Bundeskanzleramt Österreich

Expertengruppe Staats- und Verwaltungsreform

Ballhausplatz 2

1014 Wien

 

 


Unser Zeichen: Dr. WK/bw

Ihr Schreiben vom: 12.3.2008

 

Wien, 7.5.2008

 

 

 

 

 

Betrifft:          Entwurf eines B-VG, mit dem das B-VG geändert und ein zweites Bundesverfassungsrechtsbereinigungsgesetz erlassen wird

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

Die Österreichische Ärztekammer begrüßt grundsätzlich eine Rechtsbereinigung der Bundesverfassung und stellt fest, dass der Entwurf eine über weite Strecken gleichwertige Kompetenz für Bund und Länder vorsieht. Solange und soweit der Bund nicht von seiner Gesetzgebungskompetenz Gebrauch macht, ist die Gesetzgebung Landessache. Selbst wenn man dieser Entwicklung positiv gegenübersteht, könnte damit auch die Gefahr verbunden sein, dass der Bund von seiner Möglichkeit, die Gesetzgebungskompetenz an sich zu ziehen, nachhaltig Gebrauch macht. Bei allen Gesetzgebungsakten wird besonderes Augenmerk darauf zu legen sein, dass im Hinblick auf das Gesundheitswesen die richtige Ebene der Gesetzgebung genutzt wird.

 

Im Einzelnen halten wir dazu fest:

 

Zu Art. 10 Abs 1 und 2 B-VG:

 

Durch ein mögliches Auseinanderfallen der Ausführungsbestimmungsermächtigung der Landesgesetzgebung und der Vollziehung durch die Bundesverwaltung (unmittelbarer wie mittelbarer) erscheint es in manchen Bereichen schwieriger, Rechte durchzusetzen. Abs 2, der die Ausführungsbestimmungsermächtigung der Landesgesetzgebung vorsieht, erscheint aus unserer Sicht bedenklich und eine solche Differenzierung im Gesundheitswesen nicht opportun. Er sollte daher ersatzlos gestrichen werden.

Die Kompetenzen des Art 10 sollten, vor allem in Anbetracht der dritten Säule, speziell Art 12 Abs 1 Z 5 (Krankenanstalten) in Gesetzgebung und Vollziehung alleinige Bundessache sein.

 

Zu Art 14:

 

Es ist vorgesehen, dass die Länder im Bereich ihrer Gesetzgebung befugt sind, die zur Regelung des Gegenstandes erforderlichen Bestimmungen auch auf dem Gebiet des Straf- und Zivilrechts zu erlassen. Die notwendige Rechtsklarheit zur Beurteilung ist im Zusammenhang mit den übrigen Bestimmungen nicht nachvollziehbar und somit der Abs 4 aus unserer Sicht ersatzlos zu streichen.

 

Zu Art 102 Abs 5:

 

Bei der Notbestimmungsermächtigung des Landeshauptmanns erachten wir eine taxative Aufzählung der eventuellen Maßnahmen – in Bereichen, wo dies möglich ist – als sinnvoll.

 

Zum Mechanismus der dritten Säule ist zu bemerken, dass hierbei der zweiten Variante der Vorzug gegeben wird.

 

Zu Art. 12 Abs. 1 Z 7 - äußere Organisation der Schule:

 

Die äußere Organisation der Schule betrifft - wie in den Erläuternden Bemerkungen ausgeführt - Aufbau, Organisationsform, Errichtung, Erhaltung und Auflassung, Sprengel, Klassenschülerzahlen und Unterrichtszeiten. Ebenso wichtig erscheint uns in diesem Zusammenhang die Schaffung bundesweit einheitlicher Vorgaben für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Schülerinnen und Schüler.

 

Grundsätzlich ist dazu festzuhalten, dass zur Verhütung arbeitsbedingter Gefahren, dem Erhalt und der Förderung der Leistungsfähigkeit am SchülerInnen-Arbeitsplatz sowie der Überprüfung der Einhaltung dieser optimalen Arbeitsbedingungen die in den jeweiligen Schulen tätigen Schulärztinnen und Schulärzte nach Maßgabe der ärztlichen Wissenschaften und Erfahrung Sorge zu tragen haben. Schon jetzt ist der Qualitätsstandard der medizinischen Versorgung und Beratung der Schulkinder und Schuljugend ein sehr hoher, nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass sich die an jeder Schule tätigen Schulärztinnen und Schulärzte dem Gesundheitschutz und der gesunden Entwicklung von Schülerinnen und Schülern widmen. Allerdings muss in Zukunft auch der Sicherheit und dem Gesundheitsschutz am SchülerInnenarbeitsplatz vermehrt Aufmerksamkeit gewidmet werden. Die Österreichische Ärztekammer zählt daher zur „äußeren Organisation der Schule“ auch die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Schülerinnen und Schüler und ersucht um Aufnahme dieses wichtigen Zieles in den vorliegenden Entwurf.

 

Darüber hinaus wird ausgeführt, dass mit dem Entwurf derzeit bestehende Parallelstrukturen im Bereich der Schulverwaltung (Landes- und Bezirksschulräte als Schulbehörden des Bundes neben den Schulbehörden des Landes) beseitigt werden sollen. In dem im Entwurf  vorgeschlagenen Art. 81a Abs. 1 wird ausdrücklich festgehalten, dass alle Lehrer an öffentlichen Schulen in Hinkunft Bedienstete des Bundes sind. Unter Berücksichtigung der obigen Ausführung und Hintanhaltung von Verschlechterungen ist unbedingt sicherzustellen, dass auch die Schulärztinnen und Schulärzte, die derzeit über dienstrechtliche Verträge mit dem Bund oder mit Ländern verfügen, mit den LehrerInnen gleich gestellt werden.

Artikel 81a Abs. 7 sieht die Errichtung eines Beirates vor, an dem Schüler, Eltern und Lehrer mitwirken. Da SchulärztInnen neben der Sicherheit und dem Gesundheitsschutz am

SchülerInnenarbeitsplatz sowie präventivmedizinischen Maßnahmen auch einen wichtigen sozialen Beitrag leisten, indem sie aufgrund der gesetzlichen Verschwiegenheitspflicht eine neutrale Vermittlerrolle für Kinder, Eltern und Lehrer übernehmen sowie für die soziale Integration von benachteiligten Gruppen sorgen, sowie einen pädagogischen Auftrag im Sinne der Gesundheitserziehung innehaben, müssen sie ebenfalls in diesem Beirat vertreten sein, es wäre daher eine entsprechende Ergänzung in Abs. 7 des Artikel 81a vorzusehen.

 

Die Österreichische Ärztekammer ersucht um Berücksichtigung ihrer Bedenken und Einwände und verbleibt

 

mit freundlichen Grüßen

 

 

 

Dr. Karlheinz Kux

Kammeramtsdirektor

i.A. für den Präsidenten