Amt der Wiener Landesregierung

 

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MD-VD - 491/08                                                                Wien, 5. Mai 2008

Entwurf eines Bundesverfassungs-

gesetzes, mit dem das Bundes-Ver-

fassungsgesetz geändert und ein

Zweites Bundesverfassungsrechts-

bereinigungsgesetz erlassen wird;

Zweites Reformpaket der

Staatsreform;

Begutachtung;

Stellungnahme

 

zu BKA-603.363/0004-V/1/2008

 

 

An das

Bundeskanzleramt

 

 

Das Amt der Wiener Landesregierung gibt zu dem im Betreff angeführten Entwurf eines Bundesgesetzes der Expertengruppe Staats- und Verwaltungsreform im Bundeskanzleramt folgende Stellungnahme ab[1]:

 

Allgemeines:

 

Vorweg ist festzustellen, dass sich das Land Wien der gemeinsamen Länderposition, welche von den Landeshauptleuten in ihrer Konferenz vom 28. April 2008 beschlossen wurde, anschließt. Ergänzend zu den Positionen der Landeshauptleute wird seitens des Landes Wien noch Folgendes ausgeführt:

 

Die zentrale Neuerung im System der Kompetenzverteilung ist Art. 12. Diese Bestimmung enthält eine Kompetenz-Kompetenz des einfachen Bundesgesetzgebers entweder in Bezug auf eine ganze Angelegenheit (Abs. 2) oder auf Grundsätze (Abs. 4). Die einzige Beschränkung dieser Kompetenz-Kompetenz besteht in der Eingrenzung auf die Materien der Ziffern 1 bis 9. Inhaltliche Kriterien, wie z. B. ein dringendes Bedürfnis nach einer einheitlichen Regelung, sind nicht vorgesehen. Ein solches Kriterium findet sich erst in Abs. 6 und zwar nur im Zusammenhang mit Rechtsakten im Rahmen der Europäischen Union und die integrierte Genehmigung von Vorhaben. Diese Bestimmung geht aber - in dem sie sich auch auf reine Landeskompetenzen nach Art. 11 erstreckt - weit über die in den Ziffern 1 bis 9 aufgezählten Kompetenzen hinaus.

 

Der vorgeschlagene Art. 12 kann nur dann den erwünschten Erfolg bringen, wenn die Länder hinreichend in den Entscheidungsprozess über die Zuweisung einer Kompetenz eingebunden werden. Die Stadt Wien hat hiezu immer betont, dass ein Eingriff in bestehende Landeskompetenzen - abgesehen von der Zustimmung des Bundesrates - immer nur mit Zustimmung der Mehrheit der Länder erfolgen kann, und zwar ohne der Möglichkeit eines Beharrungsbeschlusses des Nationalrates. (In diesem Zusammenhang ist auf die Länderposition zum Österreich-Konvent vom Jänner 2005 hinzuweisen.) Lediglich was die Besetzung des Bundesrates betrifft, wird der Variante 2 gegenüber der Variante 1 der Vorzug gegeben. Im Übrigen werden beide Varianten abgelehnt.

 

Auch bezüglich der Schulverwaltung stellt der gegenständliche Entwurf umfassende Verschiebungen von Kompetenzen in den Raum. Die damit verbundenen Aufgaben bewirken auch die Verschiebung von wesentlichen Verpflichtungen zur Kostentragung. Hervorzuheben ist die Überführung von bundesbehördlichen Aufgaben in die Landesbildungsdirektionen einschließlich aller damit verbundenen Kosten für den Amtssach- und Personalaufwand. Daraus resultiert eine umfangreiche Aufschnürung des bis 2013 ausverhandelten Finanzausgleichs. Speziell im Rahmen von Übergangsregelungen werden zusätzliche Kosten zu erwarten sein, deren Finanzierung durch den Bund sicherzustellen ist. Diese finanziellen Auswirkungen wären im Vorblatt und im Allgemeinen Teil der Erläuterungen nachvollziehbar darzustellen.

