsgauen der Ostmark, dRGBl I S 551/1941.

 

Die aus dem Einleitungssatz ersichtliche Geltung der angeführten Verordnungen auf der Stufe von Bundesgesetzen beruht zum Teil wahrscheinlich auf Akten der Rechtsüberleitung von 1945 zur Wiedererrichtung der Republik. Die Geltung der in Z 2, 3 und 4 angeführten Verordnungen auf der Stufe von Bundesgesetzen wurden mit § 33 Abs 2 Z 8 des Arbeitnehmerschutzgesetzes von 1972 (BGBl Nr 234/1972) festgestellt oder angeordnet. Mit § 124 Abs 5 ASchG wurden die in Z 2, 3 und 4 angeführten Verordnungen als Arbeitnehmerschutzvorschriften aufgehoben, ihre weitere Geltung als gewerbe- bzw giftrechtliche Vorschriften jedoch ausdrücklich betont (§ 124 Abs 6 ASchG); dies wird auch in den Erl.Bem. zur RV für das ChemG 1996 (414 dB, S. 73) hervorgehoben.

 

Die Geltung der in § 77 Abs 2 ChemG 1996 angeführten Rechtsvorschriften wurde mit dem Ersten Bundesrechtsbereinigungsgesetz, BGBl I Nr 191/1999, nicht aufgehoben, da nach diesem Gesetz vor dem 1.1.1946 kundgemachte Rechtsvorschriften jedenfalls dann weiter anzuwenden sind, wenn ihre Anwendung (zB durch Bundesgesetz) angeordnet ist. Gerade dies trifft für diese Vorschriften gemäß § 77 Abs 2 ChemG 1996 zu.

 

Mit der Begasungssicherheitsverordnung, BGBl II Nr 287/2005, trat eine Regelung für die Verwendung von sehr giftigen und giftigen Stoffen (Zubereitungen), die in gasförmigem Zustand zur Bekämpfung von Schadorganismen (ausgenommen zB Wühlmäuse) in Begasungsobjekten verwendet werden, in Kraft. Bedauerlicher Weise enthält die Begasungssicherheitsverordnung keine Feststellung darüber, welche der in § 77 Abs 2 ChemG 1996 genannten Bestimmungen mit Inkrafttreten der Begasungssicherheitsverordnung außer Kraft traten, weil sie „denselben Gegenstand“ wie die in § 77 Abs 2 ChemG 1996 genannten Bestimmungen regeln.

 

Auf Grund des Geltungsbereichs und des Inhalts der Begasungssicherheitsverordnung kann mit Inkrafttreten derselben zB die Verordnung vom 28. August 1941 über die Abgabe von thalliumhaltigen Ungeziefermitteln (§ 77 Abs 2 ChemG 1996 Z 5) keinesfalls außer Kraft getreten sein, da sie die Beschaffenheit, Verpackung und Kennzeichnung fester thalliumhaltiger Zubereitungen regelt.

Auf Grund der (bereits 1919 „mit Gesetzeskraft“ erlassenen) Regierungsverordnung über die Schädlingsbekämpfung mit hochgiftigen Stoffen vom 29. Jänner 1919 (§ 77 Abs 2 ChemG 1996 Z 1) standen/stehen vier Ausführungsverordnungen (vom 22.8.1927, dRGBl I S. 297; vom 25.3.1931, dRGBl I S. 539 idF dRGBl I S. 444/1936; vom 17.7.1934, dRGBl I S. 712, mehrfach geändert; vom 29.3.1928, dRGBl I S. 137) in Kraft, die beispielsweise das Inverkehrbringen, die Verpackung und die Verwen­dung von arsenhaltigen oder bleihaltigen Schädlingsbekämpfungsmitteln regeln. Diese Ausführungsverordnungen können gleichfalls nicht mit Inkrafttreten der Begasungssicherheitsverordnung außer Kraft getreten sein, da diese völlig andere Gegenstände abdeckt.

Die Weitergeltung der Verordnung vom 6. April 1936 über die Verwendung von Phosphorwasserstoff zur Schädlingsbekämpfung (§ 77 Abs 2 ChemG 1996 Z 2) ist für jene Bereiche anzunehmen, für welche die Begasungssicherheitsverord­nung nicht gilt: zB für Maßnahmen des Wühlmausbekämpfung im Freiland. Weiters enthält die auf Gesetzesstufe gehobene Verordnung besondere Bestimmungen über die Verpackung und Lagerung von Phosphorwasserstoff und Phosphorwasserstoff entwickelnden Stoffen. Da die Begasungssicherheitsverordnung diesen Gegenstand nicht regelt, muss vom Weitergelten der alten Bestimmungen auf Gesetzesstufe ausgegangen werden.

