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An das

GZ ● BKA-600.357/0003-V/5/2008

Abteilungsmail v@bka.gv.at

bearbeiter Herr MMag Dr Patrick SEGALLA

Pers. E-mail patrick.segalla@bka.gv.at

Telefon 01/53115/2353

Ihr Zeichen  BMVIT-58.502/0010-II/L1/2007

 

Bundesministerium für

Verkehr, Innovation und Technologie

l1@bmvit.gv.at

katja.nonnenmacher@bmvit.gv.at

Antwort bitte unter Anführung der GZ an die Abteilungsmail

 

 

 

Betrifft:  Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Luftfahrtgesetz geändert wird;

Begutachtung; Stellungnahme

 

 

Zum mit der do. oz. Note übermittelten Gesetzesentwurf samt Beilagen nimmt das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst innerhalb erstreckter Frist wie folgt Stellung:

I. Allgemeines:

Zu legistischen Fragen darf allgemein auf die Internet-Adresse http://www.bundeskanzleramt.at/legistik hingewiesen werden, unter der insbesondere

·      die Legistischen Richtlinien 1990 (im Folgenden zitiert mit „LRL …“),

·      das EU-Addendum zu den Legistischen Richtlinien 1990 (im Folgenden zitiert mit „RZ .. des EU-Addendums“),

·      der ‑ für die Gestaltung von Erläuterungen weiterhin maßgebliche ‑ Teil IV der Legistischen Richtlinien 1979,

·      die Richtlinien für die Verarbeitung und die Gestaltung von Rechtstexten (Layout-Richtlinien) und

·      verschiedene, legistische Fragen betreffende Rundschreiben des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst

zugänglich sind.

Die Gemeinschaftsrechtskonformität des im Entwurf vorliegenden Bundesgesetzes ist vornehmlich vom do. Bundesministerium zu beurteilen.

II. Zum Gesetzesentwurf:

Allgemeine Vorbemerkung:

Der vorliegende Entwurf scheint eine weitere Ausweitung der der Austro Control GmbH zukommenden Vollziehungsbefugnisse vorzusehen (vgl. etwa Z 53 – § 131). Auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs, wonach ausgegliederten Rechtsträgern nur „einzelne Aufgaben“ der Hoheitsverwaltung übertragen werden dürfen und die Gefahr, die zulässige Beleihungsgrenze durch schrittweise Ausweitung der übertragenen Aufgaben zu überschreiten, sei daher hingewiesen.

Zum Einleitungssatz:

Es wäre ausreichend, im Einleitungssatz den Kurztitel „Luftfahrtgesetz“ heranzuziehen (vgl. LRL 124).

Zu Z 7 (§ 5 Abs. 5):

Weder aus dem Gesetzestext noch im Zusammenhang mit den Erläuterungen ergibt sich, welcher Rechtsnatur eine „Anweisung“ der zuständigen militärischen Organe sein soll und welcher Rechtsschutz dagegen offen steht (Anweisung im Einzelfall – Akt unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt; allenfalls sonstiger Akt und Rechtsschutz nach § 54 Abs. 2 MBG? Generelle Anordnungen – Verordnung?). Eine Überarbeitung wäre vorzunehmen.

Zu Z 18 (§ 24b):

1.         Die Festlegung in Abs. 1 zweiter Satz über die Zuständigkeit des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie steht nicht im Einklang mit Art. 50 und 65f. B-VG:

Gemäß Art. 65 Abs. 1 B-VG schließt der Bundespräsident die Staatsverträge ab. Gemäß Art. 66 Abs. 2 B-VG kann der Bundespräsident zum Abschluss bestimmter Kategorien von Staatsverträgen die Bundesregierung oder die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung ermächtigen. Von dieser Ermächtigung hat der Bundespräsident mit Entschließung vom 31. Dezember 1920, BGBl. Nr. 49/1921, Gebrauch gemacht. Gemäß dieser Entschließung dürfen Staatsverträge, die nicht gemäß Art. 50 B-VG der Genehmigung des Nationalrates bedürfen, insofern solche Verträge nicht die ausdrückliche Bezeichnung als Staatsverträge führen oder der Vertragsabschluss nicht durch Austausch von Ratifikationsurkunden erfolgt, von der Bundesregierung abgeschlossen werden, soweit solche Verträge in der Form von Regierungsübereinkommen abgeschlossen werden, bzw. vom zuständigen Bundesminister im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Äußeres, soweit solche Verträge in Form von Ressortübereinkommen abgeschlossen werden.