 

Zu den Bestimmungen im Einzelnen:

 

Zu Art. 1 des Entwurfes:

 

Hinsichtlich der Neugestaltung der Kompetenzfelder ist auf die Aussage in der oben genannten gemeinsamen Länderposition hinzuweisen, wonach sich eine detaillierte Ausführung der Ländervorbehalte vorerst erübrigt, insbesondere da diesbezüglich eine Verhandlungszusage avisiert wurde. Folgende gewichtige Punkte sind aber bereits jetzt festzuhalten:

 

Zu Art. 10 Abs. 1 Z 6:

 

Der Bereich des Vergaberechtsschutzes sollte Landesrecht bleiben. Auch in der Frage des Beschaffungswesens dürfen die Länder und Gemeinden nicht eingeschränkt werden. Eine derartig weitreichende Beschneidung der Privatautonomie der Länder und Gemeinden wäre nicht akzeptabel.

 

Zu Art. 10 Abs. 1 Z 13:

 

Es ist nicht nachvollziehbar, warum der Kompetenztatbestand Schulwesen durch den viel enger gefassten Begriff „Schulen“ umschrieben werden soll. Aus Gründen der Rechtssicherheit wäre dem bewährten Begriff Schulwesen der Vorzug zu geben, zumal auch den Erläuterungen nichts Näheres zu entnehmen ist.

 

Weiters wäre klarzustellen, ob dieser Kompetenztatbestand oder jener der „äußeren Organisation der Schulen“ (Art. 12 Abs. 1 Z 7) die Einrichtung von Schultypen beinhaltet.

Zu Art. 11:

 

Im Katalog der Landeskompetenzen in Art. 11 fehlt weiters der Kompetenztatbestand „Sonderzivilrecht“. Dieser würde es den Ländern wesentlich erleichtern, Ausgliederungen vorzunehmen und deren Aufgaben praxisgerecht zu regeln.

 

Zu Art. 11 Z 14:

 

Das Verhältnis zwischen Art. 11 Z 14 B-VG, der den Kompetenztatbestand „Dienstrecht und Personalvertretungsrecht der Landes- und Gemeindebediensteten“ in die ausschließliche Zuständigkeit der Länder zur Gesetzgebung und Vollziehung verweist, zu dem bestehenden Art. 21 Abs. 2 B-VG ist unklar, da letztere Bestimmung sowohl das Personalvertretungsrecht der in Betrieben tätigen Bediensteten der Länder als auch das als Teil des Dienstrechtes anzusehende Arbeitnehmerschutzrecht der in Betrieben tätigen Bediensteten der Länder, Gemeinden und Gemeindeverbände als Gesetzgebungs- und Vollziehungskompetenz des Bundes normiert. Es muss jedenfalls sichergestellt sein, dass das Personalvertretungsrecht für die Bediensteten der Gemeinde Wien weiterhin einheitlich durch Landesgesetz geregelt werden kann (vgl. Art. III Abs. 4 des Bundesverfassungsgesetzes BGBl. Nr. 350/1981, wonach bei Anwendung der bundesverfassungsrechtlichen Bestimmungen über die Personalvertretung die Bediensteten der Bundeshauptstadt Wien als Bedienstete der Gemeinde gelten).

 

Zu Art. 12 Abs. 1 Z 2:

 

Die Zuordnung einer Angelegenheiten zur Dritten Säule bedingt auf Grund der vorgesehenen Struktur des Art. 12, dass sich die betreffende Materie auch dazu eignet, entweder bei Bedarf bundeseinheitlich (Abs. 6) oder durch Grundsätze (Abs. 4) geregelt zu werden. Diese Möglichkeiten scheiden beide für das Baurecht in Wien aus. Das Wiener Baurecht integriert nämlich das Planungsrecht und das herkömmliche Baurecht in der Weise, dass Inhalte der örtlichen Raumplanung und die mit dem Bauverfahren verfolgten Ziele eine Einheit darstellen. Eine überörtliche Raumplanung bzw. ein vom eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde trennbarer Teil eines reinen Landesbaurechtes existiert nicht. Dazu kommt noch, dass die örtliche Raumplanung im Bauverfahren in einem untrennbaren Zusammenhang steht, weil es möglich ist, unwesentliche Abweichungen von den Bebauungsvorschriften zu genehmigen (vgl. § 69 der Bauordnung für Wien - BO). Deshalb sollen beide Teile - die örtliche Raumplanung und das Baurecht - weiterhin einer Regelung durch die Stadt Wien vorbehalten bleiben.