Die Verordnung vom 25. August 1938 über den Gebrauch von Äthylenoxid zur Schädlingsbekämpfung (§ 77 Abs 2 ChemG 1996 Z 3) enthält unter anderen besondere Bestimmungen über die Gültigkeitsdauer des Eignungsnachweises, eine Volumengrenze der binnen 6 Stunden maximal zu begasenden Räume, Bestimmungen über Ersatzgasmasken, udgl. Da die Begasungssicherheitsverordnung diese Gegenstände nicht regelt, muss vom Weitergelten der betreffenden alten Sonderbestimmungen auf Gesetzesstufe ausgegangen werden.

Die Verordnung vom 2. Februar 1941 über den Gebrauch von Tritox (Trichloracetonitril) zur Schädlingsbekämpfung (§ 77 Abs 2 ChemG 1996 Z 4) sieht eine an Bedingungen geknüpfte Zeitbegrenzung der Eignung jener Personen, die Durchgasungen mit Tritox durchführen, vor. Die Verordnung sieht verbindliche Richtlinien der Behörde über den Gebrauch von Tritox vor; diese sind im Ministerialblatt des Reichs- und Preußischen Ministeriums des Inneren Jg. 1942 S. 1937 erschienen und wurden 1943 geändert und sind nicht leicht zugänglich.

 

Angemerkt wird, dass dem – rechtlich nicht verbindlichen –  Nicht-Aufscheinen der in § 77 Abs 2 ChemG 1996 genannten Vorschriften im Rechtsinformationssystem des Bundes offenbar ein Irrtum zugrunde liegt.

 

Die gemäß der voran stehenden – unvollständigen – Analyse weiterhin auf Gesetzesstufe geltenden reichsdeutschen Regelungen erscheinen als giftrechtliche Bestimmungen entbehrlich. Auch wäre es den Rechtsunterworfenen wie auch den Vollzugsbehörden – in Zeiten der Verwaltungsvereinfachung – nicht zumutbar, die materiell noch anzuwendenden und zu vollziehenden reichsrechtlichen Bestimmungen mit detektivischer Mühe aufzuspüren.

 

Die Aufhebung bzw das Nicht-mehr-in-Geltung-Stehen aller in § 77 Abs 2 ChemG 1996 angeführten Vorschriften soll daher im Interesse der Rechtsklarheit und Rechtsbereinigung angeordnet bzw festgestellt werden.

 

Da eine detaillierte Analyse der im Einzelnen noch geltenden Bestimmungen mit erheblichem Aufwand verbunden wäre und da die Begasungssicherheitsverordnung kein Außerkrafttreten bestimmter Vorschriften feststellt, wird die Einfügung der folgenden Bestimmung (zB in § 63) vorgeschlagen:

Die in § 77 Abs 2 ChemG 1996 genannten Rechtsvorschriften werden als nicht mehr geltend festgestellt.

 

Oder alternativ:

Die in § 77 Abs 2 ChemG 1996 genannten Rechtsvorschriften werden, soweit sie noch in Kraft stehen, aufgehoben.

 

 

Zur besseren Lesbarkeit und zu redaktionellen Aspekten des ChemG 2008:

Das ChemG 2008 wird von einer unverhältnismäßig großen Zahl von Normunterworfenen anzuwenden sein. Der optimalen Lesbarkeit sollte daher ebenfalls große Aufmerksamkeit zugewandt werden. Es folgen abschließend daher einige konkrete Hinweise dazu:

 

Auf die REACH-Verordnung und die GHS-Verordnung wird im ChemG 2008 sehr häufig Bezug genommen. Um diese Verweisungen einfach und leicht lesbar zu gestalten, sollten in § 2 den Begriffsbestimmungen die Begriffe „REACH-Verordnung“ und die „GHS-Verordnung“ angefügt und vollständig zitiert werden.
Im übrigen ChemG 2008 sollten sodann ausschließlich die Kurzbezeichnungen „REACH-Verordnung“ und die „GHS-Verordnung“ verwendet werden.

Die den Textfluss störende wiederkehrende Zitierung der EG-Verordnungen mit ihren Nummern oder mit Verweisungen wird dadurch überflüssig.

 

In § 2 Z 4, Z 9 und Z 10 wäre das zweite Anführungszeichen jeweils erst nach dem vollständigen Begriff zu setzen.

 

In § 2 Z 5 wären (nach lit b) die letzten beiden Zeilen ohne Einzug zu formatieren.

