An das

 

Bundesministerium für Verkehr,

Innovation und Technologie

 

per E-Mail:     l1@bmvit.gv.at

                        katja.nonnenmacher@bmvit.gv.at

 

 

 

GZ: BMSK-10319/0004-I/A/4/2008

Wien, 20.03.2008

 

 

 

 

Betreff:  Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Luftfahrtgesetz geändert wird (LFG-Novelle 2008); Stellungnahme des Bundesministeriums für Soziales und Konsumentenschutz

 

 

Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Unter Bezugnahme auf die Note vom 21. Februar 2008, GZ BMVIT‑58.502/0010-II/L1/2007, nimmt das Bundesministerium für Soziales und Konsumentenschutz zum Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Luftfahrtgesetz geändert wird, wie folgt Stellung:

 

Zu Z 63 (§ 139a Abs. 2 neu):

 

Grundsätzlich ist zu begrüßen, dass das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie in Entsprechung der Verordnung EG Nr. 1107/2006 über die Rechte von behinderten Flugreisenden und Flugreisenden mit eingeschränkter Mobilität die erforderliche Durchsetzungsstelle einrichtet (Umsetzungstermin: 26. Juli 2008).

 

Der Begutachtungsentwurf beschränkt sich allerdings darauf, dass Beschwerde-führerInnen das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie als Durchsetzungsstelle anrufen können, was nur einen Aspekt des von der Verord­nung vorgesehenen Rechtsschutzes abdeckt.

 

Nach Artikel 16 der Verordnung (Sanktionen) haben die Mitgliedstaaten für Verstöße gegen diese Verordnung Vorschriften über Sanktionen festzulegen und alle zu ihrer Anwendung erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Die Sanktionen müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein. Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission diese Vorschriften mit und melden ihr spätere Änderungen unverzüglich. Die vorliegende Novelle müsste dazu Vorkehrungen treffen, um Rechtsuchenden ein effektives Rechtsinstrument in die Hand zu geben (z.B. Schadenersatz).

 

Ein Hinweis auf die „Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte“ reicht nicht aus und wirft vielmehr die Frage auf, was Betroffene einklagen sollen, wenn die gesetzlichen bzw. europarechtlichen Grundlagen nicht hinreichend determiniert sind. Der Ver­weis auf das Zivilrecht (insbesondere das allgemeine Schadenersatzrecht) wird rechtsuchenden behinderten Flugpassagieren, die entgegen den Verpflichtungen aus der Verordnung z.B. nicht die ihnen zustehenden Hilfestellungen erhalten haben, wenig nützen. Sie würden in einem Zivilprozess unterliegen, wenn sie den Nachweis nicht erbringen können, dass den Flughafen- bzw. den Flugbetreiber ein ent­sprechendes Verschulden am mangelnden Service trifft (verschuldensabhängige Haftung).

 

Nach Artikel 16 (Beschwerdeverfahren) der Verordnung ist nur der von der Verordnung begünstigte Personenkreis beschwerdeberechtigt.

 

Aus dem vorliegenden Text des Gesetzentwurfs wird allerdings nicht ganz klar, aus welchem Grund sich auch Luftfahrtunternehmen und Flugplatzhalter mit Streit- und Beschwerdefällen wegen behaupteter Verstöße gegen Ge- bzw. Verbote aus der Verordnung an die zu schaffende Durchsetzungsstelle wenden sollten. Falls sich dies auf die Wahrung der in Art. 9 Abs. 1 der VO genannten Qualitätsstandards bzw. die zufrieden stellende Kontrolle der Umsetzung des Art. 8 einschließlich der Bestimmung über die Umlagen im Hinblick auf die Vermeidung unlauteren Wettbewerbs nach Art. 14 Abs. 2 bezieht, sollte dies klarer formuliert werden. Insbesondere sollte berücksichtigt werden, dass es sich hierbei nicht nur um Streitigkeiten über behauptete Verstöße über Ge- und Verbote handelt.

 

Textvorschlag zu § 139 Abs. 2 neu:

„(2). Unbeschadet der Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte können behinderte Fluggäste sowie Flugreisende mit eingeschränkter Mobilität Streit- oder Be­schwerdefälle wegen behaupteter Verstöße gegen Ge- und Verbote, die sich aus der Verordnung (EG) Nr. 1107/2006 (…), ergeben, dem Bundesminister für Ver­kehr, Innovation und Technologie vorlegen. Weiters können sich Luftfahrtunter­nehmen und Zivilflugplatzhalter in Streit- oder Beschwerdefällen aufgrund ihrer Rechte und Verpflichtungen aus dieser Verordnung, insbesondere betreffend die zufrieden stellende Durchführung der Bestimmungen von dessen Art. 8 und der Einhaltung der Qualitätsstandards nach Art. 9 Abs. 1 an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie wenden. Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie hat eine einvernehmliche Lösung anzustreben (…) erforderliche Unterlagen vorzulegen.