 

Bezogen auf das Verfassungsrecht bedeutet dies, dass das Planungs- und Baurecht in Wien mit geringen Ausnahmen (§ 139 Abs. 2 BO) in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde fällt. Dies bedingt, dass bei seiner Regelung die örtlichen Gegebenheiten und gemeindetypischen Besonderheiten im Mittelpunkt der Betrachtung stehen. Diesbezüglich kommt daher weder in Betracht, dass bundeseinheitliche Regelungen getroffen werden, noch dass Grundsätze vorgegeben werden, nach denen ein bundeseinheitlicher Bedarf besteht. Solche kämen lediglich im Bereich der technischen Bauvorschriften in Frage. Diesbezüglich hat der Wiener Landtag jedoch bereits am 23. Jänner 2008, basierend auf einer Vereinbarung gemäß Art. 15a , eine Harmonisierung dieser Vorschriften beschlossen.[2]

 

Weiters spielt der Zusammenhang zwischen den Angelegenheiten der Stadterneuerung und dem Bau- und Planungsrecht eine nicht unerhebliche Rolle. Unter Stadterneuerung ist die Beseitigung städtebaulicher Missstände unter Bedachtnahme auf die Bebauungsvorschriften zu verstehen. Diese Missstände werden nach bisherigem Verständnis durch eine mangelhafte Wohnungsausstattung bzw. eine unzureichende Belichtung oder Belüftung von Baulichkeiten zurückgeführt, aber auch durch eine den künftigen Anforderungen an ein modernes Wohnen nicht entsprechende Bebauungsdichte oder ein nicht verträgliches Gemisch von Betrieben und Wohngebäuden hervorgerufen (vgl. § 6 Abs. 1 und 2 des Stadterneuerungsgesetzes, BGBl. Nr. 287/1974). Der gegenständliche Entwurf sieht nun zwar vor, dass die Stadterneuerung eine Angelegenheit nach Art. 11 sein soll (Z 15), nicht jedoch das Baurecht. Eine den örtlichen Gegebenheiten angepasste Regelung der Stadterneuerung setzt jedoch, wie der beschriebene Zusammenhang mit dem Bau- und Planungsrecht zeigt, auch einen Zugriff der Länder auf die Regelungen des Baurechtes voraus.

 

Zusammenfassend wird daher gefordert, dass das Baurecht in Art. 11 aufgenommen wird. Der betreffende Kompetenztatbestand sollte mit „Stadterneuerung, Stadt- und Raumplanung sowie Baurecht“[3] umschrieben werden.

 

Zu Art. 12 Abs. 1 Z 4 und 5:

 

Diese Bestimmungen ordnen die Angelegenheiten der Sozialhilfe, der Krankenanstalten und Pflege, der Kuranstalten- und -einrichtungen sowie der natürlichen Heilvorkommen dem Art. 12 zu. Mangels Erwähnung dieser Angelegenheiten in Art. 10 und 11 fallen aber auch das Pflegegeld, Angelegenheiten der Behinderten, die Heimhilfe und die Sozialbetreuungsberufe unter Art. 12 (auf Grund der Generalklausel des Art. 12 Abs. 1 Z 9). Die Ausübung dieser Kompetenzen durch die Stadt Wien stellt einerseits die sichere Gesundheitsversorgung der Bevölkerung sowie die Betreuung älterer Personen sicher, andererseits ist es der Stadt Wien möglich, den entstehenden finanziellen Aufwand durch geeignete Maßnahmen zu steuern. Dies ist künftig nicht mehr sichergestellt. Im Hinblick auf die jüngsten Reformvorschläge betreffend die Finanzierung der Sozialversicherungsträger und der sich daraus ergebenden erheblichen finanziellen Belastung der Länder wird an dieser Stelle ausdrücklich festgehalten, dass hinsichtlich der Kompetenzzuordnung der angesprochenen Bereiche noch ein erheblicher Diskussionsbedarf besteht.