Die Kompetenz zu regeln, wem das Recht zum Abschluss von Staatsverträgen zukommt, liegt daher allein beim Bundespräsidenten, der diese Kompetenz auf Vorschlag der Bundesregierung im Rahmen des Art. 66 Abs. 2 B-VG ausüben kann. Dem (einfachen) Gesetzgeber kommt in diesem Bereich keine Kompetenz zu.

Auf den vorliegenden Entwurf bezogen, kann daher ein einfaches Bundesgesetz in verfassungskonformer Weise nur an die durch Art. 65f B‑VG sowie die Entschließung des Bundespräsidenten getroffene Zuständigkeitsregelung anknüpfen und die iSd. Art. 18 B-VG erforderlichen gesetzlichen Rahmenbedingungen für verordnungsrangige völkerrechtliche Abkommen schaffen (bzw. eine im Vergleich zum BMG sondergesetzliche Zuständigkeitsaufteilung zwischen den Bundesministern – aber nur im Rahmen des Art. 66 Abs. 2 B-VG und der auf dessen Grundlage erlassenen Entschließung des Bundespräsidenten – bewirken).

Als Beispiele für verfassungskonforme Lösungen in Form anknüpfender Bestimmungen darf etwa auf § 14 InfoSiG, § 18 Polizeikooperationsgesetz, § 25 MBG, § 4 Truppenaufenthaltsgesetz oder §§ 17, 19, 30, 49, 108 FPG hingewiesen werden.

2.         Die in § 24b Abs. 1 und Abs. 5 LFG vorgesehene Befugnis der Austro Control GmbH zum Abschluss ausführender Vereinbarungen erscheint nach Ansicht des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst aus den folgenden Gründen verfassungswidrig:

Zum einen ergibt sich schon aus Art. 65f B-VG, dass ausgegliederten Rechtsträgern wie der Austro Control GmbH keine Befugnis zum Abschluss völkerrechtlicher Abkommen zukommen kann (weil die dortigen Bestimmungen einen Abschluss nur durch den Bundespräsidenten oder mit dessen Ermächtigung durch die Bundesregierung oder ihre Mitglieder vorsehen). Dabei ist es unerheblich, dass solche Vereinbarungen – wie gemäß § 24b Abs. 1 Satz 4 LFG vorgesehen – lediglich ausführenden Charakter aufweisen und als „Anhang zu den Rahmenvereinbarungen“ abgeschlossen werden.

Zum anderen dürfte der Abschluss von – wenn auch nur ausführenden – Vereinbarungen mit anderen Vertragsstaaten durch die Austro Control GmbH im Sinne von Abs. 2 ebenso wie der Abschluss von Einzelvereinbarungen im Sinne des Abs. 5 jedenfalls auch als eine Angelegenheit der „außenpolitischen Beziehungen“ anzusehen sein, die gemäß der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs einen „ausgliederungsfesten Kernbereich“ darstellen; als solcher kann er nicht in verfassungsrechtlich zulässig Weise von einem ausgegliederten Rechtsträger übertragen werden (vgl. VfSlg. 16.995/2003 zur Verordnungsermächtigung der Energie Control-GmbH).

3.         Letztlich ist auch darauf hinzuweisen, dass der Hinweis in den Erläuterungen, mit Art. 83bis AIZ werde eine Abweichung vom Grundsatz der Verantwortlichkeit des jeweiligen Registerstaates für die Aufsicht über die aufrechte Lufttüchtigkeit der im Register eingetragenen Luftfahrzeuge ermöglicht, zu kurz greift. Die genannte Aufgabe stellt lediglich eine von mehreren in Art. 83bis AIZ genannten Aufgaben und Verpflichtungen des Eintragungsstaates dar. Nach dem Wortlaut des § 24b Abs. 1 des Entwurfes könnten folglich gemäß Art. 83bis etwa iVm Art. 12 des Abkommens auch die Befolgung der anzuwendenden Luftverkehrsregeln sowie deren Ahndung oder etwa iVm Art. 30 des Abkommens die Aufgaben und Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Luftfahrzeugfunkausrüstung übertragen werden. Eine allfällige Übertragung der Strafverfolgungskompetenz auf einen ausgegliederten Rechtsträger wäre vor dem Hintergrund der Ausgliederungsjudikatur des Verfassungsgerichtshofes nicht zulässig.

