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Bearbeiter: Dr. Gerald Grabensteiner

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Linz, 7. Mai 2008

 

 

 

Textfeld: _Amt der Oö. Landesregierung

4021 Linz   Klosterstraße 7

 

 

 

 

 

 

 

An das

 

Bundeskanzleramt

Ballhausplatz 2

1014 Wien

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert und ein Zweites Bundesverfassungsrechtsbereinigungs­gesetz erlassen wird; Entwurf - Stellungnahme

         (Zum Schreiben vom 12. März 2008)

 

 

Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Das Amt der Oö. Landesregierung gibt zum vorliegenden Entwurf der Expertengruppe Staats- und Verwaltungsreform nachstehende Stellungnahme ab, die sich wie folgt gliedert:

1.    Allgemeines

2.    Finanzielle Auswirkungen

3.    Kompetenzverteilung

4.    Schulorganisation

5.    Länderautonomie; Gemeinden

6.    Übergangsbestimmungen

 

 

1.       Allgemeines

 

          Das Amt der Oö. Landesregierung verweist eingangs auf die gemeinsame Länderposition zum Entwurf der Expertengruppe Staats- und Verwaltungsreform (Beschluss der Landeshauptleutekonferenz vom 28. April 2008). Die dortigen Ausführungen und Forderungen werden unterstützt, auch wenn sie in der nachstehenden Stellungnahme nicht wiederholt werden.

 

          Aus dem Entwurf geht hervor, dass  in einigen Bereichen, vor allem in der Frage der Kompetenzverschiebungen als auch hinsichtlich der Ländermitwirkung an der Bundesgesetzgebung (insbesondere im Bereich der dritten Säule) kein Konsens gefunden werden konnte. Wegen der grundlegenden Bedeutung der vorgesehenen Änderungen und des mangelnden Konsenses in der Expertengruppe ist es unabdingbar, dass eine politische Einigung mit den Ländern erfolgt.

 

          Insbesondere wird auf die in den Erläuterungen (Vorblatt) zum Entwurf enthaltene Zusage hingewiesen, dass "in weiterer Folge Verhandlungen zwischen Bund und Ländern geführt werden". Es wird davon auszugehen sein, dass sich diese Verhandlungen nicht nur auf die Neuregelung der Kompetenzverteilung beschränken, sondern sich auf den gesamten Entwurf erstrecken, da auch in den weiteren erfassten Bereichen (Schulverwaltung, Länderautonomie und Gemeinden) Bundesstaatsinteressen berührt werden.

 

 

2.       Finanzielle Auswirkungen

 

          Anknüpfungspunkt für die Kostentragungsregel ist nach wie vor § 2 Finanz-Verfassungsgesetz 1948, der den Grundsatz der eigenen Kostentragung festlegt. Das heißt, die Gebietskörperschaften tragen - sofern die zuständige Gesetzgebung nicht anderes bestimmt - den Aufwand, der sich aus der Besorgung ihrer Aufgaben ergibt.

 

          Diese Kostentragungsregelung des F-VG ist im Zusammenhang mit der bisherigen Kompetenzverteilung der geltenden Art. 10 bis 15 B-VG zu sehen. Das was sich demnach als "Landesaufgaben" definiert, ist auch von den Ländern finanziell zu tragen. Entsprechend dieser Aufgabenverteilung wurde auch das jeweilige Finanzausgleichsgesetz verhandelt, paktiert und beschlossen, damit auch sichergestellt ist, dass die Länder über jene Finanzmittel verfügen, die zur Erfüllung "ihrer Aufgaben" erforderlich sind.

 

          Wenn eine Neuregelung der Kompetenzverteilung Verschiebungen im Aufgabengefüge zwischen Bund und Ländern zum Inhalt hat, so bedeutet dies vor dem Hintergrund des § 2 F-VG, dass es automatisch auch zu Verschiebungen im Finanzgefüge kommt. Im Fall von Aufgabenverschiebungen vom Bund zu den Ländern und speziell im Fall von Mehraufgaben für die Länder muss daher jedenfalls in einem begleitenden, neuen Finanzaus­gleichsgesetz auch die Finanzierung dieser neuen Aufgaben durch die Länder sichergestellt werden.

 

          Es war bereits im Österreich-Konvent eine zentrale Forderung der Länder, dass im Fall von Aufgabenverschiebungen auch die entsprechenden Finanzmittel für die Länder zur Verfügung gestellt werden. Auf diese zentrale und einhellige Länderforderung wird ausdrücklich hingewiesen.

 

 

 

 

 

 

 

 

3.       Kompetenzverteilung

 

3.1.     Allgemeines  

 

          Bereits vorweg ist festzuhalten, dass überwiegend Kompetenzverschiebungen zu Lasten der Länder erfolgen, was nicht dem Subsidiaritätsprinzip entspricht. Darauf wird bei den einzelnen Kompetenztatbeständen genauer eingegangen.

 

          Dazu kommt, dass viele Kompetenztatbestände auf so genannte "Kompetenzfelder“ verbreitert werden sollen. Dies bewirkt zwar die Reduktion verschiedener Splitterkompetenzen und macht die Kompetenzverteilung einfacher und überschaubarer. Für die Länder besteht allerdings die Gefahr, dass die Kompetenzen ausdehnend interpretiert werden. Da der Bund ein Übergewicht in der Kompetenz­verteilung hat und die Kompetenzzuwächse des Bundes diejenigen der Länder deutlich überwiegen, kommt ihm die neue Breite mancher Kompetenztatbestände (z.B. "Umweltschutz") besonders zugute.

 

          Im Zusammenhang mit den Kompetenzfeldern ist auch darauf hinzuweisen, dass der vorliegende Entwurf keine neue Interpretationsmaxime enthält. Es ist daher davon auszugehen, dass insbesondere die Versteinerungstheorie weiterhin angewendet werden wird und zwar mit dem Tag des In-Kraft-Tretens der neuen Kompetenzverteilung als neuem Versteinerungszeitpunkt. In den Erläuterungen sollte näher auf einzelne Kompetenzfelder eingegangen werden, insbesondere ob sie weiterhin den durch die bisherige Judikatur beigemessenen Inhalt haben oder auch Neues umfassen (z.B. "Pflanzenschutz", "Umweltschutz", "Tierschutz", "Boden-, Natur- und Landschaftsschutz").

 

3.2.    Zur dritten Säule (Art. 12)

 

          Grundsätzlich sind die Angelegenheiten der dritten Säule in Gesetzgebung und Vollziehung Landessache. Der Bund kann aber mit Zustimmung der Länder die Zuständigkeit zur Gesetzgebung und/oder Vollziehung wahrnehmen. Denkbar ist auch, dass sich der Bund mit Zustimmung der Länder auf die Erlassung von Grundsatzbestimmungen beschränkt und den Ländern die Erlassung von Ausführungsvorschriften ermöglicht.

 

          Im Hinblick auf dieses System der dritten Säule wird zu Art. 12 Abs. 5  festgehalten, dass die Formulierung "Angelegenheiten, ... in denen die Gesetzgebung Bundessache ist" unzutreffend ist. Angelegenheiten der dritten Säule sind grundsätzlich Landessache; der Bund kann nur von einer allfälligen Zuständigkeit Gebrauch machen (siehe auch Art. 12 Abs. 2). Systemkonform müsste es daher lauten: "Angelegenheiten, ... in denen der Bund von seiner Zuständigkeit Gebrauch macht".

 

          Für die Zustimmung zu einem derartigen System kommt es aus Sicht der Länder maßgeblich darauf an,

          -        unter welchen Bedingungen der Bund die Zuständigkeit zur Gesetzgebung in Anspruch nehmen kann und

          -        inwiefern bei der Inanspruchnahme der Bundeskompetenz ein effektives Mitwirkungs­recht der Länder gewährleistet ist.

         

          Bedingungen für die Inanspruchnahme der Bundeskompetenz in der dritten Säule

 

          Art. 12  enthält keine objektiven Bedingungen, die den Bund zur Ausübung der Gesetz­gebungs­kompetenz ermächtigen. Es hängt daher im Prinzip von der politischen Willensbildung des Bundes ab, ob die Kompetenztatbestände der dritten Säule reine Bundessache - sei es in (Grundsatz)Gesetzgebung oder Vollziehung - sind oder nicht. Im Ergebnis entspricht dies der Einräumung einer "Kompetenz-Kompetenz" an den einfachen Bundesgesetzgeber.

 

          Nach der Idee der dritten Säule soll der Bund nur jene Angelegenheiten regeln, die bundesweit einheitlich gelten sollen und im Übrigen den Ländern die Gesetzgebungs­kompetenz überlassen. Um eine solche zurückhaltende Bundesgesetz­gebung zu garantieren, sollte der Bund nur dann zur Gesetzgebung in der dritten Säule ermächtigt werden, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind, z.B. "wenn und soweit die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder die Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich macht." Eine derartige Einschränkung fehlt im vorliegenden Entwurf.

