Gz BKA-920.757/0004-III/1/2008

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bearbeiter Herr Mag Stanislav HORVAT

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Ihr Zeichen BMF-321100/0005-I/20/2007

Bundesministerium für Finanzen

Hintere Zollamtstraße 2b

1030 WIEN

 

Antwort bitte unter Anführung der GZ an die Abteilungsmail

 

 

 

 

Begutachtung des Finanzprokuraturgesetzes; Stellungnahme

 

 

Zum gegenständlichen Gesetzesentwurf nimmt das Bundeskanzleramt – Sektion III wie folgt Stellung:

 

Grundsätzliches:

Die Finanzprokuratur, als eine flexibilisierte Einheit mit mehrjährigem Budget und transparenter Kosten- und Leistungsdarstellung, ist ein Beispiel für die moderne Steuerung einer Verwaltungseinheit.

Grundsätzlich werden die angestrebte Rechtsbereinigung, eine sinnvolle und kostenbewusste Umstrukturierung sowie der Ausbau der bürgerorientierten Dienstleisterfunktion begrüßt.

 

Zu den einzelnen Bestimmungen ist jedoch festzuhalten:

 

Zu § 10 Abs. 6, § 11 Abs. 3 und § 23 zweiter Satz:

§ 10 Abs. 6, § 11 Abs. 3 und § 23 zweiter Satz sehen die Zuteilung eines Prokuratursanwaltes zum Präsidium nach vorhergehender Ausschreibung dieser Funktion vor („Präsidialanwalt“).

Die Erläuterungen enthalten keine näheren Ausführungen dazu, aus welchen Gründen für die vom Präsidium wahrzunehmenden Aufgaben des Personalmanagements für den Prokuratursanwaltsdienst besonders ausgebildete Bedienstete eingesetzt werden sollen und worin die besondere Funktion des Präsidialanwaltes bestehen soll, der eine verpflichtende Ausschreibung nach dem Ausschreibungsgesetz 1989 voranzugehen hat. Dabei bleibt auch das Verhältnis der Tätigkeitsbereiche zueinander unklar – handelt es sich um einen Prokuratursanwalt mit bloßen Zusatzaufgaben im Bereich des Personalmanagements oder aber stellt die Tätigkeit im Präsidium die Hauptaufgabe des Präsidialanwaltes dar?

Diese Funktion erscheint umso entbehrlicher als die in § 12 festgelegten Leitungsaufgaben der Leitenden Prokuratursanwälte (wie die Führung der Mitarbeitergespräche, die Festlegung von Leistungszielen und Verhandlung der Zielvereinbarung mit dem Leiter der Finanzprokuratur, die Ausbildung der Mitarbeiter, die Erstellung eines Konzepts über die Weiterbildung sowie die Umsetzung des vom Präsidenten erstellten Fortbildungsprogramms) bereits ein Einfließen von aus Anwaltssicht für sinnvoll erachteten Aspekten in das Personalmanagement und die Personalentwicklung ermöglicht.

 

Es widerspricht wirtschaftlichen Grundsätzen, Bedienstete, die für eine bestimmte Funktion qualifiziert und mit erheblichem Aufwand des Dienstgebers ausgebildet werden, in Bereichen einzusetzen, für die diese Ausbildung nicht notwendig ist. Keinesfalls können daraus besoldungsrechtliche Auswirkungen abgeleitet werden.

 

Zu § 10 Abs. 6, § 11 Abs. 2, § 12 Abs. 3 und § 23 Abs. 2:

Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen sollten im Interesse von Transparenz und Rechtssicherheit die die Ausschreibung betreffenden Regelungen durch direkte Novellierung des AusG selbst getroffen werden und nicht wie vorgesehen im Organisationsgesetz. Insbesondere sollte auch eine bloß „sinngemäße“ Anwendung nicht vorgesehen werden, da daraus zwangsläufig Auslegungsprobleme entstehen. Darüber hinaus ist auch nicht einsehbar, warum die Bestellung zum Prokuratursanwalt „nicht dem AusG“ unterliegen soll.

 

Zu § 12 Abs. 2:

§ 12 Abs. 2 zweiter Satz normiert den Verlust der „besonderen Leiterzulage“ im Falle der Abberufung eines Leitenden Prokuratursanwalts von seiner Funktion.

Diese Bestimmung ist unverständlich, zumal die für Bundesbedienstete geltenden besoldungsrechtlichen Vorschriften (GehG bzw. VBG) eine besondere Leiterzulage für Leitende Prokuratursanwälte nicht vorsehen. Sie greift offensichtlich vom Bundesministerium für Finanzen angedachten Änderungen im Besoldungsrecht vor und wird abgelehnt. Der Satz sollte daher ebenso wie der Verweis in den Erläuterungen auf eine gesonderte, im Rahmen der besoldungsrechtlichen Bestimmungen zu normierende Zulage gestrichen werden.

 

Zu § 16:

Da das Gehaltsgesetz noch nicht vollständig zitiert wurde, ist die Kurzbezeichnung „GehG“ nach den Legistischen Richtlinien nicht zulässig.

Ähnliches gilt für die Kurzbezeichnung „VBG“. Die Langversion findet sich erst zu einem späteren Zeitpunkt in § 18. Weiters sollte es statt der Abkürzung „BDG“ richtig „BDG 1979“ heißen (siehe auch andernorts in § 12 Abs. 1, § 16, § 18 Abs. 1 und 3, § 20 Abs. 1). Im Übrigen ist im öffentlichen Dienst der Begriff „Dienstnehmer“ ungebräuchlich; es wird angeregt stattdessen den Begriff „Bediensteter“ zu verwenden (siehe auch § 11 Abs. 1 und § 14 Abs. 2).