Zu Z 20 und 21 (§ 34 Abs. 3 und 4):

Der Ausschluss eines Rechtsanspruches und damit das Fehlen der Beschwerdelegitimation im Verfahren vor den Höchstgerichten könnte – zumindest nach in der Lehre vertretenen Auffassungen (vgl. etwa Thienel, Verwaltungsverfahrensrecht4, 53) – insbesondere auch, weil es sich bei den genannten Tätigkeiten nicht um eigentliche Sachverständigentätigkeiten innerhalb eines Verwaltungsverfahrens handelt, sondern um davon losgelöste Tätigkeiten handelt und daher die Tätigkeiten im Schutzbereich des Grundrechts auf Erwerbsfreiheit liegen dürften, verfassungsrechtliche Bedenken aufwerfen.

Zu Z 30 (§ 71 Abs. 1 lit.a):

Die Abkürzung „AIZ“ ist keine amtliche Abkürzung für das Abkommen über die Internationale Zivilluftfahrt, BGBl. Nr. 97/1949. Sie hätte folglich zu unterbleiben. Alternativ bestünde die Möglichkeit nach dem erstmaligen vollständigen Zitat des Langtitels samt Fundstelle im Bundesgesetzblatt den Klammerausdruck „(im Folgenden: AIZ)“ nachzustellen. Im gegenständlichen Fall wäre der konkrete Titel samt Fundstellenzitat des „Anhang 14 des AIZ“ zu bezeichnen.

Zu Z 40 (§ 95):

Die Anordnung, wonach auch für bereits entrichtete Luftfahrthindernisse die laufende Instandhaltung der Kennzeichnung vom Eigentümer – trotz allenfalls entgegenstehender Regelung in einem Bescheid – zu tragen ist, kann dem Eigentümer plötzlich (§ 173 Abs. 29 scheint keine besondere Übergangsfrist vorzusehen) Kosten auferlegen, mit denen er nicht zu rechnen brauchte bzw. bei denen er möglicherweise aufgrund eines Bescheids davon ausgehen konnte, dass er sie nicht zu tragen hat. Es könnten daher Bedenken in Hinblick auf den durch Art. 7 B-VG gewährten verfassungsrechtlichen Vertrauensschutz bestehen. Freilich ist dabei zu berücksichtigen, dass die Errichtung von Luftfahrthindernissen typischerweise im Interesse deren Eigentümer liegt und daher die Kostentragung durch diese an sich sachlich gerechtfertigt sein dürfte. Mangels Kenntnis über die typische Höhe der Kosten kann nicht abschließend beurteilt werden, ob die unmittelbare Auferlegung sachlich gerechtfertigt ist oder ob nicht eine Übergangsfrist geboten wäre.

Hinsichtlich des letzten Satzes („trotz allfällig entgegenstehenden Bescheidspruchs“) könnten Bedenken im Lichte der Rechtssicherheit aufgeworden werden, da der Bescheidadressat wohl auf die durch den Bescheid gestaltete Rechtslage abstellen wird. Einer Regelung, die der Behörde aufträgt, den Bescheid entsprechend abzuändern, wäre der Vorzug einzuräumen.

Zu Z 48:

Zu § 120:

Zu Abs. 1 ist anzumerken, dass sich die Bezugnahme auf völkerrechtliche Vereinbarungen („sofern in … Vereinbarungen … nichts anderes bestimmt ist) nur auf solche beziehen kann, die aufgrund von Art. 50 B-VG unmittelbar anwendbar sind. Fraglich ist, was Regelungen „auf Grund von völkerrechtlichen Vereinbarungen“ darstellen: Sollten damit Verordnungen gemeint sein, die unmittelbar auf Staatsverträge, welche den Voraussetzungen des Art. 18 B-VG entsprechen, gestützt sind, wäre es angezeigt, dies ausdrücklich vorzusehen.