 

          Ländermitwirkung in der dritten Säule

 

          Wesentliches Element einer funktionierenden dritten Säule ist eine effektive Länder­mitwirkung, die es den Ländern ermöglicht, der Bundesgesetz­gebung erforderlichenfalls eine wirksame Vetoposition entgegen zu setzen.

 

          Nach den Länderpositionen zum Österreich-Konvent vom Jänner 2005 soll für das Zustande­kommen eines Bundesgesetzes in der dritten Säule neben der Zustimmung des Bundesrats die Zustimmung von mehr als zwei Drittel der Länder erforderlich sein. Im vorliegenden Entwurf werden dagegen zwei andere Varianten der Ländermitwirkung in der dritten Säule vorgelegt:

 

          Variante 1 (Bundesrat neu - absolutes Veto in der dritten Säule)

 

          Nach dieser Variante ist jedes Land im Bundesrat durch den Landeshauptmann, den Landtagspräsidenten sowie ein weiteres Mitglied vertreten (also 27 Mitglieder). In dieser Variante ist im Art. 56 Abs. 1 das "freie Mandat" der Mitglieder des Bundesrats nicht mehr vorgesehen; die Mitglieder können daher an einen Auftrag gebunden werden. Bei Gesetzesbeschlüssen des Nationalrats in Angelegenheiten der dritten Säule kommt dem Bundesrat (mit Stimmenmehrheit) ein absolutes Veto zu; der Nationalrat kann in der dritten Säule keinen Beharrungsbeschluss fassen.

 

          Diese Variante enthält damit zwar grundsätzlich ein wirksames Instrument, einer überschießenden Bundesgesetz­gebung zu begegnen; das Zustandekommen eines absoluten Vetos des Bundesrats ist aber von politischen Willensbildungen und Mehrheiten abhängig, die von einem einzigen Land oder einer Minderheit der Länder nicht herbeizuführen wären. Variante 1 stellt aber zumindest eine taugliche Verhandlungs­grundlage dar.

 

          Nach dieser Variante ist im Art. 44 Abs. 2 weiters vorgesehen, dass Bundes­verfassungs­gesetze, mit welchen die Zuständigkeit der Länder in Gesetzgebung oder Vollziehung eingeschränkt würden, der Zustimmung der (einfachen) Mehrheit der Länder im Bundesrat (nicht wie bisher einer Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundesrat) bedürfen. Dazu wird festgehalten, dass dies eine Schwächung der Länder bedeutet, die - entgegen den Erläuterungen - auch nicht damit gerechtfertigt werden kann, dass durch die Neukonzeption des Bundesrats eine unmittelbarere Mitwirkung der Entscheidungsträger eines Landes bewirkt wird. Eine solche Schwächung der Länder wird abgelehnt.

 

          Variante 2 (bestehender Bundesrat - suspensives Veto in allen Säulen)

 

          Nach dieser Variante bleibt der Bundesrat in seiner bisherigen Zusammensetzung bestehen. Er kann zwar einen Einspruch gegen einen Gesetzesbeschluss des Nationalrats (mit der Hälfte der abgegebenen Stimmen oder mit der Hälfte der abgegebenen Stimmen der Vertreter von wenigstens fünf Ländern) erheben, dem Nationalrat steht aber die Möglichkeit offen, auch in Angelegenheiten der dritten Säule (mit Zwei-Drittel-Mehrheit) einen Beharrungsbeschluss zu fassen. Dieser Beharrungsbeschluss wäre zwar im Vergleich zur derzeitigen Rechtslage eines Beharrungsbeschlusses erschwert herbeizuführen, da an Stelle der einfachen Mehrheit eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Nationalrat verlangt würde.

 

          Dennoch würde Variante 2 die Länder praktisch vollständig der Bundesgesetzgebung ausliefern. Es würde die Gefahr bestehen, dass wesentliche Angelegenheiten der dritten Säule (nach dem vorliegenden Entwurf z.B. Baurecht, Jugendschutz, Sozialhilfe, Katastrophenhilfe und äußere Organisation der Schulen) in absehbarer Zeit Bundessache sein würden. Theoretisch mögliche Rückübertragungen von Bundeszuständigkeiten auf die Länder in der dritten Säule sind in Anbetracht der bisher gemachten Erfahrungen mit der Bundesgesetzgebung unrealistisch.

         

          Insbesondere gegen die Kombination aus neuer Kompetenzverteilung und Variante 2 der Ländermitwirkung bestehen daher schwerwiegende Bedenken. Diese Kombination würde das bundesstaatliche Prinzip in einer Weise schwächen, die aus Landessicht nicht akzeptiert werden kann.

 

          Eine derartige Änderung der Bundesverfassung könnte möglicherweise eine Gesamtänderung der Bundesverfassung im Sinn des Art. 44 Abs. 3 B-VG darstellen (Bußjäger, Institut für Föderalismus, Stellungnahme vom 13. März 2008; Gamper, Universität Innsbruck, Stellungnahme vom 25. März 2008; abrufbar auf den Internetseiten des Föderalismusinstituts bzw. des Parlaments).

 

          Variante 2 wird daher ausdrücklich abgelehnt.

 

          Generalklausel zu Gunsten der dritten Säule

 

          Eine wesentliche Neuerung im Bundesstaatsgefüge ist die Tatsache, dass die "Generalklausel" nunmehr in der dritten Säule (Art. 12 Abs. 2) angesiedelt sein soll. Demnach sollen Angelegenheiten, die nicht unter die erste oder zweite Säule fallen, unter die dritte Säule fallen. Damit würden alle jene Kompetenztatbestände, die bisher unter die Generalklausel des Art. 15 fielen und nun nicht im neuen Art. 11 ausdrücklich aufgezählt sind, der ausschließlichen Landeskompetenz entzogen.

 

          Verschärfend kommt dazu, dass die Versteinerungstheorie weiterhin angewendet werden wird und zwar mit dem Tag des In-Kraft-Tretens der neuen Kompetenzverteilung als neuem Versteinerungszeitpunkt. Dies birgt die Gefahr für die Länder in sich, auf ihre wenigen noch verbliebenen Kompetenzen "versteinert" zu werden. Dadurch wird den Ländern die Möglichkeit dynamischer Kompetenzzuwächse auf Grund aktueller Entwicklungen im Lebenssachverhaltsbereich genommen.

 

          Abgesehen von diesen Bedenken ist grundsätzlich festzuhalten, dass dieses System nicht der herrschenden Auffassung der Bundesstaatstheorie entspricht, wonach im Fall der Bildung eines originären Bundesstaats (wie Österreich) eine grundsätzliche Allgemeinzuständigkeit der Länder vorhanden ist, aus der die Bundeskompetenzen gleichsam "herausgeschält" werden.

 

          Die Zuordnung der Generalklausel zur dritten Säule wird daher abgelehnt: Die Generalklausel sollte - wie bisher - im ausschließlichen Zuständigkeitsbereich der Länder, also in der zweiten Säule angesiedelt sein.

 

3.3.    Zu den einzelnen Kompetenztatbeständen

 

          Zu Art. 10 Abs. 1 (erste Säule):

 

          In der ersten Säule sind nach dem vorliegenden Entwurf zahlreiche neue Kompetenzen des Bundes vorgesehen. Zu nachstehenden Kompetenzzuwächsen den Bundes ist Folgendes zu bemerken:

 

-       Öffentliche Aufträge (Art. 10 Abs. 1 Z. 6). Im Entwurf ist die Zuordnung zur ersten Säule als Variante vorgesehen. Diese Variante wird abgelehnt. Diese Angelegenheit sollte in den Art. 12 (dritte Säule) aufgenommen werden, da so die bestehende und bewährte Systematik beibehalten werden könnte.

 

-       Energierecht (Art. 10 Abs. 1 Z. 8). Im Entwurf ist die Zuordnung zur ersten Säule als Variante vorgesehen. Diese Variante wird abgelehnt. Diese Angelegenheit sollte in den Art. 12 (dritte Säule) aufgenommen werden, da sich die bisherige Einordnung des Elektrizitätswesens in die Grundsatzgesetzgebung bewährt hat und so die bestehende und bewährte Systematik beibehalten werden könnte. Dies würde auch den in den Ländern gewachsenen und bestehenden Strukturen auf dem Gebiet des Elektrizitätswesens entsprechen.

 

-       Wirtschaftsrecht (Art. 10 Abs. 1 Z. 8). Dabei handelt es sich um eine nicht unbeachtliche Kompetenzabrundung zugunsten des Bundes. Es wäre im Detail zu klären, welche Erweiterungen der Bundeskompetenz damit verbunden sind.