 

Die Definition des EWR (§ 2 Z 14) erscheint als unnotwendig kompliziert.

 

In § 2 Z 31 wäre der Singular („eine Bedingung“) zu verwenden.

 

In § 2 Z 43 ist die Wendung „im Sinne dieses Bundesgesetzes“ entbehrlich.

 

Die neue Wortwahl „Erzeugnisse“ und „Gemische“ könnte auch in § 2 Abs 3 (sowie in weiteren Bestimmungen des ChemG 2008) berücksichtigt werden.

 

Im Entwurf wird in der Regel korrekt und in Übereinstimmung mit den Verträgen auf die Europäische Gemeinschaft als Rechtserzeugerin im Bereich des Chemikalienrechts Bezug genommen. In § 3 Abs 4, § 7 Abs 2 und 3, § 8 Abs 3, § 16 Abs 5, § 17 Abs 5, § 39, § 43 Abs 5, § 45 Abs 1, § 49 Abs 1, §§ 50, 51 und 52, § 53 Abs 1, § 59 Abs 1, § 60 Abs 3 wird jedoch – formal inkorrekt – von Rechtsakten und Verordnungen der „Europäischen Union“ gesprochen.

 

Im Sinne einer Textvereinfachung bräuchte nicht von „direkt geltenden Verordnungen (EG)“ gesprochen werden. Da EG-Verordnungen stets direkt gelten, genügt der Verweis auf EG-Verordnungen.

 

§ 6 normiert in Abs 2 und 3 Pflichten von Lieferanten bzw anderen Personen.

§ 7 Abs 3 normiert Pflichten für Exporteure.

Es erscheint als fraglich, ob diesen Pflichten für den Fall der Nichteinhaltung entsprechende Strafbestimmungen (§ 58) gegenüberstehen.

 

§ 10 normiert in Abs 2 Kennzeichnungspflichten, in Abs 4 Übermittlungspflichten und in Abs 6 Auskunftspflichten, denen in § 58 keine Strafbestimmungen gegenüber zu stehen scheinen.

 

In § 17 Abs 1 Z 3 könnte der (sonst nicht verwendete) Terminus „Vermarktung“ durch den Begriff „Inverkehrbringen“ ergänzt oder ersetzt werden.

 

In § 17 Abs 3 wäre die mit „3.“ bezeichnete Zeile formatmäßig dem Grundtext zuzuordnen.

 

In § 31 Abs 6 wäre von Giftbezugsbewilligung (und nicht von Giftbezugslizenz) zu sprechen. Der letzte Satz des § 31 Abs 6 sollte systematisch besser in § 31 Abs 1 integriert werden.

 

Im Abschnitt II sollte die Verwendung der Begriffe „Erwerber“, „Verwender“ (zB in § 34) und „Bezugsberechtigter“ (in § 32 Abs 1) vereinheitlicht werden, da (nur) die Rechtstellung des „Verwenders“ geregelt ist und der Eindruck vermieden werden sollte, es handle sich bei ihnen um unterschiedliche Rechtsträger.

 

Da Abschnitt II erst mit der GHS-Verordnung in Kraft treten soll, könnte in ihm die Bezugnahme auf „Zubereitungen“ unterbleiben.

 

In der Grundsatzbestimmung des § 37 wäre in Übereinstimmung mit Artikel 12 B-VG besser darauf abzustellen, dass die angesprochenen Regelungen „in den Ausführungsgesetzen“ vorzusehen sind.

 

In § 38 wäre die Verweisung auf § 51 durch die korrekte Verweisung zu ersetzen.

 

Auch in § 40 wären die Verweisungen am Ende des Abs 2 durch die zutreffenden Verweisungen zu ersetzen.

 

In §§ 48 und 49 wäre vom Begriff „Geschäfts- oder Betriebsinhaber“ zu Gunsten eines – entsprechend der umfangreicheren Geltung von REACH – erweiterten Begriffs abzugehen.

 

In § 53 Abs 1 wäre von „Verordnungen (EG), die in § 58 angeführt sind …“ (nicht: ist), zu sprechen.

 

In § 58 Abs 1 Z 9 wäre auf § 21 (statt auf § 22) zu verweisen.

 

Zu § 65 wird darauf hingewiesen, dass sich auch aus weiteren als den dort bereits genannten Bestimmungen Vollzugszuständigkeiten ergeben, etwa aus § 7 Abs 5 und § 9 Abs 2 des Entwurfs.

 

 

Mit freundlichen Grüßen

Der Generaldirektor

i.V.