 

Zu Art. 12 Abs. 1 Z 7:

 

Entgegen der derzeitigen Verfassungsrechtslage (Art. 14 Abs. 3 lit. b) ist der Umfang des Begriffes der äußeren Organisation der Schulen nicht mehr im Rahmen der Verfassungsbestimmung geregelt. Es ist nicht nachvollziehbar, warum diese Abgrenzung den Erläuterungen vorbehalten bleibt. Es wäre jedenfalls erforderlich, im Verfassungstext die Materien der äußeren Organisation zu regeln.

 

Sollte geplant sein, die Länder für die Schulerhaltung sämtlicher Schulen zuständig zu machen, könnte dies zu massiven Kostenbelastungen für die Stadt Wien führen. In diesem Fall wäre die im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Reformpaket im Bundesministerium für Finanzen begleitend eingesetzte Arbeitsgruppe mit der genauen Prüfung dieser Auswirkungen zu befassen und diese im Vorblatt und im Allgemeinen Teil der Erläuterungen nachvollziehbar darzustellen.

 

Zu Art. 12 Abs. 6:

 

Diese Bestimmung sieht unter anderem eine Bedarfskompetenz vor für die Erlassung einheitlicher Vorschriften in Bezug auf die „integrierte Genehmigung von Vorhaben“. In den Erläuterungen wird dazu lediglich ausgeführt, dass dieser Begriff umfassend zu verstehen ist und jedenfalls über die bestehende Bedarfskompetenz zur Regelung der Umweltverträglichkeitsprüfung hinausgeht.

 

Diese Ausführungen wären dahingehend zu ergänzen, welche Kompetenztatbestände der Art. 10-12 hievon erfasst sind und welche Inhalte vom Begriff „integrierte Genehmigung von Vorhaben“ abgedeckt werden sollen. Insbesondere wäre klarzustellen, ob auch ein neues Anlagenrecht unter Einbeziehung aller betroffenen Landeskompetenzen denkbar wäre.

 

Zu den Artikeln betreffend das Schulwesen:

 

Hinsichtlich der Neugestaltung des Schulwesens wird nochmals auf die gemeinsame Länderposition, welche in der Landeshauptleutekonferenz am 28. April 2008 beschlossen wurde, hingewiesen. Ergänzend ist festzuhalten, dass angesichts des Personalbedarfes und des Umstandes, dass die Stadt Wien im Bereich der mittelbaren Bundesverwaltung den Personal- und Amtssachaufwand zu tragen hat (§ 1 FAG), die Bewältigung dieser Aufgabe mit erheblichen Kosten verbunden wäre. Ob und inwieweit diese Kosten dadurch neutralisiert werden, dass die Kosten der Besoldung (Aktivitäts- und Pensionsaufwand) für die bisherigen Landeslehrer und Landeslehrerinnen und künftigen Bundesbediensteten (Art. 81a Abs.  1) in Zukunft ausschließlich vom Bund getragen werden, wäre nachvollziehbar in den finanziellen Erläuterungen darzustellen.

 

Auf die Bemerkungen zu Art. 106 Abs. 4 sowie zu § 1 Abs. 1 Z 4 des Art. 2 des Entwurfes wird hingewiesen.

 

Zu Art. 106 Abs. 3:

 

Diese Bestimmung sieht vor, dass der Landesamtsdirektor von der Landesregierung zu bestellen ist. Nach der derzeitigen Rechtslage ergibt sich dies aus § 8 Abs. 5 lit. a des Übergangsgesetzes 1920, der gemäß Abs. 8 dieser Bestimmung für Wien nicht gilt.