 

-       Verkehrsrecht (Art. 10 Abs. 1 Z. 9). Dieses breite Kompetenzfeld soll künftig die Bereiche Eisenbahnen, Luftfahrt, Kraftfahrwesen, Schifffahrt und Straßen-, Strom- und Schifffahrtspolizei umfassen. Damit verlieren die Länder ihre im geltenden Art. 11 Z. 4 und 6 normierte Zuständigkeit zur Vollziehung der Straßenpolizei sowie der Binnenschifffahrt hinsichtlich der Schifffahrtskonzessionen, Schifffahrts­anlagen und Zwangsrechte an solchen Anlagen sowie der Strom- und Schifffahrtspolizei auf Binnengewässern (soweit sie sich nicht auf Donau, dem Bodensee, dem Neusiedlersee und auf Grenzstrecken sonstiger Grenzgewässer beziehen). In den genannten Bereichen ist aber weiterhin eine Vollziehung durch die Länder im Sinn der regionalen Gegebenheiten zweckmäßig; die Zuordnung zur Vollziehung des Bundes wird daher abgelehnt.

 

-       Wasserrecht und Wasserbau (Art. 10 Abs. 1 Z. 10). Auf Grund der Bildung des Begriffpaares "Wasserrecht und Wasserbau" sowie durch den Entfall von Begriffen wie "Instandhaltung" ergeben sich Unklarheiten des Kompetenzumfangs; es sollte eine Klarstellung in den Materialien erfolgen. Nicht gefolgt kann den Erläuterungen, wonach die bisherigen Bereiche "Regulierung und Instandhaltung der Gewässer zum Zweck der unschädlichen Ableitung der Hochfluten oder zum Zweck der Schifffahrt und Flößerei" sowie "Wildbachverbauung" und "Bau- und Instandhaltung von Wasserstraßen" bloß im Begriff "Wasserbau" aufgehen. Der Begriff "Wasserbau" dürfte jedenfalls ein weiterer sein, als er derzeit durch die Begriffe des geltenden Art. 10 Abs. 1 Z. 10 umschrieben wird. Es dürften davon auch Bereiche des Siedlungswasserbaus, insbesondere die Regelung der Abwasserbeseitigung von bebauten Liegenschaften, mitumfasst werden, die derzeit durch Landesgesetze geregelt werden. Ferner dürfte auch der Bereich der landeskulturellen Wasserwirtschaft mitumfasst werden. Beides führt zu Kompetenz­verlusten der Länder.

 

-       Umweltschutz (Art. 10 Abs. 1 Z. 12). Die Einführung eines derart breiten Kompetenzfeldes, das sich derzeit noch in einem dynamischen Prozess befindet, führt zu einer eindeutigen Ausweitung der Bundeskompetenz. Trotz des Hinweises in den Materialien, dass dieser Kompetenztatbestand reduziert um bestimmte umweltrelevante Tatbestände zu lesen ist (Art. 11 Z. 11, Art. 12 Abs. 1 Z. 3), bleiben dessen Grenzen unscharf und können nicht eindeutig identifiziert werden. Diese umfassende Bundeskompetenz bedeutet jedenfalls einen Verlust der Landeskompetenz auf dem Gebiet der Luftreinhaltung für Heizungsanlagen. Es wäre im Detail zu klären, welche weiteren Kompetenzverluste der Länder damit verbunden sind.

 

-       Tierschutz (Art. 10 Abs. 1 Z. 12). Diese Angelegenheit soll künftig der Bundesvollziehung unterliegen. Damit verlieren die Länder ihre im geltenden Art. 11 Z. 8 normierte Zuständigkeit zur Vollziehung des Tierschutzes. In diesem Bereich ist aber weiterhin eine Vollziehung durch die Länder im Sinn der regionalen Gegebenheiten zweckmäßig; die Zuordnung zur Vollziehung des Bundes wird daher abgelehnt.

 

-       Schulen (Art. 10 Z. 13), ausgenommen die äußere Organisation der Schulen, die gemäß Art. 12 Abs. 1 Z. 7 in die dritte Säule kommen soll. Zu diesem Kompetenz­tatbestand wird auf die Ausführungen zur Schulorganisation verwiesen.

 

          Zu Art. 10 Abs. 2 (Ausführungsbestimmungen der Länder in der ersten Säule):

 

          Zu begrüßen ist, dass gemäß Art. 10 Abs. 2 künftig in allen in der ersten Säule ergehenden Bundesgesetzen die Landesgesetzgebung zur Erlassung von Ausführungsgesetzen ermächtigt werden kann. Nach der geltenden Bestimmung des Art. 10 Abs. 2 ist allerdings normiert, dass der Bund bei Erlassung von Durchführungsverordnungen, soweit sie sich auf Ausführungsbestimmungen eines Landesgesetzes beziehen, das Einvernehmen mit der betreffenden Landesregierung herzustellen hat. Zur Neuregelung wird kritisch festgehalten, dass dieses Mitwirkungsrecht der Länder wegfallen soll.

 

          Zu Art. 11 (zweite Säule):

 

          An dieser Stelle ist zunächst nochmals festzuhalten, dass auf Grund der Zuordnung der Generalklausel zur dritten Säule (Art. 12 Abs. 1 Z. 9) nur mehr jene Angelegenheiten in die zweite Säule fallen, die im Art. 11 ausdrücklich aufgezählt sind. Es ist derzeit nicht vollständig absehbar, welche Kompetenztatbestände, die bisher unter die Generalklausel des Art. 15 fielen, künftig nicht mehr der alleinigen Landeskompetenz unterliegen sollen.

 

          In der zweiten Säule sind nach dem vorliegenden Entwurf nur wenige zusätzliche Kompetenzen der Länder vorgesehen, im Wesentlichen

-       Grundstücksverkehr (Art. 11 Z. 4),

-       Bodenreform (Art. 11 Z. 6) und

-       Stadterneuerung (Art. 11 Z. 15).

 

Die Zuordnung dieser zusätzlichen Kompetenztatbestände in die ausschließliche Gesetzgebungs- und Vollzugskompetenz der Länder ist zwar zu begrüßen, angesichts der weitaus größeren Kompetenzzuwächse des Bundes durch Verschiebungen von Landeskompetenzen in die erste und in die dritte Säule wird aber ein massives Ungleichgewicht zu Lasten der Länder bewirkt.

 

Zur Behebung des Ungleichgewichts zwischen Bund und Ländern sollten weitere Kompetenztatbestände in die zweite Säule aufgenommen werden; insbesondere kämen dafür folgende Angelegenheiten in Betracht:

-       Baurecht,

-       Denkmalschutz,

-       Erwachsenenbildung,

-       Gemeindewachkörper,

-       Jugendschutz,

-       Menschen mit Beeinträchtigungen,

-       Pflege,

-       Schulen (äußere Organisation),

-       Sozialhilfe.

 

          Zu Art. 12 Abs. 1 (dritte Säule):

 

          Vorerst wird auf die bereits dargelegten Bedenken zur dritten Säule, insbesondere auch zur Ablehnung der Generalklausel in der dritten Säule, verwiesen.

 

          Weiters wird kritisch festgehalten, dass die meisten Angelegenheiten der dritten Säule aus dem Zuständigkeitsbereich der Länder stammen; der Bund gibt hingegen kaum Kompetenzen an die dritte Säule ab. In der dritten Säule sind nach dem vorliegenden Entwurf folgende Angelegenheiten aus der bisherigen Zuständigkeit der Länder enthalten:

 

-       Baurecht (Art. 12 Abs. 1 Z. 2). Die Zuordnung des Baurechts zur dritten Säule wird ausdrücklich abgelehnt. Es besteht keine Erforderlichkeit einer bundeseinheitlichen Regelung - im Gegenteil: Baurecht ist eine der wichtigsten Landeskompetenzen mit sehr starkem Bezug zu den Erstbehörden (Gemeinden). Gerade im Bereich des Baurechts muss auf die regionalen Gegebenheiten und Erfordernisse Bedacht genommen werden. Die modernen Bauordnungen der Länder, insbesondere auch das oö. Baurecht, haben sich in der Praxis sehr bewährt und sichern eine Fortentwicklung des Bauverfahrens im Hinblick auf Deregulierung und Bürgernähe. Bei einer Zentralisierung der Regelungskompetenz beim Bund ist dies nicht gewährleistet. Zudem besteht in der Vollziehung des Baurechts eine Jahrzehnte lange eingespielte Praxis mit regionalen Systemen, Begriffen und Verfahren. Weiters besteht ein enger Zusammenhang mit anderen Landesmaterien, insbesondere Raumordnung (Flächenwidmungs- und Bebauungspläne), aber auch Naturschutz, Landesstraßen und Wohnbauförderung. Auch den bautechnischen Anforderungen kommt regional, gerade auch wegen der unterschiedlichen Topografie in Österreich, sehr unterschiedliche Bedeutung zu. Soweit erforderlich und sinnvoll gibt es Harmonisierungsmöglichkeiten im Wege von staatsrechtlichen Vereinbarungen. Diese Kompetenz ist daher jedenfalls dem Art. 11 zuzuordnen.

 

-       Jugendschutz (Art. 12 Abs. 1 Z. 2). Die Erforderlichkeit einer bundeseinheitlichen Regelung ist nicht ersichtlich und wird auch nicht begründet. Eine einheitliche Gesetzgebung in diesem Bereich würde vielmehr zur Aufweichung von bewährten Schutzstandards führen und dem Interesse des Jugendschutzes zuwiderlaufen. Diese Angelegenheit sollte im Zuständigkeitsbereich der Länder verbleiben und damit dem Art. 11 zugeordnet werden.