 

 

Es wird daran erinnert, dass der betroffene Personenkreis über die Rechte aus der Verordnung sowie der Möglichkeit, ein Beschwerdeverfahren anzustrengen, unterrichtet werden muss (Artikel 15 Abs. 4, Dringlichkeit aufgrund des Umsetzungstermins, siehe oben).

 

 

 

Zu Z 64 (§ 139a Abs. 3 neu):

 

Es sollte ergänzend eine Bestimmung eingeführt werden, welche die Stellen nach den Abs. 1 (betr. VO 261/2004) und 2 (betr. VO 1107/2006) dazu verpflichtet, einen jährlichen Tätigkeitsbericht zu erstellen und zu veröffentlichen. Entsprechende Tätig­keitsberichte der Schlichtungsstellen der E-Control (s. § 10 a Abs 4 E-RBG) und der RTR-GmbH sind inzwischen ein gut eingeführter Standard, schaffen Transparenz, und haben sicher sehr positiv zum Verständnis der vorhandenen Problemlagen bei­getragen.

 

Textvorschlag zu § 139a Abs. 3 neu:

„(…) des Verfahrens festzulegen. Weiters haben die in Abs. 1 und 2 genannten Stellen einen jährlichen Bericht über ihre Tätigkeit, insbesondere über die Zahl und die Art der an sie herangetragenen Beschwerdefälle und deren Erledigung zu veröffentlichen.

 

 

Zu Z 69 (§ 169 Abs. 1 Z 3):

 

In den Sanktionskatalog sollte neben der Verordnung 1107/2006 auch die EG-Ver­ordnung 2111/2005 über die Erstellung einer gemeinschaftlichen Liste von Luftfahrt­unternehmen, gegen die in der Gemeinschaft eine Betriebsuntersagung ergangen ist, sowie über die Unterrichtung von Fluggästen über die Identität des ausführenden Luftfahrtunternehmens und zur Aufhebung des Art. 9 der RL 2004/36 EG, aufge­nommen werden (EU-Umsetzungsverpflichtung nach Art 13 EU-VO).

 

Diesbezüglich ist das Bundesministerium für Soziales und Konsumentenschutz be­reits 2007 an das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie, das Bundesministerium für Justiz (Zivilrecht) und das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit (Verpflichtungen auch für Reisebüros) herangetreten. Das Bundes-ministerium für Justiz hat sich für nicht zuständig erklärt. Im Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit hat eine erste Verhandlungsrunde mit dem Fachverband der Reisebüros der Wirtschaftskammer Österreich bezüglich einer Teil-Umsetzung der EU-Verordnung in den Ausübungsvorschriften für das Reisebürogewerbe stattgefunden. Es wäre nunmehr eine gemeinsame Besprechung mit VertreterInnen des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit und des Fachverbands der Reisebüros einerseits und VertreterInnen des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie und VertreterInnen der Luftverkehrsunternehmen (LVU) in der WKÖ andererseits erforderlich: Ziel sollte es dabei sein, mit einer koordinierten Umsetzung der Informationspflichten der VO 2111/2005 sowohl im LFG für die LVU als auch in den Ausübungsvorschriften für das Reisebürogewerbe für Reisevermittler und –veranstalter zu gewährleisten, dass die Rollenverteilung zur Sicherstellung des nach Artikel 11 der VO 2111/2005 nötigen Informationsflusses über die Identität des LVU hin zum Kunden klargestellt wird und die entsprechenden Sanktionen normiert werden.

 

Das Bundesministerium für Soziales und Konsumentenschutz regt an, die in Art. 13 der VO 2111/2005 vorgeschriebenen Sanktionen noch im Rahmen der nun geplan­ten Novelle umzusetzen.

 

Diese Stellungnahme wurde im Wege der elektronischen Post auch dem Präsidium des Nationalrates („begutachtungsverfahren@parlament.gv.at“) übermittelt.

 

 

Mit freundlichen Grüßen

Für den Bundesminister:

Dr. Peter Gamauf

 

 

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