 

Auf Grund Art. 108 übt der Magistratsdirektor in Wien gleichzeitig die Funktion des Landesamtsdirektors aus. Dieser wird nur ein Mal, nämlich als Magistratsdirektor vom Stadtsenat bestellt (§ 97 lit. a der Wiener Stadtverfassung - WStV). Es wird ersucht, auf diesen Umstand bei der Formulierung dieser Bestimmung Bedacht zu nehmen. Alternativ dazu wäre Art. 112 dahingehend zu ergänzen, dass diese Bestimmung für Wien nicht gilt.

 

Zu Art. 106 Abs. 4:

 

Der Entwurf zielt, wie bereits erwähnt, darauf ab, bestehende Parallelstrukturen im Bereich der Schulverwaltung zu beseitigen. Dieser lässt jedoch nähere Aussagen zur Konkretisierung der strategischen Ziele und der beabsichtigten Synergien vermissen. Es wäre daher erforderlich, die künftigen Vollzugsbereiche in groben Zügen in den Erläuterungen anzuführen. Insbesondere die künftige Aufgabe der Bildungsdirektion „Wahrnehmung der Angelegenheiten der Schulen“ lässt einen weiten Gestaltungsspielraum offen für künftige Regelungen des Bundes zu Lasten der Länder.

Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass für die Ausübung der Diensthoheit über Bundeslehrer im Hinblick auf Art. 21 Abs. 3 eine ausdrückliche verfassungsrechtliche Regelung erforderlich wäre.

 

Der in den Erläuterungen zu Art. 106 angeführte Vorschlag der Expertengruppe, die Bestellung des Bildungsdirektors an das Einvernehmen mit dem zuständigen Bundesminister zu binden, würde der organisatorischen Autonomie des Landes in eklatanter Weise widersprechen und wird daher abgelehnt.

 

Zu Art. 106 Abs. 5:

 

Diese Bestimmung normiert, dass die Geschäftsordnung und die Geschäftseinteilung des Amtes der Landesregierung vom Landeshauptmann mit Zustimmung der Landesregierung zu erlassen sind. Diese Vorgabe wurde aus § 2 Abs. 5 des BVGs über die Ämter der Landesregierungen übernommen, welches für Wien nicht gilt.

 

Da die Stadt Wien primär Gemeinde ist, ist die Wiener Stadtverwaltung so organisiert, dass die Agenden des Landes Wien und jene der mittelbaren Bundesverwaltung in den Geschäftsgruppen des Magistrats unter der jeweiligen Leitung eines amtsführenden Stadtrates erledigt werden. Dabei finden die Bestimmungen des zweiten Hauptstückes der Wiener Stadtverfassung Anwendung (§ 5 Abs. 2 der Geschäftsordnung für den Magistrat).

 

Die Entscheidung über die Organisation des Amtes der Wiener Landesregierung und die Geschäftsverteilung war somit bis dato der Stadt Wien überlassen. Die vorgeschlagenen Vorgaben werden daher abgelehnt. Auch bezüglich dieser Regelung wäre in Art. 112 klarzustellen, dass diese für Wien nicht gilt.

 

Zu Art. 107 Abs. 1:

 

Diese Bestimmung nennt als Behörden der allgemeinen staatlichen Verwaltung in den Ländern nur die Landesregierungen und die Bezirkshauptmannschaften. Nach allgemeinem Verständnis zählen dazu aber noch der Landeshauptmann und die entsprechenden Organe der Städte mit eigenem Statut (in Wien der Magistrat). Die gewählte Formulierung erscheint daher zu eng.

 

Zu Art. 107 Abs. 2:

 

Im Hinblick auf die Ausführungen zu Abs. 1 sollte in Abs. 2 dieser Bestimmung die Wortfolge „den Organen der Städte mit eigenem Statut“ durch die Wortfolge „den jeweils zuständigen Organen der Städte mit eigenem Statut“ ersetzt werden.