 

-       Sozialhilfe (Art. 12 Abs. 1 Z. 4). Diese Angelegenheit war bisher in der Grundsatz­gesetzgebung Bundessache und in der Ausführungsgesetzgebung Landessache (bisheriger Begriff "Armenwesen"). Der dem Sozialhilfewesen immanente Subsidiaritäts­grundsatz spricht gegen eine Transferierung in die Bundeskompetenz. Sozialhilfe soll eben gerade nicht das Regelauffangnetz für Schwächen im ersten sozialen Netz (wie z.B. Sozialversicherung und Arbeitsmarktpolitik) sein. Es wurde bisher kein Bundes-Grundsatzgesetz im Bereich der Sozialhilfe erlassen; so dass anzunehmen ist, dass die Erforderlichkeit einer bundeseinheitlichen Regelung nicht besteht. De facto ist diese Kompetenz daher derzeit Landessache; sie sollte daher dem Art. 11 zugeordnet werden.

 

-       Krankenanstalten (Art. 12 Abs. 1 Z. 5). Im Hinblick auf die regionalen Erfordernisse im Bereich des Kranken­anstalten­wesens ist die Zuordnung zur dritten Säule bedenklich: Es wird darauf hingewiesen, dass die Länder und Gemeinden einen wesentlichen Teil der Kosten im Bereich der Krankenanstalten tragen und auch künftig tragen werden. Den Ländern müssen daher auch künftig maßgebliche Gestaltungs- und Einfluss­möglichkeiten in der Gesetzgebung und Vollziehung auf diesem Gebiet zustehen. Eine Zuordnung zur dritten Säule kann daher nur akzeptiert werden, wenn der Inanspruchnahme der Bundeskompetenz eine politische Einigung zwischen Bund und Ländern vorausgeht, wenn also im Rahmen des Mechanismus in der dritten Säule, ein effektives Mitwirkungs­recht der Länder gewährleistet ist.

 

-       Pflege (Art. 12 Abs. 1 Z. 5). Diese Angelegenheit war bisher Landessache. Dieser Kompetenztatbestand dürfte jedenfalls die Bereiche Landespflegegeld, Pflegevorsorge im Bereich stationärer Pflege und Betreuung älterer Menschen, Pflegevorsorge im Bereich mobiler Dienste sowie das Berufsrecht im Bereich der Sozial(betreuungs)berufe umfassen. Inwieweit die Errichtung, Erhaltung und der Betrieb von Heimen für Personen, die zwar ständiger Pflege, aber bloß fallweiser ärztlicher Betreuung bedürfen (Alten- und Pflegeheime), künftig auch von diesem Kompetenztatbestand erfasst sein sollen, oder (weiterhin) der Generalklausel unterliegen sollen, könnte fraglich sein, führt aber auf Grund der vorgeschlagenen Ausgestaltung der Generalklausel zu Gunsten der dritten Säule de facto zum gleichen Ergebnis. Gerade im Bereich der Pflege gibt es in den Ländern stark unterschiedliche Strukturen. So gibt es beispielsweise im Bereich der Alten- und Pflegeheime hinsichtlich Anzahl der Pflegebetten je Zimmer, Raumgrößen, Pflegepersonalschlüssel usw. große Unterschiede, die auf die jeweiligen regionalen Gegebenheiten zurück zu führen sind. Eine einheitliche Gesetzgebung in diesem Bereich würde entweder zur Aufweichung von höherwertigen Qualitätsstandards oder zu nicht zu vollziehenden Bestimmungen führen. Die Erforderlichkeit einer bundes­einheitlichen Regelung ist daher nicht gegeben. Diese Angelegenheit sollte im Bereich der Länder verbleiben und dem Art. 11 zugeordnet werden.

 

-       Katastrophenhilfe (Art. 12 Abs. 1 Z. 6). Die Erforderlichkeit einer bundes­einheitlichen Regelung ist nicht ersichtlich und wird auch nicht begründet. Anstelle dieser Kompetenz in der dritten Säule sollte eine Verpflichtung von Bund und Ländern (allenfalls auch verfassungsrechtlich) festgeschrieben werden, eine Vereinbarung über die Kooperation im Katastrophenfall zu treffen.

 

-       Menschen mit Beeinträchtigungen (Art. 12 Abs. 1 Z. 9). Da durch die Generalklausel sämtliche nicht in den Art. 10 und 11 erwähnten Kompetenztatbestände in die dritte Säule fallen sollen, unterliegen damit auch weitere soziale Bereiche nicht mehr der ausschließlichen Kompetenz der Länder. Dies gilt insbesondere für den Bereich der Menschen mit Beeinträchtigungen, deren Unterstützung bisher durch Landesgesetz geregelt wurden, wodurch eine Bedachtnahme auf die jeweiligen regionalen Gegebenheiten und Strukturen möglich war. Eine bundes­einheitliche Regelung würde diesen Erfordernissen zuwider laufen. Diese Angelegenheit sollte daher im Bereich der Länder verbleiben und dem Art. 11 zugeordnet werden.         

 

-       Gemeindewachkörper (Art. 12 Abs. 1 Z. 9). Gemäß dem geltenden Art. 10 Z. 14 ist die Organisation und Führung der Bundespolizei sowie die Regelung der Errichtung und der Organisierung sonstiger Wachkörper mit Ausnahme der Gemeindewachkörper derzeit Bundessache in Gesetzgebung und Vollziehung. Die Gemeindewachkörper fallen somit auf Grund der Generalklausel des geltenden Art. 15 in die alleinige Kompetenz der Länder. Auf Grund des neuen Art. 10 Z. 14 B-VG bleibt die Organisation und Führung der Bundespolizei weiterhin in Gesetzgebung und Vollziehung Bundessache. Die Regelung der Errichtung und der Organisation sonstiger Wachkörper soll aber in Zukunft auf Grund der Generalklausel in die dritte Säule fallen und wäre damit der ausschließlichen Landeskompetenz entzogen. Einheitliche Regelungen des Bundes auf diesem Gebiet scheinen auch weiterhin nicht erforderlich. Diese Angelegenheit sollte im ausschließ­lichen Bereich der Länder verbleiben und dem Art. 11 zugeordnet werden.   

 

          Zu Art. 12 Abs. 6 (Umsetzung von EU-Recht durch den Bund):

         

Die vorgesehene Kompetenz des Bundes zur Umsetzung von EU-Recht im Kompetenzbereich der Länder bringt die Gefahr einer massiven Aushöhlung der Länderkompetenzen mit sich, da die europäische Rechtsordnung eine Vielzahl von Angelegenheiten betrifft und ein Bedürfnis nach einheitlicher Umsetzung des Europarechts in gewissem Ausmaß immer als vorhanden erachtet sein wird. Damit könnte der Bund "in Anwendung dieses Artikels" - wenn auch im Rahmen des Mechanismus in der dritten Säule -  nicht nur die Angelegenheiten der dritten Säule, sondern auch die Angelegenheiten der zweiten Säule an sich ziehen. EU-Recht, welches überwiegender Maßen die Kompetenzen der Länder betrifft und nur zum geringen Teil Bundeskompetenzen berührt, sollte der Umsetzung durch die Landesgesetzgebung vorbehalten bleiben (z.B. im Bereich des Natur- und Landschaftsschutzes).

 

Gemäß Art. 12 Abs. 6 in Verbindung mit Abs. 3 könnte die Bundesgesetzgebung im Zusammenhang mit der Umsetzung von EU-Recht darüber hinaus den Bund auch mit der Vollziehung (mittelbar oder unmittelbar) nicht nur in den Angelegenheiten der dritten Säule, sondern auch in den Angelegenheiten der zweiten Säule betrauen. Diese Möglichkeit wäre eine weitgehende Beschneidung der Vollzugskompetenzen der Länder - insbesondere im Fall der Einrichtung von eigenen Bundesbehörden - und wird abgelehnt.

 

Dazu kommt, dass diese Kompetenz von einem subjektiven Parameter ("Bedürfnis als vorhanden erachtet wird" statt "Bedürfnis vorhanden ist") abhängig ist. Die Inanspruchnahme der Bundeskompetenz sollte an strengere und objektive Voraussetzungen geknüpft sein (z.B. "Unerlässlichkeit").

 

3.4.    Vollzugszuständigkeit

 

          Zu Art. 12 Abs. 3 (Vollziehung in der dritten Säule):

 

                   Nach dieser Bestimmung kommt die Vollziehung der Angelegenheiten der dritten Säule grundsätzlich den Ländern zu. Dies ist systemkonform, weil - wie bereits kritisch bemerkt wurde - die meisten Angelegenheiten der dritten Säule aus dem bisherigen Gesetzgebungs- und Vollzugsbereich der Länder stammen. Dem Bundesgesetzgeber kommt aber ein weitreichender Gestaltungsspielraum im Vollzugsbereich zu, weil er in allen Angelegen­heiten der dritten Säule unmittelbare oder mittelbare Bundesverwaltung vorsehen kann. Auch aus diesem Grund muss den Ländern zur Sicherung ihrer Gestaltungsspielräume ein effektives Mitwirkungsrecht in der dritten Säule zustehen.