 

Zu § 18 Abs. 3:

Die Regelung über den Ausbildungskostenrückersatz sieht – abweichend von BDG 1979 und VBG – die Möglichkeit des Absehens von der Rückersatzverpflichtung in begründeten Fällen durch den Leiter der Finanzprokuratur vor. Im Hinblick auf die im Vergleich hohen Investitionen des Dienstgebers Bund in die Ausbildung der Prokuratursanwälte sowie auf die Verwertbarkeit dieser Ausbildung und der Weiterbildungen vor allem als Rechtsanwalt sollte diese Möglichkeit zur Vermeidung des Abwanderns in die Privatwirtschaft nicht eröffnet werden.

 

Die in den Erläuterungen als Rechtfertigung angeführten Härtefälle können nicht nachvollzogen werden. Liegt ein Seminar lange zurück, sind die Bediensteten nach Ablauf einer Bindungsfrist von fünf Jahren bereits auf Grund des Gesetzes nicht mehr zum Ausbildungskostenersatz verpflichtet. Durch die Vergleichbarkeit des Verwendungsbildes des Prokuratursanwalts mit jenem des Rechtsanwalts in bestimmten Bereichen werden Prokuratursanwälten gewährte Seminare, deren Kosten die nach § 20 Abs. 4 BDG 1979 bzw. § 30 Abs. 5 VBG ersatzfähige Höhe erreichen, wohl nicht nur für den Dienstgeber, sondern auch für die Bediensteten selbst einen Mehrwert haben.

 

Die Erläuterungen gehen davon aus, dass die Kostenersatzregelung bei allen Arten der Beendigung des Dienstverhältnisses zum Tragen kommt. Dies widerspricht der Bestimmung des § 18 Abs. 3, die ausdrücklich auf die Ausbildungskostenersatzregelungen des BDG 1979 und des VBG verweist, und darüber hinaus auch der Regelung des allgemeinen Arbeitsrechts (§ 2d AVRAG). Die Einforderung eines Kostenersatzes etwa im Falle einer vom Bediensteten nicht zu vertretenden Dienstgeber-Kündigung erscheint auch nicht gerechtfertigt.

 

Zu § 19:

§ 19 normiert eine Konkurrenzklausel, die sich jedoch auf die rechtliche Beratung und Vertretung eines Mandanten der Finanzprokuratur, für den der Prokuratursanwalt Kundenbetreuer (§ 11 Abs. 3) war, beschränkt. Sie erscheint damit als zu wenig weitgehend, um die Effektivität der Investitionen des Dienstgebers Bund abzusichern und beträchtliche Schäden für die Republik Österreich im Falle eines Wechsels in die Privatwirtschaft durch die Mitnahme von Fakultativmandanten (insbesondere ausgegliederte Rechtsträger) hintanzuhalten.

 

Vielmehr sollte die Konkurrenzklausel auf alle von der Finanzprokuratur vertretenen Mandanten ausgedehnt werden. Eine unbillige Erschwerung des Fortkommens kann darin im Lichte der Judikatur des Obersten Gerichtshofes nicht erblickt werden (vgl. etwa Erkenntnis des OGH vom 15. September 2004, 8 ObA 21/04b).

 

Zu den §§ 21 und 25:

Die Regelung, dass sich Verweise auf andere Bundesgesetze auf deren jeweilige Fassung beziehen, erfolgte doppelt.

 

Zu § 22:

Im Sinne der Gender-Bemühungen sollten personenbezogene Ausdrücke so gewählt werden, dass Frauen und Männer gleichermaßen bezeichnet sind. Dies umso mehr, als es sich beim vorliegenden Entwurf um eine Neufassung handelt.

 

Zu den finanziellen Erläuterungen:

Wie aus den finanziellen Erläuterungen ersichtlich, soll die Auswirkung der Strukturreform in der UT 0 zu Mehrausgaben in Höhe von ca. 833 000 Euro führen.

Dies entspricht einer Steigerung von ca. 15 %, die nicht nachvollzogen werden kann und es gibt keine schlüssige Erklärung dafür (auch nicht in den Erläuterungen).

 

2007 BVA

2008 BVA

Auswirkungen der Strukturreform 2008

5.358.000,00 €

5.755.000,00 €

6.190.829,34

 

Sollte in dieser Erhöhung offensichtlich eine vom BMF geplante Änderung der besoldungsrechtlichen Stellung intendiert sein, wird dazu festgehalten, dass eine allfällige Erhöhung der Besoldung der Prokuratursanwälte nicht über die Besoldung der Staatsanwälte (St 1) hinausgehen kann und darf, da andernfalls mit massiven Mehrforderungen seitens der Staatsanwälte aber auch der Richterschaft gerechnet werden muss.

 

Durch die große Nahebeziehung dieser Gruppen (teilweise gemeinsame Ausbildungen) ist selbst ein „Verstecken“ in Sonderverträgen nicht möglich.

 

 

Unter einem ergeht eine Ausfertigung der ho. Stellungnahme an das Präsidium des Nationalrates.

 

 

 

4. April 2008

Für die Bundesministerin:

PLEYER

 

 

 

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