 

Zu Art. 112:

 

Die im Entwurf vorgeschlagenen Änderungen bezüglich der allgemeinen Bestimmungen über die Gemeinden ergeben im Hinblick auf die Sonderstellung der Stadt Wien in mehrfacher Hinsicht einen Bedarf nach einer Ergänzung des Art. 112. Dies betrifft die Art. 106 Abs. 3 und 5, 107 Abs. 1, 116a Abs. 1, 117 Abs. 2 sowie 118 Abs. 4.

 

Zu Art. 116 Abs. 2 zweiter Satz:

 

Die ausdrückliche Nennung der Daseinsvorsorge als Aufgabe der Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich, ohne gleichzeitig an anderer Stelle zum Ausdruck zu bringen, dass der Bund und die Länder solche Aufgaben ebenso zu erbringen haben, erscheint nicht ausgewogen. Eine Ergänzung in Bezug auf den Bund und die Länder erscheint daher erforderlich.

 

Zu Art. 116a Abs. 1:

 

Diese Bestimmung sieht vor, dass ein die Landesgrenzen überschreitender Gemeindeverband neben der Genehmigung der Aufsichtsbehörde auch der Genehmigung der beteiligten Landesregierungen bedarf. Diese Voraussetzungen können auf Wien nicht angewendet werden.

Zum einen kommt für Wien nur ein die Landesgrenzen überschreitender Gemeindeverband in Frage. Zum anderen untersteht Wien keiner Gemeindeaufsicht, weshalb die kumulative Verknüpfung der Tatbestandselemente mit dem Wort „auch“ auf Wien nicht zutrifft. Es wird daher vorgeschlagen, in Art. 112 vorzusehen, dass Art. 116a Abs. 1 auf Wien mit der Maßgabe anzuwenden ist, dass in Wien ein Gemeindeverband nur der Genehmigung der Landesregierung bedarf.

 

Zu Art. 117 Abs. 2:

 

Bei der Formulierung dieser Bestimmung wäre zu berücksichtigen, dass Unionsbürger ohne österreichische Staatsbürgerschaft in Wien zum Wiener Gemeinderat auf Grund seiner Doppelfunktion als Wiener Landtag nicht wahlberechtigt sind (VfSlg. 15.063/ 1997). Wird die vorgeschlagene Formulierung beibehalten, wäre auch diesbezüglich in Art. 112 eine Ausnahme für Wien ausdrücklich vorzusehen.

 

Zu Art. 117 Abs. 7 zweiter Satz:

 

Der Entwurf sieht vor, dass Städte mit eigenem Statut künftig keinen Magistratsdirektor mehr vorsehen müssen. Diese Änderung wird abgelehnt. Die vielfältigen Aufgaben des Magistrates erfordern das Tätigwerden eines Organes, das die politischen Entscheidungen einer strategisch bestmöglichen Umsetzung zuführt. Dabei spielt die Sicherstellung eines geordneten und rechtsrichtigen Vollzuges des Verwaltungsrechtes eine zentrale Rolle. Auf diese Funktionen - ausgeübt durch einen rechtskundigen Bediensteten - sollte daher schon aus rechtsstaatlichen Erwägungen nicht verzichtet werden. Auf Grund dieser hohen Bedeutung wird es auch abgelehnt, dass dieses Organ der Disposition des einfachen Landesgesetzgebers überlassen wird.

 

Einzig auf die Vorgabe, dass es sich beim Magistratsdirektor um einen Verwaltungsbeamten handeln muss, kann verzichtet werden.