Zu Abs. 6 ist zu bemerken, dass die in anderen Mitgliedstaaten ausgestellte Lizenz in den meisten Fällen wohl nicht unmittelbar auf die Richtlinie, sondern auf deren nationale Umsetzungsbestimmungen gestützt erteilt wird. Es wäre zweckmäßig, dies ausdrücklich – im Sinne einer verfassungsrechtlich zulässigen Tatbestandsanknüpfung – vorzusehen.

Zu § 120b Abs. 1:

Es ist fraglich, ob der volle Rückersatzanspruch der Flugsicherungsorganisation im Falle einer Bundeshaftung aus dem Amtshaftungsgesetz mit Art. 23 B-VG in Einklang steht. Art. 23 Abs. 2 B-VG sieht vor, dass Personen, die als Organe handeln, dem haftenden Rechtsträger nur dann zu Ersatz verpflichtet, soweit ihnen Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt. Diese Bestimmung enthält keine Sonderregelung für juristische Personen, so dass auch für diese – zwecks Sicherung der „Schlagkraft der Verwaltung“ (siehe etwa Kucsko-Stadelmayer in: Korinek/Holoubek, Bundesverfassungsrecht, Art. 23 B-VG Rz 41) – eine Regresshaftung nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit in Betracht kommen dürfte.

Zu § 121:

Die Formulierung des Abs. 1 letzter Satz (arg: „ … kann in luftfahrtüblicher Weise kundgemacht werden.“) lässt nicht erkennen, worin die Alternative zu dieser Kundmachung und insbesondere die alternative Kundmachungsform liegt. Entsprechendes gilt auch für Z 52 (§ 131 Abs. 2).

Bezüglich des im Entwurf vorliegenden Abs. 2 wird auf die entsprechenden Ausführungen zu Z 7 (§ 5 Abs. 5) hingewiesen.

Weder aus dem Gesetzestext noch aus den Erläuterungen geht hervor, um welches rechtliche Instrument es sich bei dem in Abs. 3 genannten Übereinkommen zwischen Verkehrs- und Verteidigungsminister handeln soll. Eine privatrechtliche Übereinkunft ist angesichts der Einbettung der in diesem Übereinkommen mutmaßlich zu regelenden Angelegenheiten zu hoheitlichen Aufgaben nicht anzunehmen und wäre verfassungsrechtlich wohl auch nicht zulässig. Öffentlich-rechtliche Verträge sind hingegen der österreichischen Rechtsordnung grundsätzlich fremd und weisen wesentliche verfassungsrechtliche Fragestellungen in Bezug auf die Rechtswirkungen und den Schutz subjektiver Rechte auf (vgl. die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs VfSlg. 17.101/2004).

Art.3 lit. a der RL 2150/2005, welches von „Vereinbarungen und Verfahren“ spricht, dürfte ein Übereinkommen der vorgesehenen Art wohl auch nicht zwingend verlangen, sondern lediglich ein abgesprochenes Vorgehen. Mangels Kenntnis des geplanten Inhalts solcher „Übereinkommen“ ist es schwierig, die passende Rechtsform zu identifizieren. Sofern aber außenwirksame allgemein verbindliche Rechtsinhalte festgelegt werden sollen, wäre eine im Einvernehmen erlassene Verordnung wohl das präferierte Rechtsinstrument; falls das „Übereinkommen“ lediglich Binnenwirkung haben soll, wäre an ein gemeinsames Vorgehen mit Blick auf § 5 BMG (zB bei der Erlassung genereller Weisungen) zu denken.

Zu § 121a:

Diese Bestimmung erscheint nach Ansicht des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst aus den folgenden Gründen verfassungsrechtlich bedenklich:

Zum einen erscheint die in § 121a LFG beabsichtigte Regelung der Zuständigkeit des BMVIT zum Abschluss völkerrechtlicher Verträge in Hinblick auf Art. 65f. B-VG problematisch. In dieser Hinsicht verweist das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst auf die obigen Ausführungen zu Z 18 (§ 24b LFG).