 

                   In vielen Bereichen ist eine bundeseinheitliche Vollziehung aber weder erforderlich noch begründet (z.B. Baurecht, Sozialhilfe, Jugendschutz, Krankenanstalten, Pflege, Kuranstalten, Katastrophenhilfe, äußere Organisation der Schulen). Die Möglichkeit der Bundes­vollziehung in allen Bereichen der dritten Säule ist eine wesentliche Schwächung der Länder und daher abzulehnen.

 

Zu Art. 102 Abs. 2 (unmittelbare Bundesverwaltung):

 

          Kritisch wird festgehalten, dass der vorgeschlagene Art. 102 Abs. 2 neue Vollzugs­zuständigkeiten im Bereich der unmittelbaren Bundesverwaltung eröffnet:

 

-       Verkehrsrecht; Standardisierung und Typisierung: Durch die vorgesehene Änderung soll das gesamte Verkehrsrecht (einschließlich der Straßenpolizei sowie der Binnenschifffahrt hinsichtlich der Schifffahrtskonzessionen, Schifffahrtsanlagen und Zwangsrechte an solchen Anlagen sowie der Strom- und Schifffahrtspolizei auf bestimmten Binnengewässern) unmittelbar von Bundesbehörden vollzogen werden können. Bereits bei den Ausführungen zur ersten Säule wurde die Zuordnung dieser Angelegenheiten zur Vollziehung des Bundes grundsätzlich abgelehnt. Umso mehr wird es abgelehnt, für diese Angelegenheiten die Möglichkeit der unmittelbaren Bundes­verwaltung vorzusehen. Dies gilt auch für die Standardisierung und Typisierung, weil diese Angelegenheit etwa auch die Zulassung von Kraftfahrzeugen umfassen könnte, womit auch dieser Bereich der mittelbaren Bundesverwaltung entzogen wäre.

 

-       Wasserrecht und Wasserbau: Bereits bei den Ausführungen zur Kompetenzverteilung wurde darauf hingewiesen, dass es durch die Neueinführung des Begriffspaares "Wasserrecht und Wasserbau" zu einer wesentlichen Ausweitung dieses Kompetenztatbestandes kommen würde; dies würde künftig auch für die Möglichkeit zur unmittelbaren Bundesverwaltung gelten. Bisher konnten unmittelbar von Bundes­behörden vollzogen werden: "Regulierung und Instandhaltung der Donau, Wildbachverbauung, Bau und Instandhaltung von Wasserstraßen". Es ist nicht ersichtlich, warum die Möglichkeit bestehen soll, eigene Bundesbehörden zur Vollziehung weiterer Bereiche  auf dem Gebiet des Wasserrechts und des Wasserbaus einzurichten. Im Fall der Einrichtung von unmittelbaren Bundesbehörden ist von weitreichenden Auswirkungen auf das Land Oberösterreich auszugehen. Das Wasserbauten­förderungsgesetz wird derzeit auf Grund einer Übertragungsverordnung in Teilbereichen durch den Landeshauptmann vollzogen. Auf Grund dieser Verordnung wurden auch die Angelegenheiten der Bundesflussbauhöfe einschließlich ihrer Betriebsausstattung und Verwaltung des öffentlichen Wassergutes übertragen. Diese Übertragung erfolgte auf Grund des geltenden Art. 104 Abs. 2 und könnte im Prinzip jederzeit widerrufen werden. Für den Fall, dass künftig verfassungsrechtlich die Möglichkeit besteht, im Bereich "Wasserrecht und Wasserbau" unmittelbare Bundesbehörden zu schaffen, wäre ein solcher Widerruf durchaus eine denkbare Option. Damit käme es zu einer wesentlichen Beschneidung der Aufgaben der Länder sowie einem gänzlichen Entzug der Verfügungsmöglichkeiten über die im Rahmen des Wasserbautenförderungs­gesetzes zur Verfügung stehenden Fördermittel. Diese Änderung in der Vollzugs­zuständigkeit wird abgelehnt.

 

-       Arbeitsrecht: Dieser Kompetenztatbestand soll künftig auch das Arbeitsrecht auf land- und forstwirt­schaftlichem Gebiet umfassen. Es ist nicht ersichtlich, warum die Möglichkeit bestehen soll, eigene Bundesbehörden zur Vollziehung des Arbeitsrechts auf land- und forstwirt­schaftlichem Gebiet einzurichten. Für diesen Bereich sind die Land- und Forstwirtschaftsinspektionen, also fachlich spezialisierte Fachorgane auf Landesebene, eingerichtet, deren Auflösung bei gleichzeitiger Neuorganisation im Rahmen der (Bundes)Arbeits­inspektorate keinen Effizienzgewinn mit sich bringen würde. Ebenso wie im Bereich der beruflichen Vertretungen (Art. 11 Z. 8) scheint hier eine sachbezogene Differenzierung geboten.

 

 

 

 

 

4.       Schulorganisation

 

4.1      Gesetzgebungs- und Vollzugskompetenz

 

          Im Rahmen der neuen Kompetenzverteilung ist vorgesehen, dass die Angelegenheit Schulen in den Art. 10 Z. 13 (erste Säule) aufgenommen wird und damit Bundessache  in Gesetzgebung und Vollziehung ist. Ausgenommen ist die äußere Organisation der Schulen, die gemäß Art. 12 Abs. 1 Z. 7 der dritten Säule zugeordnet werden soll.

 

          Die Kompetenz im Bereich der äußeren Organisation der Schulen - und damit auch die Kompetenz zur Schulerhaltung -  wäre daher abhängig von der Gesetzgebung des Bundes in der dritten Säule und dem System der Mitwirkung der Länder (Variante 1 oder 2). Insbesondere in diesem Zusammenhang ist nicht nur auf die Notwendigkeit eines effektiven Mitwirkungsrechtes der Länder, sondern insbesondere auf die Notwendigkeit der Herstellung des Einvernehmens hinsichtlich der finanziellen Auswirkungen hinzuweisen.

 

          Die Zuordnung der äußeren Organisation der Schulen zur dritten Säule nimmt außerdem nicht darauf Bedacht, dass es ausschließlich den Ländern überlassen werden sollte, die äußere Organisation der Schulen entsprechend dem jeweiligen regionalen Bedarf zu regeln. Die äußere Organisation der Schulen sollte Landessache sein und somit in den Art. 11 (zweite Säule) aufgenommen werden.

 

4.2.     Lehrer

 

          Im Art. 81a Abs. 1 ist vorgesehen, dass alle Lehrer an öffentlichen Schulen Bedienstete des Bundes sind. Dies bedeutet, dass auch die Kompetenz zur Regelung des Dienstrechts der Lehrer vollständig auf den Bund übergeht.

 

          Eine derartige Regelung wird ausdrücklich abgelehnt. Die Erforderlichkeit einer derartigen Änderung der dienstrechtlichen Stellung der Lehrer ist nicht ersichtlich und wird auch in den Erläuterungen nicht begründet. Vielmehr sollte im Sinn einer Ressourcensteuerung die Kompetenz für die äußere Organisation der Schulen und für Lehrer in einer Hand sein. Daher scheint es eher systemkonform, dass alle Lehrer an öffentlichen Schulen Bedienstete der Länder sind.

 

4.3.     Schulverwaltung

 

          Durch den Entfall der Angelegenheit "Schulwesen" im Art. 102 Abs. 2 soll anstelle der Landes- und Bezirksschulräte die Schulverwaltung in mittelbarer Bundesverwaltung erfolgen.

 

          Es ist grundsätzlich zu begrüßen, dass künftig keine Doppelgleisigkeit der Schulverwaltung mehr erfolgen soll. Allerdings sollte es der Organisationskompetenz der Länder (Art. 11 Z. 14) überlassen bleiben, ob die gemäß Art. 106 Abs. 4 vorgesehene Bildungsdirektion organisatorisch im Amt der Landesregierung eingerichtet werden soll oder nicht. Eine derartige bundesverfassungsgesetzliche Vorgabe der Organisation der Landesverwaltung widerspricht den Bestrebungen zum Ausbau der Länderautonomie. Aus diesem Grund wird es auch abgelehnt, die Bestellung des Bildungsdirektors an das Einvernehmen mit dem zuständigen Bundesminister zu binden, wie dies in den Erläuterungen zur Diskussion gestellt wird.

 

          Aus Art. 106 Abs. 4 wird abzuleiten sein, dass der Bildungsdirektor ein Abteilungsleiter im Amt der Landesregierung sein soll. An Stelle dieses Konzepts wird vorgeschlagen, dass im Fall der Einrichtung einer Bildungsdirektion - entsprechend dem bisher bewährten Konzept des geltenden Art. 81a Abs. 3 lit. b B-VG - der Leiter der Bildungsdirektion grundsätzlich der Landeshauptmann ist und durch Landesgesetz die Möglichkeit der Bestellung eines Amtsführenden Bildungsdirektors (und eines Stellvertreters) vorgesehen werden kann. Dieser soll - wie bisher der Amtsführende Präsident des Landes­schulrats - ein vor dem Verfassungsgerichtshof verantwortliches politisches Organ sein, das als Leiter der Schulverwaltung im Land an die Stelle des Landeshauptmanns tritt.