 


Zu Art. 118 Abs. 4:

 

Die vorgeschlagenen Änderungen (gesetzesergänzendes Verordnungsrecht ohne Beschränkung auf ortspolizeiliche Angelegenheiten, Möglichkeit der Mitwirkung von Sicherheitsorganen) werden ausdrücklich begrüßt. Auf Grund des Klammerausdruckes „(Art. 119a)“ in Verbindung mit Art. 112, der die Anwendung des Art. 119a für Wien ausschließt, ist davon auszugehen, dass der letzte Satz dieser Bestimmung über das Aufsichtsrecht des Bundes und des Landes für Wien nicht gilt. Es wird ersucht, dies in den Erläuterungen klarzustellen. Der gleichzeitige Entfall des Art. 118 Abs. 6 wird jedoch abgelehnt.

 

Zu Art. 2 des Entwurfes:

 

Zu § 1 Abs. 1 Z 4:

 

Durch die Aufhebung von Art. IV Abs. 1 des Bundesverfassungsgesetzes vom 18. Juli 1962, BGBl. Nr. 215,  würde die verfassungsrechtliche Grundlage der Verpflichtung des Bundes zur Tragung der Kosten unter anderem des Pensionsaufwandes der Lehrer für öffentliche Pflichtschulen (Landeslehrer) entfallen. Pensionierte Landeslehrer sind nicht ausdrücklich von Art. 81a Abs. 1 des Entwurfes (Bedienstete des Bundes) erfasst. Die diesbezügliche weitere Finanzierung der Pensionen aller bereits im Ruhestand befindlichen Landeslehrer durch den Bund wäre daher durch eine Erwähnung in Art. 81a Abs. 1 sicherzustellen.

 

Zu § 2 Abs. 1 Z 4:

 

Die Aufhebung der Verfassungsbestimmungen für sonderpädagogische Zentren (§ 27a Abs. 2 und 3 Schulorganisationsgesetz) führt bei gleichzeitigem Weiterbestehen der sonderpädagogischen Zentren dazu, dass die Schulerhalter der Sonderschulen, die als sonderpädagogische Zentren erklärt sind, keine Möglichkeit mehr haben, den diesbezüglichen Mehraufwand vom Bund einzufordern. Die Beibehaltung der Finanzierung durch den Bund wäre daher sicherzustellen.

 

 

                                                                      Für den Landesamtsdirektor:

 

 

SR Mag. Michael Raffler                                Dr. Peter Pollak, MBA

 

 

 

Ergeht an:

1.         Präsidium des Nationalrates

 

2.         alle Ämter der Landes-

        regierungen

 

3.         Verbindungsstelle der

        Bundesländer

 

4.         Herrn

        Landesamtsdirektor

 

5.         Frau Vizebürgermeisterin und

        amtsführende Stadträtin für

        Bildung, Jugend, Information und

        Sport

        Grete Laska

 

6.         Frau Vizebürgermeisterin und

        amtsführende Stadträtin für

        Finanzen, Wirtschaftspolitik und

        Wiener Stadtwerke

        Mag. Renate Brauner

 

7.         Frau amtsführende Stadträtin

        für Integration, Frauenfragen,

        KonsumentInnenschutz und Personal

        Sandra Frauenberger

8.         Herrn amtsführenden Stadtrat

        für Wohnen, Wohnbau und

        Stadterneuerung

        Dr. Michael Ludwig

 

9.         Herrn amtsführenden Stadtrat

        für Kultur und Wissenschaft

        Dr. Andreas Mailath-Pokorny

 

10.    Herrn amtsführenden Stadtrat

        für Stadtentwicklung und Verkehr

        Dipl.-Ing. Rudolf Schicker

 

11.    Frau amtsführende Stadträtin

        für Umwelt

        Mag. Ulli Sima

 

12.    Frau

        amtsführende Stadträtin

        für Gesundheit und Soziales

        Mag. Sonja Wehsely

 

13.    Herrn

Ersten Präsidenten des

Wiener Landtages

Johann Hatzl

 

14.    Österreichischer Städtebund



[1] die zitierten Bestimmungen sind solche des B-VG’s

[2] Techniknovelle 2007

[3] vgl. den Langtitel der Bauordnung für Wien „Wiener Stadtentwicklungs-, Stadtplanungs- und Baugesetzbuch“