Zum anderen findet die in dieser Bestimmung vorgesehene Übertragung von Hoheitsrechten an andere Staaten oder zwischenstaatliche Einrichtungen zwar ihre verfassungsrechtliche Grundlage in Art. 9 Abs. 2 B-VG. Allerdings scheint [zumindest in Z 3 (Z 1 ist diesbezüglich unklar formuliert)] auch eine Übertragung hoheitlicher Aufgaben (Flugverkehrsdienste iSd §120 Abs. 1; Aufgaben gemäß § 119) auf andere Rechtssubjekte, die ausländischer Rechtshoheit unterliegen – nämlich Flugsicherungsorganisationen, die anzunehmender Weise in zahlreichen Fällen Privatrechtssubjekte darstellen – vorgesehen. Diese Vorgangsweise findet in Art. 9 Abs. 2 B-VG keine verfassungsrechtliche Deckung: Auf Grundlage von Art. 9 Abs. 2 B-VG können Hoheitsrechte mittels Gesetz oder nach Art. 50 B-VG zu genehmigenden Staatsvertrag nämlich immer nur auf Staaten oder zwischenstaatliche Einrichtungen übertragen werden, nach deren internen Rechtsordnung sich dann bestimmt, welche konkrete Behörde (zB eine dortige Flugsicherungsorganisation) zu ihrer Ausübung zuständig ist.

Zu Z 67 (§ 145a):

Hier gilt der Hinweis zu § 121 Abs. 3 sinngemäß. Außerdem erscheint in der gesetzlichen Grundlage nicht ausreichend geregelt, was unter „besonderen Verfahren“ zu verstehen ist und was demnach Gegenstand der Übereinkommen sein soll.

Zu Z 73 (§ 172 Abs. 2):

1. Einleitend ist festzuhalten, dass die Formulierung von Verfassungsbestimmungen eine Zuständigkeit des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst ist, mit dem daher vor Einbringung einer Regierungsvorlage das Einvernehmen herzustellen ist.

Die vorgesehene Verfassungsbestimmung führte bei Realisierung zu Einbrüchen ins geschlossene Rechtsquellensystem des österreichischen Verfassungsrechts. Aus Sicht des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst wird die Schaffung einer Möglichkeit, englischsprachige Normen für verbindlich zu erklären, bereits aus grundsätzlichen verfassungspolitischen Erwägungen und mit Rücksicht auf die allgemeinen Regelung der Art. 8 Abs. 1 und 18 B-VG abgelehnt.

2. Unbeschadet der ablehnenden Haltung ist anzumerken:

·      Sofern eine Verweisung in einer Verordnung intendiert ist, kann die vorgeschlagene Verfassungsbestimmung nicht vom Erfordernis einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage, die den Anforderungen des Art. 18 B-VG entspricht, dispensieren. Eine unmittelbare Verweisung in Verordnungen ohne ausreichende gesetzliche Grundlage wäre bedenklich.

·      Die Möglichkeit der Verweisungen in Bescheiden sollte lediglich dann in Betracht kommen, wenn auf die gegenständlichen internationalen Normen bereits in der gesetzlichen Grundlage bzw. in einer Verordnung aufgrund gesetzlicher Grundlage verwiesen wird. Um dieses Ziel zu erreichen, bedürfte es keiner ausdrücklichen Erwähnung der Verweisung in Bescheiden im Text des § 172, da eine rechtskonforme Verweisung im Gesetz oder einer Verordnung eine gesetzliche Grundlage im Sinne des Art. 18 B-VG schafft und die verwiesene Norm bereits dadurch für die vollziehende Behörde verbindlich wird.

Der vorgeschlagene Wortlaut scheint aber nicht auf diesen Fall beschränkt, sondern würde eine, vermutlich zwar nicht beabsichtigte, aber vom vorgeschlagenen Wortlaut der Verfassungsbestimmung gedeckte unmittelbare Verweisung in Bescheiden auf derartige Normen, deren Verbindlichkeit niemals vom Gesetz- oder – auf gesetzlicher Grundlage – Verordnungsgeber beschlossen wurde, ermöglichen.