 

4.4.     Stellungnahme des Landesschulrats für Oberösterreich

 

          Ergänzend wird auf die Stellungnahme des Kollegiums des Landesschulrats für Oberösterreich vom 11. April 2008 verwiesen, die als Beilage angeschlossen ist.

 

 

5.       Länderautonomie; Gemeinden

 

5.1.    Einspruchs- und Zustimmungsrechte der Bundesregierung

 

          Im Sinn der Stärkung der Länderautonomie ist es zu begrüßen, dass das Einspruchsrecht der Bundesregierung gegen Gesetzesbeschlüsse eines Landtags entfallen soll (Art. 98).

 

          Die Zustimmung der Bundesregierung ist gemäß dem vorgeschlagenen Art. 97 Abs. 2 allerdings nach wie vor erforderlich, wenn die Mitwirkung von Bundesorganen in einem Landesgesetz vorgesehen ist. Dazu wird kritisch festgehalten, dass nach wie vor keine Kriterien für die Erteilung dieser Zustimmung - wie von den Ländern vielfach gefordert - vorgesehen sind. Eine Verweigerung der Zustimmung zur Mitwirkung von Bundesorganen sollte jedenfalls einer Begründung bedürfen, die zumindest die Motive der Verweigerung erhellen könnte.

 

5.2.     Zuständigkeit in Katastrophenfällen

 

          Es wird begrüßt, dass gemäß Art. 102 Abs. 5 der Landeshauptmann als zuständiger Entscheidungsträger in Katastrophenfällen zuständig sein soll. Die Herstellung des Einvernehmens mit den zuständigen obersten Organen der Verwaltung scheint jedoch entbehrlich.

 

5.3.     Organisation der Landesverwaltung

 

          Im Zusammenhang mit der vorgesehenen Aufhebung des Bundesverfassungsgesetzes betreffend Grundsätze für die Einrichtung und Geschäftsführung der Ämter der Landesregierungen außer Wien, BGBl. Nr. 289/1925, sowie des § 8 Abs. 5 des Übergangsgesetzes 1920, BGBl. Nr. 368/1925, wird festgehalten:

 

          -        Die Möglichkeit der Einführung eines Ressortsystems in der Landesregierung wurde bisher ausdrücklich aus § 3 Abs. 1 B-VG Ämter der Landesregierungen abgeleitet ("… unter der Leitung ... einzelner Mitglieder ..."). Diese Möglichkeit wird weiterhin aus Art. 101 Abs. 1 ableitbar sein.

 

          -        Nach § 3 Abs. 3 B-VG Ämter der Landesregierungen ist in der Geschäftsordnung des Amtes der Landesregierung auch zu regeln, inwieweit der Landeshauptmann, die Landesregierung oder einzelne Mitglieder der Landesregierung sich durch den Landesamtsdirektor oder sonstige Beamte vertreten lassen können.

 

          Es ist davon auszugehen, dass durch den Wegfall dieser bundesverfassungsrechtlichen Vorgaben die Schaffung derartiger Regelungen künftig im Sinn des Art. 99 Abs. 1 in die Verfassungsautonomie der Länder fällt. Dies sollte in den Erläuterungen zum Zweiten Bundesverfassungsrechtsbereinigungsgesetz ausdrücklich klargestellt werden.

 

          Schließlich wird angemerkt, dass die Aufhebung des § 8 Abs. 5 lit. d des Übergangsgesetzes 1920 den Entfall der wechselseitigen Zustimmungsrechte bei Änderungen der Grenzen der Gemeinden sowie der Sprengel der Bezirke und der Bezirksgerichte mit sich bringt. Dadurch würden Änderungen in den Sprengeln der Bezirksgerichte künftig ohne Zustimmung der Landesregierung möglich sein, was eine weitere Schmälerung der Mitwirkungsrechte der Länder bedeuten würde. 

 

5.4.    Gemeinden

 

          Die vorgeschlagenen Neuregelungen im Bereich der Gemeinden (Bestandsgarantie, Erleichterung der Bildung von Gemeindeverbänden, generelles Verordnungsrecht) werden begrüßt.

 

 

 

 

 

 

 

6.       Übergangsbestimmungen

 

6.1.    Übergangsbestimmungen in der Schulverwaltung

 

          Da die Bundesbehörden Landesschulrat und Bezirksschulrat nicht mehr vorgesehen sind, sondern künftig die Schulverwaltung in mittelbarer Bundesverwaltung wahrzunehmen sein soll, wäre klarzustellen, ob die bei diesen Bundesbehörden tätigen Bundesbediensteten als Landesbedienstete über­nommen werden oder dem Land zur Dienstleistung zugewiesen werden sollen. Darüber hinaus sind für diesen Personenkreis entsprechende Übergangs­bestimmungen auf dem Gebiet des Dienst- und Personal­vertretungs­rechts erforderlich. Auch die Zuständigkeit für (ehemalige) Bundesgebäude wäre zu klären.

 

          Entsprechende Übergangsbestimmungen auf dem Gebiet des Dienst- und Personal­vertretungs­rechts sind weiters auch im Fall einer Änderung der Zuständigkeit im Bereich der Lehrer erforderlich.

 

6.2.    Übergangsbestimmung in der dritten Säule

 

          Gemäß Art. 151 Abs. 41 Z. 3 gelten bestehende Gesetze, die in die dritte Säule fallen würden, als in Anwendung der dritten Säule als erlassen.

 

          Es sollte ausdrücklich klargestellt werden, dass nach dieser Übergangsvorschrift der Mechanismus in der dritten Säule (Mitwirkungsrecht der Länder im Weg des Bundesrats) bei allen neuen Gesetzen zur Anwendung kommt, also nicht nur bei der Erlassung einer neuen "Stammfassung" eines Gesetzes, sondern auch bei der Abänderung bestehender Gesetze.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Für die Oö. Landesregierung:

 

Dr. Eduard Pesendorfer

Landesamtsdirektor

 

Beilage

 

 

Ergeht abschriftlich an:

1.       die Parlamentsdirektion

2.       alle Ämter der Landesregierungen

3.       die Verbindungsstelle der Bundesländer

4.       die Mitglieder der Oö. Landesregierung

5.       den Landesschulrat für Oberösterreich

6.       das Institut für Föderalismus

 

 

Hinweis: Wenn Sie mit uns schriftlich in Verbindung treten wollen, richten Sie Ihr Schreiben bitte an das Amt der Oö. Landesregierung, Direktion Verfassungsdienst, Klosterstraße 7, 4021 Linz, und führen Sie das Geschäftszeichen dieses Schreibens an.


Beilage

Textfeld: _LANDESSCHULRAT FÜR OBERÖSTERREICH

A - 4040 LINZ, SONNENSTEINSTRASSE 20

 

 

 

 

Bundesministerium für

Unterricht, Kunst und Kultur

Abteilung III/4

Minoritenplatz 5

1014 Wien

 

 

Bearbeiter:

Hr. Tobisch-Redl

 

Tel: 0732 / 7071-4111

Fax: 0732 / 7071-4140

E-mail: lsr@lsr-ooe.gv.at

 

 

 

 

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vom

Unser Zeichen

vom

14.363/0002-III/4/2008

18.03.2008

A9-439/1-2008

11.04.2008

 

 

 

Entwurf eines Bundesverfassungsgesetzes,

mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert

und ein Zweites Bundesverfassungsrechts-

bereinigungsgesetz erlassen wird;

Stellungnahme

 

Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Das Kollegium des Landesschulrates für Oberösterreich hat in seiner Sitzung am        11. April 2008 nachfolgende Stellungnahme beschlossen:

 

Grundsätzliches:

 

Grundsätzlich ist anzumerken, dass nach dem vorliegenden Entwurf hinsichtlich des Schulwesens wesentliche Bereiche ungeklärt bzw ungeregelt sind und es sich um eine sehr umfangreiche Materie handelt, so dass es unmöglich ist, in so kurzer Zeit eine umfassende Stellungnahme abzugeben.

 

Im Einzelnen:

 

Zu Art. 10 bis 12 (Kompetenzverteilung):

 

-       Im Entwurf ist im Rahmen der neuen Kompetenzverteilung vorgesehen, dass die Angelegenheit "Schulen" in den Art. 10 Z. 13 ("Erste Säule") aufgenommen wird und damit Bundessache  in Gesetzgebung und Vollziehung ist.