·      Im Zusammenhang mit der Anordnung, wonach Verweisungen auf internationale Normen im Zweifel als solche auf die jeweils aktuellste Fassung zu verstehen sind, besteht weiterhin die Gefahr einer vom österreichischen Gesetzgeber nicht mehr zu beeinflussenden allfälligen Rückwirkung von verwaltungsstrafrechtlich relevanten Tatbestandsbestimmungen, was jedenfalls völkerrechtlich im Widerspruch zu Art. 7 EMRK stünde. Es kann vom Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst nicht beurteilt werden, inwieweit solche Rückwirkungen in den fraglichen Normen vorkommen; bejahendenfalls könnte eine solche völkerrechtswidrige Rechtslage lediglich durch eine umständliche gesetzliche Regelung des Ausschlusses der Rückwirkung vermieden werden.

3. Abschließend wird auch darauf hingewiesen werden, dass, bei Entfall der im Entwurf vorliegenden Verfassungsbestimmung, einige Verweisungen auf internationale Normen im Entwurf (zB § 71 Abs. 1 lit. a, § 120e Abs. 5) den geltenden verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen anzupassen sind.

Zu Z 74 (§ 172a):

Es ist nicht eindeutig erkennbar, nach welchem System die Auswahl der Mehrzahl der in Abs. 1 genannten Kundmachungsorgane erfolgt, die noch dazu für die meisten Rechtsunterworfenen schwer zugänglich sein dürften (auch wenn klar ist, dass die unmittelbar von den Vorschriften betroffenen Personen diesen Zugang leichter bewerkstelligen können). Im Sinn der Rechtssicherheit wird aber jedenfalls zur Diskussion gestellt, die Regelung des Abs. 2 von einer „kann“- in eine „muss“-Bestimmung umzuwandeln, so dass eine Kundmachung jedenfalls auch via Internet auf einer frei zugänglichen Seite erfolgt.

III. Zu Vorblatt, Erläuterungen und Textgegenüberstellung:

Das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst weist auf sein Rundschreiben vom 6. November 2007, GZ 600.824/0005-V/2/2007 – betreffend Legistik und Begutachtungsverfahren; Vorblatt und Erläuterungen; Darstellung der Auswirkungen von Rechtssetzungsvorhaben ‑ hin, in denen insbesondere um eine detailliertere Strukturierung der Darstellung der Auswirkungen von Rechtssetzungsvorhaben im Vorblatt ersucht wurde.

Zum Allgemeinen Teil der Erläuterungen:

Als Kompetenzgrundlage wären auch Art. 10 Abs. 1 Z 1 („Bundesverfassung“) und Z 2 („äußere Angelegenheiten“) anzugeben.

Gemäß § 14 Abs. 1 BHG ist jedem Entwurf für (ua.) ein Bundesgesetz von dem Bundesminister, in dessen Wirkungsbereich der Entwurf ausgearbeitet wurde, eine den Richtlinien gemäß § 14 Abs. 5 BHG entsprechende Darstellung der finanziellen Auswirkungen anzuschließen, aus der insbesondere hervorzugehen hat, wie hoch die durch die Durchführung der vorgeschlagenen Maßnahmen voraussichtlich verursachten Ausgaben oder Einnahmen sowie Kosten oder Erlöse für den Bund im laufenden Finanzjahr und mindestens in den nächsten drei Finanzjahren zu beziffern sein werden. Eine solche Darstellung kann dem vorliegenden Entwurf nicht entnommen werden.

Auf die finanziellen Folgen einer Missachtung von Verpflichtungen nach der Vereinbarung zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden über einen Konsultationsmechanismus und einen künftigen Stabilitätspakt der Gebiets­körperschaften, BGBl. I Nr. 35/1999, muss hingewiesen werden.

Diese Stellungnahme wird im Sinne der Entschließung des Nationalrates vom 6. Juli 1961 u.e. auch dem Präsidium des Nationalrats zur Kenntnis gebracht.

 

27. März 2008

Für den Bundeskanzler:

Georg LIENBACHER

 

 

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