 

-       Ausgenommen sind die Angelegenheiten "äußere Organisation der Schulen" ( wie im Art. 14 Abs 3 lit b des B-VG erläutert ist) sowie "Minderheitenschulrecht für Pflichtschulen", die gemäß Art. 12 Abs. 1 Z. 7 in die "Dritte Säule" kommen sollen. Die Schülerheime sollen auf Grund der Generalklausel in Art. 12 Abs. 1 Z. 9 ebenfalls in die "Dritte Säule" kommen.

 

Dazu ist festzuhalten, dass in den Angelegenheiten der "Dritten Säule" die Gesetzgebung und die Vollziehung grundsätzlich Landessache sind, allerdings nur, solange und soweit der Bund von der Zuständigkeit zur Gesetzgebung nicht Gebrauch gemacht hat bzw. die Bundesgesetzgebung nicht unmittelbare oder mittelbare Bundesverwaltung vorsieht (Art. 12 Abs. 2 und 3). Die Regelung der äußeren Organisation der Schulen wäre daher abhängig von der Gesetzgebung des Bundes in der dritten Säule und dem System der Mitwirkung der Länder.

 

Eine derartige Regelung wird abgelehnt. Es soll den Ländern überlassen werden, die äußere Organisation der Schulen entsprechend dem jeweiligen regionalen Bedarf zu regeln. Die Angelegenheit "äußere Organisation der Schulen" soll daher (ausschließlich) Landessache sein und somit in den Art. 11 ("Zweite Säule") aufgenommen werden.

 

Eine Zuordnung der "äußeren Organisation" in die Dritte Säule wäre – wenn überhaupt – nur vorstellbar, wenn die Variante 1 der Ländermitwirkung realisiert wird, wenn also ein absolutes Veto des Bundesrats in der Dritten Säule möglich ist.

 

Zu Art. 81a Abs. 1 (dienstrechtliche Stellung der Lehrer):

 

-       Im Entwurf ist vorgesehen, dass alle Lehrer an öffentlichen Schulen in Hinkunft Bedienstete des Bundes sind, unabhängig davon, ob es sich um öffentliche Pflichtschulen oder land- und forstwirtschaftliche Schulen handelt.

 

-       Dies bedeutet, dass auch die Kompetenz zur Regelung des Lehrerdienstrechts an allen Schulen vollständig auf den Bund übergeht. 

 

Eine derartige Regelung wird abgelehnt; die Erforderlichkeit einer derartigen gravierenden Änderung der dienstrechtlichen Stellung der Lehrer an öffentlichen Pflichtschulen und land- und forstwirtschaftlichen Schulen ist nicht ersichtlich und wird auch in den Erläuterungen nicht begründet.

 

 

Zu Art. 106 Abs. 4 (Schulverwaltung)

 

Im Entwurf ist Folgendes vorgesehen:

 

-       Durch den Entfall der Angelegenheit "Schulwesen" im Art. 102 Abs. 2 B-VG, der die Möglichkeit der unmittelbaren Bundesverwaltung vorsieht, soll anstelle der Landes- und Bezirksschulräte die Schulverwaltung in mittelbarer Bundesverwaltung erfolgen.

 

-       Es soll damit weder auf Landes- noch auf Bezirksebene Kollegien, denen behördliche Befugnisse zukommen, geben. In jedem Land soll aber zur Beratung in Angelegenheiten der Schulen ein Beirat eingerichtet werden, in dem Schüler, Eltern und Lehrer mitwirken (Art. 81a Abs. 7).

 

-       Es ist die Einrichtung einer Bildungsdirektion im Amt der Landesregierung vorgesehen, die die Angelegenheiten der Schulen wahrzunehmen hat. Diese soll somit keine eigene Behörde sein, sondern als Abteilung im Amt der Landesregierung eingerichtet werden.

 

-       Leiter der Bildungsdirektion ist ein Bildungsdirektor, dem ein Stellvertreter zur Seite zu stellen ist.

 

Es ist grundsätzlich zu begrüßen, dass durch die Einführung einer Bildungsdirektion künftig keine Doppelgleisigkeit der Schulverwaltung mehr erfolgen soll.

 

Allerdings sollte es der Organisationskompetenz der Länder überlassen bleiben, ob die Bildungsdirektion organisatorisch im Amt der Landesregierung eingerichtet werden soll oder als außerhalb des Amtes angesiedelte Landesbehörde bestehen bleibt.

 

Nach dem vorliegenden Entwurf hat der Bildungsdirektor die Stellung eines Abteilungsleiters im Amt der Landesregierung. Insofern wäre es nicht systemkonform, die Bestellung des Bildungsdirektors an das Einvernehmen mit dem zuständigen Bundesminister zu binden, wie dies in den Erläuterungen zu Art. 1 Z 29 (Art. 106) zur Diskussion gestellt wird. Ein derartiger Eingriff in die Organisationskompetenz der Länder wird abgelehnt.

 

Zur Stellung des Bildungsdirektors als Abteilungsleiter wird darüber hinaus aber grundsätzlich festgehalten, dass sich die bisher in Art. 81a Abs. 3 lit. b B-VG vorgesehene Möglichkeit bewährt hat, einen Amtsführenden Landesschulrats­präsidenten gesetzlich vorzusehen, also ein politisch und vor dem Verfassungs­gerichtshof verantwortliches Organ, das in den übertragenen Angelegenheiten an die Stelle des Landeshauptmanns als Leiter der Schulverwaltung in den Ländern tritt. Es wird daher vorgeschlagen, dass entsprechend dem bisher bewährten Konzept der Leiter der Bildungsdirektion grundsätzlich der Landeshauptmann ist. Durch Landesgesetz soll die Möglichkeit der Bestellung eines Amtsführenden Leiters der Bildungsdirektion, der politisch und rechtlich verantwortlich ist, sowie eines Stellvertreters landesgesetzlich vorgesehen werden können, die der bisherigen Regelung – die Funktion des Amtsführenden Präsidenten und des Vizepräsidenten betreffend – entspricht.

 

Das Kollegium des Landesschulrates in seiner bisherigen Form mit allen seinen Befugnissen ist beizubehalten.

 

Weiters wird festgehalten, dass die Organe der Personalvertretung sowie die LKUF (OÖ. Lehrer- Kranken- und Unfallfürsorge) in ihren bisherigen Strukturen erhalten bleiben müssen.

 

 

Fehlende Übergangsbestimmungen

 

Da die Bundesbehörden "Landesschulrat" und "Bezirksschulrat" nicht mehr vorgesehen sind, sind Übergangsregelungen für die derzeit dort tätigen Bundesbediensteten erforderlich – diese fehlen im vorliegenden Entwurf.

 

 

Weiters wird zur Kenntnis gebracht, dass die Fraktion der FPÖ im Kollegium des Landesschulrates für Oberösterreich folgende Auffassungen vertritt:

 

-    die Bildungsdirektion soll durch einen Bildungsdirektor (der beim Land       Oberösterreich angesiedelt ist) geführt werden

 

-    von der  Installierung eines Amtsführenden Präsidenten sowie eines Vizepräsidenten           soll Abstand genommen werden.

 

Abschließend werden in der Anlage die Stellungnahme der Fraktion der Grünen im Kollegium des Landesschulrates für Oberösterreich sowie die Stellungnahme der Personalvertretung der Bundesbediensteten beim Landesschulrat für Oberösterreich übermittelt und zur Kenntnis gebracht.

 

 

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Der Amtsführende Präsident

des Landesschulrates für Oberösterreich:

Fritz Enzenhofer   eh.

 

Anlagen


Subbeilage 1

 

Stellungnahme der Grünen Fraktion im Kollegium des LSR zu

1.  Entwurf eines Bundesverfassungsgesetzes, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert und ein Zweites Bundesverfassungsrechtsbereinigungsgesetz erlassen wird

Ad. 1: Entwurf eines Bundesverfassungsgesetzes, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert und ein Zweites Bundesverfassungsrechtsbereinigungsgesetz erlassen wird

Grundsätzliches:

Grundsätzlich begrüßen wir die Intention, die Schulverwaltung in Österreich neu zu organisieren, Parallelstrukturen abzubauen und die derzeit auf Bund und Länder zersplitterte Schulverwaltung deutlich zu vereinfachen. Die Struktur der österreichischen Schulverwaltung ist derzeit höchst kompliziert und zersplittert, diese Struktur konterkariert die Effizienz des österreichischen Bildungssystems und die Flexibilität des Systems Schule.

Der vorliegende Entwurf beinhaltet weit reichende Änderungen im Schulrecht, bleibt in der Benennung der daraus resultierenden konkreten Konsequenzen für die Schulverwaltung jedoch sehr unpräzise und gibt viele Interpretationsspielräume frei. Inwieweit die vorgeschlagenen gesetzlichen Änderungen tatsächlich tauglich sind die beabsichtigten Wirkungen zu erzielen, bleibt fraglich.

Im Einzelnen:

Zu Art. 10 bis 12 (Kompetenzverteilung):

Im Entwurf ist im Rahmen der neuen Kompetenzverteilung vorgesehen, dass die Angelegenheit "Schulen" in den Art. 10 Z. 13 ("Erste Säule") aufgenommen wird und damit Bundessache in Gesetzgebung und Vollziehung ist.

Ausgenommen sind die Angelegenheiten "äußere Organisation der Schulen"

sowie" Minderheitenschulrecht für Pflichtschulen", die gemäß Art. 12 Abs. 1 Z. 7 in die "Dritte Säule" kommen sollen. Die Schülerheime sollen auf Grund der Generalklausel in Art. 12 Abs. 1 Z. 9 ebenfalls in die "Dritte Säule" kommen.

Dazu ist festzuhalten, dass in den Angelegenheiten der "Dritten Säule" die Gesetzgebung und die Vollziehung grundsätzlich Landessache sind, allerdings nur, solange und soweit der Bund von der Zuständigkeit zur Gesetzgebung nicht Gebrauch gemacht hat bzw. die Bundesgesetzgebung nicht unmittelbare oder mittelbare Bundesverwaltung vorsieht (Art. 12 Abs. 2 und 3). Die Regelung der äußeren Organisation der Schulen wäre daher abhängig von der Gesetzgebung des Bundes in der dritten Säule und dem System der Mitwirkung der Länder.

=> Eine derartige Regelung ist jedenfalls kritisch zu hinterfragen, die geplanten Verfassungsänderungen im Bereich des Schulwesens würden zu einer Verlagerung der Gesetzgebungskompetenzen zu Gunsten des Bundes und folglich zu einem verstärkten Zentralismus führen.

=> Es muss gewährleistet sein, dass die Länder die äußere Organisation der Schulen entsprechend dem jeweiligen regionalen Bedarf regeln können.

 

Zu Art. 81 a Abs. 1 (dienstrechtliche Stellung der Lehrerinnen):

Im Entwurf ist vorgesehen, dass alle Lehrer an öffentlichen Schulen in Hinkunft Bedienstete des Bundes sind, unabhängig davon, ob es sich um öffentliche Pflichtschulen oder land- und forstwirtschaftliche Schulen handelt.

Dies bedeutet, dass auch die Kompetenz zur Regelung des Lehrerdienstrechts

vollständig auf den Bund übergeht.

=> Wir stehen der Zielsetzung, alle LehrerInnen an öffentlichen Schulen künftig zu Bundesbediensteten zu machen und die Dienstrechte von Landes- und BundeslehrerInnen zu vereinheitlichen grundsätzlich positiv gegenüber.

=> Jedoch auch wenn alles Personal in Bundeskompetenz ist, muss es doch eine regionale Verwaltung geben, um auf kurzfristige oder regionale Personalverschiebungen (Kleinschulen, Teilzeitkarenzen, Krankenstände, Integrationsklassen, etc.) entsprechend reagieren zu können.

=> Bei einem Übergang der dienst- und besoldungsrechtlichen Zuständigkeit zum Bund darf es zu keiner Nivellierung nach unten kommen, gut funktionierende und effiziente landesspezifische Strukturen (z.B. LKUF) dürfen nicht zerschlagen werden.

=> Jedenfalls ist zu klären:

-       Wie die Anrechnung von Dienstzeiten erfolgt

-       Wie die Entlohnung und die Krankenversicherung bzw. Krankenfürsorge
erfolgt

-       Welche Personalvertretung zuständig sein wird

=> Dienstrechtsreform, die im Sinn der Optimierung des bestehenden Bundes- und LandeslehrerInnenrechtes im Einvernehmen mit den LehrerInnengewerkschaften erarbeitet wird, und eine Reform des Personalvertretungsrechtes, das veränderten Entscheidungsstrukturen und Kompetenzen Rechnung trägt.

Zu Art. 106 Abs. 4 (Schulverwaltung) und Art. 81 a Abs.7 (Beirat)

Im Entwurf ist Folgendes vorgesehen:

-      Durch den Entfall der Angelegenheit "Schulwesen" im Art. 102 Abs. 2 B-VG, der die
Möglichkeit der unmittelbaren Bundesverwaltung vorsieht, soll anstelle der Landes­-
und   Bezirksschulräte   die   Schulverwaltung   in   mittelbarer   Bundesverwaltung
erfolgen.

-      Es  soll  damit  weder auf  Landes-  noch  auf  Bezirksebene   Kollegien,   denen
behördliche Befugnisse zukommen, geben. In jedem Land soll aber zur Beratung in
Angelegenheiten der Schulen ein Beirat eingerichtet werden, in dem Schüler, Eltern
und Lehrer mitwirken (Art. 81a Abs. 7).

-      Es ist die Einrichtung einer Bildungsdirektion im Amt der Landesregierung
vorgesehen, die die Angelegenheiten der Schulen wahrzunehmen hat. Diese soll
somit   keine   eigene   Behörde   sein,   sondern   als   Abteilung   im   Amt   der
Landesregierung eingerichtet werden.

-        Leiter der Bildungsdirektion ist ein Bildungsdirektor, dem ein Stellvertreter zur
Seite zu stellen ist.

 

=> Es ist grundsätzlich zu begrüßen, dass durch die Einführung einer Bildungsdirektion künftig keine Doppelgleisigkeiten der Schulverwaltung mehr erfolgen soll.

 

=> Der Vorschlag die Bestellung des Bildungsdirektors/ der Bildungsdirektorin an das Einvernehmen mit dem zuständigen Bundesminister/ der der zuständigen Bundesministerin zu binden wird jedoch abgelehnt. Nach dem vorliegenden Entwurf hat der/die Bildungsdirektorin die Stellung eines Abteilungsleiters im Amt der Oö. Landesregierung, insofern wäre es nicht systemkonform, die Bestellung an das Einvernehmen mit dem zuständigen Minister/ der zuständigen Ministerin zu binden.

 

=> Zur Abschaffung der Landes- und Bezirksschulräte bzw. der Kollegien auf Landes- und Bezirksebene ist folgendes anzumerken:

-       Die Abschaffung der Kollegien des Bezirksschulrates ist grundsätzlich
vorstellbar.

-       Eine Abschaffung der Bezirksschulräte ist schwer vorstellbar, käme sie
auch der Abschaffung einer notwendigen regionalen Verwaltung gleich.
Jedenfalls notwendig ist ein Verwaltungsmanagement vor Ort, welches der
vorliegende Entwurf aber nicht vorsieht.

-       Der anstelle der Kollegien des LSR neu zu schaffende Beirat soll lediglich
das Recht zur Beratung in Angelegenheiten der Schule haben, weiters soll
ihm ein Auskunftsrecht sowie ein Recht auf Stellungnahme eingeräumt
werden. D.h. die demokratisch legitimierten und verfassungsgesetzlich
normierten Kollegien des Landes- und Bezirksschulrates sollen durch
Beiräte   der  Schulpartner  (ohne   Kompetenzen)   ersetzt  werden.   Die
Willensbildungs-  und   Kontrollfunktion,   die  derzeit  von  den   Kollegien
ausgeübt wird, würde der in dieser Form geplante Beirat nicht erfüllen
können, was auch eine massive Einschränkung des Mitwirkungsrechtes
nicht zuletzt auch der Personalvertretung darstellen würde. Jedenfalls
notwendig - vor allem aus demokratiepolitischer Sicht - ist die Errichtung
eines Beirates mit starker Mitbestimmungs- und Kontrollfunktion.


Subbeilage 2

 

DIENSTSTELLENAUSSCHUSS
im Landesschulrat für Oberösterreich

Vorsitzender: Josef Höss

 

 

                                                                                                                       Linz, am 09.04.2008

 

Stellungnahme:

 

 

Zum Entwurf eines Bundesverfassungsgesetzes, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert und ein Zweites Bundesverfassungsrechtsbereinigungs-gesetz erlassen wird.

 

Im Zusammenhang mit der Schulverwaltung steht der vorgeschlagene Art. 106 Abs. 4, der die Einrichtung einer Bildungsdirektion im Amt der Landesregierung vorsieht, die die Angelegenheiten der Schulen wahrzunehmen hat.

 

Auf Grund der ua Begründung lehnt der Dienststellenausschuss die Einrichtung einer Bildungsdirektion im Amt der Landesregierung im Zusammenhang mit der Schulverwaltung ab!

 

Der Dienststellenausschuss des Landesschulrates für OÖ hat beschlossen, dass der Landesschulrat weiterhin eine eigenständige Bundesbehörde bleiben soll!

 

 

BEGRÜNDUNG:

 

 

·            Werden die Kollegien abgeschafft und wenn ja, wer trifft dann die Entscheidungen bzw. wer erstellt die Reihungsvorschläge z.B. über die Stellen von Schulaufsicht, Schulleiter,...?

 

 

 

Josef Höss                                                                            HR Dr. Erich Rothschedl

 

Vorsitzender                                                                          Vorsitzender-Stellvertreter

des Dienststellenausschusses                                             des Dienststellenausschusses

im Landesschulrat für OÖ                                                    im Landesschulrat für OÖ

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

A- 4040 Linz, Sonnensteinstraße 20

Tel.: 0732/7071-1101, Fax: 0732/7071-1090

E-mail: Josef.Hoess@lsr-ooe.gv.at